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Volk zu fördern, anzuspornen und weiter zu treiben, diese selbe Sehnsucht hat den Essäer in die Einsamkeit geführt, um da an sich wenigstens das Ideal jüdischer Reinheit zu schaffen, für das das Volk im Ganzen noch unreif schien. Wie Einzelne als Nasiräer die Blüthe der theokratischen Reinheit sich zu erringen dachten, und in dieser Zeit das Nasiräat fast eine alltägliche Erscheinung ward, so finden wir in den Essäern ganze Vereine, die wesentlich die Vorschriften des alttestamentlichen Nasiräats einhalten. Auch sie sind, wie die Pharisäer, ein Nachtrieb des chasidäischen Gesetzeseifers der Freiheitskriege, aber um die Weihe ihrer Reinigungen sich zu bewahren, zogen sie sich aus dem öffentlichen Leben ganz zurück. Ihnen waren die Pharisäer noch längst nicht vorsichtig genug, wie denn im Talmud der Asket gelegentlich den Pharisäer des Leichtsinns beschuldigt.1 Die Forderung gesetzlicher Reinheit hat nämlich das Eigene, daß sie kein Einzelner für sich durchführen kann, so lange er der befleckenden Berührung der Andern unterliegt, sondern daß sie nur in gemeinsamer Arbeit oder in absoluter Einsamkeit sich erringen läßt. Von Haus aus muß solche Absonderung auch Gedanke der Pharisäer gewesen sein, allein im Lauf der Entwicklung verdienten sie ihren Namen der Abgesonderten" immer weniger, da sie ja geflissentlich die Menge suchten, um auf sie zu wirken, da sie Wasser und Land umzogen, um einen Judengenossen zu machen und an allen Ecken und auf allen öffentlichen Plägen ihre Frömmigkeit zur Schau stellten. Damit hatte man aber auf jenes Ideal der Reinheit verzichtet, das ursprünglich erreicht werden wollte. So erklärt es sich, daß strengere Kreise aus dem Zusammenhang des nationalen Lebens überhaupt ausschieden, um in eigenen Colonien es mit jenem höchsten Jdeal der Zeit zu ver suchen, dessen Verwirklichung im Getümmel der Städte unmöglich war,2 während Andere als Wüsteneinsiedler auf eigene Faust dem gleichen Ziele nachstrebten.

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Die ersten Anfänge dieser Siedeleien entziehen sich der geschichtlichen Kunde, aber wer die Gegend zwischen Jerusalem und dem

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1 Vgl. Grätz 3, 468. 2 κωμηδὸν οἰκοῦσι, τὰς πόλεις ἐκτρεπόμενοι διὰ τὰς τῶν πολιτευομένων χειροήθεις ἀνομίας. Philo, Quod. omn. pr. 1. Frankf. Ausg. 876. Bellun. II; 8, 4 scheint zwar eigene Ordensstädte auszuschließen, allein Philo und Plinius stehen dagegen, sowie die Beschreibung des Josephus selbst. §. 7-9.

todten Meer, jene steinige Hochebene durchwanderte, die von schmalen, zum Theil schattigen und wiesengrünen Schluchten durchrissen, zum Salzsee abstürzt, der traf eine Reihe solcher essäischen Colonien. Ihre nach dem Gesetz abgemessene, melancholische Haltung und das durch den Zwang umfassender Ordnungen streng geregelte Leben machte leicht dem Fremden den Eindruck, als ob hier eine Reihe von Lebensmüden nicht zum Gottesreich, sondern zum Tode sich vorbereite.

In solcher Weise hat Plinius von ihnen geredet, allein die „vitae poenitentia", von der er spricht, war der Beweggrund dieser Absonderung nicht, sondern eine Reinheitsangst, die freilich in diesem Umfang sich in keiner Weise aus dem Mosaismus selbst erklären läßt, sondern aus jener Vorstellung abgeleitet werden muß, mit der die Juden im Verlauf der persischen und griechischen Zeit sich vertraut gemacht hatten, daß die Materie an sich unrein und fürdig sei, ein Reich der bösen Geister, während alles Licht und alle Klarheit drüben im Reiche der Gottheit liege. Daher denn die krankhafte Askese und die manchfaltigen Mittel der Entkörperung, die Enthaltsamkeit und die strengen Uebungen, die Daniel, Henoch, Esra und andere Bücher dieser legten Zeit empfehlen und die sich nicht wie bei den Pharisäern ausschließlich auf bestimmte mosaische Gebote gründen, sondern hervorgehen aus dem Grauen vor der Materie und ihren Dämonen, die alle diese Genüsse, Reize, Lockungen dem armen Sterblichen anbieten, nur um ihn immer tiefer in die Schlingen der sinnlichen Welt zu verstricken. Die Seele zu lösen aus diesem Zusammenhang mit dem sinnlichen. Leben und ein Band nach dem andern zu lockern, durch das sie an den Körper gefesselt ist, mit allen Mitteln körperlicher und geistiger Diät die Energie des sinnlichen Lebens zu brechen, damit der Geist frei sei, das ist eine Aufgabe, die das ganze Leben in Anspruch nimmt und der der Essäer jeden Tag seines Daseins nachlebt. In diesem Bestreben hat der Essäismus allerdings spätere Erscheinungen der christlichen Askese nahezu vollständig anticipirt, wie er anderseits mit den dualistischen Religionssystemen sowohl des Parsismus wie der alexandrinischen Religionsphilosophie Berührungspunkte zeigt. Jene Weltanschauung, der wir später als neupythagoräische im Abendland begegnen, dämmert hier in ihren allgemeinen Umrissen. Der Gegensaz eines Rechten und Linken, ein Reich des guten Gotts und der bösen Geister, eine Schicksalsmacht, die Alles beherrscht, eine Seele gewoben

aus dem reinsten Aether der obern Welt und heruntergesunken in den Schlamm der untern, das Licht Princip des Guten und täglich ehrfürchtig begrüßt mit Morgenhymnen beim Sonnenaufgang, die strenge Vorkehr, daß die heiligen Strahlen nicht auf Unsauberes fallen das Alles sind Momente, die sich der damals die Welt beherrschenden dualistischen Weltanschauung auch der Nachbarvölker eingliedern, wenngleich Philo und Josephus Unrecht haben, die orientalischen Vorstellungen geradezu mit Namen der griechischen Philosophie ihrer Zeit zu beziffern.

Das obere Thal von Engedi, wohin Plinius die Mehrzahl der essäischen Ansiedelungen verlegt, war zu dem Mönchsleben, wie die Essäer es wollten, vorzüglich geeignet. Aus der Wüste Juda führt, ungefähr drei Stunden nördlich von Masada, ein Zickzackweg über Felstrümmer und Steingeröll wohl 1500 Fuß hinab zu einer reichen. Quelle, die verborgen unter buschigen Ufern zum todten Meer ihren Weg sucht. Der Ort hieß Engedi, Bocksquelle, wohl weil kletternde Ziegen zuerst diesen Pfad ausfindig gemacht hatten. Eine paradiesische Vegetation ernährt die Bewohner dieser tief versteckten Oase fast ohne Arbeit. Im obern Theil der Schlucht und in den parallel laufenden Felsthälern haben wir die essäischen Ansiedelungen zu suchen. Jede derselben hatte ein eigenes Ordenshaus, wo für Bäder in kaltem, fließendem Wasser gesorgt war,3 einen größeren Speisesaal, der alle Brüder faßte und eine eigene Synagoge, wo dieselben nach ihrem Ritus den Sabbath begingen. Neben diesen Colonien hausten auch einzelne Einsiedler bei einsamen Bergquellen, um da noch strenger als die Brüder bei Tag und Nacht zu baden, in ihrer Nahrung auf die wildwachsenden Kräuter ihrer Flur beschränkt und doch häufig um= geben von heilsbegierigen Jüngern, die sich ihren strengen Uebungen anschlossen. Auch in einzelnen Städten Judäas fanden sich essäische Gemeinden, die dort nach gleichem Ritus lebten und den wandernden Brüdern eine reine Stätte bieten konnten und mußten. Ein Essäerthor wird gelegentlich in Jerusalem selbst erwähnt.8 Es scheint danach daß vor dem ersten christlichen Jahrhundert, aus dem unsere Nachrichten

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stammen, die Essäer sich noch nicht aus dem Volksleben gänzlich zurückgezogen hatten, und deßhalb aus jener Zeit in manchen jüdischen Städten noch Angehörige ihres Ordens zurückgeblieben waren.1 Die Gesammt= zahl derselben in Palästina wurde auf 4000 geschätzt. Sie hatten ihre Vorsteher (Epimeleten, Epitropen) dazu ihre Fremdenpfleger und waren überhaupt streng organisirt.3

Es unterliegt nun gar keinem Zweifel, daß es sich bei diesen Associationen zunächst um eine möglichst strenge Erfüllung des mosaischen Gesetzes handelte. Nach Philo war ihr ganzes Streben ausschließlich auf den ethischen Theil der Philosophie, das heißt auf das Gesetz gerichtet und zwar wollten sie im mosaischen Gesetz Alles ent= decken, was nöthig sei, damit Leib und Seele wahrhaft genese.5 Sie Lesen es nicht nur am Sabbath, sondern bei Tag und Nacht, ja alle andere Philosophie ist ihnen geradezu verboten. Den Namen des Gesetzgebers zu lästern, ist das höchste Verbrechen, das mit dem Tode gestraft wird, und seine Bücher auszuliefern, ist auch bei Folter und Todesqual dem Essäer unmöglich. Der Sabbath wird bei ihnen strenger gefeiert als irgendwo in Judäa. Sie wagen an diesem Tag kein Feuer anzuzünden, noch irgend ein Gefäß von der Stelle zu rücken, sondern bereiten alle Speisen schon am Tage zuvor. Auch andere Gebote des Gesetzes erfüllen sie mit strengster Consequenz. Wenn das Gesetz sagt, Du sollst nicht tödten, so verbietet der Orden sogar den Krieg und jede Beihülfe dazu, das heißt die Verfertigung von Geschossen, Pfeilen, Wurfspießen, Schwertern oder andern Waffen. 10 Selbst Thiere zu tödten, scheint ihnen nicht unbedenklich gewesen zu sein, da sie nur von Pflanzenkost leben. Aus späterer Zeit wird berichtet, daß sie wegen des Gebots, kein Bildniß des Frdischen oder Ueberirdischen zu machen, keine geprägten Münzen anrührten, auch durch kein Thor gingen, das mit Bildern geziert war.11 So sehen wir alle Gebote des Judenthums bei ihnen zu ihren Consequenzen fortgebildet. Dennoch hätte die Erfüllung dieser Vorschriften es keineswegs nöthig gemacht, aus den Märkten Judäas auszuscheiden und sich in der

1 Bell II; 8, 4. V; 4, 2. Vgl. über die ältern Essäer: Bell. I; 3, 5; Bell. II; 7, 3. Ant. XIII; 11, 2; XV; 10, 4—5. 2 Ant. XVIII: 1, 5. Philo, Quod omn. pr. lib. Frankf. Ausg. 876. Ant. 1. c. 4 Quod

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Bell. II; 8, 3-9.

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Mangey II; 458.

8 Bell. II; 8, 6.

omn. prob. 1. Frankf. Ausg. 877.
6 Philo 1. c.

10 Philo 1. c.

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7 Bell. II; 8, 9.

11 Philosoph. 9, 26.

Wie

Büste Juda zu verbergen. Dazu trieb sie erst jene krankhafte Reinheitsangst, die im Treiben des Weltlebens ihre mühsam errungene Reinheit jeden Augenblick durch irgend einen Zufall gefährdet sah. Priester am Vorabend ihrer Function oder Nasiräer, wenn ihre Tage voll wurden, mit einem gewissen Bangen an die Möglichkeit einer gelegentlichen Verunreinigung dachten, so war diese Reinheitsangst geradezu Lebensstimmung der Essäer geworden. Daß dieß das Motiv ihrer Absonderung war, folgt aus ihrem ganzen Gebahren. Der Novize wurde erst nach einer vorausgegangenen einjährigen Reinigung und Vorbereitung zu den gemeinsamen Bädern zugelassen. Auch dann blieb er vom heiligen Mahl noch zwei Jahre ausgeschlossen, doch erhielt er „reines Wasser zur Heiligung“ und durfte dem Gottesdienste beiwohnen. Förmlich in den Orden aufgenommen darf er dann nur noch von Essäern bereitete Speise genießen, und ausgestoßene Ordensglieder verhungerten lieber, als daß sie die Speise eines andern jüdischen Mannes berührt hätten. Selbst römische Tortur fonnte das an gefangenen Essäern mit allen Martern nicht erzwingen.3

Das Wesentlichste war überhaupt bei ihrem Genossenschaftsleben die gemeinsame Mahlzeit. Die gemeinschaftlichen Passahmahlzeiten und die Tischverbände der Priesterschaft waren schon von den Pharisäern in gemeinsamen Liebesmahlen nachgeahmt worden. Auch dort spielte die Absonderung der Parteien und Stufen eine große Rolle, indem die Gefäße und Geräthe der einen Genossenschaft für die andere gereinigt werden mußten. Ein solches Zusammenspeisen der Reinen war aber, wie rachmals das christliche Liebesmahl, ein kultischer Act zur Ehre Gottes, eingeleitet und geschlossen mit Segen und Dankgebeten. Auch waren die Speisen selbst als Opfer angesehen, da jeder Bruder freiwillig dazu beigesteuert. Diese Art von heiligen Mahlen erklärten die Essäer als die einzige Israels würdige und begingen sie darum täglich.

nun

Vor dem Mahl baden die Ordensbrüder gemeinsam, damit Keiner unrein den Speisesaal betrete. Im Festgewand geht man zur Tafel. Der Speisesaal selbst wird wie ein Tempel heilig gehalten und bleibt den Uneingeweihten ewig verschlossen. Die Speise berührt Keiner, ehe sie durch das Gebet des Priesters geweiht ist.5

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