ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

halb auch über ihn hinausgehend, als die ihrige anzuerkennen und zu lösen hat: nachzuweisen, daß der Apriorismus der raumzeitlichen Anschauungsformen und der Apriorismus der Kategorien von ganz verschiedener Art und Bedeutung sind, daß fie zwar beide dem endlichen Subjecte zum Behuf einheitlicher Erkenntnis unentbehrlich find, daß aber nur die Kategorien in unserem geistigen Wesen wurzeln, und deshalb, obwol sie mit den Anschauungsformen eine Strecke weit für das Erscheinungserkennen zusammenarbeiten müssen, doch keineswegs unlöslich mit ihnen verknüpft, sondern in ihrem rein geistigen Sinn geeignet sind, uns mit unserem eigenen Wesen auch das des Universums zu erschließen.

[ocr errors]

Tatsächlich liegt grade diese Anschauungsweise im wesentlichen auch der Gedankenarbeit Biedermann's zugrunde. Und wenn man auch die Rechtfertigung dieses Verfahrens bei ihm vermißt, und seine Erkenntnistheorie als einen mislungenen Versuch betrachten muß, so ist doch dieser Versuch als dem Geiste seines Systems widerstreitend davon lösbar, und entscheidet mit nichten über den Wert seiner Denkarbeit überhaupt. Und wiewol die Zuspitzung der letteren auf eine vermeintlich rein „logische" Construction des Seins als eine von Hegel stammende Einseitigkeit uns nicht befriedigen kann, so ist doch sein Bemühen, unsere Ueberzeugungen durch gründliche Reinigung von sinnlich - irrationalen Schlacken widerspruchslos zu gestalten, grade auf dem Gebiet der Dogmatik von reichstem Erfolge gekrönt gewesen, und steht mit seiner unbestechlichen Consequenz und goldlauteren Aufrichtigkeit hoch über anderen theologischen Bestrebungen, welche hinter Kant's breitem Rücken" Deckung suchend für eine epigonenhafte Impotenz des Denkens, allen durch die Dogmatik gestellten Problemen aus dem Wege zu gehen und diese theologische Disciplin dadurch erst recht zum Tummelplaß von subjectiven Einfällen und Launen - ,,Werturteilen" zu machen versucht haben.

Literatur.

Dr. Heinrich Lisco, Die Entstehung des zweiten Corintherbriefes. Berlin 1896, Verlag von F. Schneider & Comp.; 84 S.

In dieser Schrift veröffentlicht Lisco mit unwesentlichen Aenderungen seine im Jahre 1886 zur theologischen Prüfung eingereichte Abhandlung. Allen Respect vor dieser Examenarbeit. Dem großen Scharfsinn und der außerordentlichen Combinationsgabe haftet jedoch ein Uebermaß an. Der Leser fühlt sich daher öfter auch bei einzelnen Schlußfolgerungen an den Sah S. 70 erinnert:, Wird der erste Teil meiner Ausführungen umgestoßen, so fällt mit ihm selbstverständlich auch der zweite." Und wenn S. 56 die Frage aufgeworfen wird, ob der bisherige Nachweis wirklich probe- und stichhaltig sein werde, und darauf die Antwort folgt: Kaum wage ich es zu hoffen, und doch ich hoffe es", so stellen sich dergleichen stille Zweifel bei dem Leser mit viel stärkerer Wirkung ein. In jedem Falle regt die Schrift dazu an, sich mit den einschlagenden Hauptfragen genauer zu beschäftigen. Den Verfasser werden die Gründe des Unterzeich neten vermutlich ebenso wenig überzeugen wie umgekehrt; das wollen wir uns gegenseitig nicht übel nehmen.

Die hauptsächlichen Ergebnisse der Untersuchungen Lisco's (S. 70-72) find kurz folgende: 1. Timotheus bringt. (in der Zeit nach dem 1. Corintherbriefe) dem Apostel Paulus nach Ephesus die Nachricht von dem gespannten Gegensaß in Corinth zwischen Juden- und Heidenchristen. Der Apostel reist nicht über Macedonien (wie er I. Cor. 16,5 wollte), sondern zu Schiff nach Achaja, kann aber den Frieden nicht wiederHerstellen, sondern reizt noch die Unzufriedenheit der Judenchristen durch seine Milde gegen die heidenchristlichen Sünder. Nach kurzem Aufenthalt reist er nach Macedonien. Nunmehr wiegeln Judaisten zu Corinth, das sind Judenchristen außerhalb der paulinischen Gemeinde, diese und insbesondere ihre judenchristlichen Mitglieder gegen den Apostel auf, und ein Judenchrist berichtet ihm darüber in einem unehrerbietigen Briefe. Paulus antwortet im schärfsten Tone mit II. Cor. 10,1-12, 10; 6, 14-7,1; 12,20-13,10 (Brief A). 2. Da nicht sogleich Antwort kommt, wird Paulus besorgt, eilt nach Ephesus und bestimmt dort den zwar ängstlichen Titus, mit einem Bruder nach Corinth

zu gehn; auf der Rückreise soll Titus mit ihm in Macedonien oder schon in Troas zusammentreffen. Zu früherer Abreise von Ephesus genötigt, trifft er den Titus weder in Troas noch sogleich in Macedonien, erhält aber hier einen Brief aus Corinth, wonach die Gemeinde schon vor des Titus Ankunft sich zu Paulus bekehrt hat, doch noch immer Gereiztheit, namentlich bei der judenchristlichen Minderheit, vorhanden ist. Auf diesen Brief antwortet er mit 1,1-6,13; 12,11-19; 7,2. 3; 9,1—15; 13, 11—13 (Brief B). - 3. Darauf kommt Titus mit den erfreulichsten Mitteilungen aus Corinth, und Paulus, durch irgendwelche Umstände noch an der Reise verhindert, sendet den Titus mit mehreren Brüdern (was soll hier 9,3?) voraus nebst dem Begleitbrief 7, 4-8, 24 (Brief C).

Lisco trifft vielfach mit früheren Forschungen zusammen, so in der Annahme einer zwischen I. und II. Cor. unternommenen zweiten Reise des Paulus nach Corinth, in der Zustimmung zu der Hausrath'schen Entdeckung, daß II. Cor. 10 ff. der lange vermißte Zwischenbrief zwischen I. und II. Cor. sei, in der Ansicht, daß II. Cor. 6, 14-7,1 nicht an diese Stelle gehöre, und in der Verteilung der beiden Capitel 8 und 9 auf verschiedene Briefe. - Er ist jedoch reich an selbständigen Erklärungen und neuen Hypothesen, von denen folgende hervorzuheben sind: a. Die zweite Reise ist nach ihm eins mit der ersten Hälfte des Reiseplans II. Cor. 1, 15. 16; die Ausführung der zweiten Hälfte: Rückkehr von Macedonien nach Corinth u. s. w., habe sich verzögert, stehe aber bevor, wenngleich Paulus inzwischen bis Ephesus gegangen ist. b. Die Störer in der Corinthischen Gemeinde sind die erwähnten Judaisten, und ein Judenchrist hat ihm darüber den unehrerbietigen Bericht gesandt. c. Die Abschnitte 12,11-19 und 6, 14–7,1 find gegen einander umzutauschen. d. 7, 4-8, 24 find als späteres Schreiben von

c. 1 ff. zu trennen.

Es entspricht, wie ich glaube, dem Zweck dieser Zeitschrift, wenn ich auf die Hauptfragen näher eingehe. Die nur von Einzelnen gemachten Versuche, durch Umstellung oder Ausmerzung zahlreicher Stellen der ursprünglichen Gestalt des zweiten Corintherbriefes oder seiner Bestandteile näher zu kommen, ebenso die Möglichkeit, daß wir überhaupt keine echten Paulusbriefe besitzen, lasse ich außer Acht. Die letztere Hypothese ist bis jetzt nicht so einleuchtend gemacht, daß es unberechtigt wäre, so urwüchsige Schriftwerke wie die Corintherbriefe von der Voraussetzung ihrer Echtheit aus zu betrachten.

I. Der zweite Besuch in Corinth scheint mir wie Anderen mit dem ersten in naher Verbindung gestanden zu haben. Das unbedingte: „ich bin nicht mehr nach Corinth gekommen" (II. 1,23) erweckt den Anschein, daß Paulus seit der Gemeindegründung nicht mehr dort war, und die Aoriste II. 11,8. 9 führen nicht auf eine wiederholte Anwesenheit. Andrerseits spricht Paulus freilich von seinem demnächstigen „dritten Kommen" (II. 12,14; 13, 1). Man behauptet nun, weil der zweite Besuch im ersten Corintherbriefe nicht erwähnt sei, könne er erst nach diesem Briefe stattgefunden haben. Aber wenn der erste und zweite Besuch in nahem Zusammenhange standen, dann

lag die Erwähnung, deren Fehlen auch sonst nichts beweisen würde, umso ferner; überdies jedoch ist I. 16,7 am einfachsten zu übersehen: „ich beabsichtige nicht, euch diesmal im Vorübergehn zu besuchen“, womit ein vorangegangener kurzer Besuch nachgewiesen wäre. Und eine Teilung des ersten Aufenthalts in Corinth wird von selbst wahrscheinlich, wenn Paulus 11⁄2 Jahre dort gewesen war (Apostelg. 18, 11); denn dann wird er nicht unterlassen haben, auch andere Städte Griechenlands zu bereisen, und die Rückkehr von einer längeren Rundreise kann sehr wol der zweite Besuch gewesen sein. So rechnet ja Paulus auch ein später beabsichtigtes Kommen nach Corinth und das Zurückkommen dorthin nach einem Ausfluge nach Macedonien ebenfalls als zweimaliges Kommen (II. 1,15. 16), und Lisco hält eben diese bloße Rückkehr aus Macedonien für das angekündigte dritte Kommen". Daß Paulus noch andre Christen „in ganz Achaja“ gewonnen hat, bestätigt der Gruß II. 1,1 und dasselbe möchte ich I. 1,2 in den Worten: êv navtì tóny aútív zaì ýμ@v ausgedrückt finden (wir, Paulus und Sosthenes, schreiben an die Christen in Corinth, beiderseitig im Verein mit allen Christen, welche sich an jeglichem Orte bei ihnen den Empfängern wie bei uns den Absendern befinden). Die erste Ankunft in Corinth und die Rückkehr von der Rundreise in Achaja waren nur Anfang und Ende derselben Missionsreise, konnten daher als ein Besuch, aber auch als zwei Besuche gelten. Unerfreuliche Erfahrungen konnte der Apostel schon bei der Rückkehr von der Rundreise mit den Corinthern gemacht haben, und grade in dieser Anfangszeit war Schonung am ehesten am Plaße (II. 12,21; 13,2; 2,1).

Zur Entscheidung über den zweiten Besuch gehört auch die Aufhellung, welche Bewandnis es mit den Reiseplänen des Apostels und mit dem darauf gegründeten Vorwurf der Unzuverlässigkeit hat (I. 16,5—8; II. 1,15—23). Wenn Paulus den ersten Plan: über Macedonien nach Corinth zu reisen, durch den zweiten: über Corinth nach Macedonien und von da nach Corinth zurückzukommen, erseßt hat, und wenn er dann diesen zweiten Plan wiederum nicht ausführte, so konnten kleinliche Leute wol ihre Bemerkungen darüber machen und spotten, er werde wol überhaupt nicht kommen. Paulus bestreitet es auch gar nicht, daß er seine Reise-Absichten geändert habe (1,13 bezieht sich noch nicht auf die Reisepläne); er stellt sich auf einen höheren Standpunkt mit dem Hinweis auf seine Wahrhaftigkeit hinsichtlich der christlichen Wahrheit und weist nur darauf hin, daß ihm die Corinther hinreichend Ursache gegeben, sie zu meiden.

Auch nach Lisco hat Paulus den Reiseplan I. 16,5–8 nicht ausgeführt, sondern ihn wegen der begonnenen Wirren in Corinth durch den kürzeren Weg über das Meer ersetzt. Er zerlegt aber diesen zweiten Reiseplan II. 1,15. 16 in zwei Hälften, von denen die eine: über Corinth nach Macedonien zu gehen, ausgeführt, die andre: von da nach Corinth zurückzukommen u. s. w., noch nicht ausgeführt sei; Paulus habe müssen nach Ephesus reisen, um mit Titus zu sprechen, sei aber nun im Begriff, von Macedonien aus wieder nach Corinth zurückzukommen. Aber das eßovλóμqv (1,15) umfaßt beide Hälften des Plans, eine vollendete Tatsache behandelt man doch nicht als bloße Absicht, und daß touto odv Bouλóuevos (1,17) greift wieder auf den ganzen Plan

zurück und bezeichnet ihn ohne Einschränkung als den Gegenstand des Vorwurfs der Leichtfertigkeit. Und wie Paulus nichts merken läßt, daß er die Hälfte des Plans schon ausgeführt, so sagt er auch nicht, daß er die andre Hälfte noch durchführen werde. Ift er nun inzwischen nach Ephesus gereist, so könnte er das nur mit bedenklicher Halbwahrheit sagen; denn eine Rückkehr von Ephesus aus ist nun einmal nicht die Umkehr sogleich von Macedonien.

II. Der Zwischenbrief zwischen I. und II. Cor. oder vielmehr sein Hauptteil ist in dem Abschnitt II. Cor. 10 ff. aufgefunden worden, was die schlagendsten Gründe für sich hat. Der Uebergang vom 9. zum 10. Capitel ist ähnlich, als ob ein Schiff aus dem geschüßten Flusse plöglich in die sturmbewegte See hineinfiele. Den freundlichsten und freudigsten Versicherungen über das hergestellte Einvernehmen mit den Corinthern und dem Ausdruck des Vertrauens in Sachen der Sammlung folgt unvermittelt und mit einem schwer erklärlichen: „Ich Paulus selbst aber" ein strenges Strafgericht, und dieses richtet sich nicht etwa gegen die Einen oder Andern, sondern gegen die ganze, noch eben in so warmen Worten belobigte Gemeinde. Grade die Sachlage, welche vorher als überwunden vorausgesetzt ist, findet sich c. 10 ff. vor; die nach den voranstehenden Ausführungen (besonders c. 2 und 7) beigelegte Entfremdung ist hier acut; c. 10 ff. paßt so genau vor c. 1 ff., wie von einem zerbrochenen Ringe das eine Stück zum andern. Lisco nimmt nun aber von dem gereizten Tone die Zeilen 12, 11–19 aus. Nicht Zorn, kategorische Bestimmtheit, Selbstbewußtsein, Ironie, sondern herzgewinnende Liebe, Bescheidenheit, Umsicht, demütige Bitte, wehmütige Klage seien die Merkmale dieses Abschnitts. Damit jedoch legt Lisco eine Empfindung hinein, die gar nicht in den Worten liegt. Im Gegenteil, die Unmuts - Aeußerungen folgen sich Schlag auf Schlag: Ich bin unverständig geworden, ihr wolltet es so haben! So gut wie eure arg überschäßten Apostel bin ich auch! Benachteiligt gegen die übrigen Gemeinden seid ihr höchstens insofern, als ich euch nicht zur Last gefallen bin, verzeiht mir diese Ungerechtigkeit! (und das soll nicht ironisch sein?). Ich will von euch nichts haben, pflegen doch Kinder den Eltern nichts zu schenken, sondern umgekehrt! Während ich vor übergroßer Liebe zu den größten Opfern freudig bereit bin, haltet ihr mich desto geringerer Liebe wert?! Ich hinterlistiger Mensch habe mich, um mich zu bereichern, gewiß hinter Andere, wie den Titus, gesteckt! aber dem Titus könnt ihr so wenig vorwerfen wie mir. Ich denke nicht etwa daran, mich vor euch zu verteidigen, ich schreibe das alles, Geliebte, nur zu eurem Besten. In diesen Ergüssen weht die schärfste Luft; fast scheint es unbegreiflich, wie das verkannt werden kann. Die Erinnerung an des Apostels Liebe und die Anrede Geliebte" tut dem so wenig Eintrag wie 11,11, denn natürlich hat Paulus sich die Liebe zu seiner Gemeinde [nicht aus dem Herzen gerissen. Ein Zugeständnis des Apostels: er habe den Corinthern Unrecht getan, eine demütige Bitte um Vergebung u. s. f. ist völlig ausgeschlossen, würde auch eine unverzeihliche und unmotivirte Schwäche sein. Die von Lisco bemängelte Verbindung zwischen Vers 19 und 20 (worin wir übrigens bei Paulus nicht verwöhnt find) ist deutlich genug: Um eure christliche

[ocr errors]

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »