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verehrt hätte, und während man noch zur Zeit des Herodes die Absetzung des nach dem Gesetze lebenslänglichen Hohenpriesters als ein Attentat auf den Tempel empfand,1 war jetzt das Volk nicht selten in der Lage, die heidnischen Herrn um Entfernung volksverhaßter Träger des hohen Amts selbst zu ersuchen.2 Mit bittrem Tadel nennt auch der Talmud die Namen der Hohenpriester dieser letzten Periode, und es ist durch ihn ein Weheruf über die hohenpriesterlichen Geschlechter erhalten, dessen Echo auch bei Josephus nachklingt. „Wehe mir, ruft ein Jerusalemite der jüngsten Tage, wehe mir um das Geschlecht des Boethus, wehe mir ob ihres Spießes! Wehe mir um das Geschlecht des Kantharos, wehe mir ob ihrer Feder! Wehe mir um das Geschlecht des Hannas, wehe mir ob ihres Schlangengezisches! Wehe mir um das Geschlecht des Ismael ben Phabi, wehe mir ob ihrer Faust! Sie sind Hohepriester, ihre Söhne Schatzmeister, ihre Eidame Tempelaufseher und ihre Knechte schlagen das Volk mit Stöcken!" Besser war dagegen das Verhältniß zu den unteren Priesterklassen, die mit dem Volke noch immer in lebendigem Verkehr standen. Die Söhne Aarons nahmen noch wie in den Zeiten des alten Tempels die Gaben des gemeinen Manns in Empfang und theilten mit ihm das Opfer. Sie betheiligten sich an den häuslichen Festen, reinigten am Altar jurge Mütter und halfen eifersüchtigen Ehemännern die Vergehen ihrer untreuen Eheweiber mit barbarischen Mitteln an's Tageslicht zu ziehen. Dennoch war das Herz Israels nicht mehr im Tempel, sondern in der Synagoge. Der eigentliche jüdische Geist zog sich mehr und mehr von der Priesterschaft in die Schulen der Rabbinen. zurück, als deren oberste man das Synedrium selbst betrachten kann, während es zugleich als öffentliche Behörde Alles repräsentirte, was dem Volke an Machtbefugniffen und Selbstregierung verblieben war.

1 Ant. XV; 3, 1.

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2 Ant. XVIII; 2, 1. XX; 9, 1

3 Namentlich 4 Thosseftha Menachoth Ende; b. Pessachim 57 a.

2. Synedrialwesen.

Der hohe Rath zu Jerusalem, der, wie es scheint, als Nachbildung der früheren Aeltestenversammlung unter den Makkabäern eingesezt worden war, blieb unter Herodes mit engern, unter den Procuratoren mit weitern Befugnissen in Geltung. Er bestand aus 71 Mitgliedern, an deren Spitze ein Synedrialhaupt (Nassi) und ein Vorsitzender (Ab-bet-din) stand. Gebildet wurde diese Versammlung durch die Oberpriester, Volksältesten und die berühmtesten Rabbinen.2 Das Collegium versammelte sich in der sogenannten Tempelsynagoge, die bis zum Jahr 30 an der Grenze der innern Vorhöfe lag und einen Ausgang nach dem Vorhof der Priester, einen andern nach dem der Israeliten hatte, bis die Schriftgelehrten fauden, daß das Geschäft des Nichtens, als ein weltliches, in den äußern Vochof gehöre, worauf man dort, unmittelbar neben dem östlichen Eingang eine neue Basilika zu diesem Zweck gebaut haben soll.3 Die Sitzungen wurden täglich nach dem Morgenopfer abgehalten, ausgenommen natürlich die Feiertage. Waren 23 Mitglieder beisammen, so galt die Versammlung für beschlußfähig und die Verhandlungen begannen. Man saß dabei im Halbkreis, der Nassi in der Mitte. Gegenüber waren drei Reihen. Size für die Schüler der Sanhedristen, welche auf diese Weise sich mit den Gesetzen bekannt machen sollten. Zuweilen führte auch der Hohepriester selbst das Präsidium.4 Ueber die Competenz des Synedriums sind wir nicht ganz klar unterrichtet. Nachweisbar war es die legitime Behörde für Cultusverfügungen, für authentische Interpretation controverser Schriftstellen, für Bestimmung der Feste, der Neumonde und ähnlicher theokratischer Angelegenheiten. Schwierige Fragen aus dem Eherecht und Erbrecht, Feststellung von theokratisch richtigen Formularen bei Verträgen, Schenkungen, Eheschließung und Ehescheidung, bildeten den Gegenstand seiner Verhandlungen. Zunächst ist somit das Synedrium eine theologische Behörde gewesen, zu deren Cognition Verstöße gegen die theokratischen Grundlagen des Staats

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gehörten. Für die gewöhnlichen Civilsachen sind die aus 7 Mitgliedern bestehenden Synedrien der einzelnen Städte da. Allein bei der Art, wie das ganze bürgerliche Leben in die theokratischen Formen hinein gegossen war, konnte die Behörde, sobald sie wollte, ziemlich Alles zu ihrer Competenz rechnen. Josephus läßt gelegentlich das Synedrium. den Grundsay aufstellen, daß ohne seine Zustimmung kein Verbrecher dürfe hingerichtet werden und den jungen Herodes zur Rechenschaft ziehen wegen Uebertretung dieses Grundsages.1 Jesus wird wegen Anmaßung der messianischen Würde vorgeladen, Petrus und Johannes stehen vor dem hohen Rath wegen Verbreitung von Häresie,2 Stephanus wegen Gotteslästerung,3 Paulus wegen Uebertretung der Tempelordnung.4 In diesen religiösen Dingen galt dann die Autorität der Behörde, wie aus Pauli Reise nach Damaskus erhellt, auch im Ausland. Einen ziemlich lebhaften Verkehr mußte die Behörde mit den Landsynagogen wegen der Festsetzung der Feste unterhalten. Die astronomische Berechnung der Feste konnte nämlich nicht überall angestellt werden, sondern es wurden diese von Jerusalem ausgeschrieben, wg das Synedrium die Berechnung der Mondphasen und die Bestimmung des Anfangs eines neuen Monats vorzunehmen hatte. Gelegentlich wird auch berichtet, daß auswärtige Juden ihre Stammbäume zur Prüfung und Beglaubigung dem Synedrium eingesendet hätten.5

Dürfen wir den nachträglichen Schilderungen der Rabbinen glauben, so war die juristische Praris der Behörde eine sehr humane. Die Abstimmung begann bei dem jüngsten Mitgliede, damit nicht das Votum des Nassi die minder festen Mitglieder präjudicire. Selbst Zuhörer durften an der Debatte Theil nehmen, wenn sie etwas zur Entlastung des Angeklagten zu sagen wußten. Ueberhaupt sollte die Milde ihre Stimme lauter erheben als das strenge Recht, und während eine einfache Majorität zur Freisprechung hinreichte, sollte zur Verurtheilung eine Stimme weiter erforderlich sein. „Richte Jedermann nach der Wage der Billigkeit“, „beurtheile deinen Nächsten nicht, bis du an seiner Stelle stehst“, sind Marimen, die einflußreiche pharisäische Mitglieder des Synedriums demselben an's Herz gelegt haben. Die gewöhnlichen Strafen waren Geld- und Leibesstrafen, wie sie in

1 Ant. XIV: 9, 3. 2 Act. 4, 1. 5, 27. 5 Contr. Ap. 1, 7.

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Israel herkömmlich waren. „Wer nicht thut das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs, an dem soll mit Fleiß Recht geübt werden, es sei zum Tode, es sei zur Verweisung, es sei zur Buße an Gütern, oder zum Gefängniß“.1 Die Todesstrafen waren Steinigung,2 Verbrennung,3 Enthauptung und Erstickung.5 Indessen hatte das Synedrium weder unter Herodes, noch unter römischer Procuratur das Recht, die Todesstrafe zu vollstrecken, sondern es konnte nur den Antrag auf solche stellen, und die römischen Behörden waren selten geneigt, ein Todesurtheil wegen Uebertretung der ihnen verhaßten jüdischen Bräuche zu bestätigen. Dem entgegen behaupteten die Juden freilich, daß durch Garantie ihres Gesetzes auch die Verhängung der Todesstrafe in den vom Gesetz vorgeschriebenen Fällen vom Kaiser zugestauden sei, so daß der Procurator ein gesetzlich gefälltes Todesurtheil einfach zu bestätigen habe, widrigenfalls sie beim Kaiser wegen Bruch ihrer Privilegien Klage führen müßten. So hat mancher Procurator das Gesetz in seiner vollen Härte vollzogen, obgleich ein Verbrechen nach römischen Begriffen gar nicht vorlag.7

Neben diesem obersten Gerichtshof bestanden sodann in jeder Stadt Palästinas locale Synedrien von sieben Richtern, die die Bevölkerung mit der Ehrfurcht auszeichnete, welche der Morgenländer seinen Obern erweist. Zur Zeit der Restauration unter Esra waren diese Synedrien mit Leviten besetzt worden, allein allmälig war ein eigener Stand der Schriftgelehrten herangewachsen, der den Priesterstand an Gesetzeskunde überflügelte, und zur Zeit wurden nur noch zwei levitische Beisizer für jedes Synedrium verlangt“.9 Diesen Localsynedrien waren alle Civil- und Criminalsachen zugewiesen. An das Synedrium zu Jerusalem wurden solche Fälle nur abgegeben, wenn die Richter sich über die Gesezesauslegung nicht vereinigen konnten, und erst festgestellt werden mußte, was in solchem Fall Rechtens sei.10 Sigungen hielt man an den Markttagen d. h. am zweiten und fünften Wochentag (Montag und Donnerstag), damit die ländliche Bevölkerung sich gelegentlich ihrer Marktgänge Recht holen könne. Die Verhandlungen fanden in der Synagoge statt," und nach morgenländischem

1 Esra, 7, 26

* Mr. 6, 27. 5 Bell. I; 27, 5.

9, 11. 8, 14

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2 Act. 7, 59. 3
1 Mac. 3, 5. Bell. I;
6 Mr. 15, 10. Act. 24, 22.

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7 Bell. II; 12, 2: Cumanus. Mr. 15, 15: Pilatus.

Sir. 10, 5. 9 Ant. IV; 8, 14. 10 Ant. IV; 8, 14.

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Mr. 13, 9. Luc. 12, 11; 21, 12. Act. 26, 11.

Brauch wurde der durch zwei Zeugen Ueberführte1 gleich ebenda unter den Augen des Richters abgestraft, sofern auf Leibesstrafe erkannt war.2 „Hütet Euch vor den Menschen, sagt Jesus, denn sie werden Euch überantworten an ihre Synedrien und Euch geißeln in ihren Synagogen".3 Mehr als vierzig Ruthenstreiche sollten nach 2 Mos. 25, 3 keinem Verbrecher gegeben werden. Da die Rabbiren aber die Möglichkeit in's Auge faßten, daß der Büttel im Zählen sich irren könnte, ließ man es, um auch einer unwissentlichen Gesezesübertretung vorzubeugen, bei 39 bewenden. „Fünf Mal, sagt Paulus, habe ich von den Juden vierzig Streiche empfangen weniger einen".4 Daß dagegen der Büttel so stark zuschlage, daß schon der zwanzigste Hieb tödtlich wurde, war durch keine Satzung gehindert und so hatte trot jenes Abzugs die Strafe zuweilen den Tod des Delinquenten zur Folge. In Civilsachen war Gefängnißstrafe zulässig, um dem Gläubiger zu seinem Recht zu verhelfen. „Verständige Dich mit dem Gläubiger auf dem Wege zur Obrigkeit, daß Du von ihm loskommest, heißt es im Gleichniß, auf daß er nicht etwa Dich vor den Richter schleppe, und der Richter überantworte Dich dem Gerichtsdiener, und der Gerichtsdiener werfe Dich in den Kerker. Ich sage Dir, Du wirst von dannen nicht herauskommen, bis Du auch den letzten Heller bezahlest". In solchen Dingen scheint demnach ein einzelner Richter, vermuthlich mit zwei Beisitzern, das Collegium vertreten zu haben, denn auch sonst ist im neuen Testament von „dem Richter" die Rede, wie von jenem ruheliebenden Kadi, der der Wittwe Recht gibt, damit sie nicht immerfort komme und quäle bis auf's Blut".6

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Im Allgemeinen waren diese jüdischen Gerichte, zumal der hohe Rath, unter unmittelbarer römischer Verwaltung mächtiger als unter den Herodäern, da die Römer sich mit der politischen Macht begnügten und die besondern Sitten und Einrichtungen grundsäßlich der Selbst= verwaltung der Bevölkerung hinausgaben.

1 Vita 49. 42 Cor. 11, 24. 6 Luc. 18, 5.

2 Mth. 10, 17; 23, 34. Act. 22, 19. 3 Mth 10, 17. Sanhedr. 1, 2. 3 Sanh. 1, 1–3 2 Mos. 21, 22.

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