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gelegten Formel „jede Religion sei Weltanschauung unter der Idee Gottes und Selbstbeurteilung aus der Abhängigkeit von Gott im Verhältnis zur Welt" (S. 170) inbezug auf undurchsichtige Unbeholfenheit durchaus würdig ist. Heben wir die klarsten Partien aus: Alle Religion soll entspringen aus dem Contrast, in welchen sich die Menschen ursprünglich hineingestellt sehen, daß sie gemäß ihrer natürlichen Ausstattung unselbständige Teile der Welt find, abhängig und gehemmt von andern Wesen, welche auch nur Teile der Welt sind, und daß sie gemäß ihrer geistigen Kraftausstattung sich von aller Natur unterscheiden und sich zu einer übernatürlichen Bestimmung angelegt fühlen" (S. 173). Die Religion nun ist das geistige Organ des Menschen, sich mit der Hülfe Gottes von der gewöhnlichen natürlichen Bedingtheit seines Lebens frei zu machen“. „Der Geist erreicht eine Ergänzung seines eigentümlichen Selbstgefühls durch seine Beziehung auf Gott in der religiösen Weltanschauung so, daß seine Abhängigkeit von Gott ihn für die Abhängigkeit von der Welt entschädigt und ihm seinen Wert verbürgt, mit und durch Gott ein eigentümliches Ganzes zu sein“ (S. 174). Diese Motive sind für das Zustandekommen der Religion wirksam auf allen ihren Stufen. Im Christentum tritt nur klarer hervor, welcher Art der Wert“ ist, um dessen Erhaltung und Rettung es in der Religion fich handelt, nämlich nicht das bloße Geistsein, sondern die sittliche Persönlichkeit. Denn der göttliche Endzweck ist hier das Reich Gottes. Aber das gleiche Motiv soll auch schon den Naturreligionen latent zugrunde liegen, sofern auch hier „die sittlichen Formen der Familie, des Rechtes und des Staates durch die Gottesidee geweiht werden" (S. 175. 176). Hiernach wird auch die ver worrene Ausführung am Anfang von § 27 (S. 170) erst verständlicher, welche sich auf die Psychologie der Religion bezieht, alle drei elementaren geistigen Functionen des Vorstellens, Fühlens, Wollens an der Religion ganz gleichmäßig beteiligt sein läßt und dabei ein durchstehendes Wert-Interesse des religiösen Subjects anzudeuten sucht; so zwar, daß die Vorstellung „Erscheinungen der Natur und Menschengeschichte durch deren Verknüpfung mit dem Gedanken Gottes auf einen eigentümlichen Wert be stimmt"; daß im Gefühl von Lust und Unlust sich die religiöse Selbstbeurteilung" vollzieht, kraft welcher man einen eigentümlichen Wert darauf legt, in dem durch die Idee Gottes begründeten und beleuchteten Zusammenhang der Welt eine Stelle einzunehmen"; daß endlich dieses Gefühl „zugleich das Motiv zum Handeln der Gottesverehrung wird". Endlich (S. 176) ist jeder Religion ein ganz concret gestalteter Offenbarungsglaube eigen, der den in ihr wirksamen allgemeinen Antrieben ein individuelles Gepräge gibt und, im Cultus betätigt, mit einem Gefühl des Wertes der grade dieser Religion eigenen Besonderheiten verknüpft ist.

Gegenüber der so mannigfach „interessirten“ Religion richtet sich dagegen das theoretische Erkennen lediglich auf die allgemeinen Gesetze des Erkennens und des Daseins von Natur und Geist (§ 28). Religion und Wissenschaft sind daher „verschiedenartig" (S. 171 waren sie noch entgegengesetzt"). Ihre Interessen gehen auseinander, müssen aber keineswegs notwendig collidiren, weil nämlich die Erkenntnis ihrer

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seits ein Ganzes unter einem höchsten allgemeinen Gesetz des Daseins niemals erreicht. Freilich, wäre das der Fall - dann wäre der Conflict unausbleiblich. (Warum?!) So aber ist der Anspruch der Philosophie, eine Gesamtweltanschauung zu bilden, nur der latent in ihr wirksame Trieb der Religion selbst. Aber die Philosophie hat seine wirkliche Befriedigung bisher nie zu erreichen gewußt: denn immer war ihr darauf gerichtetes Bestreben einseitig. Im Materialismus wurden nur die körperlichen Erscheinungen berücksichtigt, die geistigen ignorirt. Der Trieb aufs Ganze producirt daher hier eine Art Naturreligion, die mit dem Christentum und seiner richtigen Schäßung des Geistes in Collision tritt (S. 181) - während eine Collision zwischen der Naturwissenschaft (welche „die mechanische Gesetzmäßigkeit aller sinnenfälligen Dinge aus der mannigfachen Bewegung der einfachen begrenzten Kräfte richtig und widerspruchslos begreift" [S. 180]) und dem Christentum nur vorgeblich besteht. Der Pantheismus sucht gleichfalls alle Wirklichkeit aus irgend einem einseitigen Gesichtspunkt zu verstehen nicht sowol wissenschaftlich als durch die Einbildungskraft, stellt mithin ebenfalls nur eine Irreleitung des religiösen Triebes nach Totalanschauung dar. Besonders verfehlt ist der pantheistische Panlogismus, da die Logik keineswegs der auf alle Erscheinungen passende Schlüssel ist; so daß auch die Religion keineswegs verpflichtet erscheint, entweder sich unbedingt nach den logischen Bedingungen des theoretischen Erkennens zu richten oder auf sich selbst zu verzichten. nur darf sie dabei nicht verwechselt werden mit irgend einer Art von unvollständiger Theologie. Dieser mag der Pantheismus überlegen sein, dem Christentum aber nicht. Endlich steht es auch so nicht, wie Feuerbach meint, daß die Wissenschaft als uninteressirt vor der stets egoistischen Religion den Vorzug der Aufrichtigkeit habe. Denn auch die Wissenschaft ist immer vom Interesse geleitet, und die Religion ist nicht egoistisch (der Schlußsaß fehlt: daß das bloße Interesse also das richtige Erkennen keineswegs hindert). Wodurch jedenfalls das Christentum allem Pantheismus überlegen ist, das ist seine richtige Wertschätzung des Menschen. Dadurch ist es principiell teleologisch und deshalb die vollkommene Religion.

Von all dem wird nun im Gottesbeweise (§ 29) die Anwendung gemacht, welche über die Qualität der Theologie als Wissenschaft entscheidet. Denn um dies zu sein, muß ihre Grundidee, der Gottesbegriff, als allgemein anzuerkennende objective Wahrheit wissenschaftlich erweisbar sein, d. h. nicht als müsse die Wirklichkeit, das „Dasein" Gottes bewiesen werden dies steht, wie bei allem zu beweisenden", schon anderweitig sicher sondern seine Denknotwendigkeit. Der kosmologische und teleologische Beweis leisten das nun nicht, weil die blos äußerliche empirische Basis, von der sie ausgehen, gar nicht auf den Gottesbegriff, sondern immer nur wieder auf den Weltbegriff führt, während sie jenen vielmehr aus dem Christentum haben und eigentlich nur eine Reflexion der christlichen Weltanschauung selbst über ihren eigenen Zusammenhang sind.

Dagegen würde Kant's moralischer Beweis, weil er eine weitere empirische Basis nimmt, nämlich sinnliche Realität und geistige Realität in ihrem Nebeneinander, ein wirklicher Beweis sein. Denn er constatirt, ohne Seitenblick auf die Religion, ein

Rätsel, für welches er die Lösung nur grade in der Annahme der christlichen Gottesidee findet. Leider nur habe Kant dann doch wieder nur einen practischen Glauben, nicht aber eine theoretische Erkenntnis begründen zu können erklärt, weil er die in der Sittlichkeit sich documentirende geistige Realität nicht herzhaft genug als Realität und so auch als Gegenstand wirklich theoretischer Erkenntnis betrachtet habe, auch die Gottesidee in Ermangelung sinnlicher Anschauung nicht als eine theoretische Erkenntnis geltend zu machen wage. Denn trotz der Kritik der reinen Vernunft sei ihm doch die sinnliche Realität der Maßstab für alle Realität geblieben. Abgesehen aber nun auch von seinem im moralischen Gottesbeweis begangenen Rückfall in den Eudämonismus, hätte es für einen bloßen practischen Glauben eines Beweises überhaupt nicht bedurft. Aber sein Ansatz war nach Ritschl richtig, sofern er einsah, daß der Gottesbeweis nur Sinn hat, wenn er die geseßliche Notwendigkeit des Gedankens Gottes zur Erklärung eines Umfangs von Erfahrung ergibt, in welchem die Betätigung der Freiheit ebenso als Realität anerkannt wird wie der Zusammenhang der Naturerscheinungen". Wenn nun die gleichmäßige Realität von Geist und Natur anerkannt werden muß, so ist (S. 190) ihr Verhältnis theoretisch nur verständlich, wenn sie als Zweck und Mittel zu einander gestellt werden dürfen. Schon die Naturwissenschaft nun erkennt, daß die Natur nur für den Geist da ist. Und in der Religion behauptet sich aufs absichtsvollste der Geist gegenüber der Natur, am vollendetsten im Christentum. Hier ist der Geist seiner selbst gewiß als eines Ganzen über der Natur, durch die Gefühlsstimmung und Willens. erhebung, die bestimmt sind durch die Idee des geistigen Gottes, der als Schöpfer die Menschen zum Zweck der Naturwelt bestimmt hat" (S. 191).

Dieses Nebeneinander von Natur und Geist als zweier Realitäten bliebe nun entweder theoretisch unbegreiflich, oder es wäre nur durch den christlichen Gedanken von Gott verständlich. Dieser wäre also ein Gedanke von wissenschaftlicher Notwendigkeit. Bliebe jenes Verhältnis unbegreiflich, so würde die theoretische Erkenntnis freiwillig auf Befriedigung ihres Triebes nach einem Abschlußz verzichten. Zugleich bliebe aber auch die religiöse Weltanschauung wissenschaftlich unerklärbar und eine Theologie also unmöglich. Die theoretische Erkenntnis hat aber, da schon für die Naturerkenntnis die Natur nur für den Geist da ist, „einen Antrieb in sich selbst, das Zusammensein von Natur und Geistesleben zu begreifen" (S. 191). Dann aber bleibt nur übrig, die christliche Gottesidee auch als allgemeingültige wissenschaftliche Wahrheit anzunehmen. Dieser Beweis hat nach Ritschl's schließlicher Versicherung Stringenz, weil unumgäng. liche Data des menschlichen Geistes, welche außerhalb der religiösen Weltanschauung constatirbar (im theoretischen Erkennen schon der Natur, wie in der Willensbetätigung an der Natur), die Ueberordnung des Geistes als Zweckes fordern. Das wäre entweder nur Einbildung, oder es ist begründet, und dann kann der Grund nur in einem teleologischen göttlichen Willen liegen. So ist die Annahme der Gottesidee eine Sache theo. retischer Erkenntnis. Die christliche Weltanschauung ist als vernünftig erwiesen, und die Theologie, deren Object sie ist, daher auch als Wissenschaft möglich.

3. Gegen die Grundtendenz dieser Ausführung ist gewiß nichts zu sagen. Sie ist rational genug. Aber wie steht es mit dem Beweisgang? Die Kritik der alten Gottesbeweise, von denen freilich der ontologische hier noch ganz ignorirt wird, beruht auf einem ebenso richtigen als wichtigen Gedanken, der nur noch klarer hätte verfolgt werden sollen. Nicht blos daß sie ihre empirische Basis zu schmal nehmen — blos die Natur, nicht auch den Geist als Realität zugrunde legen, sondern daß sie speciell die mit der zeiträumlichen Qualität behaftete Erscheinungsreihe zum Ausgangspunkt nehmen, statt als wahre Weltwirklichkeit das geistige Sein ins Auge zu fassen, das verschuldet ihr Unvermögen, über die „schlechte Unendlichkeit“ der Erscheinungsreihe hinauszugelangen. Ebendeshalb aber besteht auch die Inconsequenz in Kant's moralischem Beweise nicht blos darin, daß er mit der Forderung der Glückseligkeit in den Eudämonismus zurückfiel, sondern auch darin, daß er für Gott eine sinnliche Welt überhaupt Realität haben ließ, die doch sogar wir als bloße Erscheinung zu durchschauen vermögen. Daß er aber mit seinem Beweise nur einen practischen Glauben ermöglichen wollte, beruht nicht darauf, daß er das Sittliche nicht herzhaft genug als geistige Realität an= erkannt hätte, sondern nur darauf, daß ihm ohne Anschauungsstoff, sei es nun sinnlicher oder anderer Art, (und zwar ganz mit Recht) theoretische Einsicht unmöglich schien. Aber darum hat er nicht etwa die sinnliche Realität zum Maßstab aller Realität gemacht, er hat nur den Schein erweckt, als tue er es, weil er in Abrede stellte, daß es tatsächlich andere Anschauung als die finnliche gebe - und bezüglich der sog. intellectuellen auch völlig richtig, während ihm freilich die Art von Anschauung, die uns wirklich über die äußere Erscheinung hinausführt, entging. Doch das sind Dinge, die erst in späterem Zusammenhange klarer erörtert werden können. Hier ist nur vorläufig zu constatiren, daß Ritschl's Kantkritik nicht ohne weiteres als richtig anerkannt werden kann. Was nun aber endlich seinen eignen Gottesbeweis betrifft, so fehlt bei dem steten Betonen der gleichmäßigen Realität von Natur und Geist vor allem jede Stellungnahme zu Kant's Resultat in der Kritik der reinen Vernunft. Erkennt Ritschl die hier bewiesene Phänomenalität der Natur an oder nicht? Jede Antwort darauf wird vermißt. Damit ist aber die Basis seines ganzen Raisonnements unsicher. Und dieses naive Nebeneinander" von Natur und Geist erinnert lebhaft an Biedermann's ,,Doppelgrundtatsache der materiell-ideellen Weltsubstanz". Steht man auf dem Boden von Kant's transscendentaler Aesthetik, so verwandelt sich selbstverständlich dieses Nebeneinander in eine innere Tatsache unseres Geisteslebens, die bezüglich des ihr objectiv zugrunde liegenden Tatbestandes ganz andere Erwägungen nötig macht als sie hier angestellt werden. Der Fehler bei Ritschl aber liegt darin, daß während bei jeder Gelegenheit auf Kant's Kritik zurückgegriffen wird, um die „Wissenschaft“ auf das abschlußlose Erfahrungserkennen zu beschränken (auch wenn gelegentlich das Sittliche als Gegenstand theoretischer Erkenntnis reclamirt wird), zugleich die Gründe, mit denen Kant diese Beschränkung motivirt, einfach ignorirt werden, und z. B. der Naturwissenschaft ohne Bedenken das Zeugnis ausgestellt wird, daß sie die mechanische Gesetzmäßigkeit richtig

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und widerspruchslos begreife" (S. 180), was doch in Kant's Sinne nur unter der Voraussetzung zutrifft, daß man mit dieser Erkenntnis, d. h. vor allem mit Raum und Zeit, keinen ontologischen Ernst macht.

Geben wir nun aber diesen Standpunkt doppelter Realität einmal als berechtigt zu, so begegnen in dem Beweise für die Wissenschaftlichkeit der Heranziehung der christlichen Gottesidee weitere seltsame Widersprüche. Das volle Gewicht fällt (S. 192) für jenen Beweis auf den Umstand, daß die Realität und die Ueberordnung des Geistes in unumgänglichen Daten des Geisteslebens auch außerhalb der religiösen Weltanschauung feststehe. Wozu dann aber S. 191 das ausführliche Zurückkommen auf die specifisch religiöse Selbstgewißheit des Geistes als besonderes Indicium für seine Realität? Und woher plößlich bei der theoretischen Erkenntnis der Antrieb in sich selbst“ zu einem Abschluß zu gelangen, wenn doch nach allem Bisherigen dieser Antrieb dem theoretischen Erkennen selbst gar nicht eigen, sondern nur von der Religion her in ihm wirksam sein soll! Das ist nun freilich ein so unhaltbarer Gedanke, daß es nicht wunderbar ist, wenn er schon hier vollends dann in der 3. Auflage dem Verfasser selbst wieder unsicher wird. Die Herabsetzung der Wissenschaft, welcher dieser Gedanke schon in § 28 diente, ist so unberechtigt, daß mit viel größerem Recht gefragt werden kann, ob nicht umgekehrt in der Religion in dem Trieb auf das Ganze ein logisches Bedürfnis sich geltend mache, das, durch den ihr auf practischem Wege erschlossenen Gottesbegriff unvermeidlich geweckt, hier nur die erste noch instinctive Erscheinung dieses Bedürfnisses war, das dann erst in der Wissenschaft mit klarem Bewußtsein sich geltend machen konnte und mußte, troß seines weiten Hinausgreifens über die Erfahrung.

Wenn aber einmal die religiöse Herkunft dieses Triebes so nachdrücklich behauptet war, so durfte hier nicht plößlich das grade Gegenteil als Argument geltend gemacht werden.

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Ritschl's erste Firirung des Verhältnisses von Religion und Philosophie wobei wir auf den Religionsbegriff selbst hier noch nicht eintreten wollen sowie seine Bestimmung des Verhältnisses von Philosophie und Theologie leidet also schon so be trachtet an auffallenden Mängeln. Die bisherige Philosophie wird aber ferner auch nur als Materialismus und Pantheismus gewürdigt; und als berechtigt nur eine Philosophie oder ein theoretisches Erkennen anerkannt, welches sich, vor ein angeblich sonst hoffnungsloses Problem gestellt, allein retten kann durch eine von der Religion entlehnte Idee, womit es denn allerdings in eine merkwürdige Analogie tritt zu dem religiösen Subject, das sich in ähnlicher, nur practischer zugespitzten Lage gleichfalls nur zu helfen vermag durch Ergreifung der Idee eines rettenden Gottes. Jenem Erkennen bleibt dabei diese so entlehnte Idee selbst im wesentlichen undurchsichtig. Das aber kann man kein theoretisches Erkennen nennen. Dieses müßte seine wichtigste Auskunft in sich selber finden, und nach seinen eignen Gesezen zu der Gottesidee gelangen, welche dem religiösen Subject in der Erfahrung practischen Erlebens- aber freilich anders als nach Ritschl's Vorstellung - nur in unmittelbarer Weise sich aufdrängt. Dann wäre ein

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