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Irrtum waren wir befangen. Wir glaubten an die innere Kultur der europäischen Völker. Wir müssen umlernen. Es war nur Firnis, Tünche. Noch war die Tierheit, das Raubtier in ihnen. Nun ist es wieder ausgebrochen, und mit derselben zerreißenden Wildheit wie vor Jahrtausenden wütet es. Ich vergehe an diesem Erkennen. Wie soll ich den schaurigen Wahnsinn des Gedankens fassen, daß Millionen schuldloser Geschöpfe sich gegenseitig abwürgen, die einander nie etwas zuleide getan! Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren." Das gewisseste dieser Dinge ist der Krieg Kannibalismus. Sättigt der Kannibale sich buchstäblich vom Fleisch seines Mitmenschen, so mietet der Krieg unzählige Mäuler, die der Kanonen, die unersättlich nach Menschenfraß gieren. Brennendes Blut speien die vesuvischen Entladungen der Schlachten über die Erde. Die Sense des Todes hat der Teufel geschliffen, daß er ganze Generationen blühender Jugend fortmähte wie Gras. Der Höllenspaß der Zentralisationslager vollendet das Weltbild eines Tollhauses.

Es war Friedrich der Große, der seine Soldaten, bei denen er keine Kriegsbegeisterung spürte, anschnauzte:,,Ihr Rackers, wollt ihr denn ewig leben!" Wie anders heut. Ein römischer Kaiser erstickte seine Gäste in Rosen. Unserm Kriegsvolk versüßt man den bittren Tod mit der Lockung der Seligkeit des Sterbens auf dem Feld der Ehre. Der Tod ist im Krieg der Herr der Welt. In pur

purner Glorie erstrahlt er zu feierlicher Schönheit der Heldentod fürs Vaterland. Und trägt auch nicht jeder Kriegsmann in seinem Tornister den Marschallstab, so doch eine Anweisung für Petrus, ihm die Himmelstore weit zu öffnen, und als verklärter Geist geht er in die Unsterblichkeit ein. Jeder Soldat ein Held, ein Liebling Gottes. Armer, verheiligter Zwangsheld, dein Heiligenschein phosphoresziert in Schwefelglut, deine Lorbeeren haben den Duft der Verwesung, man parfümiert sie mit Weihrauch, damit sie dir gottselig duften. In Erdlöchern auf naßem Stroh röchelst du dein Sterbelied.

Und ich dachte: Gott! Gott, wo bist du? Wer bist du? Der Allmächtige? Nein, der Ohnmächtige, denn du kannst der Hölle nicht gebieten. Man stülpt dir die Krone des mors imperator auf. Der Gott des Krieges gleicht der Hyäne, die sich von Leichen nährt; oder ist der uralte Gott Kronos wieder erstanden, der seine eigenen Kinder verschlingt! Seine Altäre sind auf Katakomben von Schädeln erbaut. Ein Gottesdienst, bei dem der Orgel anstatt der Choräle wilde Todesschreie entdonnern. Der Krieg ist die verruchteste aller Gotteslästerungen.

Und ich dachte: Alle christlichen Gebote verkehrt er in ihr Gegenteil. ,,Du sollst nicht töten." Doch

doch, du sollst töten, je mehr, je besser. Es ist heilige Pflicht des Deutschen, so viel Franzosen, Engländer, Russen, als ihm möglich ist, niederzumetzeln, ebenso wie es heilige Pflicht dieser Völ

ker ist, den Deutschen dasselbe zu tun. Hallali! Die Jagd auf Tiere ist nur wildfröhliche Lust, die Jagd auf Menschen im Kriege ist neben der wilden Lust → unsterbliche Ehre. Hallali! Hurra! Hurra! So will es der Krieg.

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,,Du sollst den Namen deines Gottes nicht mißbrauchen!" Jede der kriegführenden Nationen reklamiert den Herrn der himmlischen Heerscharen für ihre irdischen Heerscharen und verpflichtet ihn, gerade ihre Kanonen, Bajonette, Bomben zum Zweck der Massentötung zu segnen, und etliche Völkerschaften greifen dabei ihrem Gott mit besonders tückischen Hilfsmitteln unter die Arme. So will es der Krieg! Wie aber, wenn nun der mißbrauchte Gott diesem oder jenem Lande anstatt der Siege Niederlagen bereitet? Werden sie einen neuen Gott kreieren, der besser Bescheid weiß? Nimmermehr glaube ich an einen Gott der Kanonen und Bajonette! Wo die Erde blutet, weint der Himmel.

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,,Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.“ Doch doch, du sollst nicht nur sein Haus, auch sein Land, sein Leben sollst du begehren. So will es der Krieg.

,,Du sollst nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten." Und sie reden falsches Zeugnis immerzu — immerzu. So will es der Krieg. Jesuitismus im Krieg, der die niederträchtigsten Mittel nicht scheut, die seinen „,heiligen" Zwecken dienen. Die Staats- und Presseleiter aber, die sich ihre Lügen sie halten sie für

erlesene Kriegskunst

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aus den schmutzigen

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mit Erfolg. Was

Pfoten saugen, schleudern ihre Stinkbomben mit beispielloser Virtuosität, und

für eine höllische Verruchtheit, Todgeweihte

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das ist jeder Soldat im Krieg schändlich zu bedrecken,

Und wer könnte sich des grenzenlosen Erstaunens erwehren, daß die blödsinnigsten Schauermähren, daß dieses Riesen-Völkergeklatsch, das machiavellistische Schlauköpfe den Völkern suggerieren, begierig von ihnen eingeschlürft werden! Die Gläubigen so kindisch plumper Lügen müssen dumm sein, um die Wände einzurennen, oder sie glauben so leicht, weil sie so gern glauben, weil sie glauben wollen.

Vor den Posaunen des jüngsten Gerichts mögen die Urheber solchen nie erlebten Krieges erzittern. Millionen in Qualen Verendete werden als Blutzeugen gegen sie aufstehen. Jawohl, Jawohl, der Krieg ist die verruchteste aller Gotteslästerungen!

Ob ich diesen Brief zerreiße, ehe deine hellen Augen sich darüber verfinstern? Schrieb ich's nicht schon, daß ich politisch ganz und gar ungebildet bin? Aber sie behaupten doch immer, Frauen brauchten nichts zu wissen, nichts zu lernen, sie wüßten alles aus sich selbst, intuitiv, mit dem Gefühl. Da siehst du, was aus dem Nurgefühl herauskommt: Fieber der Kriegspsychose, das in dem Krieg nur ein Gemetzel sieht, nicht den Geist, der über den Blutströmen schwebt.

-

Schwebt

er? Ist das deine Meinung? Ach nein

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- siehst du sie nicht die vielen, vielen selig grinsenden Kadaver? Weh, ach weh! Aus Massengräbern steigen sie. Schatten nur, und doch rinnen aus furchtbaren Wunden ihnen Bäche von Blut. Gierig, gierig trinkt sie die Erde, und Dampfe wallen auf wie blutendes Feuer, ihre Funken zersprühen mir das Herz. Weinen muß ich, alle Tage, alle Tage, und alle Nächte muß ich weinen-immerfort!

Ein Wort des sterbenden Chamford liegt mir im Sinn: „Je m'en vais enfin de ce monde, ou il faut, que le coeur se brise ou se bronce." Ich will nicht, daß mein Herz bricht. Darum fort fort mit dem grauenvollen Medusengesicht. Und meine Blicke glitten hinüber zu des Janus' zweitem Gesicht!

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Und ich höre und lese hymnische Worte über die,,Seligkeit des Sterbens in der Schlacht". „Der Krieg ist Religion, der Krieg ist Leben, nicht Tod." Und ich lese, „daß die Erde in dem langen Frieden arm, eng, reizlos geworden ist, und daß Neid und Schmerz in den Seelen derer wühlen, die Tag für Tag grollend, hadernd den altgewohnten Weg zur Arbeit schleichen müssen, während andere jauchzend, todesbereit in den Krieg ziehen.“ Der Krieg die Verheißung eines neuen Werdens und Wachsens der Menschheit.,,Krieg" so kündet ein Enthusiast ,,muß sein, um den Begriff der Menschheit zu realisieren."

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