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Buchdruckerei von G. Otte in Darmstadt.

Vorrede

zur zweiten Auflage.

Die neutestamentliche Zeitgeschichte erscheint hier in einer neu durchgesehenen und vermehrten Ausgabe. Zumal der letzte Abschnitt hat unter dem Einfluß von Keim's nunmehr vollendetem Werk manchfache Umarbeitung erfahren.

Am Plane des Buchs hat sich nichts geändert. Es ist auch jezt noch seine Absicht, die Geschichte der Kulturentwicklung in der Zeit Jesu und der neutestamentlichen Schriftsteller zu erzählen, soweit dieselbe auf die Entstehung des Christenthums von Einfluß war und die Entstehungsgeschichte des Christenthums zu berichten, so weit diese sich als äußere Geschichte und nicht bloß als innerlicher religiöser Prozeß darstellt.

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Was wir die heilige Geschichte nennen, so hat der Verfasser in der Vorrede zur ersten Auflage seine Aufgabe beschrieben, ist die Darstellung der höchsten Spigen eines breiteren geschichtlichen Lebens. Die des alten Testamentes wird von jeher im Zusammenhang der israelitischen Geschichte abgehandelt. Wenn dagegen erst Dr. Mth. Schneckenburger den Versuch gemacht hat, eine zusammenhängende Darstellung aller derjenigen geschichtlichen Zustände zu geben, die die

Voraussetzung der neutestamentlichen Geschichte und Literatur bilden, so liegt das an dem disparaten Charakter des Stoffs. Die neutesta= mentliche Geschichte ist nämlich keineswegs, wie die alttestamentliche, Glied einer einzigen nationalen Entwickelung, sondern sie spielt sich auf verschiedenen Gebieten ab und greift in die verschiedensten Entwickelungen über. Läßt die Zeit Jesu sich noch in die Grenzen der jüdischen Geschichte einschließen, so wird von da ab mit jeder neuen Periode der Rahmen weiter, die Perspective großartiger. Beginnen müssen wir unsere Erzählung mit der Zeit, in der die allgemeinen Verhältnisse sich zu den Configurationen zusammenzogen, welche die Evangelien wiederspiegeln. So sehen wir uns bis in die erste Zeit der Römerherrschaft in Judäa hinaufgewiesen. Unsere Aufgabe wird sein, diese Zeit zu beschreiben, so weit ihr Inhalt mit den großen religiösen Thatsachen des neuen Testaments in mittelbarer oder unmittelbarer Beziehung steht.

Es handelt sich dabei in keiner Weise um den nichtigen Versuch, die Entstehung des Christenthums selbst aus vorübergehenden Zeitverhältnissen herleiten zu wollen. Begünstigende Verhältnisse, ermöglichende Bedingungen, unhaltbare, Katastrophen zudrängende Zustände sind auch sonst wohl gewesen, und ist doch keine neue Religion daraus hervorgegangen, weil dem Chaos der gestaltende schöpferische Geist ausblieb. Das Christenthum ist seinem Wesen nach das Werk Christi, nicht der Verhältnisse. Das persönliche Leben aber, dieser schöpferische Punkt, um den die gährenden Elemente sich ansetzen, der das flüssige Erz gestaltet, das sonst zur Schlacke wird, er ist immer eine unmittelbare That Gottes, die sich nicht weiter erklären und ableiten läßt. Hier ist der Faden zu suchen, durch den die Dinge unmittelbar mit Gott zusammenhängen. Daneben wird doch Niemand verkennen, daß auch diese heilige Geschichte Theil einer Zeitgeschichte gewesen ist. Sie ist nicht phantasmagorisch auf den Hintergrund der wirklichen Geschichte vom Himmel her gespiegelt worden, sondern hat sich als ein wirkliches Stück der wirklichen Geschichte und unter den

lebendigsten Wechselwirkungen mit den gegebenen Zeitverhältnissen entwickelt, wenn auch wir uns gewöhnt haben, sie losgelöst von ihrem ursprünglichen Zusammenhang, als einen über alle historischen Begebenheiten, wie über das Leben des damaligen Geschlechts wegschreitenden Gang der göttlichen Offenbarung zu betrachten. So erwächst uns denn die Aufgabe, diese neutestamentliche Geschichte wieder einzugliedern in den zeitgeschichtlichen Zusammenhang, in dem sie stand, als sie Gegenwart war; sie zu betrachten, zwar nicht als Product, wohl aber als Theil eines allgemeineren historischen Processes; sie darzustellen, wie die Mithandelnden sie erlebten, vermischt und verworren mit durchaus profanen Ereignissen.

In dieser Fassung der Aufgabe nun liegt eine doppelte Beschränkung. Nicht Alles, was in den zwei Jahrhunderten sich zutrug, die wir mit dem Namen der neutestamentlichen Zeit bezeichnen, fann Gegenstand unserer Betrachtung sein, sondern nur das, was mit der neutestamentlichen Geschichte in Beziehung steht. Auch diese aber ist nicht an und für sich das Object, das wir beschreiben, sondern nur mit ihrer zeitgeschichtlichen Seite haben wir es zu thun. Daß auch diese Seite des Gegenstands ein Interesse beanspruchen darf, wird Niemand beabreden.

Ein solcher Versuch verhält sich nun freilich von Haus aus ablehnend gegen die magische wie gegen die mythische Ableitung des Christenthums. Für die poetische Welt der religiösen Sage ist innerhalb einer rein historischen Darstellung kein Raum; ihre Gebilde verbleichen vor einem geschichtlich hellen Hintergrund. Je schärfer die Umrisse der irdischen Dinge erkennbar werden, um so weniger haben dazwischen gute und böse Engel Platz. Aber auch jene Auffassung, die das concrete Leben der neutestamentlichen Geschichte als mythische Phantasiegebilde einer späteren Zeit auffaßt, findet dabei nicht ihre Rechnung. Wenn wir die heilige Geschichte als Bruchstück einer allgemeinen Geschichte nachweisen und zeigen können, wie die Ränder passen, wenn wir die abgerissenen Fäden, die sie mit der profanen

Welt verbanden, wieder aufzufinden vermögen, dann ist die Meinung ausgeschlossen, diese Geschichte sei der schöne Traum eines späteren Geschlechts gewesen.

An Material zur Lösung dieser Aufgabe fehlt es nicht. Wie die Dinge von oben her sich ausnahmen, konnte Josephus im Palais der Flavier am Septizonium am besten beschreiben. Wie der gemeine Mann sie empfand, geht aus den Aeußerungen der ersten christlichen Gemeinden hervor. Die Aufgabe ist daher, die durch Josephus ge= schilderten Zustände mit den Augen der Evangelien zu sehen und aus ihren Erfahrungen zu ergänzen, die Erzählungen der Evangelien aber im Zusammenhang der von Josephus gezeichneten geschichtlichen Verhältnisse zu verstehen. Soweit der Fluß der Erzählung es irgend gestattete, ist es dabei die Absicht des Verfassers gewesen, die Quellen selbst reden zu lassen.

Die Aufgabe, wie der Verfasser sich dieselbe gestellt, ist ihrer Natur nach eine positive. Nicht nur werden, geschichtlich genommen, die Thatsachen fester begründet, indem man sie im Zusammenhang historisch sicherer Daten begreift, sondern die Bilder der heiligen Geschichte heben sich auch in schärferen Umrissen heraus, wenn wir den blassen Hintergrund der Zeitverhältnisse mit den satteren Farben ausmalen, die vor Allem Josephus an die Hand gibt. Eine Freude an negativen Resultaten wird Niemand in diesem Buche verspüren. Dem Auge des Verfassers pflegen sich die negativen Bilder der Kritik sofort wieder positiv zu beschlagen; vielleicht oft nur zu schnell. Jedenfalls hat ihm die Kritik nur als Berichtigung Werth, als Negation gar keinen. Das wird nicht hindern, daß die Seite, die den Fleiß und die sauere Arbeit unserer theologischen Richtung überhaupt nur als die Zähigkeit begreift, mit der die Sünde an sich selber hängt, oder höchstens als einen hißigen Wettlauf der Eitelkeiten, die Schale ihres Zorns auch über dieses Buch ausgießen wird. Man verkennt dort, daß die dermalige wissenschaftliche Lage nicht das willkürliche Product einiger wenigen Individuen ist, und daß sich an derselben nichts ändern

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