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ward er aufgezogen und mit Jezzern confrontirt, vergebens ihm vom reuenden Lesemeister zugesprochen; endlich verschaffte sich die ernste und herzliche Beredtsamkeit des Bischofs von Sitten Eingang in sein verstocktes Herz. „Sebet ihr nicht, sagte er unter anderm, daß ihr so hart mit dem Band der Sünde verstrickt seyd, daß wiewohl euch zur Eil und Flucht Zeit und Raum genug vergönnet waren, ihr dennoch hier verharret seyd? Erkennet ihr nicht die Hand Gottes in seinen Wunderwerken, da der Jezzer ohne Schaden so oft Gift von euch empfangen ? Gott hat fürwahr Barmherzigkeit an euch erwiesen in dem, daß er euch nicht hat lassen in eurer Bosheit verborgen bleiben, sondern zur Bekenntniß der Sünden führen will."

Sämmtliche Prozeduren wurden im September beschlossen, ins Lateinische überscht, und durch Conrad Wymann, Kirchherrn zu Spich, einen der GlaubensProkuratoren in diesem Handel, dem Papst Ends Oktober vorgelegt. Nicht ohne Zögern-denn auch in Rom batte der Dominikaner - Orden starke Stüßen und Gönner, welche den Prozeß niederzuschlagen suchten, und besonders bewegte Doctor Paulus Hug von Ulm, der nach Bern und Rom reiste, und einer der Advokaten der Delinquenten war, Himmel und Erde, um die Väter zu retten nicht ohne Zögern ward im Collegium der Cardinäle beschlossen: es solle ein verständiger Commissarius mit päpstlicher Vollmacht versehen nach Bern gesandt werden, um vereint mit beyden Bischöfen von Lausanne und Sitten über diese Sache leßtinstanzlich abzusprechen.

Achilles de Grassis, Bischof zu Castel, nachher Cardinal, wurde zu diesem Richteramt ernannt, ein

gelehrter und rechtschaffener Mann. Er langte im April 1509 in Bern an, stieg im Gasthof zur Krone ab, und sagte zum Bischof von Lausanne von den bernerischen Predigermönchen: Hi fratres, toti quanti, sunt poltrones, et ecclesiæ sanctæ devoratores. (Diese Brüder, so viel ihrer, sind Bösewichte und Schlemmer der heiligen Kirche). Nachdem er sein Creditiv vorgewiesen, wählten die Richter die Probstey zum Richthaus; Notaren, Prokuratoren, Dollmetscher wurden ernannt und beeidigt, der Prozeß neuerdings instruirt, Kläger und Beklagte und ihre Beystände, eine Menge von Zeugen von jedem Stand und Beruf, Schultheissen, Rathsherren, Chorherren, Pfarrherren, Handwerker, Schreiber, Aerzte, Apotheker, Barbierer u. a. m. angehört. Die Verbrecher gestanden alles, fielen auf die Knie und baten um Gnad und Barmherzigkeit. Die Bischöfe giengen den 22. May ins Kloster, den Schauplaß der gespielten Betrügereyen und die dazu gebrauchten Dinge zu besichtigen, fanden aber nicht mehr alles so, wie es in den Akten lautete.

Den 23. May Morgens um 8 Uhr wurden die Malefikanten zur Gesellschaft zum Distelzwang geführt. An der Kreuzgasse vor dem Richterstuhl war ein hohes mit Lapeten ausgeschlagenes Gerüßt aufgerichtet. Da sassen die drey Bischöfe, ihre Räthe und Schreiber, der Schultheiß von Bern, Rudolf von Scharnachthal, die Venner und viele des Raths. Jezt wird der Prior in völligem Priesterornat, den Kelch in der Hand, vom StiftsBedell aus der Zunft abgeholt und vor die Richter gestellt. Der Bischof von Castel heißt ihn niederknicen, und nimmt ihm nach Innhalt des vor ihm liegenden Pontifical

buches unter vielen Worten und Geberden ein geweihtes Stück nach dem andern ab. Nachdem er ihm den Kelch und die Meßkleider auf diese Weise abgenommen, stößt er ihn als ein faules unnüßes Glied der Kirche mit dem Fuße von sich, und übergiebt ihn dem weltlichen Arme, dem Schultheissen, mit der Bitte, ihm Barmherzigkeit zu beweisen, so fern das Recht und die Gerechtigkeit solches vertragen möchten. Hierauf wurde der Prior beschoren, der Ordenskleider beraubt, mit einem weltlichen groben Rock angethan, und auf des Schultheissen Befehl in die Probstey, in seine Kammer abgeführt. Gleiches geschah mit den drey übrigen, unter dem Zuschauen einer solchen Menge Volkes, daß alle Gaffen, Fenster und Dächer voll gepfropft waren.

Den 31. May, Donnerstag nach Pfingsten, wurden die entweihten Priester, nachdem man ihnen das Urtheil an der Kreuzgasse öffentlich abgelesen, zum Marzielithor hinaus, über die Aare, auf die Schwellenmatt, dem Franziskanerkloster gegenüber geführt, daselbst an zwey Pfähle gebunden, je zwey rücklings gegen einander, und Lebendig verbrannt, aber so elendiglich, daß die Füße verbrannten, ehe das Feuer des entstandenen Windes wegen die Köpfe erreichen mochte. Alles schalt auf den Nachrichter, daß er nicht bessere Anstalten getroffen, und er ward noch den gleichen Tag seines Dienstes entsezt. Der Bischof von Castel aber, der der Hinrichtung. aus der Probstey zuschaute, und das Schelten und Toben des Volks hörte, sagte: es geschieht ihnen recht, sie haben noch Aergeres verdient. Der Prior war der erste, der der Marter abkam, indem er mit Fleiß den aufsteigenden Rauch in sich schluckte, und zuerst erstickte.

Dem Novißen, der das Duo zwischen Maria und dem Christuskinde gespielt hatte, ward umsonst nachgespürt; flüger als seine Meister hatte er sich schon vor einem Jahre nach Nürnberg geflüchtet.

Ueber Jezzer ward das Urtheil gefällt: er folle als ein durch die an ihm verübten Mißhandlungen verachteter und verleumdeter Mensch mit einer papiernen Müße auf dem Kopf durch die Gassen der Stadt geführt, darnach vor der Probstey oder dem Rathhaus eine Stunde lang auf einer Leiter zur Schau gestellt, und aus allen hohen und niedern deutschen Landen verbannt werden. Ob dieß Urtheil wirklich an ihm vollzogen wurde, wird nicht gemeldet; hingegen ist gewiß, daß er noch eine Zeit lang in der Gefangenschaft gehalten wurde, woraus er auf Jakobstag durch Hülfe seiner Mutter, die ihm in alten Hosen einiges Werkzeug bringen konnte, in Weibskleidern entwischte, zu den Barfüßern floh, die ihm über die Mauer halfen, und acht Wochen lang in einer Scheuer unfern der Stadt sich verborgen hielt. Drey Jahre her nach, nachdem er sich noch verheyrathet, ward er auf Befehl gemeiner Eidgenossen in Baden gefänglich angehalten, vom Landvogt daselbst über seine Entweichung aus dem Gefängniß verhört, und Bern frey gestellt, was es mit ihm machen wolle. Sie hatten aber seiner genug, und begehrten nur, daß er schwören solle, ihre Stadt und Land, und wo möglich die ganze Eidgenossenschaft nie mehr zu betreten. Er starb bald darauf. Der Bischof von Castel hätte ihn gern mit sich nach Rom genommen; mochte es aber wegen des großen Ansehens der Dominikaner und ihres starken Anhangs nicht dazu bringen.

Hatte Bern einerseits von diesem kißlichen und langwierigen Geschäfte viele Mühe und Verdruß und über 8000 Gulden— nach heutiger Währung wohl das zehnfache Kosten gehabt; so hatte es anderseits auch viel Ruhm und Ehre davon. Denn nicht nur in der ganzen Schweiz und in ganz Deutschland, sondern sogar in Nom, und so weit Fama diese Begebenheit ruchtbar machte, wurden die Klugheit, die Thätigkeit, der Ernst und fromme Eifer, mit welchem der Nath hierbey zu Werke gieng, und die listigen Füchse bis in ihre geheimsten Schlupfwinkel verfolgte, fieng, und nicht rastete, bis sie den verdienten Lohn empfangen hatten, belobt und bewundert; und wer da weiß, wie schwer es damals hielt, den Dienern des Altars beyzukommen, und troz ihrer Freyheiten Gerechtigkeit an den Unwürdigen zu üben, der wird mit voller Ueberzeugung in dieses Lob einstimmen. Als Entschädigung für die gehabten Prozeßund Gesandtschaftskosten wurde der Stadt das Predigerflofter sammt dessen Gütern und Einkünften vom Papst angewiesen. Der Abt von Peterlingen bot 10,000 Kronen dafür; aber des Ordens Gewalt und Gunst waren so stark, daß der Kauf nicht zu Stande kam, und die Stadt sich begnügte, dem Kloster eine jährliche Summe auf Abtrag aufzulegen.

So endete sich diese denkwürdige Geschichte, ein auffallendes Beyspiel der Verdorbenheit und Sittenlofigkeit, die damals in den Klöstern, in den Orden, und bey so vielen herrschten, die das Heiligthum der Wahrheit und Religion bewahren sollten. Indem sie in allen Gemüthern einen tiefen Eindruck zurückließ, und unzähligen Menschen die Augen öffnete über das Unwesen

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