ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Gleiches mit Gleichem erwidern lassen mußte. Er beschwor damit leicht den Fluch der Lächerlichkeit über sich herauf in den Augen der unnachsichtigen Zeitgenossen. Im Urteil der christlichen Nachwelt aber steht er gerade wegen seiner verachtungsvollen literarischen Polemik gegen das Christentum als ein gefährlicherer, oder wenigstens gehässigerer Christenfeind da, als er vielleicht in Wirklichkeit gewesen ist. Vielleicht wäre er, wenn er sich hätte ausleben dürfen, der Verfolger des Constantinischen Staatschristentums geworden. Das Christentum des Evangeliums aber, die Religion des Geistes und der Wahrheit, hätte kaum unter ihm zu leiden gehabt.

Er starb 363 den Heldentod des Kriegers in siegreicher Schlacht gegen den Erbfeind des Reiches, die Perser. Gerade die nähern Umstände seines Endes, das mittelalterliche Geschichtsfälschung nach plumper Abschreckungstheorie bis zur Unkenntlichteit entstellt hatte, werfen auf das Leben des seltsamen Mannes ein reines, verklärendes Licht. So stirbt nur, wer ein gutes Gewissen und eine wahrhaft religiöse Natur im Herzen trägt.

[ocr errors]

Uns aber mahnt in seinem Falle noch sein Schicksal an eine vom düstern Hauch tragischer Poesie umwehte Heldengestalt nordischer Herkunft. Wir können Julian den "Hamlet" von Byzanz nennen; und für uns liegt vielleicht in dieser Analogie ein Schlüssel des Verständnisses für Julians rätselvolle Persönlichkeit. Wie der unglückliche Dänenprinz gegen die innerste Kraft und Neigung seines Herzens zum Rächeramt berufen ward wider den brudermörderischen Oheim und sich mit Abscheu erfüllen mußte gegen die eigene verbuhlte Mutter, so ist es Julians Schicksal gewesen, umschwebt von den Schatten seiner gemordeten Ahnen Vergeltung zu üben an dem blutigen Hause Constantins. Die Mutter Kirche aber, obgleich sie ihn gehegt und gepflegt hatte von zarter Jugend auf, ist ihm verächtlich geworden, weil sie mit jenem kaiserlichen Mörder sich verbunden hatte zur Unterdrückung ihrer gemeinsamen Feinde. Er haßt in ihr die Constantinische Staatskirche. Wie einen Hamlet, so hätte auch ihn die Schwere seines fluchbelandenen Loses schließlich zermalmt. Hätte ihn nicht der Genius des Heldenmuts frühzeitig vom Schauplatz der Geschichte abgeführt, die Trümmer seines eigenen Hauses wären sein Monument geworden.

Literatur.

Paul Sabatier, Leben des heiligen Franz von Assisi. Neue Ausgabe mit einem neuen Capitel aus dem Leben des H. Franciscus und einer kritischen Studie: Die Bewilligung des Portiuncula-Ablasses. Berlin 1897, Georg Reimer'scher Verlag.

Das schöne Buch von Paul Sabatier hat sich in Deutschland rasch eingebürgert und die neue Ausgabe beweist, daß die Zahl seiner Verehrer in Zunahme begriffen ist. Ueber die erste Ausgabe hat sich der Referent in einer Anzeige in der Protestantischen Kirchenzeitung und noch ausführlicher in seinen Weltverbesjerern im Mittelalter", Band 3 ausgesprochen und will die dort gemachten Bemerkungen nicht wiederholen. Vorzüge und Schwächen des Buchs erinnern an Renan's Leben Jesu, aber obwol das Buch wesentlich ästhetisch wirkt, haben wir doch alle viel aus ihm gelernt; namentlich der Abschnitt über die Quellen zum Leben des heiligen Franciscus ist das Muster eines gründlichen und doch klaren und übersichtlichen Referats. Auch die Abschnitte über die Stigmata und den Portiuncula-Ablaß teilen diese sachlichen Vorzüge. Was die Stigmata betrifft, so komme ich auch jezt nicht über das frühere non liquet hinaus. Es ist möglich, daß Franciscus in fanatischer Sucht, alle Leiden des Gekreuzigten zu erdulden, fie sich selbst beibrachte. Es ist aber ebenso möglich, daß Elias von Cortona einen Betrug verübte, da das Verfahren bei der Beisetzung, wie schon Hase zeigt, eine verdächtige Haft verrät, die sich mit dem Interesse der Ausstellung des Wunders schlecht verträgt.

Ueber den Ursprung des Portiuncula - Ablasses hat Sabatier eine genaue Liste der ursprünglichen Documente mitgeteilt, aus denen sich schließen läßt, daß der Ablaß keineswegs schon zu Lebzeiten des Heiligen durch Honorius III. gewährt wurde, wie das liber conformitatum im folgenden Jahrhundert behauptet. Auch an dieser literarischen Frage hat Sabatier die Spuren der kirchlichen Parteiungen mit großem Scharfsinn nachgewiesen, wie er denn ebenso gelehrten Spürsinn, wie poetische Darstellungsgabe in sich vereinigt.

Das neue Capitel aus dem Leben des heiligen Franciscus" bezieht sich auf den Brief des Jacob von Vitry, der am Sterbetag Innocenz' III. in Perugia

eintraf und der Erwählung Honorius' III. beiwohnte. Er berichtet über die Vorgänge dieses Papstwechsels und erwähnt dabei auch des jungen Minoritenordens, von dessen waldenserartiger Missionstätigkeit er ein gutes Bild entwirft. Die Tatsache, daß nach Jacob von Vitry Franciscus bei dem Regierungsantritt Honorius' III. in Perugia war, stimmt Sabatier nun geneigter, eine so frühe Verleihung des Portiuncula - Ablasses anzunehmen. Mir scheinen aber seine früheren Gründe gegen diese Annahme stichhaltiger als seine neuen poetischen Ergänzungen. - Die Uebersetzung ist die letzte Arbeit der trefflichen Frau Margarete Lisco, die bald nach Vollendung dieser neuen Ausgabe ihren zahlreichen Freunden entrissen ward. Die Verewigte hat sich in dem Buche, dem sie zu großer Verbreitung in Deutschland verhalf, ein dauerndes Denkmal errichtet.

Hausrath.

Wolfgang Kirchbach, Was lehrte Jesus? Berlin 1897, Ferdinand Dümmler; Preis 5 Mk.

[ocr errors]

Es ist keine erfreuliche Arbeit gewesen, die mir die Redaction der Prot. Monatshefte übertrug, als sie mir das Kirchbach'sche Buch zur Besprechung zuschickte. Ein in saloppem Stil geschriebenes Buch erregt mir fast noch größeres Unbehagen, als ein Mensch mit saloppem Anzuge. Und Kirchbach's Stil ist in dem vorliegenden Buche bis zur Unerträglichkeit nachlässig. Auf S. 107 lesen wir: Sittliche Wechselwirkung waltet in der inneren Welt, aufgrund derselben muß, wenn hier in irgend einer Form aus tieffter Seele Bitten des Willens im vernünftigen Sinne als eine Kraft wirken, hier oder an einem andern Ort Selbsterfüllung oder sittliche Erfüllung wirken. Wie das Pendel im gleichen Kraftmaß hinüber und herüber schwingt. Wie es in der äußern Welt eine Centripetalkraft gibt. Das sittliche Leben ist eine große innere Einheit." Auf der folgenden Seite heißt es: Aber in der köperlichen Welt gilt ein anderes Gesetz der Kräfte, es gilt hier nicht so rasch: „,„bittet, so wird euch gegeben"", es (!) war eine fehlerhafte Nußzanwendung der Jesus - Ideen". In ähnlichem Jargon ist das Buch fast durchweg geschrieben. Und wie der Stil, so die Logik, die umso erstaunlicher ist, als der Verfasser bekennt, der Rabbi Jesus sei ihm so lieb geworden, weil derselbe so klar, so folgerichtig denke und empfinde. Man beachte die Begründung des Gedankens auf S. 115: Wer die Kraft zur Sünde hatte, der wird erst recht die Kraft zum Guten haben, denn (!) die Sinnwandlung ist selbst schon der Ausdruck der allerstärksten Kraft der sittlich handelnden Seele." Nach S. 134 wurde das Gepräge (!) innerer Echtheit und unverwüstlichkeit seiner, d. h. Jesu, Hauptgedanken für die Menschheit ein innerer Segen". Das Tollste scheint mir auf S. 209 zu stehen. Kirchbach hat von einer Reihe johanneischer Sentenzen gesagt: „Es sind Sinn-Lieder". Dann fährt er fort: „Wie die Skolien der Griechen, wie die Schnadahüpft der heutigen Oberbayern und unsere literarischen Sinnsprüche sind sie aber nach unserer Auffassung von Jesu selbst festgestellt worden". Kirchbach liebt es, die deutsche Sprache mit neuen Wortbildungen zu berei

[ocr errors]

chern. Dabei schafft er Ausdrücke wie fittliche Verlustigkeit“, „Liebes - Edelbegriff", ,,Aufforderungs-Sittenlehre", die Alt-Rede von der Beispiels darstellung". Eine sonderbare Liebhaberei ist die ständige Anwendung des Genitiv-Artikels vor Jesus. Nur einmal fand ich (S. 210) den Genitiv Jesu statt des Jesus".

Doch ich habe mich durch alle diese Sonderbarkeiten hindurchgearbeitet. Schließlich habe ich wenigstens die Freude gehabt, daß mich die Komik mancher Ausführungen zuweilen die Mühe der Lectüre hat vergessen lassen. Zu der Matthäus-Stelle von den Eunuchen um des Himmelreichs willen bemerkt Kirchbach: „Es ist wahrscheinlich, daß Jesus hierbei das Bild des Eunuchen lediglich als diejenige innerhalb der Ehe ausgeübte Keuschheit verstanden hat, welche „„Ein Fleisch““ schafft, das heißt streng monogamisch lebt." In dem Ausdruck „Ein Fleisch“ findet der Verfasser „mythisch und philosophisch die alte Vorstellung von dem, was die neuere Naturwissenschaft in ihrer Art zeigt, daß die beiden Geschlechtsarten imgrunde nur metamorphische Umbildungen find". Ev. Joh. 5, 21 wird erklärt: „Wie dieser Vater die Toten, d. h. die noch nicht Lebenden (!) erweckt und lebendig macht, so macht auch der Sohn (der Mensch) sowol im körperlichen wie im geistigen Sinn lebendig, wen er will. Denn bekanntlich kann jeder Mensch einen neuen Menschen ganz nach Belieben in die Welt setzen, und das kostet den männlichen Menschen nur wenig Zeit." Die Erzählung von der Speisung der 5000 Mann mit wenigen Fischen und Broten ist ein misverstandenes Wort, das auf folgende Weise in den Sinn Jesu gekommen sein soll: „Von landschaftlicher Schönheit umgeben, mochte unser Denker und Lehrer wol auch, in Bildern seiner Umgebung redend, an das Seegestade treten, und wie er vom Senfkorn, das sich zum mächtigen Baume auswächst, geredet hatte, auch davon sprechen, wie etwa aus zwei Fischlein, die vor ihm im Wasser plätscherten, soviel Laich wird, daß 5000 Menschen von den aus Eiern entsprungenen Fischen gespeist werden könnten." Was von einer solchen Eregese, die den seligen Heidelberger Paulus gelegentlich noch bedeutend übertrumpft Kirchbach weiß auch, daß Jesus, „obzwar selbst unverheiratet, doch sicher nicht unberührt geblieben ist" (S. 153) an wirklicher Ausbeute für die Lehre Jesu zu erwarten ist, läßt sich leicht denken. Was der Verstand der Verständigen bis heute noch nicht gesehen, das hat Wolfgang Kirchbach in der Einfalt seines kindlichen Gemütes gefunden. Ohne eine Ahnung von den Schwierigkeiten, die der ernsten theologischen Forschung in den Evangelien-Problemen vorliegen, bestimmt Kirchbach den Ur-Matthäus und einen Ur-Johannes, die natürlich, weil sie nur das sagen, was den Ideen Kirchbach's entsprossen ist, in schönster Harmonie mit einander stehen. Aus der Religion Jesu macht Kirchbach ein verschwommenes Gemisch alexandrinischer und indischer Begriffsbildung, so daß wir unter dem Vater im Himmel die Macht des Alls", unter dem Himmelreich die Herrschaft des Alls" verstehen sollen. In der Moral erscheint Jesus als strenger Kantianer, nur daß Jesus den Unsterblichkeitsglauben nicht einmal als Postulat der practischen Vernunft gelten läßt, ihn vielmehr radical bekämpft. In der Religion steht Jesus auf dem Standpunkte Hegel's und Feuerbach's. Das Wort „Vater“ soll von Jesus „nicht an

[ocr errors]

thropomorphisch gedacht sein können, sondern den Gottesbegriff als Denkhandlung in den meisten Fällen bezeichnen" (S. 197). Und wenn Jesus das Wort anführt: ich bin der Gott Abrahams, der Gott Jacobs, so hat er nach Kirchbach gesagt: „ich bin der Abraham-Gott, der Jacob - Gott, d. h. derjenige, der immer sozusagen erst durch Abrahams und Jacobs Gottvertrauen, Gottempfinden benannt ist, durch die Lebenden ist" (S. 141).

Doch genug des grausamen Spiels! Daß Kirchbach in seinem Vorwort für die Forscher" mit gönnerhafter Herablassung auf die Leistungen der wissenschaftlichen Theologie herabfieht, ist für den, der die Selbstüberhebung dilettirender Autodidakten kennt, nicht befremdlich. Befremdlicher ist dagegen die Aufnahme, die das Buch in liberalen politischen Tagesblättern (National- Ztg.) und in der Egidy'schen „Versöhnung" gefunden hat. Wir Theologen müssen doch noch eine große Schuld an dem Volke abzutragen haben, wenn über die elementarsten Fragen der neutestamentlichen Literatur und der evangelischen Lehre im Volke noch soviel Unkenntnis herrscht, daß ein Kirchbach es für nötig erachtet, mit seiner Wissenschaft in die Lücke zu treten. Wenn Egidy als das Bedeutungsvollste an diesem Buche den Nachweis bezeichnet, daß die Luther'sche Bibelübersetzung eine vielfach falsche ist, so müssen wir uns allerdings fragen, ob Herr von Egidy wirklich von der modernen wissenschaftlichen Theologie so absolut unberührt geblieben sein kann, daß für ihn erst Kirchbach kommen mußte, um ihm diesen Nachweis zu liefern. Im übrigen geben die Evangelien der deutschen Bibel selbst mit allen Ueberseßungsfehlern Luther's den Sinn und Geist der Lehre Jesu doch noch unendlich viel treuer und reiner, jedenfalls schöner und kürzer wieder, als das langatmige Buch Wolfgang Kirchbach's.

Bremen.

A. Kalthoff.

Der irdische Besitz im Neuen Testament, seine Beurteilung und Wertschätzung durch Chriftus und die Apostel. Göttingen 1897, Vandenhoeck u. Ruprecht; 120 S. Unter vorstehendem Titel hat der Marinestationspfarrer Chr. Rogge zu Kiel eine biblische Untersuchung veröffentlicht, welche in mehrfacher Hinsicht Beachtung verdient; zumal sie sich mit den früheren Bearbeitern des Gegenstandes, der in unseren Tagen so oft behandelt worden ist, gründlich auseinanderzusetzen bemüht. Was zunächst die Aussprüche Jesu über Reichtum und Armut betrifft, so verkennt der Verf. die Schwierigfeiten nicht, welche gewisse Widersprüche der evangelischen Berichte bereiten, besonders die Verschiedenheit, die zwischen Lucas und Matthäus besteht. Lucas stellt die Sache so dar, als ob Jesus die Armut an sich gepriesen und den Reichtum an sich verurteilt habe und nach Rogge's Meinung soll er zwar aus alten urchristlichen Quellen geschöpft, aber den Sinn der Jesusworte nach der ihm eignen asketischen Weltansicht verschärft und umgefärbt haben. Das Verhalten Jesu selbst muß demnach den Ausgangspunkt bilden, da die Worte keine unzweifelhafte Grundlage bieten. Treffend hebt der Verf. in diesem

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »