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zu werden, hatten sich eine Distinktion zwischen theolo gischer und philosophischer Wahrheit erdacht. Die Kirche, sagten sie, hat festgeseßt, was als theologische Wahrheit gelten soll; aber es kann etwas in dogmatischer Hinficht wahr seyn, was in philosophischer falsch ist; wir lassen die theologischen Wahrheiten unberührt, unbezweifelt, und streiten nur über die philosophischen. So wurden die ersten Grundsäße der natürlichen Religion, das Daseyn Gottes, seine Vorschung, und die Unsterblichkeit der Seele in öffentlichen Schriften und Hörsäälen angegriffen und vertheidigt. Die Päpste mischten sich nicht viel in solche Streitigkeiten, da sie von denselben und den Disputanten, die ihnen meistens ergeben waren, nicht viel zu befürchten hatten, oder wenn sie zuweilen solche Kühnheiten untersagten, wurde ihr Verbot verdreht und wegen Entfernung wenig geachtet. Die berühmtesten Scholastiker waren: Petrus Combardus, Bischof zu Paris (geft. 1164), Thomas von Aquina, ein italienischer Dominikaner (gest. 1274), Albertus Magnus, Bischof zu Regensburg (gest. 1280), und Johann Duns Scotus, ein englischer Franziskaner (gest. 1300). Ueber einzelne Säße aus ihren und des Aristoteles Werken wurde meistentheils gepredigt, und zwar so, daß das Volk entweder gar nichts davon verstand, oder nur noch verwirrter wurde.

Einen andern Weg schlugen die Mystiker ein. Statt der Gelehrsamkeit und dem Scharfsinn überliessen sie sich stillen Betrachtungen über die Religion, und empfahlen mehr gottselige Empfindungen des Herzens als äusserliche Andachtsübungen. Sie näherten sich dem wahren Sinn des Christenthums, und liessen alles auf

das Ansehen der heiligen Schrift ankommen; aber der Einbildungskraft und dem eigenen Gefühl räumten fie doch zu viel Plaß ein. Die bekanntesten Mystiker sind: Bernhard, Abt von Clairvaug, ein beredter, wohldenkender aber hißiger Mann ( gestorben 1153), Johann Tauler, ein Dominikaner zu Straßburg ( im J. 1340), und Thomas a Kempis, ein deutscher Geistlicher in den Niederlanden ( im F. 1471), deffen Buch de imitatione Christi allgemein bekannt und überseßt ist.

Zweytes Kapitel.

Bruchflücke aus der Schweizerischen besonders der Bernerischen Kirchengeschichte, als Belege für den gesunkenen Zustand der Christenheit im Allgemeinen und der Geißlichkeit insbesonders, vor der Reformation.

Aus diesem Ueberblick läßt sich nun großentheils der tiefe Verfall der Christenheit vor der Reformation, beydes in moralischer und religiöser Hinsicht erklären und begreifen. Bey hohen und niedern Ständen herrschten demnach mit wenigen Ausnahmen blinder Aberglaube, grobe Unwissenheit und Sittenlosigkeit. Die schlimmsten und verdorbensten und nicht selten eben so unwissend als der Pöbel waren unstreitig gerade diejenigen, deren Amt und Beruf es zunächst gewesen wäre, durch Lehre und Beyspiel auf Verstand und Herz ihrer Nebenmenschen zu wirken und ein schönes Licht vor den Leuten leuchten zu lassen. Allein ferne davon ihrer Pflicht ein Genüge zu leisten, und die Begriffe und Kenntnisse der Mensch

heit zu erweitern, legte es die Clerisey geflissentlich darauf an, dieselben in engere Schranken zurückzu. bringen und zu verwirren; ferne davon das Volk durch einen eingezogenen sittsamen Wandel zu erbauen, und demselben mit einem guten Beyspiel voranzugehen, gab der ganze Clerus durch alle seine Abstuffungen von Seiner Heiligkeit dem Papst bis zum gemeinsten Bettelmönchen herab, nichts als Scandal und Acrgerniß, so daß sich die weltliche Obrigkeit oft genöthigt sah, scharfe obgleich meistens fruchtlose Maßregeln gegen dieselben zu ergreifen; ferne davon als Lehrer und Prediger ihren Schülern und Zuhörern das reine Wort Gottes, die Wahrheiten und Tröstungen des Evangeliums zu verkünden, erzählten sie ihnen Mährchen, Legenden, lustige Schwänke, oder schwaßten ihnen unverständliches Zeug vor aus dem Plato, Aristoteles und dem Duns Scotus. Freylich gab es auch Ausnahmen, aber im Verhältniß gegen die ungeheure Menge der Welt- und Klostergeistlichen waren sie selten genug. An den Höfen der Prälaten und Bischöfe, in den Abteyen und Stiften, in den Mönchsund Nonnenklöstern herrschten Unzucht, Schwelgerey, Trägheit, Ignoranz; da gab es Jagdparthien, Saufgelage, Karten- und Würfelspiele, da gab es Grausamkeiten *), Bubenßtücke, Betrügereyen, Liebeshändel und Verführungen so arg oder noch ärger als an fürstlichen Höfen, weil die Heuchler die Sache geheim zu halten und den Schein der Demuth und Heiligkeit stets zu behaupten verstanden. Es wäre ein leichtes durch Aufjählung von tausend und abermal tausend ärgerlichen

*) Das berüchtigte abi in pace war zuweilen das Losungswort, einen Mönch oder eine Nonne lebendig einzumauern.

und schändlichen Auftritten und Anekdoten Belege herbeyzuschaffen, zu welch einem fürchterlichen Grade das Uebel besonders in den lezten Jahrhunderten vor der Reformation gestiegen war. In den Chroniken und Geschichtbüchern der damaligen Zeit wimmelt es gleichsam von saubern Historien, in denen Pfaffen und Mönche die Hauptrolle spielten; sie enthalten eine Menge feiner und grober Streiche und Betrügereyen, womit dem armen, verblendeten, abergläubischen Volke mitgespielt, sein Zutrauen mißbraucht, dasselbe um sein Geld gebracht, und in der größten Dummheit und Abhängigkeit von den Aussprüchen der Kirche erhalten wurde. Allein, um das Publikum, für welches dieses Werk zunächst verfaßt wurde, nicht allzusehr aus den Augen zu verlieren, wollen wir uns begnügen, einzelne Beyspiele aus der Schweizer- und besonders der Berner Kirchengeschichte anzuführen, welche hinreichen werden, die Wahrheit der obigen Schilderung zu bestätigen.

Bern gehörte ursprünglich in den Kirchensprengel Köniß, welchen Kaiser Friedrich mit Einwilligung des Papstes Innocentius IV. den Chorherren oder Rittern des deutschen Ordens geschenkt hatte. Als die Stadt zunahm, erkaufte fie gegen jährliche Erlegung von 22 Mark Silber vom Bischof von Lausanne, in dessen Gebiet sie lag, die Erlaubniß, eine eigene Kirche bauen zu dürfen; dieß geschah im Jahr 1232. Im Jahr 1420 beschlossen Räth und Burger, die Hauptkirche, die nur klein und unansehnlich war, zur Ehre der Stadt von Grund auf neu und größer aufzuführen. Schon im folgenden Jahre an St. Georgs Tag ward der erste Stein zum großen Münster gelegt vom Schultheiß Niklaus

Hofmeister und vom Predikant Johann von Thun. Papst Martin V., um den Bernern seine Dankbarkeit zu bezeigen für die herrliche und kostbare Bewirthung, welche er bey seiner Rückkehr vom Concilium zu Constanz ( im J. 1418) bey ihnen genossen hatte *), ertheilte den Gläubigen, welche durch Vergabungen und Almosen den Bau befördern würden, großen Ablaß. Die Berner glaubten ein unschäßbares Geschenk erhalten zu haben, als (im J. 1463) der Geschäftsträger des Hauses von Diesbach, welches durch Handel nach den Niederlanden sich sehr bereichert hatte, von Cöln am Rhein das längst gewünschte Haupt des Stadtheiligen St. Vincenz nach Bern brachte. Dieser Mann, Niklaus Bali **), entführte es durch List mit Lebensgefahr. Die Berner gaben ihm zur Belohnung mit einem Gehalt von 20 Pfund Geld, eben so vielen Mütten Dinkel und Haber, das Schultheissenamt Büren. Als man ihn hiezu untüchtig fand, erhielt er die Stadtschreiberstelle zu Thun. Im folgenden Jahre wurde die Freude erneuert, als derselbe Mann mit andern Reliquien von Rom, ein Haupt, einen Schenkel und einen Arm von den 10,000 Rittern nach Bern brachte. Aber die Freude verwandelte sich schon im Jahr 1465 in die größte Trauer, weil damals der Stadt Bern, nach der Meynung dieser Zeiten, das größte Unglück begegnete, indem die kostbare silberne Monstranz

*) Es wurden ihm und seinem zahlreichen Gefolge auffer Semmelbrod, Fisch und Vögel zur Genüge, 125 Mütt Kernen, 40 Malter Haber, 8 Fuder Wein, 8 fette Ochsen und 40 Schaafe von der Stadt geschenkt. Im Predigerkloster nahm er mit 20 Cardinälen für 12 Tage sein Quartier.

**) In den Deliciis urbis Berne heißt er Hans von Balm.

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