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von Natur oder Welt, sondern einzig unsere creatürliche — also unaufhebbar metaphysisch begründete absolute Abhängigkeit von Gott. Liegt diese als Tatbestand allem zugrunde, und kann die Eigentümlichkeit des Christentums in nichts anderem bestehen, als unser religiöses Abhängigkeitsgefühl in vollendeter Weise geläutert und auf unser reinstes und vitalstes Existenzinteresse als Geist richtig bezogen zu haben, so genügt eine Dogmatik nicht, welche statt den in aller Religion auf das dringendste erhobenen metaphysischen Fragestellungen zu entsprechen, uns mit teleologischen Reflexionen abspeisen will, die notwendig oberflächlich ausfallen müssen, wenn alle metaphysischen Voraussetzungen der betreffenden Teleologie der Erörterung entzogen bleiben.

Hierzu kommt aber schließlich noch ein anderer Uebelstand, den die einseitige Zuspigung auf den angeblich einzigen christlichen Zweckgedanken des Gottesreichs oder ,,der Seligkeit im Gottesreich“ für die Dogmatik zur Folge hat. Es handelt sich um die bekannte Ritschl'sche Forderung des sich Einrechnens in die Gemeinde Christi“. Und hier ist es, wie schon oben angedeutet, die Ausführung von S. 4-8, die uns einen weitern Einblick in Ritschl's Methode und ihre Nachteile gewährt. Nur eine Dogmatik, so heißt es dort etwa, welche vom Standpunkte des Christentums aus construirt ist, gibt ein Werk aus einem Guß, nur sie ist entworfen vom Standpunkt der Gemeinde der Gläubigen, nur sie darum auch „aus dem heiligen Geist". Zuversichtlicher kann man indertat seine Dogmatik kaum empfehlen; das ist schon fast fanatisch. Demgegenüber soll nun die alte Dogmatik nur ein Flickwerk geben, weil sie ihren Standpunkt dreimal wechsele, von dem falschen Boden des foedus operum nämlich ausgehe, und dann sich nur durch die rationalen „Vernunftschlüsse" Augustin's über die Erbsünde und die Vernunftschlüsse Anselm's über die Erlösung heraus- und zum christlichen Standpunkt weiterhelfen könne. Aber wer so seine Dogmatik unterbaue, „stelle sich dadurch außerhalb des Kreises der Wiedergeburt".

In maßloser Uebertreibung weist Ritschl hier auf einen Charakterzug der alten Dogmatik hin, der bekannt genug ist, dessen Wesen aber wie dessen Gründe er nicht erkennt. Die alte Dogmatik wechselt keineswegs dreimal ihren Standpunkt, sondern bleibt durchweg auf einem und demselben: nämlich auf dem des natürlich-moralischen und durch die Aufnahme des religiösen Gesichtspunkts zunächst gesetzlich gewordenen Bewußtseins. Das Verhältnis des foedus operum ist ihr hiernach zwischen Gott und Menschheit das normale und mit der justitia originalis ursprünglich dagewesene. Die Erlösung aber ist eine, durch die Tatsache des Falles lediglich historisch notwendig gewordene und historisch vollzogene Wiederherstellung des Bruches, der zwischen Gott und Menschheit eingetreten ist. Weil die Menschheit durch diesen Bruch krank und unfähig geworden war, hat diese Wiederherstellung nur aus Gottes Heilsinitiative heraus erfolgen können, ist aber erfolgt unter strenger Aufrechthaltung des gesetzlich. moralischen Grundrechtes: durch die Genugtuung Christi. Unter deren Schuß etablirt sich dann das christliche Heilsleben, welches demnach freilich als eine Art Notbehelf erscheint für das was eigentlich sein sollte; und zwar entfaltet es sich, entweder indem man

fich in der Gewißheit erlangter Vergebung befriedigt, oder was die eigentliche reformatorische Ansicht ist, indem man in der Heiligung die allmähliche Wiederactualifirung der im foedus operum dagewesenen sittlich-religiösen Normalität des Menschengeschlechts in Aussicht nimmt. Das christliche Heilsgut kommt dabei in keiner Weise zu kurz. Aber allerdings ist es richtig, daß der Ausgang vom foedus operum sich vom christlichen Standpunkt aus als eine Fiction erweist, damit aber auch der ganze juridische Hinter. grund, auf dem sich alles aufbaut.

Die Unhaltbarkeit desselben und seine Unvereinbarkeit mit der gereiften christlichen Einsicht vom Standpunkt der Gotteskindschaft aus ist von der liberalen Theologie schon lange vor Ritschl erkannt und geltend gemacht. Aber Niemand hat bei uns daran gedacht noch denken wollen, ihn so radical aus der Dogmatik zu entfernen, wie Ritschl es versucht hat, und dies begründet einen Hauptgegensatz zwischen uns und ihm, insbe sondere zu seiner Behandlung der Rechtfertigungslehre. So richtig er darauf hinweist, daß Paulus die Vorausseßungen, die in der kirchlichen Lehre von der justitia originalis liegen, gar nicht kenne, so hätte Ritschl sich doch andrerseits die Besonnenheit zum Muster nehmen können, mit welcher Paulus gleichwol fortfährt, auch im christlichen Lehrvortrag mit den Bedürfnissen des geseßlichen Bewußtseins zu rechnen. Und so wenig wir uns an die besonderen Lehren gebunden erachten, die der Apostel in dieser Rücksicht ausgebildet hat, so sind wir uns doch der unumgänglichen Pflicht bewußt, nach wie vor den Tatsachen der Phänomenologie des religiösen Bewußtseins Rechnung zu tragen, ohne deren Berücksichtigung eine Fülle von religiösem Gehalt der Dogmatik verloren gehen muß. Der Christ ist nicht gleich von vornherein Christ, so wenig die Menschheit es war. Er wird es, und ein jeder macht, ehe er es wird, in individueller Entwicklung die Stadien durch, die auch der Menschheit im ganzen nicht erspart geblieben sind: die Stadien der natürlichen Selbstzufriedenheit, des geseßlichen Moralismus, des Schuldgefühls und Erlösungsbedürfnisses und schließlich des Glaubens an Gottes Gnade. Aber Gnade" ist ein Begriff, der ohne die Folie des Rechts keinen Sinn hat, und nur vorsichtig und unter sorgfältiger Schonung der auf monotheistischem Boden zunächst unvermeidlich geseßesreligiös sich gestaltenden sittlichen Selbstbeurteilung des Menschen zu dem der selbstmitteilenden Liebe Gottes erhoben werden darf.

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Ritschl weiß von solcher Vorsicht nichts. Auffallend rasch und vollständig tritt bei ihm der doch gewiß echt christliche" Begriff der Gnade hinter den der Liebe Gottes zurück und die Kehrseite davon sind Dinge wie die Herabsetzung der Sünde zur Unwissenheit", des Schuldgefühls zum „Mistrauen", der Rechtfertigung zur „Verzeihung". Damit ist die Befreiung von Erbsünden- und Satisfactionslehre zu teuer erkauft, und ihre Auswerfung wird mit dieser Art, den Standpunkt der Gemeinde der Gläubigen zur Geltung zu bringen", keineswegs in berechtigter und ausreichender Weise motivirt.

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Es verhält sich mit der Eliminirung dieser speciell religiösen Probleme ganz ähnlich wie mit der der metaphysischen. Der wahre Grund ist einfach der in einem ver

fehlten Religionsbegriff und gewissen von ihm dictirten practischen Tendenzen wurzelnde Entschluß, in einer Reihe schwieriger theoretisch-theologischer Fragen die bisher vom Theologen — namentlich seitens der Gemeinde- geforderte Auskunft zu verweigern. Die Theorien des Erscheinungserkennens und des Werturteilserkennens sind dagegen nur Coulissen, bestimmt, diesen Entschluß wissenschaftlich zu decoriren. Wir haben uns von ihrer pappenen Beschaffenheit hinlänglich überzeugt. Vom eigenen Mistrauen in ihre Wirkung zeugt das Bestreben, alle bisherige Dogmatik durch Christlichkeit" zu übertrumpfen, womit die 3. Auflage sich sofort eröffnet, um dadurch zugleich noch andere dogmatische Mancos von vornherein zu decken. Wir haben gesehen, wie wenig auch diesem Bestreben der Erfolg zur Seite steht. Die große Hintergrunds coulisse, auf ganz besondere Fernwirkung berechnet:,,Erneuerung der echten Lehrweise Luther's" ist bereits so durch. löchert, daß sie schon längst keine erheblichen Dienste mehr leistet. und das Haus beginnt sich zu leeren.

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Das Stück ist aus

Vom Straßburger Universitäts - Jubiläum.

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Auch die Protestantischen Monatshefte dürfen von dem schönen Feste etwas berichten, das die jüngste deutsche Universität in den ersten lieblichen Maitagen gefeiert hat. Ueber dem Eingang zum neuen Collegiengebäude steht die Inschrift: Literis et Patriae, ein guter Spruch, dem die Protestantischen Monatshefte auch gewogen sind, wie die alte Protestantische Kirchenzeitung. Es hatte sich doch eine große Anzahl alter Herren“, auch aus weiter Ferne, aufgemacht, das alte liebe Straßburg wieder zu besehen, zu dem uns einst ein Doppeltes hingezogen hatte: einmal die Liebe zur Wissenschaft, die in Straßburg in allen Facultäten so glänzende Vertreter gefunden hatte, und zum andern die Sehnsucht, die wunderschöne" Stadt, die wir Deutschen nie hatten vergessen können, als deutsche zu sehen und gerade in ihren Mauern eine Zeitlang zu leben. So wunderschön, wie das Lied fingt, war die Stadt zwar damals nicht; noch zeigten sich hier und da die Spuren des Bombardements", von dem die Straßburger bei jedem Anlaß, uns allzuoft, redeten, und manchmal kam ihre feindselige Stimmung gegen uns zum offenen Ausbruch. Wir mieden darum auch die elfäffischen Tavernen oder gingen nur in Trupps hinein, um gegen einen etwaigen Angriff gesichert zu sein. Auch die Marseillaise sollte nicht gesungen werden; wir haben sie doch manchmal gesungen, und unsere Legitimationskarte hat uns gewöhnlich vor Schaden behütet. Auf den Straßen hörte man noch sehr viel französisch sprechen und an der Entzifferung der französischen Schilder haben wir uns manchmal den Kopf zerbrochen. Doch auf dem Lande sah man schon Bilder, wie Wilhelm I. von elfäffischen Bauernmädchen begrüßt wurde, und hier und da gestand schon ein Philister, daß mit deutschen Studenten doch auszukommen wäre, wenn sie auch andere Sitten hätten als die früheren französischen. Wir Deutschen haben uns damals umso enger aneinander geschlossen und uns doch immer wieder des schönen Landes gefreut, das wieder unser geworden war.

Wir Theologen hörten unsere Vorlesungen im Thomasstift, wo unser viele unter der treuen Hut und Wacht des wackeren Stiftsdirectors Erichson eine Zelle inne hatten; die philosophischen Vorlesungen wurden im Schlosse gehalten, die juristischen im Academiegebäude, wieder anderswo die medicinischen u. s. w. In den 70er Jahren wurden dann neue Räume geschaffen, und am 26. October 1884 konnte die neue, reich und glänzend ausgestattete Universität vor dem alten Fischertor bezogen werden, die im

ganzen 14 Millionen Mark gekostet hat. Ist das ein Stadtteil, wie ihn wenige deutsche Städte aufzuweisen haben: der Kaiserpalast, die Universität, die Bibliothek, das Gebäude des Landesausschusses, die neue Garnisonkirche und demnächst noch die neue Post wahrlich das deutsche Reich hat hier nicht an Mitteln gespart, und was die Franzosen in langen Jahren getan haben für Straßburg, ist ärmlich gegen diese Leistung der Deutschen im ersten Vierteljahrhundert! Nermlich waren auch die Mittel, welche der französische Staat für die Straßburger Academie, ausgesetzt hatte, wie der jeßige Univerfitätssecretair Dr. Hausmann in seinem schönen Buche „Die Kaiser Wilhelms-Univerfität Straßburg, ihre Entwicklung und ihre Bauten" nachweist. Wir hatten hervor. ragende Lehrer. Der alte Bruch, durch das Vertrauen des Kaisers der erste Rector der neuen deutschen Hochschule, war freilich schon gestorben; auch Baum nach langer Krankheit (1878). K. Schmidt war emeritirt seit 1877. Aber von den Lehrern des alten Protestantischen Seminars standen doch noch zwei starke Säulen: Reuß und Cuniß, die sich beide auch um die neue deutsche Hochschule so große Verdienste erworben haben. Reuß hat ihr seine Bibliothek vermacht und seine Büste grüßte uns im Lichthofe der Universität. Cuniß hat die Universität zu seiner Universalerbin eingesetzt mit der Bestimmung, das Capital es betrug am 31. März 1896 schon 250 000 M. - „ir freier Weise zur Förderung der Entwicklung und Pflege der Wissenschaften im Elsaß und an der Universität Straßburg zu verwenden". Mit den reichen Mitteln der Stiftung, der ein protestantisch-religiöser, aber „freier, durch Bekenntnisformeln nicht be. schränkter" Charakter zugedacht war, sollen zunächst die theologischen Wissenschaften, weiterhin aber auch die anderen Disciplinen berücksichtigt werden. Es ist an die Ausstattung eines oder mehrerer Lehrstühle in der theologischen, in zweiter Linie in einer der übrigen Facultäten gedacht" (Hausmann). Was Reuß und auch Cuniß durch ihre Werke für den deutschen und französischen Protestantismus geleistet haben, ist bekannt. Diese freigerichteten Professoren des alten Protestantischen Seminars haben für Elsaß und Frankreich auch den Bund mit der deutschen Wissenschaft erhalten und dem freien Protestantismus in beiden Ländern viele Anhänger geworben. Außer diesen älteren Professoren, die uns Altdeutsche so gern in ihrer Stadt aufnahmen, wirkten von Einheimischen noch in der theologischen Facultät Kayser, der edle, lautere Mann, Lobstein und Lucius, der Sohn des Sesenheimer Pfarrers, und von auswärts Berufenen Holzmann, Krauß, 3oepffel und Graf Baudissin. Kayser, Krauß und Zoepffel sind nun auch schon heimgegangen. Doch auch Vorlesungen in der philosophischen Facultät, bei Baumgarten, Scheffer-Boichorst, Erich Schmidt, Laas, Liebmann u. A. wurden von Theologen fleißig besucht, und es wurde durchschnittlich auch fleißig studirt an der Arbeitsuniversität" Straßburg, wie sie im Munde der anderen hieß. Wer im Thomasstifte ein Stipendium beziehen wollte, mußte sich einer Prüfung in drei Fächern unterwerfen, und es war uns eine Ehrensache, möglichst viele Punkte herauszuschlagen. Ich kann den jungen Theologen nur raten, diese freiwilligen Vor- oder Zwischenexamina gut vorbereitet zu machen; wie spürt man das später bei der theologischen

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