ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub
[ocr errors][merged small][ocr errors]

Vorwort.

Zum erstenmal, geneigter Leser, seit unserer gemeinschaftlichen Wanderung durch die unabsehbaren Gebiete der dramatischen Literatur aller Völker, richte ich das Wort an Dich in unmittelbarer Ansprache mit dem vertraulichen „Du". Ich darf es getrost, ohne Scheu vor dem Bedenken, dass ich durch meine Vorrede zum ersten und durch die zum dritten Bande dieser Geschichte, deren selbstgesteckte Gränzen der nächste nachfolgende Band immer wieder überschritt, die Vergünstigung, in einem Vorworte Dich begrüssen zu dürfen, verscherzt haben könnte. Denn nun hast Du selbst die Unmöglichkeit erkannt, innerhalb der bemessenen, von jenen Vorreden gezogenen Schranken, die Aufgabe zu lösen, ohne Abbruch an derjenigen Vollständigkeit literaturgeschichtlicher Charakteristik und Kritik, welche das Werk erstrebt; die es von allen derartigen früheren Darstellungen unterscheidet, und durch welche allein eine Geschichte des Drama's Deine dauernde Theilnahme zu fesseln vermag. Das bewiesen mir die zahlreichen von den Tagesblättern dem Werke zu Theil gewordenen Anerkennungen, worin ich ja nur das vervielfältigte Echo Deiner Stimme und Zustimmung vernehmen durfte. Traten darunter auch unliebsame Beurtheilungen auf, so waren es ein paar vereinzelte, unbekannte oder unberufene Stimmen, die sich sogleich als die Wiederhalle des Geschreies jenes Afterlöwen in der Löwenhaut verriethen, dem sein Jagdgenosse, der wirkliche Löwe, die beifällige Belobung nicht versagen konnte:

Nisi nossem tuum

Animum genusque simili fugissem metu.

Wüsst' ich nicht, wessen Geistes Kind du bist, ich selbst hätte vor deiner Stimme die Flucht ergriffen."

Anders freilich verhält es sich mit der jüngsten dieser abgünstigen, wegwerfenden Stimmen. Diese rührt von einer philologischen Autorität her, deren animus genusque dem Löwen nicht so unzweifelhaft bekannt seyn möchte, dass er möglicherweise nicht doch zu täuschen wäre. Es giebt nämlich, wie Du, mein freundlicher Leser, weisst, zweierlei Arten von philologischen Autoritäten: Solche, die an dem Buchstaben, der tödtet, festkleben, die weitaus überwiegende Zahl; und Solche, die man an den Fingern herzählen kann; die unendlich kleinere Minderheit, die den Geist haben, welcher lebendig macht; zunächst den Buchstaben, dann die Wissenschaft und als höchste Belebungswirksamkeit den Geist haben, der das Volksbewusstseyn lebendig macht und mit ewigen Gedanken durchdringt. Nur der Philolog, nur der Sprach- und Alterthumsforscher, dessen Geist sich in dieser Gesammtwirkung bethätigt, gehört zu den grossen Lichtern des philologischen Wissens, deren unser Jahrhundert kaum mehr als ein halbes Dutzend zählen möchte, und dieses halbe Dutzend zum Ruhm unseres Vaterlandes sey es gesagt umfasst ausschliesslich deutsche Philologen allerersten Ranges: Gottfried Hermann, F. A. Wolf, A. Boeckh, W. v. Humboldt, K. Lachmann, F. G. Welcker. Doch selbst diese grössten, an der Spitze ihrer Wissenschaft und der Zeitcultur als Ideenwecker und Geistesbefreier voranschreitenden Philologen, woher haben selbst diese ihre Erleuchtungskraft geschöpft und das über dem Wortwissen waltende Vermögen: den geistigen Gehalt und Kunstgeschmack des classischen Alterthums in das allgemeine Bewusstseyn, wie einen Gottesodem der Volksbildung, zu hauchen? Wo denn anders her, als aus der Geisteswirksamkeit der Heroen unserer schönwissenschaftlichen Kunstliteratur, aus den Geisteserzeugnissen unserer grossen classischen Schriftsteller, eines Winkelmann, Lessing, Herder; keiner Fach- keiner Zunftphilologen? Und jene höchste idealste Richtung der grossen Philologie, jenes Hinausstreben der Sprach- und Alterthumswissenschaft aus ihrer particularen, im Griechisch-Römischen festgebannten Formenbeschränktheit, jene Erhebung zu einer allumfassenden Sprachgestaltungsidee, wem verdankt die Philologie des lebendig machenden

Geistes diese die ganze Weltcultur umspannende, bis zu dem Urbegriffe des Wortes selbst vordringende und dadurch erst vom geisttödtenden Buchstaben befreiende Forschungswirksamkeit? Dem philosophischen Denken ist sie dafür verpflichtet; die gleichzeitige Arbeit der Gedankendisciplinen, die deutsche Philosophie des Jahrhunderts, sie hat der Sprach- und Alterthumskunde diese Richtung aufs Unendliche innerhalb der geschichtlichen Entwicklungen gegeben; hat ihr diesen sich von ihr selbst gleichsam, als blosser zeichendeuterischen, ideenlosen Formenwissenschaft, befreienden Geistestrieb und Aufschwung zu einer höchsten Spracherkenntniss eingeathmet, kraft dessen sie über ihre Fachwissenschaft hehr und glänzend schwebt, wie auf jenem antiken Kunstdenkmal über den Todtenkopf der Falter, das Sinnbild der Seele und der Geistesewigkeit.

Wie unermesslich tief unter jener erlauchten Philologie steht die Wortsklitterungsgelehrsamkeit, steht die blosse Textemendirungs- die Handschriften-Vergleichungsroutine, steht die beschränkte Hirnthätigkeit dieser den Geist tödtenden Buchstabenwissenschaft! Die Geisteskraft eines derartigen Buchstabengelehrten kann nur als eine potenzirte Fähigkeit des Zusammentragens und Zusammensetzens von Buchstaben betrachtet werden, welche der berühmte Philolog, der gelehrte Hund, Fido savant, so glänzend an den Tag legte. Oder hältst Du, theuerster Leser, die Befähigung: durcheinandergeworfene Buchstaben zu irgend einem berühmten Namen, oder zu einer verständlichen Wortfügung aneinanderzureihen, worin jener berühmte Hund so Ausgezeichnetes leistete, hältst Du diese Befähigung nicht im Wesentlichen für identisch mit der Begabung, aus verglichenen Handschriften eine verständliche Textzeile zusammenzustellen; und hältst Du sie nicht von jener, des vierfüssigen Buchstabengelehrten, nur dem Grade nach verschieden? Oder scheint Dir der Instinct, einem verwischten Palimpsest, aus der Beschaffenheit der einzelnen Blätter, aus der Glätte und Rauhheit der Pergamentseiten, aus der flachen oder tiefen Abschabung der alten, schwächern oder stärkern Auftragung der neuen Schrift, einen durch die mühseligste Arbeit herausgewitterten Sinn abzuquälen - scheint Dir, lieber Leser, nicht auch dieser Instinct der Buchstabengelehrten stammverwandt mit der Witterungskraft des

berühmten Philologen Fido Savant, der gleichfalls aus der rauhern oder glattern Beschaffenheit seiner durcheinandergemischten Buchstabentäfelchen, vermöge einer Art von Conjecturalbuchstabenkritik, die Schriftzeichen herausschnüffelt, die er zu einem aufgegebenen Namen oder verständlichen Satze neben einander ordnet? Dein beifälliges Lächeln deutet auf Deine zustimmende Ansicht: dass die Geistesarbeit jener beiden Buchstabengelehrten nur dem Grade, nicht dem Wesen nach verschieden ist.

ich meine

Welcher von beiden Arten von Wort-Gelehrten die Arten obiger Eintheilung gemäss, in eine Buchstabenwissenschaft, welche tödtet, und eine Wissenschaft des Sprachgeistes, welche lebendig macht welcher von diesen beiden Arten der vorberegte als Autorität gerühmte Philolog, der jüngste Herunterputzer und Verlästerer der Geschichte des Drama's, Herr Prof. Ritschl in Leipzig, beizuzählen wäre, wusste ich noch vor Kurzem nicht ganz genau. Ich wusste nur mit Sicherheit, aus dem was ich von ihm kannte, dass er zu dem halben Dutzend grosser Philologen nicht gehört. Doch giebt es ja ehrenwerthe Mittelstufen zwischen jenem halben Dutzend Philologen vom höchsten Styl und den Dutzend-Philologen schlechtweg.

κα

Jetzt, wo der II. Band von Herrn Ritschl's Opusc. philologica vor mir liegt, weiss ich genau und bestimmt, zu welcher Klasse von Philologen die gerühmte „Plautus - Autorität“ gehört. Nun, zu welcher denn? fragt Dein lächelndes Augenblinzeln, schalkhafter Leser! Du meinst, ich werde ihn in Eine Klasse mit mehrgedachtem berühmten Buchstabenzusammensteller bringen, dem philologischen Schriftsteller za oxy und Erstem ja Einzigem seines Faches: in die Klasse der Fido Savant? Nein, nein, ich mag nicht Gleiches mit Gleichem vergelten; mag nicht Bellen mit Wiederbellen beantworten. Ich will gerecht, womöglich grossmüthig seyn, wie es dem freien, unbefangenen, mit dem Mark und Kerne der classischen Literatur, nicht mit deren Schalen und Trebern genährten Geiste, gegenüber dem einseitig beschränkten Fachzeloten und Zunftgelehrten, zukömmt. Ich will der Plautus-Autorität ihre Grösse lassen und gönnen. Ich mag selbst den Koryphäen unter den Dutzendphilologen das Verdienstliche

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »