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trachtung der Vorsehung, die zum moralischen Weltzweck als ihrem eigenen hin alles leitet zu Nuß und Frommen des Menschen. Die speculative Betrachtung der Dinge unter dem Gesichtspunkte des Zweckes", wie sie der Philosophie schon zu eigen war, trat nun auch in die Theologie ein. Ueberschauen wir alle jene Elemente der Weltanschauung, alle jene keimkräftigen Vorstellungen, die im Bewußtsein nicht blos der Theologen, sondern auch aller Gebildeten lagen, bedenken wir das Vorherrschen der Moral und des teleologisch gefaßten Vorsehungsglaubens, so ahnen wir, wohin die Zeit drängte, und was sie aus ihrem Schos gebären würde. Es war kein Zufall, daß man hier die Reichsgottesidee aufnahm. Es gab keine biblische Idee, die geeigneter gewesen wäre, das auszudrücken, was man hier ausdrücken wollte. War sie nicht überdies die unmittelbare Verkündigung Jesu selbst? Konnte nicht jeder Gegner durch Berufung auf die Bibel entwaffnet werden? Es würde indertat schwer, wenn nicht unmöglich sein, einen biblischen Begriff ausfindig zu machen, der angemessener und zwangloser eine speculativ-theologische (teleologische?) Darstellung der Entwickelung und Offenbarung der Vernunft und des göttlichen Willens einzukleiden imstande wäre, als eben der Begriff des Reiches Gottes." (S. 17.)

So wird denn namentlich an Schriften von Joh. Jak. Heß und Reinhard (Versuch über den Plan, welchen der Stifter der christlichen Religion zum Besten der Menschheit entwarf) aus der vor-kantischen Zeit diese Anwendung der Idee nachgewiesen. Dabei werden als Merkmale der gesamten Zeitrichtung in diesem Sinne auch jene weitverzweigten und eifrig gehegten Orden und Vereinigungen erwähnt, die vielfach vom Geheimnis umgeben, streben wollten den großen Zweck des erhabenen Stifters des Christentums: Aufklärung der Menschheit und Dethronisirung des Aberglaubens und des Fanatismus, durch eine stille Verbrüderung Aller, die Gottes Werk lieben, durchzusetzen." Am nachhaltigsten nun faßte Kant in seiner Religionsphilosophie alle derartigen Tendenzen seiner Zeit in einem übersichtlichen Bilde zusammen. Diese Religionslehre rief eine stürmische Bewegung in der theologischen Literatur hervor. Hier schien indertat für die systematische Theologie eine wissenschaftliche unangreifbare Position geschaffen zu sein; hier waren die zerstreuten Betrachtungen und die fragmentarischen Auffassungen der Theologen in ein packendes Gesamtbild zusammengefaßt und zwar, was die Hauptsache war, in einer Sprache und Gedankenverknüpfung, in einer Verwertung der Reichsgottesidee, die der zeitgenössischen theologischen Literatur ganz geläufig, ja zum größten Teil aus ihr entnommen war." „Wäre Kant ein Lehrer der Theologie gewesen und hätte die Kunst verstanden und geübt, Schüler heranzuziehen und für seine Ideen zu begeistern, so wäre die heutige Debatte schon vor hundert Jahren entstanden und zum endgültigen Abschluß gebracht worden. So ist es gekommen, daß es damals nur wenige Theologen. waren, die sich als Kantianer in dem Sinne bezeichnen lassen, daß sie in voller Würdigung der Tragweite der speculativen Erkenntnislehre die Moraltheologie in unverkürzter Uebereinstimmung mit den Resultaten der Kritik der reinen Vernunft, im Geiste des philosophischen Kriticismus begründet hätten." S. 7. Es werden erwähnt und in dieser

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Beziehung gewürdigt: der alte Göttinger Stäudlin — als Ahnherr der heutigen Ritschl'schen Schule, ferner der Kantianer Tieftrunk, der Jenenser Schott, De Wette, Christian Friedrich Böhme, Franz Theremin als der leßte. Denn in den teleologischen Systemen Hegel'scher Observanz ließ man die Reichsgottesidee fallen" und mit dem Eintritt der Schleiermacher'schen Theologie trat sie überall ungefähr in die Schranken zurück, in denen sie sich von jeher in den Glaubenssystemen gehalten hatte." Warum aber verlief die Be wegung so? W. nennt S. 32 Kant's Religionslehre ein „moralisches Gedicht", dem sich „in der Einfachheit der Linienführung und kühnem, genialem Wurfe“ kein zweites in der ganzen Literatur vergleichen lasse. Warum ein „Gedicht"? Nun wol deshalb, weil es eben Philosophie, nicht Theologie, Speculation, nicht Religion war, was hier geboten wurde. „Das ganze System Kant's ist aus dem Geiste der herrschenden Moralphilosophie und Moraltheologie herausgeboren und will nur ihr scharfgeschliffener Spiegel sein. Kant ruft seiner aufgeklärten Zeit zu: „Ihr habt recht, es kommt in der Religion nur auf die Moral an; auch sonst find eure Ansichten sehr verständig; aber in einem irrt ihr, ihr könnt weder Gott, noch Unsterblichkeit, noch irgend etwas anderes Uebersinnliches begreifen". Und wem da das Gebäude auch der Moral zusammenbrechen wollte, dem möchte er sagen: „mögen sie weiter dichten, zu ihren Ideen von Gott und Unsterblichkeit und Freiheit auch entsprechende Gegenstände hinzudichten. Kommt diesen auch keine beweisbare Realität zu, so haben sie doch die Motivationskraft für den schwachen sittlichen Willen". Kant's Religionslehre ist speculative Philosophie, Philosophie der Moralgeschichte“. „Die Idee des Reiches Gottes, die die Vernunft erzeugt, kommt in der Geschichte zur Wirklichkeit." An dem scharfen Gegensaße des Herder'schen Humanitätsideales zum Kantischen, an der principiellen Schärfe, mit der Herder besonders den theologischen Schülern Kant's entgegentrat, wird uns klar gemacht, wie der Kantische Moralglaube seinen Wert an sich und in den Personen, die ihn hegen, unangetastet eben doch mit dem, was religiöser Glaube nach bisher allgemein geltender Auffassung ist, nicht verglichen werden könne, so oft er auch damit verwechselt wird.

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Und nun wieder in unserer Zeit trat plötzlich und umso überraschender für alle Parteien Ritschl mit einem theologischen System auf, das eine in der protestantischen Theologie beispiellose Erregung und Verwirrung hervorrief. Da erschien die Reichsgottesidee aufs neue, wie es schien, Herz und Centrum des ganzen Systems, in unauflöslichem Zusammenhange mit allen leitenden Ideen."

Ist das nun wirklich etwas neues? Und zwar in dem Sinne, daß in diesem System evangelisches Glauben und Leben des Gottesreiches wirklich als Religion sicherer und wahrer zum Ausdruck komme, als bei jenen? W. kommt hierüber im zweiten Teile seiner Schrift zu folgendem Resultate: Wir sind bei R. in einer Welt der Ideokratie, und was in der Hegel'schen Philosophie der actus purus war, nicht weniger als alles das ist in dieser Philosophie das Reich Gottes, die absolute Formel für alles. Die Idolatrie aber, die hier mit dem Reiche Gottes getrieben wird, als wäre diese specula tive Idee, die mit den naiven Vorstellungen der Bibel überhaupt schwer verglichen

werden kann, das erste und notwendigste Postulat des christlichen Glaubens, kann nicht scharf genug verurteilt werden. Das Schlimmste ist: Alles drängt darauf hin, Reich und Gott durch ein Gleichheitszeichen zu verbinden. sophie mag diese Theologie so gut sein als jede andere.

muß sie bestritten werden.

und

Als Religionsphilo. Als Theologie das will sie sein Jene moralischen Reflexionen schließen die Möglichkeit eines Wechselverkehrs des Menschenherzens mit dem lebendigen Gott nicht ein, sondern aus." -"Wir können hier nur unbedingt zustimmen. Nehmen wir die auf S. 120 aufgeführten Bestimmungen des Gottesreiches: Es heißt bei Kant das höchste Gut d. h. die Synthese von Glückseligkeit und Sittlichkeit; oder die moralisirte Gesellschaft. Bei Tieftrunk und Ritschl desgleichen. Kaftan meint, es sei gar nicht zweierlei, an diesem Gottesreich sein höchstes Gut haben und einen solchen Glauben von Gott (als überweltlichem, persönlichem Geiste) hegen, nur unsere Reflexion trenne dazwischen. Reischle nennt es ein Reich der sittlichen Gerechtigkeit in der Welt, Harnack die Herrschaft des allmächtigen und heiligen Gottes, Herrmann das überweltliche höchste Gut, die universelle sittliche Gemeinschaft, welche durch das Handeln aus dem Motiv der Liebe eine Vielheit sittlicher Personen zur Einheit verbindet. Nach Bornemann ist das höchste Gut als sachliches ewiges Leben“, „soweit es als lebendige Person offenbar ist, Gott"; das Reich Gottes die vollkommene Ordnung aller Dinge". „Die Person und das Reich Jesu Christi bieten in ihrer Verbindung das höchste Gut, Gott selbst, dar." Gewiß hat W. Recht, wenn er sagt, daß hier kein Unterschied gegen Kant besteht. Und gewiß muß man fragen, warum wird den erwähnten, an und aus sich verständlichen Ausdrücken der Name des Gottesreiches zugefügt, den sie aus sich nicht fordern, und da fie doch aus dem biblischen Begriff weder des Gottesreiches noch der Verkündigung Jesu unmittelbar herzuleiten sind? Nein, wir haben hier keine Theologie. Wir möchten auch nicht einmal sagen: wenigstens eine Religions philosophie. Denn Gott verschwindet ja hinter dem Reiche und Christus, wie es S. 120 ganz richtig heißt.

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Als Moralphilosophie also oder Philosophie der Moralgeschichte stellt sich nach W. das Ritschl'sche System dar, wenn man ihm die theologischen Formen nimmt. Und als solches will er es hier nicht kritisiren. Das könnte, wie er richtig sagt, nur mit Entgegenstellung eines andern ganzen Systems wirklich geschehen. Für die Entwickelung nun dieses eigentlichen Charakters des Systems und für die reiche Belehrung, die seine scharfsinnige Auseinandersetzung nach dieser Seite enthält, sind wir ihm besonders dankbar. Was Teleologie, was Erkenntnis mit teleologischen Mitteln und dergleichen, wird eindringend auseinandergesetzt. Verstehen wir den Verfasser recht, so ist da auch manche Ironie versteckt, sofern ernstlich von Erkenntnissen" auf diesem Wege gesprochen wird. Die Ausführungen über Ritschl'schen Sprachgebrauch und seine Umschmelzungen, über die Dialectik der „Ideen“ und ihrer Zusammenordnung und Verbindung gegenüber dem begrifflichen Erkennen enthalten dessen so manches. Wir können hier ins Einzelne der knappgehaltenen Darstellung nicht eingehen, sondern nur das Studium des Buches empfehlen. Verhehlen wollen wir nicht, daß manche Beziehungen Ritschl's auf Hegel uns

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nicht ganz deutlich erschienen sind; auch dem Urteil, mit dem Pfleiderer in teilweise Gemeinschaft mit R. gebracht wird, können wir nicht zustimmen. Besonders aufmerksam aber wollen wir noch machen auf höchst interessante Ausführungen über den socialen Charakter des Ritschl'schen Ideals, abgeleitet aus dem Charakter der rein teleologischen Weltanschauung, das solchergestalt mit außerordentlicher, stürmischer Kraft auf den Willen wirkt", ein unübertroffenes Agitationsmittel. Es ist deshalb zwischen einer religiösen Partei und einer politischen, die beide alles und jedes nur als Mittel zur Erreichung und Verwirklichung ihrer Idee der Vollkommenheit betrachten, im Princip gar kein Unterschied - nur, daß der politische Schwärmer das Gebilde seiner Phantasie mehr nach den social-bürgerlichen Bedingungen, der religiöse nach den religiösen und fittlichen beschreibt. Hier wie dort werden Propheten, Schwärmer, Fanatiker gezeugt." Sehr richtig und schön stellt W. dem Reichsideal und der Vernunftidee, die so zur religiösen Glaubenssache gemacht werden soll, als das eigentlich der christlichen Verkündigung entsprechende und in Jesu Predigt und dem ganzen neutestamentlichen Zeugnis grundlegend enthaltene Bild das der Familie gegenüber. Es entspricht vielmehr dem christlichen Bewußtsein von Brüdern und Schwestern, von einem Haus des Vaters zu sprechen, einem Haus, darin dem erstgeborenen Sohn alles übergeben ist von seinem Vater, einem Haus, darin auch viele Wohnungen sind, die nicht alle nach einer abstracten Schablone gearbeitet, sondern dem individuellen Bedürfnis angepaßt werden, von einem Haus, in dem der Gerechte bleibt, und zu dem auch der verlorene Sohn zurückkehrt." Die Reichsgottesidee enthält auch in Jesu Munde nur die dem Verständnis und der religiösen Begriffswelt der Jünger angepaßte Form und Hülle jener Idee.“ Will auch Ritschl die Vereinigung in dem „Reiche" nicht „politisch", sondern „familienähnlich“ vorgestellt wissen, nun so wäre es doch besser, nicht das Reich, sondern das zur Grundidee zu nehmen, was man sich dabei eigentlich vorstellen soll. „Nicht das entscheidet, sagt W. überaus treffend, ob man religiöse Fragen behandelt, sondern von welchem Standort, ob man darüber steht oder darin in der Sache."

Eigentümliche Constellation im Protestantismus unserer Tage!

Auf der einen Seite die beiden feindlichen Brüder, der hierarchisch-dogmatische Traditionalismus von der strengsten bis zur mildesten Observanz, und die Neologie des modernen Protestantismus, mit einander ringend um die Befreiung der Lehre und des Lebens in der Kirche von dem Zwange der antiken Weltanschauung und hierarchischen Bevormundung der Frömmigkeit, beide aber auf dem gemeinsamen Boden der begrifflichen Erkenntnis auch in der Religion, der unveräußerlichen Voraussetzung, daß nur mit der Realität des religiösen Objectes die Religion selbst in Wahrheit bestehe. Ihnen gegenüber weithin gelagert in evangelischer Theologie, Kirche und Frömmigkeit jene neue „Theologie", bei der die „Religion" nicht ein „Gott"-, sondern ein Welt"-Verhältnis ist, nicht ein Leben in und aus Gott, sondern ein Streben nach höchstem Gut in der Welt, entworfen und getragen von autonomer Vernunft, also Moral, nicht Religion, Teleologie, nicht Theologie. Ihnen beiden gegenüber, sagen wir. Dr. W.'s Schrift

ist trefflich dazu geeignet, mitzuwirken zu der Erkenntnis, daß, was auch für practische Gemeinschaft mit den Zugehörigen jener Richtung, deren evangelische Frömmigkeit in ihrer Persönlichkeit gewiß nicht von uns gerichtet werden soll, erwünscht sei und bestehen mag, im grundsäßlichen Kampf für unser Ideal der Geist jenes Systems uns keine Bundesgenossenschaft sein darf, vielmehr auch uns in Wehr und Waffen gegen sich finden muß. M. Fischer.

Der alten Straßburger Hochschule Erstes Jahrhundertfest am 1. Mai 1667 von D. Alfred Erichson. Straßburg 1897 Fr. Bull's Verlag; 14 S. Das Duell im alten Straßburg. Zum 25. Stiftungsfest der Kaiser Wilhelms-Univerfität am 1. Mai 1897 von D. Alfred Erichson. Straßburg bei Fr. Bull; 59 S. Diese beiden kleinen Schriften des Straßburger Studiendirectors D. Erichson verdanken ihre Entstehung dem soeben gefeierten ersten Jubelfest der neuen Reichs-Univerfität, die sich doch aus der alten Straßburger Universität von 1621 und ihrer Wurzel, der Academie von 1566 hervorgewachsen die lange Vergangenheit von 330 Jahren zurechnen darf. Beide Schriften geben culturgeschichtlich sehr interessante Mitteilungen aus dem Universitätsleben der „wunderschönen" Stadt in alter Zeit, die lediglich aus urkundlichen Quellen geschöpft sind, wie sie das Stadt- und St. Thomas-Archiv in Straßburg dem fleißigen Verfasser bot, der vor Jahren schon die Weihefeier der Straß= burger Universität 1621 quellenmäßig dargestellt hat. Die Dauer des ausführlich be= schriebenen Festactus am 1. Mai 1667 mit zwei deutschen Reden und einer lateinischen berechnet Erichson auf reichlich 5 Stunden! Dabei war vorher weise gemahnt worden: „man halte Maß mit den orationes, die endlich mehr einen Ekel, als die gesuchte Satisfaction verursachen". 1721 hätte das hundertjährige Bestehen der Universität gefeiert werden können. Aber der französische Machthaber in Straßburg hielt das für ganz inpracticable", weil die Universität ja noch nicht hundert Jahre unter dem Schuß des allergnädigsten Königs stehe". 1717 hatte, wie der Verf. S. 13 berichtet, die gedrückte Lage der elsässischen Protestanten sogar eine Reformationsfeier unmöglich gemacht, sodaß die Jesuiten über „das stille Jubeljahr“ spotten konnten. Auch 1767 unterblieb ein zweites Säcularfest der Straßburger Hochschule.

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Nach Erichson schließt der Chronist Walther seinen Bericht über das Jubiläum vom 1. Mai 1667 mit dem treuen Wunsche: „Gott erhalte das edle Klynod (die Hochschule) dieser Stadt bis ans Ende!" Ein guter Wunsch auch für die Zukunft der neuen Universität Straßburg, die den ruhmvollen Namen Kaiser Wilhelms I. trägt und durch Bruch und Baum, Reuß und Holzmann um nur die Größten zu nennen - so vielen protestantischen Theologen teuer ist. Möge fie fröhlich weitergedeihen unter Gottes Segen in der Hut eines innerlich einigen deutschen Reiches, diese jungalte Hochschule, ,,als Straße für geistfrisches Streben, als Burg der Weisheit am Rhein!" wie fie der Sänger von Altheidelberg vor 25 Jahren am Morgen ihres neuverjüngten Daseins begrüßt hat. J. W.

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