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überall! Obgleich Herder zunächst ganz unabhängig von Lessing zu seiner pantheistischen Denkweise gekommen war, und obgleich er sich in der Art seiner Taktik die vollste Selbständigkeit wahrte, sind Lessing und Herder doch auch hier wie im Ausgangspunkt, so im letzten Ziel durchaus übereinstimmend.

An Leffing konnten wir bemerken, daß er sich zum Be= fremden seiner Freunde eine Zeitlang zum Anwalt der alten Rechtgläubigkeit machte; wie Leibniz vor ihm und Hegel und die sogenannte speculative Theologie nach ihm, schmeichelte sich Leffing mit der Täuschung, er schlage nur Feuer aus dem Kiesel, d. h. er entbinde und entwickle nur die in der Kirchenlehre ge= bunden und unentwickelt liegenden Keime der Wahrheit zu ihrer naturgemåßen Blüthe, wenn er die altüberlieferten und überall gangbaren Lehrmeinungen seinen eigenen, auf ganz anderem Boden gewachsenen Ideen und Ueberzeugungen möglichst anpasse. Dieses Verfahren, das nicht ein Auslegen, sondern ein Unterlegen, und darum in den meisten Fållen nur eine bewußte und unerlaubte Kriegslist ist, hat Herder jederzeit entschieden von sich gewiesen. In seiner Schrift »Von Gottes Sohn, der Welt Heiland« (3ur Religion und Theologie, Bd. 17, S. 44) sagt Herder von der altchriftlichen Gnostik, sie war die Weisheit einer fortgeschrittenen neuen Zeit, die bei ihren erweiterten Kenntnissen gleichwohl das Neue im Alten suchte und es als tiefere Wissenschaft, als einen geheimen Sinn daraus zog, indem sie es hineinlegte; der Genius der Zeit hatte sich verändert, und da man nicht bemerkte oder nicht sagen wollte und durfte, daß er verändert sei, so lehrte man Gnosis, eine an unwesentliche Dinge gekettete, in alten Formen aufgehaltene Wahrheit. Und noch unverkennbarer ist der strafende Hinblick auf Leibniz und Lessing, wenn Herder in einer andern Schrift »Von Religion, Lehrmeinungen und Gebräuchen« (ebend. Bd. 18, S. 277) denselben Gedanken in folgender Weise erweitert: »Als die Rabbinen nach

ihrer Art den heiligen Schriften ihren eigenen Sinn unterlegten und durch die Kabbala ihren künftigen Messias, wie sie selbst ihn wähnten, in Allem fanden, verloren sie nicht nur den ursprünglichen Sinn und die gesunde Ansicht ihrer Nationalschrift= steller, sondern sie entblödeten sich auch nicht, in Jener Namen das Albernste zu sagen, wie die rabbinische Religionsphilosophie, die Kabbala, zeigt. Als in den Zeiten der Hierarchie die Kirche fich anmaßte, den Stellen der Schrift einen Sinn unterzuschieben, der ihrer Convenienz geziemte, wohin gerieth die Auslegung? Welche ungeheure Barbarei, unwissend, geschmacklos, frech verfolgend, führte fie ein! Als die Mystik sich erkühnte, Alles mystisch zu deuten, was fand sie nicht in den heiligen Schriften? Der Cartesianismus, Wolffianismus u. f. f. haben in Stellen, die für sie gehörten, dasselbe Spiel getrieben. Das Spiel ist so oft gespielt; sollen wir es wiederholen? In Gerichten nennt man dies Kunststück mit unhöflichem Namen Fålschung.«

Dagegen stand Herder überall Lessing auf's innigste zur Seite, ja verstärkte und steigerte ihn, wo derselbe entschieden verneinend gegen die herrschende Kirchenlehre vorschritt und der begeisterte Verkündiger des neuen Evangeliums der Liebe und Duldung, des neuen Evangeliums der Humanitåt war. Gleich Lessing betonte auch Herder auf's schårfste den rein menschlichen Ursprung der biblischen Evangelien. Indem Herder in diese Untersuchungen den Begriff der Volksdichtung einführt, durch dessen folgerichtige Anwendung soeben F. A. Wolf der Betrachtung Homer's einen so epochemachenden Umschwung gegeben hatte, bezeichnet er in den Abhandlungen vom Erlöser der Menschen und von Gottes Sohn als der Welt Heiland (3ur Religion und Theologie, Bd. 16 und 17), die Evangelisten ohne Bedenken als Rhapsoden der mündlichen Ueberlieferung und apostolischen Sage, der heiligen Epopoe, welche, ehe noch eines unserer Evangelien geschrieben wurde, als lebendiger Glaube der neuen Ge

meinde långst vorhanden gewesen. Gleich Lessing bekämpfte auch Herder auf's schårffte die kirchliche Forderung, die Wunder und Weissagungen Christi als Kennzeichen und Beglaubigung der Wahrheit seiner Lehre und seiner göttlichen Sendung zu betrachten; die Wahrheit, sagt Herder (Bd. 16, S. 310), muß sich selbst beweisen, oder alles Zusammentreffen alter Propheten, alle ehemals geschehenen Wunder sind für uns ungefagt und ungeschehen. Ja, ein anderes Mal (Bd. 16, S. 72) meint Herder sogar, es sei nichts als Schwäche des Kopfes, Mangel an Unterricht, oder ein verborgener Hang zur Täuschung und Bevorzugen der Dämmerung vor dem Licht, jene Wundergaben der Kirche für ewig unentbehrlich halten zu wollen; was könne er durch ein Wunder lernen, das er nicht durch Vernunft und Schrift viel klarer lerne; vielmehr bitte seine Vernunft in der sechsten Bitte, bewahre mich Gott vor Wundern! Die mehrfachen Darstellungen der Thaten und Schicksale Jefu, welche Herder von diesem Standpunkte aus unternahm, haben wesentlich das Bestreben, das Wunderbare und Uebermenschliche in den natürlichen Gang und Zusammenhang der Dinge hereinzuziehen, sei es, daß die Wunder in altrationalistischer Weise natürlich, sei es, daß sie in tieferer Deutung symbolisch erklärt werden. Es bleibe dahingestellt, ob es, wie man gesagt hat, blos Oberflächlichkeit und eine in seiner Geistes art liegende Schranke, oder ob es nicht vielmehr absichtliche, aus seiner äußeren Stellung entsprungene Bedächtigkeit und Zurückhaltung war, wenn Herder in diesen Wundererklärungen den Begriff der religiösen Mythenbildung, für welchen er doch schon in seinen Jugendschriften eine so sinnige Einsicht bekundet hatte, noch nicht in dem vollen Umfang wie seine kühneren Nachfolger einsehte. Und gleich Lessing unterschied auch Herder auf's schårfste zwischen der christlichen Religion, wie sie ungewiß und vieldeutig die Kirchenlehre sei, und zwischen der Religion Christi, wie Christus als Mensch

in höchster Vorbildlichkeit sie erkannte und übte und wie sie Jeder mit ihm gemein haben könne und solle. Der kirchliche Glaube (Bd. 16, S. 324) war ihm nur Hülse, in der die Frucht erwuchs, nur Schale, die den Kern festhielt, war ihm, selbst mit dem feinsten Dogma übersponnen, blos ein historischer Glaube; das Christenthum aber war ihm (S. 316) nicht Lehre allein, sondern ein lebendig wirkendes Institut, nicht Schule, sondern thatige Gemeinde. Das Christenthum, fortgehend durch alle Zeiten und Nationen, war ihm (Bd. 18, S. 218) eine über allen Nationalismus erhöhte Menschen- und Völkerreligion; nicht nur Religion also, sondern die einzige Religion der Menschheit, höchste Tendenz und Bestimmung der menschlichen Natur, Humanitat. Aufgabe der fortschreitenden Arbeit der Bildung und Wissenschaft ist es, wie Herder (Bd. 18, S. 298) sich ausdrückt, die Dogmatik zur Dogmengeschichte herabzusehen, oder, wie ein anderer Ausdruck (Bd. 16, S. 223) lautet, den blos kirchlichen Glauben zur That selbst, zum reinen und wirklichen Evangelium emporzuheben. Herrlich sagt Herder (Bd. 16, S. 322): »Die Perle ist gefunden; einen anderen Grund kann Niemand legen, als den Christus gelegt hat. So wenig dies Evangelium eines åußeren Beweises bedarf, indem es sich selbst der strengste Beweis ist, so wenig kann es durch kirchliche oder andere Zweifel über den Haufen geworfen werden. Möge die Geschichte Jesu geschehen sein wie sie wolle, der Plan Gottes über das Menschengeschlecht geht unaufhaltbar fort und der Ruf dazu ist in aller Menschen Herz unauslöschlich geschrieben. Das Senfkorn ist gesåt, und die Kraft liegt in ihm, ein Baum zu werden für alle Nationen; jede Witterung, gut oder böse, muß sein Wachsthum befördern. In allen Weltbegebenheiten naht sein Reich, denn es ist das Geschäft der Vorsehung, es ist Zweck, Charakter, ja die Wurzel des Menschengeschlechts, dies Geschäft auszuführen. Trauet keiner Larve, das Reich Gottes ist inwendig in Euch.«

In der Abhandlung »Von Religion, Lehrmeinungen und Gebrauchen« heißt es (Bd. 18, S. 309): »Man hat die Frage aufgeworfen, ob ein Rechtschaffener ohne Religion sein könne? Ohne Lehrmeinungen wollte man sagen, sonst beantwortete sich die Frage von selbst. Nechte Religion kann ohne Rechtschaffenheit nicht sein, und innigste Rechtschaffenheit ist Religion, worin man sie auch erweise.« Und am Schluß (S. 329): »Die reine Christusreligion heißt Gewissenhaftigkeit in allen menschlichen Pflichten, reine Menschengüte und Großmuth. Der Bosheit selbst unüberwindbar, der verachtenden Schmach unbezwinglich, ist sie auf Selbstverleugnung gebaut und wird in jeder Beziehung des Lebens nur durch diese befestigt. Die Gottseligkeit selbst ist zu ihr nur Mittel; aber das kråftigste Mittel, wie Christi Vorbild zeigt. Ob hierbei der Name Christi litaneimåßig genannt werde, ist dem Erhöhten gleichgiltig. Am Namen Christianer, der von den Griechen dem Christenvolk als einer Secte gegeben ward, liegt wenig; gehe dieser unter oder bleibe. Wie nannte sich Christus? den Menschensohn, d. h. einen einfachen reinen Menschen. Von Schlacken gereinigt, kann seine Religion nichts Anderes als die Religion reiner Menschengüte, Menschenreligion heißen.«

Aehnlich sagt der einundzwanzigste Brief Spinoza's: Nach dem Fleisch Christus zu kennen, sei zum Seelenheil nicht durchaus nöthig; anders aber verhalte es sich mit jenem ewigen Sohn Gottes, welcher die ewige göttliche Weisheit sei, und welcher in allen Dingen, besonders im menschlichen Geist und Gemüth und am ausgezeichnetsten in Jesus Christus sich verwirklicht und offenbart habe; denn ohne diese Weisheit könne Niemand zum Zustand der Seligkeit kommen, da sie allein lehre, was wahr und falsch, gut und böse sei.

Es ist die Religion der thåtigen Erkenntniß und Liebe, welche schon Johann Staupih im Zeitalter der Reformation die Einwohnung des heiligen Geistes nannte.

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