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ches die Rechtswissenschaft aus der Haut jener Process- Kuh schneidet, die sie derselben abzieht, nachdem sie ihr Euter so leer gemelkt, wie Metastasio's junge Freunde seinen Geldbeutel. Zu dem Zwecke nahm unser 20jähriger Dichter-Abate in Neapel sein Jus Publicum wieder vor, unter Leitung eines berühmten Advocaten, Castagnolo, des grössten juristischen Kuhmelkers in der Advocatenzunft Neapels, welche daselbst, unter dem Berufsnamen „Paglietti", eine mächtige Genossenschaft in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. bildete: die ergiebigste Melkanstalt in den Meiereien und Kuhställen der italienischen Themis. Die erste Bedingung, die Meister Castagnolo bei der Aufnahme unserem Metastasio stellte, war: gänzliche Enthaltung von Poesie in jeglicher Form. Poesie sey anerkanntermaassen nichts als versificirter Wahnsinn, und vertrage sich am allerwenigsten mit der Jurisprudenz, der einzigen Facultät, welche ihren Wesenscharakter: die Klugheit (Prudenz), schon in ihrer Benennung an die Stirne schreibt. Und diese sollte sich mit der Unklugheit von Profession, mit der Poesie, die ihre Ungereimtheit mit der Schellenkappe des Reimes zu überklügeln meint eine Verbindung eingehen? die Jurisprudenz verdiente in ein Narrenhaus gesperrt zu werden, wenn sie die Poesie nicht eben so unerbittlich von der Advocatenbank ausschlösse, wie der Gott der Verskunst, dem unverwerflichsten Zeugnisse, dem Zeugniss eines Dichters, zufolge, die Poeten mit gesundem Menschenverstande vom Helikon ausschliesst.2) Der Endimione, die Orti Esperidi (Gärten der Hesperiden), die Galatea und die Angelica), Theaterspiele, welche Metastasio in dem Jahre 1721 und 1722 in Neapel schrieb, sind sprechende Belege für den Eifer, mit welchem unser DichterAbate der Einschärfung seines juridischen Mentors nachkam, der

1) Joseph Gorani (Mémoires secrets et critiques des Cours, des Gouvernemens et des Moeurs des Principaux Etats de l'Italie. Paris 1794) hat den,,Paglietti“ in Neapel ein eigenes Capitel gewidmet, worin er über die Betriebsamkeit dieser juristischen Hetärie, nicht aber über den Namen ,,Paglietti" Auskunft ertheilt. T. I. p. 53 ff. 2) Excludit sanos Helicone poetas. Hor. 3) Der Endimione wurde von Sarro; die Galatea von Comito, die Orti Esperidi und die Angelica vom grossen Porpora in Musik gesetzt.

in Gravina's Raggione poetica,,,Poetische Vernunft" die schreiendste Contradictio in adjecto verdammte, und schon die Bezeichnung für ein Symptom von Verrücktheit erklärte, in die der Advocat Gravina nur infolge seiner Beschäftigung mit der Poesie verfallen konnte.

Das Singdrama, „Die Gärten der Hesperiden", hatte Metastasio auf Wunsch des Vicekönigs von Neapel zur Feier des Geburtsfestes der Kaiserin Elisabetta Cristina von BraunschweigBlankenburg, Gemahlin Kaiser Karl's VI., gedichtet. Doch hatte Metastasio die Geheimhaltung seines Namens ausbedungen, aus Rücksicht auf die Hippokrenenwasserscheu seines Paglietten-Chefs, Castagnolo. Nur der damals durch Gesangkunst, Grazie und ausgezeichnete Geistes- und Herzenseigenschaften berühmten Sängerin, Marianna, genannt La Romanina, welche die „Venere“ in jenem Festspiel sang, vertraute Metastasio seine für alle andern Mitspieler geheimgebliebene Verfasserschaft. Unter welchem Scheffel aber bliebe das, nächst der Liebe, unversteckbarste Licht: das Licht der Autorschaft, verborgen? Paglietto Castagnolo bemerkte es nur zu bald. Er kündigte dem Jünger Brod und Wasser auf, und erklärte ihn reif fürs Tollhaus. Dahin ging nun der Dichter der Hesperiden-Gärten nicht, sondern geradesweges in das Haus seiner Venere, der Marianna, genannt La Romanina, deren Ehegatte, der Römer Bulgarelli, ihn mit offenen Armen als permanenten Hausgenossen aufnahm. Ein Band der treuesten Freundschaft und reinsten Herzensliebe wob sich durch das Eheband dieser ausgezeichneten Frau, und verknüpfte zwei der schönsten Seelen so hold, so traut und innig, dass die beiden Schwesterkünste, Musik und Poesie, sich in ihnen zu einem symbolischen Herzensbunde gleichsam zu umflechten schienen. Marianna Bulgarelli gab Metastasio als Textstoff zu dem für das Theater S. Bartolommeo in Neapel für den Carneval 1724 gewünschten Melodramma die,,Verlassene Dido" (Didone abbandonata) an die Hand, und trug wesentlich durch ihren kunstgewiegten Rath und den dichterischen Antheil, den sie durch Einflechtung so mancher Züge und Farbentöne, besonders in den Eifersuchtsscenen, an dem Drama hatte, zum glänzenden Erfolge desselben bei. Schon die erste Aufführung der Didone (Carneval 1724 in Neapel), obgleich Sarro's Musik nur eine mittelmässige war,

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riss die Zuschauer zu Thränen und allgemeinem Beifall hin. In Rom, wo das Melodram mit der vortrefflichen Musik des Vinci 1726 in Scene ging, steigerte sich die Wirkung bis zum Enthusiasmus. Bei einer näheren Würdigung der Didone wird uns Metastasio's Umgestaltung des Stoffes und die, im Vergleiche mit den uns schon bekannten italienischen Tragödien desselben Motives, ganz neue Behandlung der Fabel und der Heldin überraschen. 1725 hatte Metastasio bereits in Venedig, wohin er die Bulgarelli begleitete, eine Wiederholung seiner Didone auf dem Theater S. Cassiano mit dem schönsten Erfolge veranstaltet. Hier, in Venedig, schrieb er auch das Melodrama, Siroe, das, mit der Musik von Vinci, daselbst im Carneval 1726 zur Aufführung kam. Als er in Begleitung der Bulgarelli, die mit der Familie Trapassi Ein Haus machte, in demselben Jahre nach Rom zurückkehrte, hatte die Darstellung seiner Didone auf dem Teatro delle Dame bereits seinen Ruhm bis an die Sterne getragen. Eines so unbestrittenen Erfolges konnte sich, namentlich bei der Kritik, sein tragisches Melodrama, Catone in Utica, nicht erfreuen, dessen erste Aufführung auf dem Theater delle Dame im Carneval 1727 stattfand. Eine Pasquinate machte bekannt: „Die Brüderschaft des Todes wird eingeladen, die Leiche des Catone zu bestatten, welcher auf dem Theater delle Dame entseelt daliegt."1) Das galt hauptsächlich dem tragischen Ende des Catone, das der grösste Kritiker, den Italien hervorgebracht: der Pasquino in Rom, mit einem Melodrama unverträglich erklärte. Seitdem gab Metastasio seinen Melodramen einen beiher bemerkt, schon von Zeno beliebten heitern Ausgang.

Die Jahre 1729 und 1730 waren an neuen Melodramen von ergiebigster Fruchtbarkeit. Den Ezio, die Semiramide (riconosciuta) und die Contesa de' Numi (Götterstreit schrieb Metastasio 1729; den Alessandro nelle Indie und Artaserse 1730, sämmtlich in Rom.2) Die bisher genannten Melodramen des Metastasio bilden die erste Manier des Dichters, insofern

1) E invitata la compagnia della Morte a dar sepoltura al cadavere di Catone, che giace estinto nel teatro delle Dame. Vita di Metast. vor der Ausgabe: Opere Scelte. Milano 1820 in 3 Tom. p. XXIV Not. (1.) 2) Artaserse, Alessandro, Semiramide und La Contesa de' Numi componirte . Vinci.

der melodramatische Styl in denselben noch nicht jene Einfachheit und Reinheit erlangte, die Charaktere noch nicht die Haltung und Festigkeit darweisen, der Dialog jener Stärke noch ermangelt, und das Recitativ noch die Oekonomie vermissen lässt, welche Metastasio's reifere Compositionen auszeichnen. In spätern Jahren erfuhr dann auch Didone, Catone, Adriano (in Siria), Semiramide und Alessandro, von dem Dichter die Umgestaltung, in welcher sie jetzt vorliegen.

Marianna, dieser Name sollte als Doppelglücksstern unserem Metastasio auf seiner Ruhmesbahn leuchten. Marianna Contessa d'Althan-Pignatelli1) war die zweite Marianna, die Metastasio's Lebensglück bestimmte, und an deren huldvollen Blicken er die Schwingen seines Genius aufs schönste entfalten sollte. Sie hatte Metastasio in Neapel kennen lernen; und sie war es, die nun, wo sein Ruf bereits die Hoftheater Europa's in Bewegung setzte, dem Kaiser Karl VI., dessen besonderer Gunst die Gräfin d'Althan sich zu erfreuen hatte, die Melodramen des jungen Dichters vorlegte, und in dem Monarchen den Wunsch anregte, ihn als Apostolo Zeno's Nachfolger zu berufen. Die grossmüthige Zuvorkommenheit, mit welcher der alte hochverdiente Melodramatiker, Hofpoet und kaiserliche Historiograph aus eigenem Antriebe den jungen Nebenbuhler zu seinem Nachfolger vorschlug, wurde oben bereits gebührend gewürdigt. In einer vom 31. August 1729 datirten Zuschrift des Principe Luigi Pio di Savoya, Intendanten (Ispettore) der kaiserlichen Hofmusik und der kaiserlichen Theater, erhielt Metastasio die erste Einladung neben Zeno als kaiserlicher Hofoperndichter einzutreten.2) Metastasio ging lebhaft auf den Antrag ein, geleitet von einem klaren Berufsbewusstseyn, und mit den anerkennendsten Dankgefühlen für die empfehlende Fürsprache des ehrwürdigen Zeno.3) Der Jahresge

1) Geb. Principessa Pignatelli von Neapel, Gemahlin des Michele Giovanni III., Conte di Althan, dessen 1722 erfolgter Tod sie als 30jährige Wittwe und Mutter von 5 Kindern zurückliess. 2),,Il Sign. Apostolo Zeno" heisst es in dem Briefe des Principe Pio ,,non desidera altro Compagno, che V. S. molt' Illustre, non conoscendo Egli in oggi soggetto più adattato di Lei per servire un Monarca sì intelligente, qual' è il nostro.

3),,Conosco quanto debbo all' incomparabile Sign. Zeno, il quale non contento di aver protette fin' ora le mie opere, vuole col peso del suo

halt des mit Tode abgegangenen Gehülfen Zeno's und zweiten Hofpoeten, Abate Pariati, wurde, als besondere Auszeichnung, zu Gunsten Metastasio's von 2000 auf 3000 Gulden erhöht. Am 17. April 1730 traf Metastasio in Wien ein, nicht ohne die Nachwehen der schmerzlichen Trennung von den Seinigen, von Marianna Bulgarelli I., insbesondere, die ihn mit blutender und doch freudiger Seele ihrer Nachfolgerin, Marianna d' Althan II. zusandte, der Begründerin seines erfüllten Lebensberufes und Glückes. In Wien nahm Metastasio Wohnung bei Niccolò Martinez, Ceremoniere der apostolischen Nunziatur, in dessen Hause er als Familiengenosse bis an sein Lebensende verblieb, und den er zum Erben seines namhaften Vermögens einsetzte.

So zahlreich und bedeutsam Metastasio's poetische Hervorbringungen während seiner ein halbes Jahrhundert ausfüllenden Wirksamkeit am kaiserlichen Hofe waren: so wenig hervorstechende Züge bietet seine stille, bescheidene, gegen die Ereignisse des Tages und des Hoftreibens abgeschlossene Thätigkeit zur Vervollständigung seines äussern Lebensbildes dar. Gehört denn aber diese friedselige Arbeitsruhe, diese Sabbathstille mitten im Schaffen, nicht wesentlich zu jenem Dichterglücke, das dem Metastasio vor vielen, und grösseren, Berufsgenossen zugefallen war? Man denke an die Mühseligkeiten, die Beschwerden, die stürmevollen Schicksale, die das Leben eines Dante, Ariosto, Tasso, aufregten und verdüsterten, um nur einige zunächst von Metastasio's Landsgenossen zu nennen. Scheint es doch fast, als habe die deutsche Gemüthseligkeit, häusliche Einfriedigung und Einspinnung in sich selbst auf die Persönlichkeit, auf das äussere und innere Leben beider italienischer Melodramendichter am Wiener Hofe, auf Zeno und Metastasio, nachhaltig eingewirkt, und in ihr italienisches Blut die melodramatische Süssigkeit der deutschen Schlafrock- und Pantoffelidylle geflösst. Auch bei den so schönen sittlichen Eigenschaften der beiden trefflichen Hofoperndichter mag die deutsche Luft mitbetheiligt gewesen seyn. So tugendhaft wären sie an italienischen Höfen nimmer geblieben. Ihr tadelloser Lebenswandel

voto essermi così generosamente benefico. Io gliene serbo, per fin che vivo il dovuto senso di gratitudine"... lauten Metastasio's Worte in seinen Annahmeschreiben an den Principe Pio von Savoyen.

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