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glauben seine universelle Lebensform empfangen hat, ist aber nicht der abstrahierende Verstand, sondern er ist die konkrete, alles in sich begreifende Macht, außer welchem und ohne den es nichts gibt. Der Glaube aber ist nichts anderes als die universelle Formkraft, welche unser subjektives Selbstbewußtsein über sich hinaustreibt und zu der Einheit mit dem absoluten Geiste erweitert. Solange aber dem Glauben noch ein äußerlicher, empirisch-historischer Inhalt gegeben wird, solange ist er immer noch nicht reiner, protestantischer Glaube, sondern eine sinnliche Art heidnischen Fürwahrhaltens. Denn dieser Glaube ist es, der immer noch die mythischen Hüllen des Urchristentums für den wahren Kern der Religion ausgibt und so den Hungrigen im Geiste mit seinem Pochen auf den Buchstaben Steine statt Brot gibt.

Es ist daher auf das freudigste zu begrüßen, daß die oben angeführte Schrift Gunkels den bündigen Nachweis führt, daß ein großer Teil der christologischen Stücke, welche von der Kirche dem Glauben noch immer als Inhalt aufgezwängt werden, gar nicht aus dem Urchristentum stammen, sondern heidnisch-orientalischer Herkunft sind. Endlich einmal muß so doch die Einsicht erwachsen, daß die fremden Hüllen kein Glaubensinhalt sind, sondern daß der echte Glaube eine reine Kraft ist, die da selig macht, indem sie uns und unser ganzes Dasein in die Sphären des lebendigen Geistes erhebt. Der Fortschritt des Christentums hängt zum guten Teil noch immer davon ab, daß es endlich befreit werde von dem Bleigewicht der orientalischen Mythen, damit die lebendige Kraft des Geistes uns die wahre Freiheit des Leibes und der Seele gewähre.,,Das Christentum ist eine synkretistische Religion. Starke religiöse Motive, die aus der Fremde gekommen waren, sind in ihm enthalten und zur Verklärung gediehen, orientalische und hellenistische. Denn das ist das Charakteristische, wir dürfen sagen, das Providentielle am Christentum, daß es seine klassische Zeit in der weltgeschichtlichen Stunde erlebt hat, als es aus dem Orient in das Griechentum übertrat." Und zu diesem Worte Gunkels möge sich hier noch am Schluß ein anderes von Pfleiderer gesellen, der da sagt: ,,Wenn das Christentum erkannt wird als das notwendige Entwicklungsprodukt des religiösen Geistes unserer Gattung, auf dessen Bildung die ganze Geschichte der Alten Welt hinstrebte, in dessen Ausgestaltung alle geistigen Erträgnisse des Orients und Okzidents ihre Verwertung und zugleich Veredlung und Harmonisierung gefunden haben: dann ist das die großartigste und solideste Apologie des Christentums, die sich denken läßt."

Adolf Harnack und die Wiederbelebung der

spekulativen Forschung.

In den „,Bekenntnissen einer schönen Seele", die Goethe seinem Roman „Wilhelm Meister" eingefügt hat, spricht sich das zarte Gemüt einer pietistischen Frauenseele aus. Wir vernehmen da, wie ein in sich selbst versenktes weibliches Herz seine innige Verbindung mit Gott gefunden hat, wie es ganz diesem frommen Subjektivismus hingegeben ist und nur noch notgedrungen den Zusammenhang mit der sinnlichen Welt und der natürlichen Sinnlichkeit aufrecht erhält. Die sittliche Aktivität ist nicht ganz unterbunden, und sie atmet da, wo sie sich äußert, bescheidene Anmut, opferwillige Dienstbereitschaft und herzliche Liebe, aber sie ist doch bei alledem etwas Sekundäres, der Tribut, durch welchen die Unabhängigkeit von allen natürlichen Lebensbeziehungen erkauft wird. Die Hauptsache bleibt die dualistische Abkehr von der Welt, die bloß negative Erhebung der Seele über die Natur und das Aufgehen in der einseitigen Innerlichkeit einer frommbeschaulichen Gefühlsmystik. Es ist das der typische Zug aller Religiosität, welche von dem einseitigen Prinzip der Erhebung der Seele über die Welt bestimmt ist; denn diesem Grundsatz fehlt das andere, notwendig zu ihm gehörige Glied der tätigen Verklärung des Gottesgeistes in der Welt. Ganz in diesem Sinne läßt daher Goethe dem zum Quietismus führenden Hange jener schönen Seele entgegenhalten: ,,Des Menschen größtes Verdienst bleibt wohl, wenn er die Umstände so viel als möglich bestimmt und sich so wenig als möglich von ihnen bestimmen läßt. Das ganze Weltwesen liegt vor uns, wie ein großer Steinbruch vor dem Baumeister, der nur dann den Namen verdient, wenn er aus diesen zufälligen Naturmassen ein in seinem Geiste entsprungenes Urbild mit der größten Ökonomie, Zweckmäßigkeit und Festigkeit zusammenstellt. Alles außer uns ist nur Element, ja ich darf wohl sagen, auch alles an uns; aber tief in uns liegt diese schöpferische Kraft, die das zu erschaffen vermag, was sein soll, und uns nicht ruhen und

rasten läßt, bis wir es außer uns oder an uns, auf eine oder die andere Weise, dargestellt haben." Und was so von den Individuen gilt, das gilt ebenso und in noch höherem Maße von ganzen Nationen. Auch in jeder von ihnen liegt die schöpferische Kraft, an ihrem Teile verwirklichen zu helfen, damit werde, was da werden soll, damit aus dem in der bloßen Sinnennatur gebundenen Geist eine freie Geistnatur werde, und damit alle natürlichen Lebensverhältnisse sich diesem Begriff gemäß gestalten.

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Daß der Grund und das Wesen alles Lebens und Daseins Geist sei, diese Einsicht ist zuerst von den Hellenen als Begriff verlebendigt worden; im Christentum ist dieser Begriff sodann als Idee praktisch verwirklicht worden, als die Idee, daß dieser Geist Gott sei, daß er als solcher in dem Menschen wohne, diesem dadurch einen unendlichen Wert gebe und so mit ihm versöhnt sei. Von dem Katholizismus ist diese Idee daraufhin äußerlich objektiviert worden, in abstrakt einseitiger Form, in der Form der Kirche als des Reiches Gottes auf Erden, wie es der übrigen, noch ebenso abstrakt gefaßten Sinnenwelt gegenübergestellt ist. Dem Protestantismus aber ist die universelle Aufgabe zugefallen, die Idee des Christentums in dem Menschen überhaupt und ebenso in all seinen konkreten Lebensverhältnissen, dem Staat, dem Recht, der Sitte und Ökonomie, konkret zu objektivieren. Die Geschichte dieser fortschreitenden Realisierung des Geistes im konkreten Leben ist die wahre Geschichte des Protestantismus. Und daher ist die Theologie auch nicht allein die Trägerin dieser Idee, sondern ebenso ist die Philosophie des Geistes - protestantische Philosophie; die Wissenschaft der aus dem Wesen des Geistes bestimmten Rechtsprinzipien protestantische Jurisprudenz; ja selbst die Naturwissenschaft, sofern sie die mechanischen, organischen und biologischen Zusammenhänge als geistige Gesetzmäßigkeit darstellt, ist protestantischen Charakters, und endlich ist dieselbe Idee auch in den sozialen Kämpfen die treibende Kraft, deren innere Tendenz darauf abzielt, den materiell-sinnlich bestimmten Eigentumsbegriff aus der Gesamtpotenz des Geistes heraus fundamental umzugestalten. Die Aufgabe der Theologie jedoch ist es, die Erkenntnis des geistigen, gott-menschlichen Wesens der Persönlichkeit überhaupt als den ursprünglichen Sinn des Christentums und seiner gesamten Entwicklung immer reiner und umfassender zum Bewußtsein zu bringen. Damit aber vollzieht sich auch Schritt vor Schritt die Versöhnung der Theologie und der profanen Wissenschaft, weil beide, so gefaßt, aus demselben Grunde des unendlichen Geistes erwachsen und demselben Ziele zusteuern : der geistigen Verklärung der Sinnennatur.

Schmidt, Zur Wiedergeburt des Idealismus.

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Die protestantische Theologie hat sich dieser hohen Aufgabe nicht immer gewachsen gezeigt. Es hat Zeiten gegeben, wo es schien, als ob die schöpferische Kraft ihrer Idee völlig abgestorben sei; stets aber sind nach solchen Epochen des geistigen Niederganges wieder hervorragende Köpfe erschienen, welche die verflachende Entwicklung abermals zu den reinen Geisteshöhen emporführten und damit den Anstoß zu gedeihlichem Fortschritt gaben. Das gilt in nicht geringem Maße auch von dem Manne, der gegenwärtig als der Führer der protestantischen Theologie angesehen werden muß, von Adolf Harnack. Dieser Gelehrte hat sich durch seine ausgezeichneten Leistungen auf dem Gebiet der Kirchen- und Dogmengeschichte einen anerkannten Weltruf erworben, und das Ausland hat recht, wenn es in ihm gegenwärtig den Geist des deutschen Protestantismus verkörpert sieht. Wie mit der Herausgabe seines ,,Wesens des Christentums", so wendet sich Harnack nun auch mit den beiden Bänden seiner vor kurzer Zeit erschienenen,,Reden und Aufsätze“ über die speziellen Fachkreise hinaus an alle Schichten der Gebildeten.*) Die oft bei diesem Forscher bewunderte Plastik des Stils, die Fülle neuer Gesichtspunkte, die scharfe Heraushebung der wesentlichen und entscheidenden Faktoren und nicht zuletzt die begeisternde Wärme der Darstellung verbinden mit der Bedeutsamkeit des Inhaltes eine künstlerische Meisterschaft der Behandlung, daß es uns anmutet, als habe sich hier Minerva mit den Musen verschwistert. Es hieße diesen Eindruck nur beeinträchtigen, wenn wir die einzelnen dieser Gaben für sich analysieren wollten; was sie uns geben, muß dem Studium und dem Genuß der eigenen Durchlesung vorbehalten bleiben. Dagegen liegt es uns am Herzen, den Entwicklungszustand der

* Adolf Harnack: Reden und Aufsätze. 2 Bde. Gießen 1904. J. Ricker. I. a) Reden: 1. Legenden als Geschichtsquellen; 2. Sokrates und die alte Kirche; 3. Augustins Konfessionen; 4. Das Mönchtum, seine Ideale und seine Geschichte; 5. Martin Luther, in seiner Bedeutung für die Geschichte der Bildung und Wissenschaft; 6. Philipp Melanchthon; 7. August Neander; b) Aufsätze: 1. Das apostolische Glaubensbekenntnis; 2. Antwort auf die Streitschrift D. Cremers; 3. Als die Zeit erfüllet war. Der Heiland; 4. Über die jüngsten Entdeckungen auf dem Gebiete der älteren Kirchengeschichte. II. a) Reden: 1. Das Christentum und die Geschichte; 2. Die evangelisch-soziale Aufgabe im Lichte der Geschichte der Kirche; 3. Die sittliche und soziale Bedeutung des modernen Bildungsstrebens; 4. Grundsätze der evangelisch-protestantischen Mission; 5. Zur gegenwärtigen Lage des Protestantismus; 6. Die Aufgabe der theol. Fakultäten u. die allgem. Religionsgeschichte; 7. Die Königlich Preuß. Akademie der Wiss.; b) Aufsätze: 1. The present state of research in early church history; 2. Einige Bemerk. zur Gesch. der Entstehung des N. T.; 3. Was wir von d. röm. Kirche lernen u. nicht lernen sollen; 4. Das Testament Leos XIII.; 5. Die Bedeutung der Reformation; 6. Der ev.-soziale Kongreß zu Berlin; 7. Ritschl und seine Schule; 8. Über Wissenschaft und Religion.

Theologie zu beleuchten, der sich in den vorliegenden „Reden und Aufsätzen" im ganzen deutlich bemerkbar macht.

Harnack ist Historiker; er ist es von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüte. Durch seine umfassenden Arbeiten auf dem Gebiete der historischen Theologie reiht er sich den großen Meistern der Geschichtsforschung ebenbürtig an, und die Entwicklung dieser Sonderwissenschaft verdankt ihm außerordentliche Fortschritte. Das Charakteristische aber ist der Umstand, daß durch ihn die um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts beginnende Bewegung siegreich zum Abschluß gekommen ist, durch welche der Geist streng historischer Forschung als integrierendes Moment für die protestantische Theologie endgültig erobert und unverlierbar sichergestellt ist. Der entwicklungsgeschichtliche Gedanke, der durch die Bestrebungen Semlers, Michaelis und -in anderer Weise - auch Herders für die Theologie fruchtbar gemacht worden ist, ist nunmehr mit dem Ganzen dieser Wissenschaft organisch so verwebt, daß fortab ihr Betrieb ohne die Kraft dieser Idee nicht mehr denkbar ist.

Um hierbei keinerlei Mißverständnisse aufkommen zu lassen, muß daran erinnert werden, daß die Aufklärung der historischen Tatsächlichkeit innerhalb der protestantischen Theologie natürlich von Anfang an eine bedeutende Rolle gespielt habe *), und für die frühzeitige Inangriffnahme kirchengeschichtlicher Gesamtdarstellungen braucht nur auf Matthias Flacius Illyrikus verwiesen zu werden. Aber in all diesen Untersuchungen blieb die historische Forschung noch abhängig, abhängig von den sie bestimmenden Gesichtspunkten der Dogmatik, Apologetik und Polemik. Und das ist nun das Entscheidende, daß sich der Geist der Historie seit dem achtzehnten Jahrhundert auch in unserer Theologie freizumachen beginnt von allen fremdartigen und nicht aus ihr selbst entspringenden Bestimmungen. Seit dieser Zeit wird auf protestantischem Boden Ernst gemacht auch mit der uneingeschränkten Feststellung der geschichtlichen Wahrheit. **) Die nur auf sich selbst gestellte Methode historisch-philologischer Forschung hat damit ihren Einzug gehalten in die Disziplinen der biblischen Exegese und Einleitungswissenschaft, wie in die Kirchen- und Dogmengeschichte.

Es ist dabei verständlich und menschlich begreiflich, daß

*),,Der Bruch mit Rom war auch für die Fortentwicklung der Historie die Vorbedingung," so sagt Max Lenz in seinem trefflichen Vortrag,,Geschichtsschreibung und Geschichtsauffassung im Elsaß zur Zeit der Reformation" (Halle 1895 bei Niemeyer). **) Vergl. hierzu den äußerst instruktiven Aufsatz von W. Dilthey: Entstehung der Hermeneutik. In philos. Abhandl. Sigwart gewidmet, Tüb. 1900.

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