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mit dem Fronleichnam vom Hochaltar des Münsters entwendet wurde. Vergeblich folterte man mehrere unschuldige, geistliche und weltliche Personen, auf die der Verdacht des Kirchenraubs gefallen war. Vergeblich forschte man in deutschen und welschen Landen nach dem Thäter. Sterbend gestand ein Priester nachher das Verbrechen seinem Beichtvater, der es der Obrigkeit anzeigte. Daß dasselbe ungestraft begangen werden konnte, daß der geraubte Gott den Verbrecher nicht auf. der Stelle getödtet hatte, schien der Bürgerschaft ein Beweis, ihre Stadt sey ihm gleichgültig, wohl gar verhaßt. Zwar liessen sie eine noch kostbarere Monftranz, mit vielen Edelsteinen beseßt, von Gold, 332 Loth schwer verfertigen, und stellten als Hüter des Altars oben an den Thurm das Bild des großen Christophs hin. Aber dieß schien nicht hinreichend, die erzürnte Gottheit zu versöhnen. Man veranstaltete durch strenge Sittengeseße eine durchgängige Besserung des Lebens. Alle Spiele mit Kegeln, Würfeln und Karten wurden bey schwerer Buße verboten, und ein eigenes Gericht für solche Vergehungen niedergesezt; das Schachspiel einzig war erlaubt. Unzüchtiger Umgang, der zu dieser Zeit sehr eingerissen war, sollte an Männern und Weibern mit drey Pfund, und der Meineid mit dem Tode bestraft werden; auch für jeden Schwur der Fehlbare zwey Plappert bezahlen; auf das Fluchen wurde das Halseisen erkannt. Die übermäßige Kleiderpracht wurde eingeschränkt; die langen Schleppen an den Kleidern der Weiber sollten auf dem Rathhaus abgeschnitten und das Tuch den Armen geschenkt werden. Gegen eine damalige, unanständige Art Hosen wurde verordnet, daß der Eigenthümer einen Rheingulden, und der Schneider

das Doppelte bezahlen sollte. Die Bußenantlige oder Masken wurden verboten (1481 und folgende Jahre). Die auf dem Hügel der Leutkirche (des Münsters ) stehende Kapelle der Mutter Gottes wurde zur Bezeugung der Verchrung derselben erneuert. Kurz, die Berner thaten alles mögliche, um die Unfälle, mit denen fie fich bedroht glaubten, abzuwenden. Wie nöthig in der That dieser Ernst war, die Sitten im Allgemeinen, und besonders die der Clerisey zu bessern, wird sich aus den weiter unten folgenden Erzählungen ergeben.

Wir kehren zum St. Vincenzen- Münster zurück. Dasselbe ward im Jahr 1485 durch eine von der Regierung vom geldgierigen Papste Innocenz VIII. um baare 3000 Gulden erkaufte Bulle dem deutschen Orden, der es bisher verwaltet hatte, wegen seines Uebermuths, seiner Verschwendung und der Unwissenheit und Träg heit seiner Priester, entrissen und in ein Chorherrenstift verwandelt. Die Sache lief jedoch nicht ohne Schwierigkeit und Widerstand ab. Die deutschen Priefter-Ritter mußten mit Gewalt aus der Kirche geworfen werden, und die neueingefeßten Chorherren (an deren Spize Johannes Armbruster von Bern, Dekan und Canonikus zu Sitten, Verweser des Bisthums Lausanne, stand, welcher auch vorhin wegen dieser Angelegenheit an den römischen Hof war abgesandt worden) rißen ihnen, da sie die Frühmette singen wollten, die Bücher aus den Händen. Vergebens beklagten sie sich beym Bapst und Kaiser; Bern entschädigte die Vertriebenen mit Geld, kaufte (erst im J. 1729) das Haus Köniß dem deutschen Orden ab und seßte einen Schaffner darüber. Anfänglich thaten die 24 neuen Chorherren, unter welche

mehrere gelehrte und wohlerzogene Bürgerssöhne aufgenommen wurden*), gut; bald aber machten sie es nicht viel befer als die Vertriebenen.

Ein anderes Ereigniß, dessen wir ausführlicher gedenken wollen, weil es den Aberglauben der Zeit fchildert, war das Jubeljahr, welches Sixtus IV. hier im Jahr 1475 verkünden ließ, und wobey man eben so großen Ablaß gewinnen konnte, als zu Rom selbst. Die Ankunft der erbetenen oder erkauften Bulle wurde mit höchster Andacht gefeyert. Die Bischöfe von Sitten, Lausanne und Basel und die übrigen vornehmsten Prälaten des Landes waren zugegen; man läutete mit allen Glocken, und verlas hierauf die Jubeljahrsbulle, deren Inhalt von dem eifrigen Leutpriester, Hans von Stein, nach schweizerischer Denkensart ausgelegt wurde. Anfänglich waren fünfzig, nachher achtzig bis hundert Beichtväter beschäftigt, das von allen Seiten herströmende Volk von jedem Alter und Geschlecht, sogar junge Knaben, die in den Kriegen geraubt und gemordet hatten, zu absolviren Denn man hatte sich wegen der Menge der Ablaßbegierigen gezwungen gesehen, zu verkündigen, daß jeder nur die gröbsten Sünden mit wenig Worten beichten sollte. Um jedem Sünder die in der Ablaßtage bestimmten Geldsorten in die Hände zu liefern, war eine Wechselbank in dem Münster aufgerichtet. Die Buße für ausgezeichnet große Verbrechen wurde von den in einer besondern Kapelle versammelten Poenitenziern

*) Ihre Namen, Einkünfte und den ganzen Hergang der Geschichte siehe in Lüthardi Disput. Bernens. Lib. I. pag. 58 et seq. Stettlers Chronik, Wirz, 20.

festgesezt. Es fiel aber sogar dem abergläubischen Volk festgeseßt. auf, daß man dießmal selbst für diejenigen Verstorbenen Ablaß verkaufte, welche in Schlachten oder im Genuß von Vergnügen und in ihren Geschäften von dem Tod waren überrascht worden, ohne vorher gebeichtet und die Absolution empfangen zu haben, und daß überhaupt alles so leicht und flink abgethan wurde. Große Sünder wurden zwar, ausser der Erlegung einer Geldbuße, halbnackend um das Münster geführt; allein da bey 4000 diesen Spaziergang machen mußten, machte man sich auch nicht viel daraus. Solche Jubeljahre wurden den Bernern zu Gunsten des Münsterbaues zwischen 1475 und 1481 viermal bewilligt, und dauerten jedesmal acht Lage. Jeden Tag wurden zwo Predigten von berühmten Kanzelrednern gehalten, die aus entlegenen Gegenden berufen wurden. Um das dritte Jubeljahr bey dem Bapst auszuwirken, sandte ihm die Regierung das kostbare Gebetbuch des Herzogs Karl von Burgund, welches den Bernern aus der Beute bey Granson zugefallen war. Der Papst hatte eine so große Freude ob diesem Geschenk, daß er schriftlich dafür dankte. So beträchtlich auch die Summen waren, die bey diesen Anläßen eingiengen, so reichten sie doch nicht hin, die Unkosten zu bestreiten. Daher machte der Rath 1482 die Verordnung, daß jeder, der einen Prozeß verliere, einen Gulden an den Bau zahlen solle. Während diesen Jubeljahren, wo so viele Prälaten und Pfaffen nach Bern strömten, ward— ihnen zu lieb ein neues Hurenhaus errichtet. Der eifrige Stadtprediger, Johann von Stein, brachte es jedoch zuleht dahin, daß es in ein Schulhaus verwandelt wurde *).

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*) Müllers Schw. Gesch. V. B. 2. Kap. S.172. 3. Kap. S. 359.

Ein Seitenstück zu diesem abergläubischen Ablaßkaufen liefert følgende Begebenheit. Als 1479 die Berner durch eine ungewöhnlich große Menge von Engerlingen in Gefahr kamen, ihre Feldfrüchte einzubüßen, begehrten sie Rath von ihrem geistlichen Vorsteher, dem Bischof zu Lausanne. Dieser, im Vertrauen auf die dem Menschen verliehene Beschwörungskraft, an welcher selbst der gelehrte bernerische Stadtschreiber Thüring Frikhard nicht zweifelte, gebot den Engerlingen, sich zu entfernen. Die von dem hiezu bevollmächtigten Leutpriester Schmid auf dem Kirchhof zu Bern ausgesprochene Beschwörungsformel lautete also: „Du unvernünftige, unvollkommene Creatur, die Inger! deines Geschlechts ist nicht gesyn in der Arch Noä; im Nahmen mynes gnädigen Herrn und Bischofs von Losanne, bey Kraft der hochgelobten Dreyfaltigkeit, durch das Verdienen unsers Behalters Jesu Christi, und bey Gehorsamkeit der heiligen Kirche gebeut ich euch, allen und jeden, in den nächsten sechs Lagen zu weichen von allen Orten, an denen wachset und entspringet Nahrung für Menschen und Vich.“ Im Fall des Ungehorsams forderte er sie auf den sechsten Tag nach Mittag um ein Uhr vor seinen gnädigen Herrn von Lausanne nach Wiflisburg. Dann folgte eine zweyte Citation und der Ausspruch: ", Wir Benedikt von Montferrant, Bischof zu Losanne, haben gehört die Bitt der großmächtigen Herren von Bern gegen die Inger, und uns bewahrt mit dem heiligen Kreuß, und allein Gott vor Augen gehabt, von dem all recht Urtheil kummend demnach so graviren und beladen wir die schändlichen Würm, und bannen und verfluchen sie im Nahmen des Vaters, des Sohns und heiligen Geists, daß von ihnen ganz und gar nichts blyb," u. f. w.

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