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in dessen Beschreibung erschöpft und das geschichtliche Lebensbild des Herrn zu einem Aergernis des straffen dogmatischen Denkens und daher tunlichst beiseite geschoben wird -- daß vielmehr statt dessen die Gedanken auf dieses geschichtliche Bild als den voll, kommenen Spiegel göttlichen Lebens gerichtet werden, und die Gotteserkenntnis selbst daraus gewonnen wird, während, was Geheimnis bleibt, der göttliche Ursprung Jesu aus Gott und sein besonderes individuelles Verhältnis zum Vater, in die Peripherie unserer Gedanken gerückt werden darf."

Dies die Quintessenz der Kaftan'schen Ausführungen. Es liegt in den natürlichen Schranken eines Vortrages begründet, daß manches nur angedeutet werden konnte, daher auch misverständlich bleibt. In der Hauptsache scheinen mir hier Aufstellungen gemacht zu sein, mit denen man sich gern freundschaftlich auseinanderseßt.

Es ist das gemeinsame Interesse aller Richtungen der evangelischen Kirche, zu einer wolbegründeten positiven Glaubensüberzeugung zu gelangen. Im Mittelpunkt aller Fragen steht die nach dem an die Person Jesu Christi geknüpften absoluten Charakter der christlichen Religion. Daß daneben der Offenbarungswert des Naturdaseins in der Ritschl'schen Schule und so auch noch bei Kaftan unterschätzt bleibt, ist bedauerlich. Dieser Irrtum sollte schon durch das Alte Testament widerlegt sein und die Art, wie Kaftan auf den Entwickelungsgedanken" der modernen Naturwissenschaft, freilich nur andeutend, eingeht, läßt erwarten, daß diese Einseitigkeit auch auf die Dauer nicht unüberwunden bleiben wird. Aber von diesen und anderen Nebenpunkten soll hier abgesehen und auf den Kerngedanken allein näher eingegangen werden.

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Mit Kaftan stellen auch wir uns entschieden auf den Standpunkt, daß das Ethische dem Logischen übergeordnet ist. Daraus folgt doch noch nicht die Alternative, daß wir Gott selbst entweder im Erkennen oder im fittlichen Handeln zu suchen haben. Warum soll Gott denn nicht in beidem zu finden sein? Freilich am vollkommensten, das ist richtig, im sittlichen Handeln. Und warum nicht außerdem auch im Gefühl? Ist Gott nicht in dem Gefühl der anbetenden Seele? Aber wie das auch sei, mit Kaftan suchen wir Gott vor allem selbstverständlich in der Geschichte der Menschen und da stehen wir vor der geschichtlichen Person Jesu. „In ihr“, sagt Kaftan, hat der persönliche Gott geschichtliche Gestalt gewonnen." Das ist der Hauptsaß des ganzen Vortrags und. gerade der bedarf auf das dringendste der Erläuterung. Sicher ist er bei Kaftan nicht in dem Sinne gemeint, daß wir in dem geschichtlichen Jesus den auf Erden wandelnden Gott sehen. Er betont ja selbst, daß Jesus Christus Mensch war. Auch klingt es aus einer etwas anderen dogmatischen Tonart, wenn das geschichtliche Bild" (Jesu) als ,,vollkommener Spiegel göttlichen Lebens" bezeichnet wird. Also irgendwie unterscheidet jedenfalls doch Kaftan zwischen der Persönlichkeit des geschichtlichen Jesus und dem. persönlichen Gott. Wenn nicht, so würde ja alsbald das Lebensbild des Herrn wieder. zu einem Aergernis des straffen dogmatischen Denkens und tunlichst beiseite geschoben. werden". Das will Kaftan nicht. Also in Jesus sehen wir nicht den auf Erden wandelnden Gott.

Man ist nun wol berechtigt zu der Frage, ob es überhaupt ein glücklicher Ausdruck sei, daß Gott, der persönliche Gott, geschichtliche Gestalt gewonnen habe. Aber der Ausdruck ist natürlich geistig gemeint. Das geistige Charakter- und Lebensbild Jesu ist uns eine Darstellung, Ausstrahlung oder Abspiegelung des persönlichen Gottes.

Sind da nun aber doch nicht, wenn wir gläubig schauen, zugleich aber auch flar und wahr schauen, Einschränkungen zu machen? In dem persönlichen Gott ist

doch immer ein Moment der Macht, der Gotteskraft, der Allmacht, ohne welches er nicht Gott wäre. Das will doch wol Kaftan nicht auf die geschichtliche Gestalt des persönlichen Gottes in Jesus" übertragen? Nein, er will nicht, daß wir hier an eine Mitteilung übernatürlicher Kräfte an die Menschheit" denken sollen. Also keine Allmacht und Allwissenheit und Allgegenwart in Jesus. Natürlich nicht, nach Kaftan's Meinung. Sein Saß selbst allerdings läßt das Alles unklar oder in einem schillernden Lichte.

Es drängen sich uns hier ferner gewisse Fragen auf, denen man ins Auge sehen muß, wenn man sich über Kaftan's Glaubenssaß entscheiden will. In den Reden Jesu sind uns Aussprüche überliefert, denen wir heute kritisch gegenüberstehen die Aussprüche über seine Wiederkunft, über Satan und die Hölle und über die Geltung des mosaischen Gesezes. Erstreckt sich die geschichtliche Gestalt des persönlichen Gottes in Jesus soweit, daß sie diese Aussprüche mit Unfehlbarkeit deckt oder nicht? Oder sollen wir zu Trübungen in der Ueberlieferung unsre Zuflucht nehmen? Ist es ferner denkbar, daß der Ausruf am Kreuze: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" einen Moment der Trübung oder Schwächung des Gottesbewußtseins in Jesus bezeichnete? Möglich ist doch wenigstens diese Auslegung.

Mit Ausnahme des leßten Punktes, kann man sagen, handelt es sich hier immer um Intellectuelles, und wenn auch religiös Intellectuelles doch nicht Centrales. Immerhin drängen meines Erachtens diese Dinge neben anderen dazu, bei der Fassung unsres Glaubenssaßes vorsichtig zu sein. Wir wollen doch unseren eigentlichen, lebendigen, heiligen Glauben aussprechen, auf den wir leben und sterben wollen.

Vielleicht ist das Menschliche in Jesus noch in umfangreicherem Maße als das Gefäß des Göttlichen anzuerkennen, als es oft geschieht. Und das Göttliche in ihm ist enger zu begrenzen, näher zu bestimmen, wenn man die geschichtliche Wahrheit gewinnen will. Wir können das doch nicht von Oben herab metaphysisch oder „metahistorisch", wie Kaftan vorzieht, construiren, sondern müssen von den Tatsachen seines Lebens ausgehen, wie sie uns geschichtlich sicher bezeugt sind. Dieses Leben der heiligen erbarmenden Liebe gegen die Sünder, dieses Leben in der seligen Anschauung Gottes (freilich auch der Anschauung des in der Natur waltenden Gottes), dieses Leben in seiner ganzen geistigen, sittlichen, religiösen Energie, aber ohne die Beigaben der Allmacht, Alwissenheit und Allgegenwart ein wahres Menschenleben aus Gott und in Gott, so ist es für uns die Offenbarung des Höchsten und für uns Tröstlichsten in Gott und die große, geschichtliche Erlösungstat Gottes selbst. Aber da scheint mir nun, der passendste Ausdruck für das Alles sei nicht das unbestimmte und misverständliche: „der persönliche Gott hat sich in dem einen Menschen Jesus geschichtliche Gestalt gegeben"; sondern (selbstverständlich im geistig-religiösen, nicht im physischen Sinne): Jesus ist Gottes Sohn gewesen.

Jena.

D. Braasch.

Von rechter Verdeutschung des Evangeliums. Ein Ausblick am Ende des Jahrhunderts von Georg Schnedermann, Professor der Theol. in Leipzig. 1896. Der Verfasser ist wol kein Ritschlianer, seine Schrift sogar dem Professor Luthardt gewidmet, und sieht zuerst recht positiv" aus, wird aber immer rationaler und

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kommt schließlich auf überaus „vernunftgemäße" Gedanken. D. Lemme würde sie sicher mitten auf den Ritschl'schen Scheiterhausen werfen. Die ersten 16 Seiten kommen mir lang und überflüssig vor. Auf S. 17 aber findet sich die vorzügliche Bemerkung, daß manche Pfarrer das israelitische Gewand des biblischen Evangeliums ängstlich festhalten und betonen, andere aber in kühnen Versuchen eigene Wege zu gehen wagen. "Noch andere aber suchen dem Zwiespalt des Denkens zu entrinnen, indem sie auf socialem Gebiete sich emsig zu schaffen machen." Luther habe, fährt dann der Verfasser fort, nicht nur die Bibel, sondern auch das Evangelium verdeutscht und dieses müsse wie des römischen so auch des griechischen und hebräischen Gewandes nach Luther's Vorgang mehr und mehr entkleidet und unserm gegenwärtigen deutschen Denken und Empfinden nähergebracht werden. Sehr bezeichnend sagt der Verfasser: Bibel und Christus", diese beiden Worte bezeichnen die zwei wichtigsten Stellen, wo unsere deutsche Anschauung deutscher werden muß. Unsere Freude an der Schrift ist gar zu oft noch eine gar naive und gewohnheitsmäßige, fie werde nun eine klare und bewußte; sie ist vielleicht eine weichlich gefühlige; dann schließt sie das ernste Fragen und Forschen aus: sie werde nun eine männlich zielbewußte, auf wirkliche Erkenntnis gerichtete; fie ist vielleicht oft nur Selbsttäuschung und Redensart: sie werde nun zur vollen Tatsache; wir haben die Bibel vielleicht hoch erhoben: sie will nun auch von uns gelesen und studirt sein. Manche sind Bibelschwärmer und Bibelfanatiker; sie reiten gleichsam auf dem Bibelprincip herum, sie declamiren, die Bibel sei Gottes Wort, unfehlbar bis auf den leßten Punkt; sonst wanke alles. Woher sie das aber und alles einzelne wissen, das sie etwa über die Bibel vortragen, das erfahren wir oft gar nicht: man muß es ihnen eben glauben, wie sie es andern geglaubt haben. Kirchenlehre in des Wortes eigentlichem Sinne nämlich sind ihre Theorien bei Lichte besehen nicht. Hierin liegt etwas undeutsches: in der Beugung unter eine fremde, immer noch unverstandene Autorität. Wol dem, der die Bibel rühmt aus eigener Erfahrung und Liebe: seine Worte regen viele zu ähnlicher Liebe an, klingen aber eben ganz anders, als Worte des Eifers, die aus einem feststehenden Grundsatz verstandesmäßig und mit ängstlicher Gesetzlichkeit abgeleitet werden. Die blinde Bibelverehrung mag reformirten Ursprungs sein: sie geht auf Buxtorf's Einfluß zurück. Lutherisch ist sie keineswegs. Jest trägt sie unter uns meist englisches und schweizerisches Gepräge. Sie ist also undeutsch. Und leztlich ist sie eine neue Auflage jüdischer Gesinnung, pharisäischer Verirrungen, und die eigentliche Theorie geht nachweislich teils auf des Sokrates Schüler Plato, teils auf Philo, den jüdisch-griechischen Philosophen zur Zeit Jesu zurück. So bedarf unsere Liebe zur Bibel und Freude an der Bibel dringend der Klärung.

Ebenso interessant ist die Ausführung, daß wir Jesus nicht durch den hebräischen Begriff des Messias oder Christus, noch die griechische Vorstellung vom Logos dem deutschen Volke näher bringen werden; sein Wesen müsse aus unserem innern Verständnis desselben erklärt werden und nicht aus überlebten dogmatischen Theorien, und dann sehe man ihn nicht so neben Gott den Vater, als ob er selbst der Vater wäre, oder den Vater verdrängen solle.

Vieles Schöne und Gute steht noch in dem inhaltsreichen Vortrag, der es offen heraus sagt: „vermeiden wir mit Bibel und Christus Gößendienst zu treiben, denn das wäre ja der Fall, wenn sie uns unvermerkt an die Stelle des Vaters im Himmel selbst träten“. So haben freilich die alten Rationalisten auch gedacht und „leider Gottes würde D. Lemme sagen heutzutage auch viele Ritschlianer", der glücklich 3

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Protestantische Monatshefte. I. Jahrg. Heft 1.

zu Tode geschimpften Protestantenvereinler gar nicht zu gedenken! Es war nicht zu ver wundern, daß sich ein defensor fidei wie D. Puthardt die Widmung nachträglich ver beten hat. D. E. Zittel.

Die christliche Lehre. Für Kirche, Schule und Haus von Karl Bickel, Pfarrer in Wiesbaden. Fünfte, umgearbeitete Auflage 1897. Leipzig, Jansa.

Dieses für jeden Religionslehrer vortreffliche Lehrmittel hat bei seinem ersten Erscheinen in manchen Kreisen wegen seiner starken Ausnüßung des Karl Schwarz'schen Leitfadens Anfechtung gefunden. Das fällt nun hinweg und kommt dem Buch als solchem sehr zustatten. Es hat aber von Anfang an den Vorzug einer ausgezeichneten Sammlung von geeigneten Stellen aus der Bibel und der ganzen religiösen Literatur, insbesondere der poetischen besessen und diese Sammlung ist nun noch reicher geworden. Doch ist das Uebermaß und ein solches ist ja auch recht schädlich vermieden und jeder Lehrer und Prediger wird im Unterricht der Christenlehre und auch für die Predigt darin viel dankbar zu verwendenden Stoff finden. Es sei allen unseren Lesern als tüchtige Arbeit bestens empfohlen.

D. E. Zittel.

Aus der preußischen evangelischen Landeskirche.

Wir haben in unserer alten Protestantischen Kirchenzeitung während der beiden letzten Jahrzehnte als Ziel der jüngsten und schlimmsten preußischen Kirchenreaction der Kögel-Hegel'schen von 1877 — öfter bezeichnen müssen: die Uniformität und Stabilität der Kirchenlehre, die rücksichtslose Handhabung des Damoclesschwertes positiver" Lehrzucht und die Einführung des römischen Inder in die evangelische Kirche, damit aber die radicale Vernichtung des evangelisch-protestantischen Charakters dieser Kirche. Als vor einem Decennium der angeblich aus dem evangelischen Volksgewissen entsprungene" Hammerstein - Kleist 'sche Antrag auf größere Freiheit und Selbständigkeit der preußischen evangelischen Landeskirche durch die hier ungetrübte protestantische Klarheit und unbeugsame Energie des Fürsten Bismarck ein unfreiwilliges Ende fand, durfte man hoffen, die Staatsregierung wie die evangelischen Kirchenbehörden würden etwas lernen von seiner ernsten Warnung, durch Hinweis auf die römische Kirche „vom Staate Rechte zu erpressen“, da diese beiden Kirchen, die Papstkirche und die Kirche der Reformation, incommensurable Größen sind".

Unter dem neuen Cultusminister Bosse aber ward nach kurzem Widerstreben des Ministers 1893, das „positiver" Belehrung nicht standhalten konnte, schon im nächsten Jahre die Lex Stöcker durchgesezt, gegen die unser Berliner Unionsverein vergebens protestirte, und damit die klirrende Kette am Beine der Kirche" wie sich Herr Stöcker geschmackvoll ausgedrückt hatte so zur Zufriedenheit des Mundes der Kirche" wie sich die General-Synoden zu nennen pflegen - beseitigt, daß das Agenden Parlament von 1894 unter dankendem Hinweis auf dies Staatsgesetz über den von neuem eingebrachten Antrag auf größere Freiheit und Selbständigkeit der Kirche zur Tagesordnung übergehen konnte.

Dieser selben außerordentlichen General-Synode, die Kirchenmänner wie superfluge Politiker als „Lichtpunkt in unserm kirchlichen Leben“ (Stöcker) und herrliches Zeugnis der innern Kraft des Protestantismus" (Delbrück) gepriesen haben, lag natürlich auch der alte Anti - Professoren - Antrag vor, der ja das nach „positiver“ Parteiüberzeugung schlimmste Hindernis für die Entfaltung der Lebenskräfte der Kirche beseitigen will. Der Antrag stand sogar gegen Ende der Synode mehrmals schon auf der gedruckten Tages. ordnung, mit einem Bonner Theologie Professor als Referenten. Aber man stellte ihn jedesmal weislich zurück und ließ ihn schließlich ganz unter den Tisch fallen, obgleich die Berliner Preßorgane der reactionären Synodalmajorität damals schon die berüchtigte Professorenheße gegen Harnack, Grafe und Meinhold begonnen hatten. Es wäre also doch wol nicht Zeitverschwendung" gewesen (wie D. Beyschlag harmlos meinte), wenn

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