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Der Sklavenmarkt jener Jahre brachte eine Unzahl Juden, allein die Käufer machten mit ihnen schlechte Geschäfte und wußten in Bälde nicht, was sie mit dieser Waare beginnen sollten. Die zäh an ihrem Gesetz festhaltenden Knechte waren allzu lästige Hausgenossen, die man um niedern Preis frei ließ, da sie sich als liberti vielleicht nützlicher machen konnten. So gab es bald auch Juden mit römischem Bürgerrecht. Die Zahl der großen jüdischen Geschäfte fing an sich zu mehren und bald hatte man diese große Judengemeinde unter die unerträglichsten Plagen des hauptstädtischen Lebens zu rechnen.

Die Umfrage nach dem Ursprung der eigenthümlichen jüdischen. Gebräuche führte die Herrn der Hauptstadt an die trübe Quelle der alerandrinischen Judenmährchen und wir sehen, wie selbst die ersten Geister Roms gläubig die abscheulichen Fabeln nacherzählen, die die Bosheit der alexandrinischen Judengegner ersonnen hatte und an denen jedes Wort blasphemisch war. Dabei konnte das heidnische Alterthum die Verehrung eines bildlosen, unaussprechlichen, unsichtbaren Gottesund die Verwerfung aller Nationalgötter nicht als Religion gelten Lassen.

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Die Billigsten ließen noch dahingestellt, wer dieser bildlose Gott der Juden sei, während Strabo meint, die Juden be zeichnen als Gott, was wir Himmel und Weltgebäude und die Natur der Dinge nennen", wovon man allerdings vernünftigerweise kein Abbild zu machen vermöge. In diesem Sinn spottet auch Juvenal:

„Einige, wenn sie gezeugt ein Sabbath ehrender Vater,

Beten die Wolken allein und des Himmels göttliche Macht an.6"

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Ein unsichtbares Wesen aber zu verehren schien den Römern ein monströser Aberglaube und eine unerhörte Leichtgläubigkeit. Credat Judaeus Apella!"7 sagte darum das Sprüchwort. Auch Cicero nennt ihre Religion in rhetorischer Entrüstung eine barbara superstitio.8 Selbst, daß die Juden Vorbedeutungen gegenüber keine Schußmaßregeln ergreifen, veranlaßt Tacitus zu dem Ausfall: „Wunderzeichen durch Schlachtopfer zu fühnen, hält dieses dem Aberglauben ergebene und

1 Cic. pro Flacco 28, 69. Bell. I: 11, 2. Apion 1, 7. Philo, leg. Mang. 1014 2 Vita 3. 3 Juv. 6, 545. Jos. vita 3. Hor. Sat. I; 9, 61. Mart. 11, 94. 4 Dio Cass. 37, 17. „Hyrkan und Aristobul zerfielen

über das Briefterthum ibres Gottes: ὃς τίς ποτε οὗτος ἐστιν." Hor. Sat. I; 5, 100. 8 Pro Flacco 28.

• Sat. 14, 95.

5 16, 2.

der Religion abgeneigte Volk für unerlaubt".' So erschien das Volk, das sein ganzes Leben in den Dienst seines Glaubens gestellt hatte, wie kein anderes, den Römern als religionslos, weil es sich jeder Analogie mit heidnischen Religionen entzog. Man konnte wohl andere Götter ertragen, aber die Verachtung aller Götter schien unerträglich, weßhalb Plinius ihren Glauben geradezu eine Beschimpfung der Gottheit nennt. Dazu konnte man die Absonderung der Juden, ihre Furcht vor der Berührung mit heidnischem Leben, ihre wunderliche Vorsicht im Verkehr sich nicht anders erklären als aus einem furchtbaren Gelübde, alle Menschen zu hassen und nur Glaubensgenossen hülfreich und gewärtig zu sein.

„Keinem zu zeigen den Weg, der nicht anbetet Dasselbe

Und nur Beschnittene hin zur gesuchten Quelle zu führen.“ 3 So hat auch Tacitus ihre Absonderung aufgefaßt. „Unter ihnen selbst, sagt er, herrscht hartnäckiges Zusammenhalten und bereitwillige Freigebigkeit, aber gegen alle Andern feindseliger Haß. Nie speisen, nie schlafen sie mit Fremden...... Wer zu ihnen übertritt, den unterrichten sie in Verachtung der Götter, Verläugnung des Vaterlandes, Geringschätzung der Eltern, Kinder, Geschwister". Noch pathetischer ließ während des jüdischen Kriegs Apollonius von Tyana sich vernehmen. Die Juden, orakelte er, waren längst abgefallen, nicht von den Römern allein, sondern von den Menschen überhaupt, denn ein Volk, das ein ungeselliges Leben erfand, sich des gemeinsamen Tischs mit Andern ent= hält, sowie der Trankopfer, der Gebete, der Rauchopfer, ein solches Volk steht weiter von uns ab als Suja und Baktra und die noch weiter hin wohnenden Inder“.4

Man sieht, den Römern war dies jüdische Wesen im tiefsten Innern zuwider. Diese Gebräuche, an denen Männer und Weiber mit gleicher Hartnäckigkeit hingen“,5 die ganze Absonderlichkeit des Lebens schien nur da, um das jüdische Volk mit jedem andern zu entzweien.

1 Tac. Hist. 5, 13. 2 Dem großen Naturforscher schienen sie namentlich darum eine „gens contumelia deorum insignis“ zu sein, weil sie die Art von Datteln, tie man in den Tempeln brauchte, „Chydäen“, Dreckdatteln nannten. Hist. nar. 13, 9. Daß übrigens die Juden wirklich dem Polytheismus mit scharfer Zunge zuseßten, und darum mit einem gewissen Grund Feinde der Götter genannt wurden, ist aus den Apokryphen hinlänglich klar. Vgl. auch die Erzählung Ap. 1, 22. 3 Juv. Sat 14, 103. Philostr. Apoll. 5, 33. 5 Tac. Hist. 5, 13.

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„Um sich des Volks in's Künftige zu versichern, gab Moses ihnen neue, aller menschlichen Sitte zuwiderlaufende Gebräuche. Bei ihnen ist un= heilig, was bei uns heilig, dagegen gestattet, was bei uns abscheulich ist". Den Sabbath vermochte man sich noch aus der natürlichen Neigung des Menschen zum Müssiggang zu erklären. So entschuldigt Juvenal die jungen Juden:

„Der Vater ist Schuld, der stets am siebenten Tage

Faul war und vom Geschäfte auch nicht das Geringste berührte."2 Alle andern Sitten aber schienen dem Römer lediglich abgeschmackt, das Volk unverständlich und Judäa das Land der Narren: . . . „wo das Sabbathfest nacktfüßige Könige feiern

Und man dem alternden Schwein von jeher Gnade gewährte,“ z

oder auch:

„wo sie halten für gleich mit menschlichem Fleisch das der Schweine.“ ↳

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Der Widerwille gegen diese dem römischen Verstand durchaus unbegreiflichen Einrichtungen steigert sich bei Einzelnen, wie bei Tacitus, zu einem fast dämonischen Haß gegen die ganze Raçe. Bei der .Erzählung der Annalen, daß Tiberius den zu Soldaten ausgebobenen Juden der Hauptstadt, nach seiner boshaften Weise, die ungesundesten Stationen angewiesen habe, fügt er die gehässigen Worte hinzu: „Gingen sie am Klima zu Grunde, so war der Schaden zu verschmerzen". So tarirt auch Apollonius von Tyana den Werth der Juden. Wenn Einer, sagte er in Alexandrien zu Vespasian, vom Kriegsschauplatz kam und von dreißigtausend Juden erzählte, die durch Dich gefallen wären und wiederum von fünfzigtausenden in der folgenden Schlacht, nahm ich den Erzählenden bei Seite und fragte ihn mit Vorsicht: was aber macht der Mann, denkt er nicht auf Wichtigeres als dieses?" Noch drastischer freilich ist und der höchste Gipfel des Judenhasses, was bereits nach Ablauf unserer Zeit Ammianus Marcellinus von Mark Aurel erzählt: Der Kaiser habe auf der Durchreise nach Aegypten in Palästina aus Ekel über die stinkenden und lärmenden Juden schmerzvoll ausgerufen: Oh Markomannen! Oh Quaden! Oh Sarmaten! endlich habe ich doch Leute gefunden, die noch unter euch sind!?

Indem so den Römern jedes Verständniß für die jüdischen Sitten abging, konnten sie auch unmöglich das Verhalten der jüdischen Be1 Tacit. 1. c. 2 Sat. 14, 105. 3 Juv Sat. 6, 159. 4 Juv. Sat. 14, 98. 5 Ann. 2, 5. Vgl. Ant. XVIII; 3, 5. Sueton Tib. 36. lostr. Ap. 5, 33. 7 Amm. Marcell. 23, 2.

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völkerung richtig würdigen. Man kann sich kein schieferes Urtheil denken, als das, das beispielsweise Tacitus über den heroischen Kampf der Makkabäer gegen den tollen Antiochus und über die glänzende Zeit der Makkabäerherrschaft fällt. „Antiochus, sagt er, strebte den Juden ihren Aberglauben zu benehmen und griechische Sitten zu geben, ward aber an Verbesserung dieses häßlichen Volks durch den Partherkrieg verhindert“. „Weil nun die Macedonier geschwächt, die Parther noch nicht zu Kräften gelangt und die Römer entfernt waren, sezten die Judäer selbst sich ihre Könige, welche sich erkühnten, Bürger zu verjagen, Städte zu erobern, Brüder, Gattinnen, Eltern zu ermorden und Anderes bei Königen Gewöhnliches zu verüben; den Aberglauben jedoch begünstigten sie, weil sie die priesterliche Würde zugleich an sich gerissen hatten".1 Unter so bewandten Umständen findet Tacitus es ganz selbstverständlich, daß Pompejus jure belli" den Tempel betreten habe und findet auch kein Wort des Lobes dafür, daß die Juden lieber ihr Leben hingegeben, als Caligula's Bildniß in ihrem Heiligthum geduldet hätten.2

2. Die ersten Conflicte.

Wie wir die religiöse Empfindlichkeit der Juden haben kennen lernen, konnte ein Auftreten, das solche Gesinnungen gegen ihre Heiligthümer auch nur von ferne durchblicken ließ, sie nur zum leidenschaftlichsten Widerstand herausfordern.

In Israel stand man von Haus aus keineswegs mit dem gleichen. Widerwillen den Römern gegenüber. Der Orientale, wenn ihm auch im tiefsten Grund seines Wesens die römische Zucht und Disciplin des Gedankens sowohl als der Verwaltung unerträglich war, hatte doch eine hohe Achtung vor den römischen Leistungen. Die Makkabäer hatten es sich zur Ehre gerechnet „amici et socii populi romani“ zu heißen.3 Noch zu Johannes Hyrkans Zeiten (135-106) war man in Jsrael voll Anerkennung für die Thaten der Römer. Judas hörte von den Römern, schrieb damals der Verfasser des ersten Makkabäerbuchs, daß sie tapfer wären, und wie sie Gefallen hätten an Allen, die sich zu ihnen

1 Hist. 5, 5. 2 Hist. 5, 9. 31 Mac. 15, 15.

41 Mac. 8, 1 ff.

hielten, und denen, welche zu ihnen kämen, Freundschaft versprächen, und daß sie tapfer wären. Und man erzählte ihm ihre Kriege und die tapfern Thaten, die sie gegen die Gallier gethan, und sie überwältigt und unter Zinsbarkeit gebracht, und was sie im Lande Spanien gethan, daß sie sich der Gold- und Silberbergwerke daselbst bemächtigt, und wie sie das ganze Land überwältigt durch ihre Klugheit und Standhaftigkeit, obschon das Land sehr weit entfernt von ihnen sei, und die Könige, die vom Ende der Erde gegen sie gekommen, bis sie sie aufgerieben . . . . . und bei all dem hätte sich keiner von ihnen die Krone aufgesetzt und den Purpur angethan, um darin zu stolziren".

Die Judenschaft Alexandriens freilich hatte sich die römische Freundschaft schon damals mehr aus der Nähe besehen,1 und jener Dichter der Sibylle, der ungefähr um's Jahr 140 der Städtejungfrau drohte, ihre Haare würden verschnitten und sie selbst zur Erde geworfen werden und dann in die denkwürdigen Worte ausbrach: Kai Póun ovun, er würdigte die Sachlage richtiger als unser makkabäischer Historiograph, der in Rom nur den mächtigen Partner der gegen Syrien gerichteten Politik seines Hofes verehrte. Spätere Geschlechter machten es auch den Makkabäern zum schweren Vorwurf, daß sie sich überhaupt mit den Römern eingelassen hatten.3 Daß in Israel selbst ein gleicher Umschlag der Ansichten so rasch eintrat, ist die Schuld des Pompejus, der das Land in einer verrätherischen Weise überfiel und besezte, um dann in plumpem Uebermuth das Heiligthum der Nation zu schänden, und, begierig einen Wagen weiter in seinem Triumphzug aufzuführen, die Königsfamilie, die sich vertrauensvoll in seinen Schuß begeben hatte, der römischen Plebs in Ketten vorführte. Unter dem. Eindruck dieser Gewaltthaten dichtete ein Patriot jene sogenannten salomonischen Pselmen, die die Art, wie Pompejus sich einschlich und das verrätherische Doppelspiel seiner Politik mit Entrüstung zeichnen.4

Kriegsnoth und Kriegsgeschrei hörte mein Ohr, ruft der Verfasser, den Klang der Tuba, die tönte Mord und Verderben! Das

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1 Sib. III, 295-488

die Einschaltung III, 464–470.

2 Sib. III, 364 bei Friedlieb p. 66. Vgl. auch

3 Mose Proph. 8. Bei Volkmar p. 29.

Vgl. De la Cerda, Adversaria sacra. Lugd. 1626. Darunter das Psalt.

Salom. Auch bei Fabricius, cod. apocr.

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