sterblichkeit willen. Ausgang und Ende liegen in dir. Ich aber sage dir, es handelt sich um die Menschheit! Heute, in dieser Gesellschaft, in diesem Seelensumpf, im Gewitter veitstanzender Mechanopsychose: Alle nach Gott dürstenden Herzen zerrissen, verdorrt, vergast heute jammert deine Lehre leer, ein blindes Fenster in einem Gespensterhaus reflexunfähig, kein Licht schimmert durch. Und ich behaupte sogar, daß sie nicht wahr sei, daß hinter dieser Lehre dein gläubiger Wille, Zwang deiner gesamtlebendigen Wesenheit nicht dränge. Es ist unausden bar, daß gleiche Eltern, gleiche Lehre, die diese Zeit heraufführten, ersehnten, duldeten den Geist gebären und hegen konnten zugleich, der den Ungeist, den Antichrist erledigt. Wir müssen demütig, Steinchen an Steinchen von vorn beginnen, die Rippen und Knochen, die Lungen und Sehnen, Muskeln und Geweide der Menschheit sind verkehrt von Seuchen in das Gegenteil aller normalen guten und leichten Glieder. Ihre Funktionen verwirren und halluzinieren einander. Ein Wirrwarr von Fleisch und Seele, Unzucht und Unglauben in jedem von uns. Es ist vergebens Kunst zu machen, wenn ihr Boden verfault und verlogen, undurchsichtig, nicht umgegraben ist vom Spaten der Erkenntnis der Schuld! Wenn dem Einzelnen Stern und Steuer, Ziel und Zone entfielen! Es ist nichts! Nicht um eines Satzes willen und tiefen Paradoxismus steht es hier. Hier ist nicht Rede von Doktrin, Gegensatz, Nieder mit..., reiner Verneinung. Es handelt sich um das Ziel eines jeden, um die Richtung aller, um die Menschheit als den letzten Sinn. Es bleibt auch garnichts von allen Künsten und Wissenschaften dieser Zeit, das nicht gedient hätte der Vernichtung eines Lebendigen und ihrer Verherrlichung. Flüchte nicht in die Arme der Vergangenheit, denn in diesen Armen schwelgend suchtest du nach dem Messer. Rede nicht von Tragik, sie war nie dort wo Güte herrschte. Nur wo Objektivität den Mantel resignierter Finsternis umschlug; wo Größe gefördert wurde zum Beispiel und Schaustück gegen die Menschheit! Subjektivierte Güte genügt sich selbst vom A zum O! Denn sie umfaßte noch stets den Einzelnen und die Menschheit und jedes im andern. Diese Menschheit aber faßte nichts von Güte. Sie behielt nur des Wortes Buchstaben und klebte sie auf ihre Kanonen, die für die Lazarette sorgten, auf die Lazarette, die Mütter der Kanonen. IB ein Stückchen Brot und frage dich, ob es rein sei von Schuld! Ist Schuld, so hast du daran Teil. Gibst du einen Teil von dir, so gibst du darin deine Schuld: So büße! Fange an, Steinchen bei Steinchen, geduldig, aufrichtig und bescheiden. Bekenne, bereite den Boden! die Was du auch immer tust an Menschlichem: Künstler, Kaufmann, Gelehrter, Minister, Kaiser, Präsident und Soldat: Erkenne deine Verantwortung ganz persönlichste Verpflichtung gegen Menschheit, die, ein Zukünftiges, aus dieser heutigen geschlagen werden soll ein reiner Quell aus starrem Fels. Bekenne deine Schuld und Haftung mit jedem Wort und Blick, mit jedem Strich, Schlag und Takt! Dein Gesicht muß klar leuchten. Deine Haltung unzweideutig jedem Frager: es gilt von vorne, beim Kind, bei deinem eigenen Ursprung zu beginnen. Nimm Haß, Verbannung, Armut, Hunger, Spott und Lächerlichkeit auf dich!! Beginne in dir die Welt! Wälze sie aus der Höhle deiner vielen Nein, Nichts, Nacht, Sünde, Hochmut, Leichtsinn als einen Stein. Steige hinauf und teile mit von dem was dich am tiefsten brennt. Ringsum „die Andern" werden dich verstehen! Heraus aus deiner Höhle der Ästhetik, der verschämten Theorie! Lerne beten! Bete! Lerne lieben! Liebe! Darauf einzig kommt es an! Es ist nichts! Du kannst, darfst, mußt alles von vorn beginnen, von vorne. Aus der Tiefe des Herzens! Des Herzens! DIE THRONERHEBUNG DES HERZENS Schlage dein Herz auf, Bruder: Den Mantel der Furcht, Bruder Das Auge der Erkenntnis, Bruder! Dein Herz sieht Erleuchtung Durch deine mordgesegneten Hände: Blasse jammervolle wetzen sie vergebens Den Schorf der Schande vom entweihten Leib. Heilig! heilig! heilig! Unaussprechliches, deine Schneeschwingen Deinen Himmelsatem Deine todrasselnde Brust FÜR MARTINET Wir treten vor Wälder, über denen Sommer braust. Starren hinab vom Hügel, weich von Fichten nadeln. Darunter lauern Erdbeeren und Pilze unschulds voll. Wiesen sinken unsern Füßen, Kühe, Ziegen; wir lagern verliebte Paare. Wir lassen den Himmel blau hinwölken Unermeßlichkeit Als sei er unser Blut tauchen wir in seine Stern falten. Wir sitzen am Ufer auf der Bank, die Brücke Wölbt Sprung an Sprung donnernd von Karren und Menschen. In langen Zügen blitzend saugt der Fluß das Land und duftet Heimat, Abendglocken, Schiffe und Kinderlieder, Zitternd springen wir aus dem einfältigen Schlaf auf die knarrende Diele, Zitternd lauscht unser Herz Gewaltschlag Freude, frenetisch Jubelbefehl Naht Himmel grün und ganz von Orion, dem Milchige Schlote - ferne ein Zug klagend verrast. Streicht der Wind der Ferne, rückwärts hinter unserm Haupt Quillt Eiseskälte, sticht Nadelstich, Gewissen brennt. Aus Wolken schwangerm Mond beißt Rächer- Von Orient und Okzident glühn Augen uns in Staub! Du! brüllt ein kalter Hagelwind Du! knirscht Sand im Gebiß! Du! hämmert Sommerregen schellend auf alle deine dicken Häute! Du! fluchen Kinder, schweigen Mütter, lallen Bräute, Du, du einziger, jeder, du allein! Allein das Ich ist schuld! Öffne dich Erde des Sommers, Himmel der Nacht krach uns ein, Wind des göttlichen Frühlings, Säure werde dein Wehn, gerbe, beiße die zwanzig Felle um unsere Seele. Sonnenstrahl sei Blitz, er ist Blitz, zündend! Niederprassele aufs Pflaster den Kadaver der vergaß! III Ich habe, Bruder, deinen Gruß gehört. Man wartete ihr neunzehntes Jahr ab, um sie nach dem Kodex zerhacken zu können. Man lauert auf die Kinder, prüft ihre Gelenke, ihre Muskeln, Und fragt sich ob es bald so weit sei. Die Mütter wagen nicht hinzusehen wie sie wachsen und aufbegehren. Möchten sie verstecken, ihnen verbieten das Haus zu verlassen, Sie in Schlaf hypnotisieren. Zwei drei Jahre bis - aber das wird nicht gehen man läßt alles laufen. Ich krieche mit allen anderen, es muß so sein, daß wir alle kriechen. Wir können nicht mehr viel sagen, Bruder. |