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Rautendelein ist zum Nickelmann hinabgestiegen. Ihre Pflegemutter sagt dem Glockengießer voraus, daß er, einmal gestürzt, nicht mehr leben könne, nach dem Becher neuen Mutes, neuer Liebeslust den des Todes trinken müsse. Von der Sehnsucht des Sterbenden gerufen, kommt die Elfe, halb aus ihrem Traumleben erwachend, noch einmal zu ihm, reicht ihm den Todesbecher der Alten und weist ihn im letzten Augenblicke auf die emporsteigende Morgensonne. Zulegt wird sie doch kommen und siegen, die Sonne. Dies der Knochenbau der Dichtung. Von ihrem blühenden Leben können wir hier keinen Eindruck hervorrufen. Die tiefsinnigen und anschaulichen Züge, die gewaltigen und lieblichen Farben, der Hauch wahrer Poesie, welcher Gestalten und Ereignisse verklärend umgibt, werden durch das Wort des Nacherzählenden verwischt. Wer das Drama auf der Hofbühne zu Weimar dargestellt sah, der lauschte mit tiefer Teilnahme. Man hörte den Puls unserer Zeit in edeln Geistern schlagen. Wer in seiner Zeit lebt (und Niemand kann sich seiner Lebenstage Geist ganz entziehen), fand es leicht, sich in des tragischen Helden Leid zu versetzen. So fremdartig die Einkleidung erschien, man fühlte: unter dem Gewande zuckt eine lebendige Menschenbrust. Und gerade weil der Gegensatz im Pfarrer so milde ist, und weil der Held in allem Fehlen so fromm blieb und gerade weil die Handlung in das Reich so fremdartiger Kinder der Phantasie verseßt war, darum schwand alles quälend Beängstigende, alle gemeine Deutlichkeit der Dinge. Das Problem, welches heute den Geistern aufgegeben, das zugleich Allen aufliegt und jedem Einzelnen in seinem besondern Leben nahetritt, stellte sich rein, verklärt vor die Seele, und man fühlte leicht, wie der Versuch zu seiner Lösung in tragischen Untergang führen kann. Die versunkene Glocke" ist nicht die unmittelbar wirksamste Dichtung Hauptmann's, aber sie ist wol seine höchststehende. Man kann sich eine Zeit denken, wo das Leid des in ihr dargestellten Kampfes weiten Kreisen unserer Gemeinschaft ebenso fremdartig geworden ist, wie unsern Tagen, da es Standesämter sowol als auch Centrumsmajoritäten gibt, ein Uriel Acosta. Aber für heute stehen wir noch darin, für heute kommt dem guten dramatischen Aufbau des Werkes und seiner poetischen Gestaltungskraft noch der Umstand zu Hülfe, daß es uns leicht wird, mit seinem Helden Mitleid zu empfinden. Wir begreifen Hauptmann's großen Erfolg und finden ihn in hohem Grade berechtigt.

Otto Eggeling.

Literatur.

Eberhard Gothein, Ignatius von Loyola und die Gegenreformation. Halle bei Mar Niemeyer.

Eine wissenschaftliche Darstellung des Lebens Loyola's hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Loyola hat allerdings am Abende seines Lebens seinem Ordensgenossen Gonzalez selbst seine Biographie erzählt, damit er sie niederschreibe. Aber diese Erzählung reicht nur bis zu Loyola's Ankunft in Rom. Dann brach Ignatius die Erzählung ab, angeblich weil ihn Gonzalez zwischen dem Schreiben im Widerspruch mit der Regel zu scharf firirte und ein zweites mal sich nicht genau an dem Orte einfand, wohin ihn Ignatius bestellt hatte. Der wahre Grund wird doch wol der sein, daß Loyola das Bedürfnis fühlte, seine Anfänge und die Geschichte seiner Bekehrung der Welt zu überliefern, nicht aber die späteren Beziehungen zu Prälaten, Fürsten und Päpsten, bei denen es weltlich genug hergegangen ist. 16 Jahre nach Ignatius' Tod hat dann Ribadeneira die erste vita des Heiligen verfaßt und namentlich die zweite Ausgabe mit Wundergeschichten staffirt, zu denen die Vorbilder in der Legende des h. Franciscus bei Celano, den tres socii und in den fioretti leicht aufzufinden sind, nur daß jezt Schießpulver, türkische Soldaten und pathologische Phänomene zum Apparat gehören, über die die Legendenschreiber des Mittelalters noch nicht verfügten. Weder diesen beiden Biographien, noch denen der Bollandisten ist darum ein besonders ausgiebiges Material abzugewinnen.

Unter Glas und Rahmen wurden dagegen viele Briefe des Heiligen in den Jesuitenkirchen gezeigt, die allmählich auch gedruckt wurden, worauf seit 1874 Mitglieder der Gesellschaft in Madrid in vier Bänden die cartas de San Ignacio herausgaben, in denen alle diese Reliquien veröffentlicht sind. Vier Briefbände scheinen nun ein unerschöpfliches biographisches Material geben zu müssen, aber das Gegenteil ist der Fall. Fast alle Briefe sind darauf berechnet zur Erbauung herumgegeben zu werden und seine eigenen Schüler spotten, Ignatius müsse viel Zeit haben, um Briefe de tan poca substancia zu schreiben. Specielle Weisungen aber legte er stets auf einem gesonderten Blatte bei, das vernichtet werden mußte. Auch die Briefe der ersten Pariser Genossen, die Gothein zu Köln auffand, find von ähnlicher erbaulicher Inhaltslosigkeit. Dem

Papiere möglichst wenig anzuvertrauen, scheint mithin eine der Klugheitsregeln der Begründer der Gesellschaft gewesen zu sein.

Aufgrund dieses Materials hatte, nachdem Druffel in den Mitteilungen der bayerischen Academie mit einigen bemerkenswerten Abhandlungen vorangegangen war, Gothein schon im Jahre 1885 in den Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte eine geistvolle Skizze des Lebens des Ignatius erscheinen lassen. Ausführlicher hat er nun in dem vorliegenden Werke das gleiche Thema auf 795 Seiten behandelt und uns damit den wichtigsten Beitrag zur Geschichte der Gegenreformation geliefert, der uns über Ranke's Päpste zuerst einen bedeutenden Schritt hinausführt. Sehr angenehm berührt aber die pietätsvolle und ehrerbietige Art, wie Gothein von dem Großmeister der modernen Geschichte redet, sehr im Gegensatz zu gewissen Neusten", die, mit Mephisto zu reden, sich grenzenlos erdreusten".

Die ausführliche Darstellung hat die erste Skizze Gothein's vertieft und manches Detail hinzugefügt. Der Hauptgewinn aber besteht in der Darstellung der res circa Ignatium, durch die das Buch das lehrreichste Gesamtbild der Gegenreformation geworden ist. Gothein besißt eine erstaunliche Belesenheit in der spanischen, italienischen und französischen Literatur des 16. Jahrhunderts und ist ein Culturhistoriker ersten Ranges. Vollkommen neu ist seine Darstellung der spanischen Renaissance, die noch von keinem deutschen Gelehrten so eingehend behandelt worden ist. In den Missionsideen des Raimundus Lullus, dessen große Kunst" das Problem der Scholastik lösen wollte, den christlichen Glauben ebenso sicher zu beweisen wie die Säße der Mathematik, in dem Einfluß der arabischen Philosophie, in der Methode der Alumbrados, sich zur Erleuchtung zu steigern, und dem Ergebnis der dreihundertjährigen Beichtstuhlerfah rungen der Dominicaner und ihrer Methode die Gewissen zu kneten, treten uns alle Elemente entgegen, aus denen ein Büchlein wie die exercitia spiritualia Loyola's hervorwachsen konnte.

Nicht minder interessant ist die Darstellung der religiösen Bewegung in Italien. Alle die Persönlichkeiten, die uns in der religiösen Bewegung der Zeit schon begegnet sind, Bembo, Sadolet, Occhino, Contarini, Morone, Pole, Vergerio u. s. f. treten uns in sauber gemalten Miniaturbildern entgegen und es ist geradezu bewundernswert, wie Gothein versteht, uns die Factoren und das Facit ihrer Entwicklung auf wenigen Seiten erschöpfend vorzuführen. Mit gleicher Klarheit und Uebersichtlichkeit wird uns die Ausbreitung der Gesellschaft Jesu und die Einrichtung ihrer Hauptinstitute dargelegt.

Eine Lücke in unserer kirchengeschichtlichen Literatur ist durch dieses Buch in glänzendster Weise ausgefüllt und wir können nur wünschen, des Verfassers Verlangen zu einer geschichtlichen Professur zu gelangen, möge sich doch noch erfüllen, obwol er gerade dieses Buches halber in Freiburg, wo man die Ernennung Pastor's betreibt, nicht durchgedrungen sein soll. A. Hausrath.

Einleitung zur Religionswissenschaft. Gifford - Vorlesungen, gehalten in der Univerfität zu Edinburgh von C. P. Tiele, Professor der Religionsgeschichte und Religionsphilosophie an der Universität Leiden. Erste Hälfte. Amsterdam 18971).

Es ist mir eine große Freude, dies Buch hier zur Anzeige bringen zu dürfen. Ich habe es mit so besonderem Genuß gelesen und daraus so viel Neues und Interessantes gelernt, daß ich dem Verfasser zu herzlichstem Dank verpflichtet bin. Gern möchte ich, daß aus dem Kreise unserer Leser, und darüber hinaus, recht viele dieselbe Anregung empfangen, dieselbe Genugtuung empfinden möchten wie ich. Ist doch auch das Buch nicht für Fachmänner, sondern für ein gebildetes, freilich nur für ein zugleich denkendes, Publicum geschrieben. Leider jedoch vorläufig allein in holländischer Sprache, die so wenige Deutsche verstehen. So daß ich mich umsomehr verpflichtet fühle, auf Tiele's Buch hinzuweisen und durch eine kurze Inhaltsangabe Rechenschaft von meinem Interesse zu geben, sowie vielleicht Andere zu reizen, daß sie Autor und Verleger um Uebersetzung bitten.

Nur eine Inhaltsangabe, nicht mehr habe ich im Auge. Prof. Tiele hat in der wissenschaftlichen Welt einen so angesehenen Namen und bewährten Ruf, daß es keiner weiteren Lobeserhebung bedarf. Wer den „Theologischen Jahresbericht“ liest, weiß das zur Genüge. Und wer ihn nicht gelesen hat, dem darf ich in aller Kürze sagen, daß nicht nur Leiden und Holland auf ihren Professor stolz sind, sondern daß er in den gelehrten Kreisen Deutschlands, Englands und Frankreichs unter die bedeutendsten und gründlichsten Forscher gerechnet wird. Ein Werk von ihm hat ohne weiteres vollen Anspruch auf allgemeine Beachtung. Zu einer Kritik des vorliegenden aber fühle ich mich nicht berufen, weil ich nicht Fachmann bin und weil mir das Talent zu unbegründetem Besserwissen fehlt. Auch wird es, denke ich, an ihr von zuständiger Seite nicht mangeln.

Tiele hat die 10 Vorlesungen, aus welchen dieses Buch besteht, im November und December vorigen Jahres unter großem Beifall zu Edinburgh in englischer Sprache gehalten. Den Auftrag dazu hatte er von den Curatoren der Gifford-Stiftung empfangen. Bekanntlich pflegen zu diesen Vorlesungen die besten Kräfte Englands und des Auslandes herangezogen zu werden, wie z. B. Mar Müller und Otto Pfleiderer. Zweimal hatte Tiele dem ehrenvollen Rufe nicht folgen können, und erst als der Senat der Edinburgher Universität zum drittenmal ihn aufforderte, fand er Zeit um die Aufgabe zu übernehmen. Was er dort gesprochen, liegt hier so vor uns wie er's in seiner Muttersprache niedergeschrieben hatte. Es ist die erste Hälfte einer Religionswissenschaft“.

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Einleitung in die

1) Das Werk ist vorerst nur in holländischer Sprache erschienen. Der Titel lautet: Inleiding tot de Godsdienstwetenschap. Gifford - Lezingen gehouden in de Universiteit te Edinburgh door C. P. Tiele Hoogleeraar in de Geschiedenis en de Wijsbegeerte van de Godsdienst aan de Universiteit te Leiden. Eerste Reeks Nov.-Dec. 1896. Nederlandsche Uitgave. Amsterdam P. N. van Kampen en Zoon 1897. (VII und 273 S. 8o. Preis f. 2,75 Mk. 4,65.)

Was ist denn Religionswissenschaft, was bezweckt sie? Sie will nach Tiele begreifen, wie die Religion entsteht und wächst, sie will wissen, was die Religion in ihrem eigentlichen Wesen ist. Sie unterscheidet sich von der Theologie, insofern diese eine bestimmte Religion zu erkennen, zu rechtfertigen, zu reformiren beabsichtigt, während die Religionswissenschaft ihr Augenmerk darauf richtet, zu verstehen was Religion überhaupt sei, und warum wir Menschen religiös sind. Sie ist also eigentlich nichts anderes als Philosophie der Religion, und zwar Religionsphilosophie wie sie in heutiger Zeit gemäß den jezt herrschenden Begriffen sich gestalten muß. Als Philosophie hat sie von der deductiven Methode Gebrauch zu machen. Aber die Deduction muß von dem ausgehen, was durch Induction, durch die empirische, historische und vergleichende Methode erreicht ist. Den Stoff liefert der Induction vor allem die Lehre der einzelnen Religionen; erst in zweiter Linie kommen die religiösen Handlungen, Gebräuche u. s. w. dafür in Betracht. Denn diese letteren erhalten erst dann charakteristische Bedeutung, wenn man die Vorstellung kennt, die der Gläubige damit verbindet, so daß wir auf die Lehren zurückgewiesen werden. Wie arbeitet nun diese Religions wissenschaft, und welche Resultate im großen und ganzen hat sie bereits erlangt? Um das zu zeigen, soll 1. die Religion in ihrem Leben und Wachstum betrachtet werden, damit dann 2. ihr Wesen und ihr Ursprung begriffen werden könne. Das erste ergibt die Morphologie, das zweite die Ontologie der Religion. Vorliegendes Buch beschäftigt sich nur mit der Morphologie. Die Ontologie soll später folgen.

Zuerst ist nun von der Entwicklung der Religion zu handeln. Was heißt Entwicklung? Was sich entwickelt, bildet eine Einheit, und jede Phase in dem Proceß von Veränderungen, welche wir Entwicklung nennen, hat ihren Wert, ihre Bedeutung, ihr Daseinsrecht, da sie notwendig ist, um das nach ihr kommende Höhere entstehen zu lassen, und da sie in diesem Höheren noch nachwirkt. Was heißt nun aber Entwicklung der Religion? Dies: daß die Religion sich beständig in der Menschheit weiterbildet, oder vielmehr: daß der religiöse Mensch, d. h. die Menschheit als von Natur religiös, fortwährend höhere religiöse Stufen beschreitet. Denn nicht die religiösen Lehren und Handlungen entwickeln sich, sie verändern sich nur, aber sie verändern sich gemäß der Entwicklung des religiösen Menschen. Wenn dieser eine höhere Stufe erreicht hat, kann er die Ideen der niedrigeren nicht mehr anerkennen, noch sie gebrauchen. — In der Entwicklung der Religion find zu unterscheiden Stufen und Richtungen. Die ersteren find einander übergeordnete, die letzteren einander coordinirte Phasen (neben einander bestehende verschiedenartige Ausbildungen einer und derselben religiösen Grundform, wie 3. B. die mannigfachen christlichen Confeffionen).

Es müssen zwei Haupt-Stufen der Religionsentwicklung angenommen und auseinandergehalten werden: Naturreligionen und ethische Religionen. Denn zwischen beiden ist eine tiefe Kluft. Freilich haben sich die ethischen zweifellos aus den Naturreligionen entwickelt. Sie haben wie in embryonischem Zustande schon lange im Schos der Naturreligionen geschlummert, sie sind darin langsam gereift bevor sie ans

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