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Zweiter Act.

Hochgewölbtes, enges gothisches Zimmer,
ehemals Faustens, unverändert.

Mephistopheles

(hinter einem Vorhang hervortretend. Indem er ihn aufhebt und zurückfieht, erblickt man Fausten hingestreckt auf einem altväterischen Bette). Hier lieg', Unseliger!. verführt

Zu schwergelöstem Liebesbande!

Wen Helena paralysirt,

Der kommt so leicht nicht zu Verstande.

(Sich umschauend.)

Blid' ich hinauf, hierher, hinüber,

Allunverändert ist es, unversehrt:

Die bunten Scheiben sind, so dünkt mich, trüber,

Die Spinneweben haben sich vermehrt;

Die Dinte starrt, vergilbt ist das Papier;

Doch alles ist am Plaß geblieben;

Sogar die Feder liegt noch hier,

Mit welcher Faust dem Teufel sich verschrieben.
Ja! tiefer in dem Rohre stockt

Ein Tröpflein Blut, wie ich's ihm abgelockt.
Zu einem solchen einzigen Stück

Wünscht' ich dem größten Sammler Glück.
Auch hängt der alte Pelz am alten Haken,
Erinnert mich an jene Schnaken,

Wie ich den Knaben einst belehrt,
Woran er noch vielleicht als Jüngling zehrt.
Es kommt mir wahrlich das Gelüsten,
Rauhwarme Hülle, dir vereint,

Mich als Docent noch einmal zu erbrüsten,
Wie man so völlig Recht zu haben meint.
Gelehrte wissen's zu erlangen,

Dem Teufel ist es längst vergangen.

(Er schüttelt den herabgenommenen Pelz; Cicaden, Käfer und Farfarellen

fahren heraus.)

Chor der Insecten.
Willkommen! willkommen!
Du alter Patron!

Wir schweben und summen
Und kennen dich schon.
Nur einzeln im Stillen
Du hast uns gepflanzt;
Zu Tausenden kommen wir,

Vater, getanzt.

Der Schalk in dem Busen
Verbirgt sich so sehr,

Vom Pelze die Läuschen.
Enthüllen sich eh'r.

Mephistopheles.

Wie überraschend mich die junge Schöpfung freut!

Man säe nur, man erntet mit der Zeit.

Ich schüttle noch einmal den alten Flaus,
Noch eines flattert hier und dort hinaus.
Hinauf! umher! in hunderttausend Ecken
Eilt euch, ihr Liebchen, zu verstecken,
Dort, wo die alten Schachteln stehn,
Hier im bebräunten Pergamen,
In staubigen Scherben alter Töpfe,
Dem Hohlaug' jener Todtenköpfe.

In solchem Wust und Moderleben
Muß es für ewig Grillen geben.

(Schlüpft in den Pelz.)

Komm, decke mir die Schultern noch einmal!
Heut bin ich wieder Principal.

Doch hilft es nichts, mich so zu nennen;

Wo sind die Leute, die mich anerkennen?

(Er zieht die Glocke, die einen gellenden, durchdringenden Ton erschallen läßt, wovon die Hallen erbeben und die Thüren aufspringen.)

Famulus

(den langen finstern Gang heranwankend).
Welch ein Tönen! welch ein Schauer!
Treppe schwankt, es bebt die Mauer;
Durch der Fenster buntes Zittern
Seh' ich wetterleuchtend Wittern;
Springt das Estrich, und von oben
Rieselt Kalk und Schutt verschoben;
Und die Thüre, fest verriegelt,
Ist durch Wunderkraft entsiegelt. —
Dort! Wie fürchterlich! Ein Riese
Steht in Faustens altem Vließe!
Seinen Blicken, seinem Winken
Möcht' ich in die Kniee sinken.
Soll ich fliehen? Soll ich stehn?
Ach, wie wird es mir ergehn!

Mephistopheles (winkend).
Heran, mein Freund! — Ihr heißet Nicodemus.
Famulus.

Hochwürdiger Herr! so ist mein Nam' — Oremus.

Das lassen wir!

Mephistopheles.

Famulus.

Wie froh, daß ihr mich kennt!

Mephistopheles.

Ich weiß es wohl, bejahrt und noch Student,

Bemooster Herr! Auch ein gelehrter Mann
Studirt so fort, weil er nicht anders kann.
So baut man sich ein mäßig Kartenhaus,
Der größte Geist baut's doch nicht völlig aus.
Doch euer Meister, das ist ein Beschlagner :
Wer kennt ihn nicht, den edlen Doctor Wagner,
Den ersten jest in der gelehrten Welt!
Er ist's allein, der sie zusammenhält,
Der Weisheit täglicher Vermehrer.
Allwißbegierige Horcher, Hörer
Versammeln sich um ihn zu Haus.
Er leuchtet einzig vom Katheder;
Die Schlüssel übt er wie Sanct Peter,
Das Untre so das Obre schließt er auf."
Wie er vor allen glüht und funkelt,

Kein Ruf, kein Ruhm hält weiter Stand;
Selbst Faustus Name wird verdunkelt,
Er ist es, der allein erfand.

Famulus.

Verzeiht, hochwürdiger Herr! wenn ich euch sage,
Wenn ich zu widersprechen wage:

Von allem dem ist nicht die Frage;
Bescheidenheit ist sein beschieden Theil.

Ins unbegreisliche Verschwinden

Des hohen Manns weiß er sich nicht zu finden;
Von dessen Wiederkunst erfleht er Trost und Heil.
Das Zimmer, wie zu Doctor Faustus Tagen,
Noch unberührt, seitdem er fern,
Erwartet seinen alten Herrn.

Kaum wag' ich's, mich hereinzuwagen.
Was muß die Sternenstunde seyn?
Gemäuer scheint mir zu erbangen;
Thürpfosten bebten, Riegel sprangen,
Sonst kamt ihr selber nicht herein.

Mephistopheles.

Wo hat der Mann sich hingethan?
Führt mich zu ihm! bringt ihn heran!
Famulus.

Ach! sein Verbot ist gar zu scharf;
Ich weiß nicht, ob ich's wagen darf.
Monate lang, des großen Werkes willen,
Lebt er im allerstillsten Stillen.
Der zarteste gelehrter Männer,
Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner,
Geschwärzt vom Ohre bis zur Nasen,
Die Augen roth vom Feuerblasen;
So lechzt er jedem Augenblick;
Geklirr der Zange giebt Musik.

Mephistopheles.

Sollt' er den Zutritt mir verneinen?

Ich bin der Mann, das Glück ihm zu beschleunen.

(Der Famulus geht ab, Mephistopheles sezt sich gravitätisch nieder.) *

Kaum hab' ich Posto hier gefaßt,

Regt sich dort hinten, mir bekannt, ein Gast.

Doch dießmal ist er von den Neusten;

Er wird sich gränzenlos erdreusten.

Baccalaureus

(den Gang herstürmend).

Thor und Thüre find' ich offen!
Nun, da läßt sich endlich hoffen,
Daß nicht, wie bisher, im Moder,
Der Lebendige wie ein Todter
Sich verkümmre, sich verderbe,
Und am Leben selber sterbe.

Diese Mauern, diese Wände
Neigen, senken sich zum Ende;

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