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Vorrede zur zweiten Auflage.

Die Aufnahme, welche das Werk über die evangelischen Perikopen bei dem lesenden wie bei dem richtenden Publikum gefunden hat, ist eine in hohem Grade erfreuliche gewesen. Was der Verfasser von Anfang an geglaubt hatte, hat sich vollständig bestätigt: das Bedürfniss nach solch einer Arbeit ward wirklich in grossen und weiten Kreisen gefühlt. Ehe ich noch das Werk, welches auf vielseitiges Begehren auch auf die Episteln des Kirchenjahres ausgedehnt wurde, vollenden konnte, ward eine zweite Auflage der Evangelien schon nothwendig. Der Herr hat sich zu diesem Werke bekannt und es nicht ohne seinen Segen seinen Weg gehen lassen.

Die Arbeit Sommer's über die Perikopen hat ihre grossen Verdienste, allein wir verfolgen nicht dieselben Ziele, wie ein Blick auf die Vorrede zur ersten Auflage schon klar legt. Ich sahe mich nicht veranlasst, an meinem Programme etwas von Belang zu ändern; man wird aber fast auf jeder Seite die nachbessernde Hand nicht vermissen. Es gilt auch in dem Kleinen und Geringen treu zu sein. Seitdem das Werk zum ersten Male erschienen ist, sind wohl bedeutende exegetische Arbeiten veröffentlicht worden, wie z. B. die weiteren Fortsetzungen von dem grossartig angelegten und originell ausgeführten Werke von Hofmann über die h. Schrift Neuen Testamentes, im Ganzen aber ward das Feld der Exegese der Evangelien nur sehr stiefmütterlich bedacht. Es scheint beinahe, als wenn die Exegese sich ausschliesslich den Episteln zuwenden und die Evangelien den Lebensbeschreibern Jesu Christi als Domaine überlassen wolle. Wenn Godet's Erklärung des Ev. Lucä, sowie desselben Commentar zu dem Ev. Johannis in dieser Zeit nicht in deutscher Uebertragung herausgekommen wären, so wüsste ich keine grössere Arbeit über die Evangelien namhaft zu machen, welche für meine Zwecke einen Ertrag abwürfe. Keim's Lebensbeschreibung Jesu

von Nazara, welche ich früher nur in ihrem ersten Theile beachten konnte, ist inzwischen vollendet und benutzt worden, soweit als es möglich war. Ich habe es nicht für meinen Beruf erachtet, mich mit ihm eingehend aus einander zu setzen. Steinmeyer's apologetische Beiträge boten mir in ihren beiden letzten Lieferungen viel weniger selbstverständlich, als der erste Theil über die Wunder des Herrn. Hat sich das Material somit nur unbedeutend vermehrt, so war doch Gelegenheit genug zu kleinen Nachbesserungen und Nachträgen, da ich es mir zur Aufgabe gestellt hatte, das früher schon vorhandene Material noch ein Mal gründlich zu durchforschen und die Citate aus den Vätern nach den besten Ausgaben darzubieten.

Als das Werk zum ersten Male ausging, sah es innerhalb der evangelischen Kirche Deutschlands im Vergleich zu unsren Tagen sehr still und friedlich aus: wir sind inzwischen mit überstürzender Hast in eine neue Epoche eingetreten, welche das Gegenbild abgibt zu dem Zeitalter des Constantinus. Die Bande, welche in jener Zeit zwischen Staat und Kirche geschlungen wurden, sollen jetzt zerschnitten werden: der Staat gibt jetzt der Kirche in aller Form Rechtens den Scheidebrief. Dass die Lösung dieses Verhältnisses für Staat nnd Kirche nicht ohne die tiefsten Einwirkungen, nicht ohne die weitgreifendsten Folgen sein kann, versteht sich von selbst. Die evangelische Kirche aber hat bei dieser Auseinandersetzung, welche sie nicht veranlasst hat, nichts zu befürchten. Das waren nicht die gesegnetsten Jahrhunderte der christlichen Kirche, da ihr der Staat seinen mächtigen Arm lieh, um die Völker vor dem Herrn niederzulegen zu dem Schemel seiner Füsse! In jenen Jahrhunderten, da der Staat von der Kirche nichts wissen wollte, blühte die christliche Kirche am herrlichsten da war christliches Leben in den Gemeinden, da lief Gottes Wort in die Länder der Heiden! „Die Waffen unserer Ritterschaft sind nicht fleischlich, sondern mächtig vor Gott zu verstören die Befestigungen, damit wir verstören die Anschläge und alle Höhe, die sich erhebet wider die Erkenntniss Gottes und nehmen alle Vernunft gefangen unter den Gehorsam Christi."

Rossleben, November 1874.

D. Nebe.

Einleitung.

Unter evangelischen Perikopen versteht man das System von Schriftstücken, aus den Evangelien entlehnt, welche, für den öffentlichen Gottesdienst auserlesen, über das ganze Kirchenjahr sich erstrecken. Es erhellt aus dieser allgemein anerkannten Begriffsbestimmung, dass wir in der Einleitung zu handeln haben, 1. von der Entstehung dieses Perikopensystems, 2. von der Idee des Kirchenjahres, welche in diesem System zur Erscheinung gelangt, und, damit dieses Werk seine Berechtigung nachweise, 3. von dem Werthe desselben.

Erstes Kapitel.

Von der Entstehung des ev. Perikopensystems.
(Vergl. Ranke, Perikopen in Herzog's Real-Encyklopädie 11,373 ff.)

1. Da die alt- und die neutestamentliche Gemeinde des lebendigen Gottes einer besonderen Gottesoffenbarung ihr Dasein verdanken, so liegt auf der Hand, dass sie bei ihren öffentlichen Gottesdiensten — wie auch in ihren häuslichen Erbauungen, deren letztes Ziel doch kein andres sein kann als die Ausbauung zu einem heiligen Tempel in dem Herrn, zu einer Behausung Gottes im Geiste (Eph. 2, 21 und 22), auf diese ausserordentliche Gottesoffenbarung zurückgehen, eingehen und sich gründen müssen. Denn in dem mütterlichen Grund und Boden, der uns an's Licht der Welt geboren hat, liegen die Wurzeln, welche unser Leben tragen, nähren und vollbereiten. Die Gottesoffenbarung, welche im ausschliesslichen Sinne Israel und der Christenheit aus Gnaden zu Theil geworden ist, ward nicht von Menschenhand, sondern von dem Finger des lebendigen Gottes in ein Gefäss gesammelt, damit dieses Wasser des Lebens nicht in den löcherichten Brunnen, wie sie die Menschen nur graben können, über ein Kleines versiege. Dieses Gefäss ist die heilige Schrift.

Moses ordnete demgemäss zur Erhaltung des Volkes Gottes die feierliche Vorlesung des Gesetzes an. 5 Mose 31, 10-13 steht geschrieben: ,,und (er) gebot ihnen und sprach: je über sieben Jahr, zur Zeit des Erlassjahres, am Fest der Laubhütten, wenn das ganze Israel kommt, zu erscheinen vor dem Herrn, deinem Gotte, an dem Ort, den er erwählen wird, sollst du diess Gesetz vor dem ganzen Israel ausrufen lassen vor ihren Ohren, nämlich vor der Versammlung des Volkes beide der Männer und

Nebe, die evang. Perikopen. Zweite Auflage.

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Weiber, Kinder und deines Fremdlingen, der in deinem Thore ist, auf dass sie hören und lernen, damit sie den Herrn, ihren Gott, fürchten und halten, dass sie thun alle Worte dieses Gesetzes, und dass ihre Kinder, die es nicht wissen, auch hören und lernen, damit sie den Herrn, euren Gott, fürchten alle eure Lebtage, die ihr auf dem Lande lebet, darein ihr gehet über den Jordan es einzunehmen." Diese Vorschrift erstreckt sich eigentlich bloss auf Schriftverlesung am Laubhüttenfeste, doch der Schlussvers scheint schon über diese Schranke hinauszugehen und eine Schriftunterweisung der Jugend zu fordern. Philo und Josephus behaupten, dass der Gesetzgeber den sabbathlichen Vortrag des Gesetzes eingerichtet habe: ersterer nämlich sagt (op. Π. p. 630) αὐτοὺς εἰς ταυτὸ ἠξίου συνάγεσθαι καὶ καθεζομένους τῶν νόμων ἀκροᾶσθαι, τοῦ μηδένα ἀγνοῆσαι χάριν, und letzterer (c. Ap. 2, 17) οὐδὲ γὰρ τὴν ἀπ ̓ ἀγνοίας υποτίμησιν ἠνέσχετο καταλιπεῖν, ἀλλὰ καὶ κάλλιστον καὶ ἀναγκαιότατον ἀπέδειξεν παιδευμάτων τὴν νόμον· οὐκ εἰς ἅπαξ ἀκροασαμένους, οὐδὲ δὲς ἢ πολλάκις, ἀλλ ̓ ἑκάστης ἑβδομάδος των ἄλλων ἔργων ἀφεμένους, ἐπὶ τὴν ἀκρόασιν τοῦ νόμου ἐκέλευσε συλλέγεσθαι, καὶ τοῦτον ἀκριβῶς ἐκμανθάνειν.

Von Alters her war das Gesetz zu dieser gottesdienstlichen Vorlesung in 54 Abschnitte, Paraschen, eingetheilt, welche aber, was wohl zu merken ist, nicht nach ihrer Folge in der heil. Schrift sich an einander schlossen. Die Schriftverlesung in der Synagoge war eine sogenannte lectio selecta und keine lectio continua, eine Wahl- und keine Bahn-Lesung. Erst später kam zu der Gesetzesperikope ein prophetischer Schriftabschnitt, Haphthare genannt. Die jüdische Tradition, von welcher sich nachweislich bei Benedictus Levita im Thisbi, vgl. Bodenschatz die kirchliche Verfassung der heutigen Juden. 2, 24 die erste Spur findet, sagt mit diesem: Antiochus improbus, rex Graeciae, interdixit Israelitis, ne legem legerent. Quid fecerunt Israelitae? Sumserunt Parascham ex Prophetis, cujus argumentum simile erat argumento Paraschae illius sabbathi. (v. Hottinger, thesaurus philol. p. 222.) Mag diese Ueberlieferung wahr sein, was freilich vielfach schon bestritten worden ist und neuerdings wieder durch Ranke beanstandet wurde, der es nicht glaublich findet, dass Antiochus einen solchen Unterschied zwischen Gesetz und Propheten gemacht habe, oder mag der grosse Vitringa (cf.: de synagoga vet. p. 1008 und Archisynag. p. 111), welchem unter Andern auch Jung (die gottesdienstlichen Vorträge der Juden (p. 6 f. u. 188 ff.) beipflichtet, das Rechte getroffen haben, wenn er meint, aus dem Gegensatze zu den Samaritern, welche das Gesetz allein fest hielten, sei in der nachexilischen Gemeinde die Vorlesung der Propheten aufgekommen so viel steht fest, Gesetz und Propheten waren in der Synagoge die beiden Brennpunkte der Lektion.

Ein Blick in das neue Testament bestätigt uns dieses. Jakobus sagt auf dem Apostelconvente zu Jerusalem: Μωϋσῆς γὰρ ἐκ γενεῶν ἀρχαίων κατα πόλιν τοὺς κηρύσσοντας αὐτὸν ἔχει, ἐν ταῖς συναγωγαῖς κατὰ πᾶν oáßßarov ivayivooxhurros (Act. 15, 21), und 13, 27 sagt Paulus in der Schule zu Antiochien in Pisidien: τὰς φωνὰς τῶν προφητῶν τὰς κατὰ πᾶν σάββατον ἀναγινωσκομένας κρίναντες ἐπλήρωσαν: es war eben Sitte, wie noch heutigen Tages, dass μετὰ δὲ τὴν ἀνάγνωσιν τοῦ νόμου καὶ τῶν лoo¶nтŵv (V. 15) die Ansprache, der Lehrvortrag gehalten wurde.

Wenn schon die alttestamentliche Gemeinde, welche nur erst die. Schatten der zukünftigen Güter hatte, die heilige Schrift bei ihrem Gottes

dienste der Gestalt zu Grunde legte; so konnte die neutestamentliche Gemeinde, welche der Aufgang aus der Höhe besucht hatte, schlechterdings nicht des lebendigen, kräftigen Gotteswortes entbehren. Wir glauben, lehren und bekennen, dass die einige Regel und Richtschnur, nach welcher zugleich alle Lehren und Lehrer gerichtet und geurtheilt werden sollen, seien allein die Prophetischen und Apostolischen Schriften alten und neuen Testamentes, wie geschrieben steht: dein Wort ist meines Fusses Leuchte und ein Licht auf meinem Wege, Psalm 119, 105". Diess Bekenntniss der Wahrheit wird nicht erst mit den erleuchteten Vätern der Concordia laut: es ist so alt als die christliche Kirche selbst. Die apostolische Mahnung: ὁ λόγος τοῦ Χριστοῦ ἐνοικείτω ἐν ὑμῖν πλουσίως ἐν πάσῃ σοφία (Col. 3, 16) war nicht in den Wind geredet. Auf dem zweiten ökumenischen Concile im Jahre 381 lag auf dem Thron, um welchen die heiligen Väter im Kreise herumsassen, sehr bezeichnend eine aufgeschlagene Bibel!

Justinus der Märtyrer, welcher um das Jahr 163 starb, gibt uns in seiner grösseren Apologie den ersten authentischen Bericht von dem christlichen Gemeindegottesdienst. Er sagt c. 67: τῇ τοῦ ἡλίου λεγομένῃ ἡμέρα πάντων κατὰ πόλεις ἢ ἀγροὺς μενόντων ἐπὶ τὸ αὐτὸ συνέλευσις γίνεται καὶ τὰ ἀπομνημονεύματα τῶν ἀποστόλων ἢ τὰ συγγράμματα τῶν προφητῶν ἀναγινώσκεται, μεχρὶς ἐγχωρεῖ. Diese Stelle beweist, dass die apostolische Gemeinde das alte Testament bei dem Gottesdienste nicht ausser Gebrauch setzte, denn nach dem Sprachgebrauche Justin's kann unter den Schriften der Propheten nicht an apocryphische Apokalypsen des neutestamentlichen Canons, sondern nur an die canonischen Prophetenbücher des alten Testamentes gedacht werden. Was der Apologet unter Denkwürdigkeiten der Apostel versteht, ist doch nicht so zweifelhaft, als man es neuerdings hat machen wollen. Noch auf derselben Seite (p. 98 der kölner Ausgabe von 1686) wenige Zeilen vorher drückt sich der Verfasser sehr deutlich also aus: οἱ γὰρ ἀπόστολοι ἐν τοῖς γενομένοις ὑπ' αὐτῶν ἀπομνημονεύμασιν, ἃ καλεῖται εὐαγγέλια, οὕτως παρέδωκαν. Also altes und neues Testament gaben den Text zu den kirchlichen Vorlesungen her. Man hat nun aus dem Zusatze: μɛxois érzwoei den Schluss ziehen wollen, dass die Leseabschnitte aus beiden Testamenten zu Justinus Zeiten schon kirchenordnungsmässig umschrieben und desshalb auch für jeden Sonntag festgesetzt gewesen wären. Es wird aber wohl richtiger mit Johann Lange, Kliefoth, die ursprüngliche Gottesdienstordnung, 1858, S. 295 und Harnack, der christliche Gemeindegottesdienst im apostolischen und altkatholischen Zeitalter, 1854, S. 239 zu übersetzen sein: quoad tempus fert. Weil eita παυσαμένου τοῦ ἀναγινώσκοντος ὁ προεστώς διὰ λόγου τὴν νουθεσίαν καὶ πρόκλησιν τῆς τῶν καλῶν τούτων μιμήσεως ποιεῖται, so kann nicht ohne Maass und Ziel gelesen werden.

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Dass hiermit der wahre Sinn getroffen sei, ergibt sich aus der Beschreibung des Gottesdienstes, welche Tertullianus uns hinterlassen hat. Dieser Mann mit dem brennenden Herzen schreibt in seinem apologeticus c. 39 also: cogimur ad divinarum litterarum commemorationem, si quid praesentium temporum qualitas aut praemonere cogit aut recognoscere. Certe fidem sanctis vocibus pascimus, spem erigimus, fiduciam figimus, disciplinam praeceptorum nihilominus inculcationibus densamus: ibidem etiam exhortationes, castigationes et censura divina. Unwiderleglich zeigt diese klassische Stelle, dass in der abendländischen Kirche, welche am frühesten an Satzung und

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