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Philipp Melanchthon.

Zum 16. Februar.

Von

D. A. Hausrath,

Profeffor der Theologie in Heidelberg.

Jubiläen find Feste dankbarer Erinnerung und so gedenken wir bei der Wiederkehr von Melanchthon's Geburtsjahr dankbar alles dessen, was der Praeceptor Germaniae der deutschen Bildung und der deutschen Kirche geworden ist.

Es war im Herbste 1518, als Luther sich anschickte seine schwere Reise nach Augsburg anzutreten, da wurde ihm noch die Freude, den Großneffen Reuchlin's in Wittenberg als Collegen zu begrüßen und die letzten Wochen vor seinem, vielleicht dauernden Abschiede mit diesem jungen, gelehrten und geistvollen Jüngling in vertrau lichem Verkehre hinzubringen. „Wir können uns nur Glück wünschen“ schreibt er an Spalatin, und dem Fürsten danken. So lang wir ihn haben, wünsche ich keinen andern griechischen Lehrer." In jenen Tagen entspann sich das schöne Verhältnis des geistes gewaltigen Augustiners mit dem feinsinnigen Humanisten, das zu den erfreulichsten Episoden der deutschen Geschichte gehört. Luther sorgte für den Ankömmling, der 14 Jahre jünger war als er, wie ein älterer Bruder, und dieser, von Natur für Anschluß, Mitteilung und Freundschaft geschaffen, warf sich ihm mit jugendlichem Vertrauen ganz in die Arme. Dem jungen Schwaben ging ein neues und tieferes Leben im Umgang mit diesem gewaltigen sächsischen Mönche auf. Oberflächlich und klein erschien ihm jezt sein seitheriges humanistisches Treiben, diese Copie des Altertums, gegenüber den ursprünglichen religiösen Anschauungen Luther's, die nicht eine alte Welt nachahmten, sondern eine neue zu schaffen im Begriffe waren. Hier ist viel mehr", schrieb er den Freunden in Tübingen, „als alle menschliche Weisheit. Ich bin ganz in den theologischen Studien. Sie sind ein wunderbarer Genuß, ein himmlisches Ambrosia." Wenn sich so seine eigene Anschauungswelt im Umgang mit Luther vertiefte und man wol sagen kann, er wäre ohne Luther nie das geworden, was der Name Philipp Melanchthon für die Welt bedeutet, so ist heute doch vor allem daran zu erinnern, welchen Zuwachs auch er für Protestantische Monatshefte. 1. Jahrg. Heft 2.

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Wittenberg bedeutete. Die Vorbedingungen zu einer Universität im modernen Sinne hat erst Melanchthon in Wittenberg geschaffen. Bis dahin hatte Luther seinen Vorlesungen die lateinische Bibel zu Grund gelegt, jezt schreibt er: „Ich dank es meinem Philipps, daß er uns griechisch lehrt“. „Ich bin älter als er, aber das hindert mich nicht". Die ersten hebräischen und griechischen Bibeln für Wittenberg mußte Melanchthon erst besorgen und einen Drucker beiziehen, der in griechischen Lettern drucken konnte. Ein griechisches Wörterbuch, eine hebräische Grammatik, eine griechische Grammatik, eine Rhetorik, die nötigen Terte der Classiker, alles war sein Werk. Dazu brachte er die Bundesgenossenschaft der weitverbreiteten Reuchlinistenschar der Universität als Morgengabe zu und verdoppelte so ihre Frequenz. Daß der deutsche Humanismus forthin eine andere Stellung zu den kirchlichen Fragen nahm als seine italienischen Vorbilder, daß es einen evangelisch gesinnten Gelehrtenstand gab, ist vor allem Melanchthon's. Verdienst.

Welchen Schatz der Gelehrsamkeit die Universität Wittenberg an ihm erworben hatte, stellte sich gleich im folgenden Juni 1519 auf der Disputation zu Leipzig heraus, wo Magister Philippus den von ihrer Bibliothek geschiedenen Freunden mit seinem sichern Gedächtnisse die Bibliothek ersetzte, sie in den Vorbesprechungen beriet und Karlstadt sogar in der Disputation selbst das Fehlende einsagte, so daß der Gegner Ed, dem es um den Sieg, nicht um die Wahrheit zu tun war, ihn anherrschte: Tace Philippe, tua cura negotia! Seit jenem Tage, da ihm Eck Schweigen geboten, zog der entbrannte Kampf auch den feinsinnigen jungen Humanisten in seine Wirbel und bald nach der Disputation sah er sich in eine schriftliche Auseinandersetzung mit Eď verwickelt, in der er zum erstenmal den Grundsatz seiner Schule: zurück zu den Quellen" auch auf die Theologie anwendet. Wir haben nicht die Schrift nach den Kirchenvätern auszulegen, schrieb er Eck, sondern die Kirchenväter nach der Schrift zu beurteilen. Dasselbe ist der Sinn der Disputation in Wittenberg, durch die er sich nach Luther's Wunsch das Recht erwarb, auch theologische Vorlesungen zu halten. Paulinische Briefe und Homer, Aristoteles und Kirchenväter las er nun neben einander, Luther aber sah mit Bewunderung, wie in diesem durch keine Scholastik verbildeten Kopfe sich alle Fragen vereinfachten, wie fest und geschickt er seine Stoffe anfaßte, mit welch universellem Wissen er ihre Zusammenhänge überblickte und wie er mit seiner philologischen Sicherheit und kritischen Methode sichere Resultate erreichte, wo er selbst nur die Wahrheit geahnt und in genialer Intuition vorweggenommen hatte.

So wurde der gereifte Mann Schüler seines jungen Freundes, und es gab Stunden, in denen er sich nur für den Vorläufer des Magisters Philippus hielt und erklärte, dieses Griechlein wird alles besser machen. Was er prophetisch geschaut hatte, das bewies ihm Melanchthon aus hundert Stellen, deren präcisen Sinn ihm der junge Ereget erst richtig erschloß, und bescheiden schreibt der gewaltige Mönch dem jungen Manne: „Du wirst mich, wenn auch als ungeübten Kämpfer, stets zur Seite haben. Es wird mich nie gereuen, unter einem solchen Anführer zu streiten."

Von da an war ihnen jedes Studium gemeinsam. Die erste Frucht dieser stillen Mitarbeiterschaft Melanchthon's war die im October 1520 erscheinende „babylonische Gefangenschaft“ Luther's, die sich von seinen seitherigen Büchern so unterschied, daß ganz allgemein gezweifelt wurde, ob sie von ihm herrühre. Die Schrift handelte von den sieben Sacramenten. Aber wenn sonst die Polemik Luther's ausschließlich pectoral war, wenn er sonst mit der Wucht seines Zornes und der Ueberlegenheit seines Humors die Gegner erdrückte oder sie mit Sarkasmen, Wortspielen, burlesken Einfällen, grotesken Scheltworten vor sich hertrieb, so war hier alles methodisch, gelehrt, gründlich, ohne Sprünge in der Beweisführung, ohne Lücke des gelehrten Apparats, ein Werk reifster Gelehrsamkeit, wie noch keins in Deutschland gedruckt worden war. Man kannte den Mann nicht wieder, der Teßel in tollem Uebermute, Hogstraten mit vernichtender Verachtung behandelt hatte, und der nun in sorgfältiger Arbeit alle Fundamente der Sacramentslehre aufgrub und bloslegte, um zu prüfen, welche auf der Schrift stehen und welche daneben. So wurde die babylonische Gefangenschaft ein Musterstück humanistischer Quellenkritik und wenn der Beichtvater des Kaisers, Glapion, Luther's Geist so gar nicht in dem Buche finden konnte, wenn der päpstliche Nuntius Aleander es Erasmus zuschrieb, so ist das eben nur ein Ausdruck für die Tatsache, wie viel Luther von der methodischen Art Melanchthon'scher Arbeit gelernt hatte, mit welchem Erfolg er Melanchthon's Schüler gewesen war. Gerade dieses Buch aber war das radicalste, das Luther geschrieben hatte, und die ganze Kirche erbebte von diesen Stößen gegen ihre Fundamente. Zugleich aber ist die babylonische Gefangenschaft das Buch der neuen Weltanschauung, das verkündigte: es gibt keine an sich heiligen Handlungen und keine heilsamen Hantirungen, durch die der Priester dich selig machen könnte. Nur dein eigener Glaube bestimmt deine Stellung zu Gott. Die Art, wie Melanchthon in den nun rasch folgenden Streitschriften sich ganz auf diesen Boden stellt, läßt ihn auch an diesem geistigen Fortschritt mitschuldig erscheinen. Ihm, dem Theoretiker und Gelehrten wurde es sogar leichter, die Consequenzen des paulinischen Standpunkts unerbittlich zu ziehen, als dem im Kirchendienste selbst aufgewachsenen Luther, der mit Seufzen sagt: „eine vielleicht unmögliche Sache nehme ich mir vor" und der mit Sorge daran denkt, „daß schier die ganze Gestalt der Kirche und die meisten Bücher, die jeßund die Oberhand haben, werden weggetan werden müssen“, soll alles auf die Schrift gestellt werden und es mit dem Grundsaße ernst werden, die Gemeinde auf den Glauben zu verweisen statt auf den üblichen Werkdienst.

Seine Mitverantwortlichkeit für diese Wendung in Luther's Schrifttum hat Melanchthon nie verleugnet. Der Gegner waren so viele geworden, daß Luther nicht allen antworten konnte. So nahm er den Angriff des einen römischen Dominicaners, Rhadinus, auf sich, während Luther den andern, Katharinus, abtat, und so stolz und glänzend war Melanchthon's Antwort, daß Erasmus ihm das höchste Lob spendete, das er zu spenden hatte, man halte vielfach ihn selbst für den Verfasser dieses pseudonymen geistreichen Buches. Auch die Arbeit nahm Magister Philippus auf sich,

der Sorbonne, der theologischen Facultät der Pariser Universität, zu antworten, die ihr Verdict gegen Luther fällte, als dieser zu Worms vor Kaiser und Reich stand. Luther meinte zu Melanchthon's ruhiger und sachlicher Erwiderung, er habe wol meisterlich geantwortet, aber die Pariser zu sanft angerührt, er müsse wol selbst mit seiner Bauernart über die groben Klöße kommen.

Aber gerade in diesen beiden Streitschriften zeigte sich zuerst die Befähigung Melanchthon's zum diplomatischen Schriftsteller der neuen Religionspartei. Er allein verstand rein sachlich und mit vornehmer Mäßigung zu schreiben, und zu streiten, als stritte er nicht. Er allein schrieb mit amtlicher Ruhe und verstand es den religiösen Fragen eine Seite abzugewinnen, die auch der Gegner nicht ganz abzuweisen vermochte. Die Fürsten und Staatsmänner merkten sich das und so kam es, daß gerade die entscheidenden Denkschriften der großen Zeit Melanchthon's Feder anvertraut wurden. Auch Luther erkannte das in vollem Maße an. Ja so groß war sein Vertrauen zu dem Freunde, daß er von der Wartburg schrieb, es sei an ihm selbst wenig gelegen. Falls er aus seinem Erile nicht nach Wittenberg zurückkehren dürfe, seien Melanchthon und die Andern Manns genug, die Feste des Herrn gegen den Satan zu halten.

Darin freilich hatte Luther in seinem großartigen Vertrauen und seiner neidlosen Bewunderung des gelehrteren Freundes geirrt. So lang es sich um theoretische Fragen handelte, war Magister Philippus der Mann, der diese Fragen spielend löste. Aber als die Fluten über die Ufer traten, als die Heerhaufen des vierten Standes lärmend und tobend ihren Einzug hielten in die deutsche Geschichte, da stellte sich heraus, wie hülflos alle Genossen Luther's den entfesselten Massen gegenüber standen. Die Universität Erfurt wurde gesprengt, Wittenberg sah sich von gleichem Schicksal bedroht und nicht eher kehrte die Ruhe wieder, als bis Luther wieder auf seiner Kanzel stand und mit seinem gewaltigen Worte die Geister des Aufruhrs erschlug oder verjagte. Fragt man, warum Melanchthon das nicht vermochte, so darf man am wenigsten an Mangel an Mut denken. Der zarte, feinsinnige Gelehrte hat ohne Scheu und in gewohnter Freundlichkeit mit den wilden Propheten verkehrt. Aber er war ein Mann der Theorie, und als er die Propheten in der Lehre correct fand, wagte er nicht, sie anzutasten. Ein Idealist durch und durch, beurteilte er die Andern nach dem eigenen. freundlichen aufrichtigen Herzen, wo Luther's gesunder Realismus den Dingen sofort auf den Grund sah.

Mit umso glücklicherem Sinne kehrte er nun, nachdem der rechte Führer die Zügel wieder ergriffen hatte, zu seinen Studien zurück, die immer mehr theologische geworden waren. Schon seit dem Sommer 1519 erklärte er den Römerbrief und las über die Philosophie des Paulus, oder wie wir sagen würden über den paulinischen Lehrbegriff. So entstand seine Einleitung in die paulinische Theologie, die er unter dem Namen loci communes rerum theologicarum herausgab. Diese loci waren die erste positive Leistung der theologischen Renaissance. An Stelle der endlosen spißfindigen Dispute der mittelalterlichen Scholastik traten hier die einfachen religiösen

Grundgedanken des ersten Christentums. Es war, als ob ein gotisches Gebäude mit tausend Spigen und Schnörkeln gefallen wäre und an seiner Stelle sah man die schlichte Schönheit einer antiken Bafilica. So hatte die neue Richtung ihre erste Glaubenslehre, die die theologische Welt von dem erdrückenden Wuste der mittelalterlichen Scholastik erlöste. Die Reform des gesamten theologischen Unterrichts hatte damit begonnen.

Eine zweite Aufgabe erwuchs ihm durch die Bibelübersehung, die Luther von der Wartburg mitbrachte. Zunächst sah er das Neue Testament mit ihm durch, das im September 1522 erschien und bis zur Vollendung des ganzen Werkes im Jahre 1534 war er Luther's hauptsächlicher Mitarbeiter bei dieser größten literarischen Tat des ganzen Jahrhunderts. Daß mit der Kraft und dem Wolklang von Luther's Sprachgefühl sich auch Genauigkeit und Richtigkeit der Uebersetzung parte, war Melanchthon's Verdienst und wenn in der bekannten Charakteristik der Mitarbeiter an dem großen Werke Melanchthon der Dialecticus genannt wird, so sehen wir, daß er den Freunden nicht nur Lexicon und Grammatik war, sondern daß er es war, der ihnen den Gedankengang der Schriftsteller am klarsten nachwies und sie es ihm verdankten, daß sie nicht nur die Worte verstanden, sondern auch den Zusammenhang. Auch die Commentare, die er in dieser Epoche über neutestamentliche Schriften hinausgab, dienten dem gleichen Zweck.

Ihn aber führte diese exegetische Beschäftigung selbst wieder auf die geliebten Sprachstudien zurück. Ohnehin regte sich in ihm gegenüber dem turbulenten Geiste, der die Jugend ergriffen hatte, immer stärker der strenge Gelehrte und gebildete Humanist. Die Geistesausgießung der Zwickauer Propheten und die beginnenden Unruhen des Bauernkriegs hatten Tendenzen in die Jugend getragen, die ihm misfielen. Es drängte sich eine Studentenschaft nach Wittenberg herzu, der Begeisterung und Glaube leichter einging als griechische Syntar und lateinische Grammatik. Ihm konnte es nicht gefallen, daß diese Jugend, statt hebräisch und griechisch zu lernen, die sociale Frage löste oder im Schelten auf das Papsttum ihre Zeit vergeudete und er zürnte denen, die die Jugend auf diese falschen Wege wiesen. „Die Zungen sollte man denen ausschneiden“, schrieb er an Spalatin, die auf den Kanzeln von diesen Studien abmahnen; wenn sie nicht recht erlernt werden, was für Theologen werden wir erziehn?"

Die Wind gesät hatten, ernteten Sturm. Der Bauernkrieg, durch die immer schwerere Bedrückung der leibeigenen Bevölkerung lang vorbereitet und durch die Wühlerei und Heßerei der neuen Propheten und Schwarmgeister zum Ausbruch gebracht, schien mit den bürgerlichen Gewalten auch alle Stätten der Cultur vernichten zu wollen. So kam jene größte Massenerhebung, die die deutsche Geschichte kennt. Von den Alpen bis zum Harz stand alles Landvolk unter den Waffen. In dieser Not erinnerte man sich im Kurfürstenschloffe zu Heidelberg des berühmten Landsmanns, dem die Heidelberger Artistenfacultät einst den Magistergrad abgeschlagen hatte, und der nun Magister Germaniae geworden war. Melanchthon sollte in Person nach Heidelberg kommen,

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