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Wissenschaft und
und Kirche.

Von

Pfarrer W. Hönig in Heidelberg.

In der Zusammenstellung der beiden Worte Wissenschaft und Kirche liegt ein Zeitproblem, von dessen Lösung das zukünftige Schicksal der Kirche und des religiösen Lebens sehr wesentlich beeinflußt sein wird. Der Gegenstand des Problems ist die große Kluft, die tatsächlich zwischen beiden vorhanden und nach Vieler Meinung in der Zunahme begriffen ist. Bei diesem Problem hat vor mehr als 30 Jahren einst der Protestantenverein seinen Ausgangspunkt genommen, er hat im Glauben an ihre Möglichkeit eine Versöhnung gefordert und in dieser Richtung gearbeitet, die Zeit hat sich aber für den Versuch noch nicht als reif erwiesen. In die Reihe der Versuche, dem Problem eine Lösung zu geben, gehört auch die kürzlich erschienene Schrift des Basler Docenten Bernoulli über „Die wissenschaftliche und die kirchliche Methode in der Theologie“1), die sich an zwei frühere, von derselben Hochschule ausgegangene Aeußerungen über denselben Gegenstand (von Overbeck und Duhm) anschließt. Der Versuch läßt den Gedanken einer Versöhnung der Gegensätze, Wissenschaft und Kirche, fallen und macht den Vorschlag, den gordischen Knoten irgendwo zu zerschneiden.

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Der Verfasser nimmt seinen Standpunkt nicht auf einer der beiden Seiten, er geht ebenso von der Notwendigkeit der Kirche und der eigentümlichen Gesetze ihres Lebens wie von der Notwendigkeit der Wissenschaft aus, der er selbst in seinem Berufe dient. Er versetzt sich in die gänzlich verschiedenen Interessen, die beide vertreten, in das Interesse der einen, nämlich die geschichtliche Wahrheit und nichts als diese, und das Interesse der andern, die religiöse Erbauung und nichts als diese. Aber er will auch keine abstracte Trennung von Kirche und Wissenschaft; denn die Wissenschaft ist der Kirche unentbehrlich, sie braucht eine ihren Zwecken dienstbare Wissenschaft. Bernoulli's Vorschlag geht

Karl Albrecht Bernoulli, Privatdocent der Theologie in Basel, Die wissenschaftliche und die kirchliche Methode in der Theologie. Ein encyklopädischer Versuch. Frei burg i. B. Verlag von J. C. B. Mohr (P. Siebeck) 1897.

vielmehr dahin, eine doppelte Theologie zu bilden, beziehungsweise eine schon vorhandene zu legitimiren und die Verhältnisse darnach zu organisiren: eine außerkirchliche wissenschaftliche Theologie, die kein anderes Gesetz der Forschung kennt als das allgemeine Gesetz aller Wissenschaft, und daneben eine ebenso berechtigte kirchliche Theologie, die die Geseße ihrer Forschung aus ihrer Beziehung zur Kirche nimmt. Er glaubt, daß diese beiden Arten von Theologie schiedlich friedlich nebeneinander bestehen können und daß dann keine Veranlassung mehr sei für Störungen der Kirche durch Keßereien und für Störung der freien Wissenschaft durch die Machtsprüche der Kirche.

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Der Verf. gibt uns einen an interessanten Gesichtspunkten reichen geschichtlichen Ueberblick über die Entwickelung der neueren Theologie, in dem er die divergirenden Linien der beiden Arten von Theologie näher ausführt und ihr Auseinandergehen als geschichtliche Notwendigkeit darzutun fich bemüht. Er zeigt das Heranwachsen des selbständig werdenden wissenschaftlichen Geistes seit Hegel und Schleiermacher, ganz be sonders in den drei Zweigen der Wissenschaft: der alttestamentlichen, der neutestamentlichen und der Kirchengeschichte, in deren entwickeltsten Erscheinungen - Lagarde, Overbed, Wellhausen, Duhm wir eine kirchlich in keiner Weise mehr verpflichtete Wissenschaft vor uns sehen. Die theologische Forschung hat sich ein für allemal von jeder kirchlichen Verbindlichkeit losgemacht (S. 107). Anderseits ist auch das Vorhandensein einer kirchlichen Wissenschaft unzweifelhaft. Schon in Schleiermacher erkennen wir die Wendung zum Kirchlichen; seine Bestrebungen find fortgesezt in der Vermittlungstheologie, als deren Hauptvertreter in der Gegenwart er die Theologen Kaftan, Herrmann und Schult näher beleuchtet. Die Dogmatik und die practischen Disciplinen vertreten vorzugsweise die kirchliche Theologie.

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Ueber die Bedürfnisse und Anforderungen der Kirche hat der Verf. realistische Anschauungen. Er ist mit Harnack der Meinung, daß in der gegenwärtigen evangelischen Kirche „etwas Katholisches“ sei. Aber er findet darin zugleich etwas „Gesundes und Naturgemäßes“ (S. 184). Es entspreche dem realistischen Zug der Gegenwart, die nach festen Formen dränge; wolle der Protestantismus überhaupt Kirche sein, dann müsse er auch nach einer realen, scharf umrissenen Ausgestaltung im Volksleben trachten (185). Das Dogma beruhe auf dem „unerschütterlichen Glauben", daß auf der bestimmten Religionsgemeinschaft, der man angehört, in besonderem Maße der Geist Gottes ruhe; darum verlangt es nicht nur Zustimmung, sondern Gehorsam (S. 202). Die Dogmatik ist dem zufolge auch keine Wissenschaft in strengem Sinne. Die Liebe zur Kirche, eine gewisse „gläubige Triebkraft" sei für den Dogmatiker wichtiger als speculativer Scharfsinn und dialectische Virtuosität; ein entwickelter Geschichtsfinn verträgt sich sogar nicht gut mit dem Beruf eines Dogmatikers; diese Dogmatik ist mehr Kunstübung als Forschung. Ihre Pflicht ist, das angestammte altkirchliche Gut der „heutigen Gemeinde mit allen nur möglichen Mitteln zu erhalten und genießbar zu machen“, und Bestrebungen wie die, das apostolische Glaubensbekenntnis entfernen zu wollen, sind vorlaute Einmischung" der Wissenschaft (205). Während der Wissenschaft die Bibel eine zu Gemeinde

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zwecken gemachte Sammlung religiöser Schriften ist, muß sie der kirchlichen Theologie das geoffenbarte Wort Gottes sein. Die kirchliche Theologie ist durch diese Stellung zur Kirche in ihrem wahren Wesen Scholastik“ (S. 211). Sie ist aber auch zugleich Priestertum (205). Die Persönlichkeit hat hinter das Amt zurückzutreten. Ein Irrtum ist die Meinung, der Geistliche habe seiner Gemeinde gegenüber seine persönlichen Ansichten zu vertreten; verhängnisvoll die Forderung an den einzelnen Mann, er solle sich für seine Person einen eigenen Standpunkt zur Bibel erwerben. Der Student sollte schon in seinem Collegheft nicht die Privatmeinungen seines Professors, sondern die Ergebnisse der innerhalb der kirchlichen Theologie gewalteten Discussion besißen, die ihm den Gebrauch der Bibel vor der Gemeinde anweist" (S. 206. 207). So geht neben der wissenschaftlichen eine zweite Art von Theologie her, zwar nicht ganz ohne Fühlung mit jener, aber mit einer Fühlung, die nicht der Einzelne, sondern die Theologie vornimmt, Alles auswählend, was in der Kirche Leben fördern, alles fernhaltend, was das Leben hemmen könnte. In der Praxis wird, um diese Scheidung vorzunehmen, nicht viel Veränderung erforderlich sein: die Alttestamentler, die Neutestamentler und die Kirchenhistoriker haben wissenschaftliche, die Dogmatiker und die „Practischen" haben kirchliche Theologie zu treiben. Das Studium der Theologie beginnt mit der wissenschaftlichen Theologie und wird fortgesezt und geschlossen mit der kirchlichen. In dieser Weise glaubt Bernoulli die Zeitfrage zu lösen: man setzt die Wissenschaft aus der Kirche hinaus und überläßt der Kirche, sich ihre eigene Wissenschaft zu machen; dann, meint der Verf., gäbe es in der Kirche Frieden, denn es besteht ja weder eine liberale Partei mehr, da die Wissenschaft keinen Anspruch erhebt in der Kirche berücksichtigt zu werden, noch eine conservative, da ja die Güter der Vergangenheit gegen keine Angriffe mehr zu verteidigen find.

Verstehen wir die Absicht des Verfassers richtig, so will er sagen: Wir kritischen Theologen wollen uns künftig jeder Einmischung in kirchliche Fragen enthalten; wir überlassen es der Kirche zu tun, was ihren Zwecken erforderlich scheint, sich ihre eigene Theologie einzurichten und ihren Pfarrern vorzuschreiben, was sie zu lehren haben. Aber wir verlangen dafür, daß auch uns freie Hand gelassen wird, daß wir ohne Rücksicht auf das kirchliche Interesse die Wissenschaft lediglich nach den Geseßen der Wissenschaft treiben. Wir vermuten nun, daß dieser Friedensschlußz nie zustande kommen, daß ein solcher Vertrag weder von der einen noch der andern Seite eingegangen wird. Denn, um mit dieser zu beginnen, die Kirche, d. h. die gegenwärtige, orthodox gerichtete, hierarchisch ge= stimmte, aber überhaupt auch jede Kirche wird selbstverständlich nie darauf eingehen. Sie wird das Versprechen der Wissenschaft, sich künftig jedes Einflusses auf das kirchliche Gebiet zu begeben, mit Befriedigung acceptiren; sie wird das Versprechen als endlich errungene Einsicht, daß die Wissenschaft für eine positive Arbeit an der Kirche untauglich ist, daß sie nicht bauen kann, sondern nur zerstören, mit Dank quittiren; es wird inniges Vergnügen bereiten, zu wissen, daß auf Synoden und Conferenzen der Liberalismus endgültig schweigen wird. Aber daß sie darauf hin bereit ist, ihrerseits Duldung zu üben, ist für jeden Kenner ihrer Eigenschaften höchst unwahrscheinlich. Es wird ihr sehr gleich

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gültig sein, ob sich die Wissenschaft als eine außerkirchliche oder innerkirchliche etikettirt; solange diese Wissenschaft lebt und öffentlich lehrt und sogar die künftigen Diener der Kirche nach wie vor erziehen hilft, solange wird die Orthodoxie kein Heil sehen und wird weiter protestiren, wie sie es bisher getan hat. Mag die wissenschaftliche" Theologie in ihren Anforderungen nach außen hin noch so bescheiden sein und auf jedes Recht in der Kirche und auf jede Popularisirung verzichten und sich lediglich als Arcandisciplin für Eingeweihte fortpflanzen, so wird sie, je größer ihr Selbstbewußtsein als der Inhaberin der Wahrheit, als einer geistig überlegenen Macht wird, die sich bewußterweise von der Kirche scheidet, bei dieser desto mehr Mistrauen erregen. Der Krieg der Kirche gegen die Wissenschaft wird dann ein permanenter und immer mehr ein principieller werden. Man wird es dann noch heftiger als bisher als ein unerträgliches Aergernis verurteilen, daß der Staat eine Wissenschaft großzieht, die grundsäßlich jede Beziehung zur Kirche abgebrochen hat und tatsächlich, wie das nach der Darstellung der Verhältnisse bei Bernoulli nicht anders sein kann, der Kirche entgegenwirkt, ja sogar Mittel producirt, die Kirche wenigstens in der Theorie zu vernichten (S. 3). Sie wird sich auch keineswegs befriedigt fühlen, wenn man ihr eine besondere eigene Theologie zugesteht, welche die Resultate der Wissenschaft kirchengerecht zustußt. Sie wird ein solches Zwitterwesen von Theologie nur anerkennen als Wächterin und Polizei gegen die losgelassene eigentliche Wissenschaft, nicht aber mit der Anerkennung, daß jenseits derselben die geschichtliche, d. h. die wirkliche Wahrheit liege, ihre eigene Theologie aber nur eine Prägstätte kirchlich gangbarer Münze bedeute. Es müßte eine sehr aufgeklärte Kirche sein, die sich mit den Vorschlägen des Verfassers einverstanden erklären könnte; wenn wir aber einmal eine solche haben, so brauchen wir auch die umständlichen Vorsichtsmaßregeln nicht mehr.

Aber auch die Wissenschaft wird den Vertrag nicht unterzeichnen können und zwar weil es ihr unseres Erachtens moralisch unmöglich sein wird. Der Verfasser hat unsere volle Zustimmung und Sympathie mit seiner energischen Forderung einer wirklich wissenschaftlichen Theologie, mit der entschiedenen Ablehnung jedes kirchlichen Einflusses auf die Frage: was ist tatsächlich Wahrheit, mit dem Anspruch, daß es für die Theologie keine anderen Gesetze geben könne, als für jede andere Wissenschaft. Aber ebenso entschieden ist unser Widerspruch gegen eine Absperrung dieser Wissenschaft nach Seite der Kirche hin, gegen einen Verzicht, für die Ergebnisse ihrer Forschung kirchliche Anerkennung zu fordern; gegen einen Versuch dieser wissenschaftlichen Theologie, lediglich als Geheimlehre der Gebildetsten zu existiren. Denn das wäre einer der schwersten Verstöße gegen das Gesetz des allgemeinen Lebens, wie es Gott geschaffen hat; in der Welt sind die Dinge dazu da, daß sie zusammenhängen, sich ergänzen, befruchten, nicht daß sie sich von einander absondern. Eine Theologie ohne Kirche ist eine Wissenschaft ohne Leben, und was ist das? Ein Licht, das nicht leuchtet, ein Feuer, das nicht wärmt. Eine Theologie, die auf das practische Leben verzichtet, die ihr Populärwerden fürchtet und zu vermeiden sucht, die keine Stellung nimmt in der Kirche selbst, ist dem Manne gleich, der seine Pfunde vergräbt, statt damit zu schaffen. Das practische Leben kann die

Wissenschaft, die wirkliche Wissenschaft auch durchaus nicht entbehren; es wird bald ein unfruchtbares ödes Feld, das Leben, Entwicklung, Fortschritt von sich ausschließt. Unser Erwerbsleben braucht die Naturwissenschaft, Politik und Rechtsverhältnisse brauchen Rechts. und Geschichtswissenschaft, die Kirche die Theologie, und zwar nicht als gehorsame Dienerin, Jasagerin, die wie der Höfling jeden Ausspruch der Herrschaft als unübertreffliche Weisheit dartut, sondern gerade eine Wissenschaft, die einem andern, aber für die Kirche auch unentbehrlichen Interesse folgt, als es die Kirche hat. Das practische Leben braucht tausend einzelne Erkenntnisse der Wissenschaft nicht, aber es braucht den allgemeinen Niederschlag davon, die wissenschaftliche Bildung; es braucht Personen, die von ihr erfüllt find. Die theologische Wissenschaft muß der Kirche das frische Blut schaffen, und nun soll man gerade da die Adern unterbinden, wo die Erneuerung des geistigen Lebens der Kirche stattfindet? Was kann die Wissenschaft zu einem solchen Verzicht veranlassen? Will die Wissenschaft exclusiv werden? hat sie das Gefühl sich bisher zu viel vergeben zu haben durch Beteiligung am practischen Leben? hält sie die Berührung mit Tagesfragen und Tagesstreitigkeiten für eine Entweihung? will sie nichts mehr wissen von Kirchenzeitungen und Pastoralconferenzen und Synodalverhandlungen und Feriencursen? will fie vornehm danken für die Vertretung durch ungeschickte Popularifirer, lärmende Reformer, die die Ergebnisse der Wissenschaft plump ins Leben werfen, für die „Fälle“. macher, die sie in der Kirche in Miscredit bringen? Wir versagen der Wissenschaft gewiß nicht das Recht auf eine gewisse Vornehmheit der Haltung; aber verwerflich ist eine sich abschließende wissenschaftliche Aristokratie. Oder sollen wir den Verzicht als einen Mangel an practischem Mut betrachten? erfaßt die Wissenschaft eine Angst vor der rabiat gewordenen Kirche, vor den wilden Parteihäuptlingen, den polternden Pastorenversammlungen, den bureaukratischen Kirchenregimentern? will mit einer Trennung von der Kirche die Wissenschaft ihr bedrohtes Leben versichern? will sie den ganzen Einfluß auf das öffentliche Leben einzahlen, um wenigstens in der Zukunft ohne drückende Sorge leben zu können?

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Wir verstehen, wie solche Gedanken entstehen können. Die Heßpolitik der lezten Jahre, die absolute Unfähigkeit für wissenschaftliche Erkenntnis in weiten Kreisen, die Todesurteile über die Wissenschaft, die jeßt für Pastorenconferenzen Mode geworden sind, die Tatsache, daß ein einziges bescheidenes Wort über das Apostolicum oder über das Abendmahl einen Sturm von der Nordsee bis zu den Alpen erregt diese bitteren Erfahrungen konnten einem Vertreter der Wissenschaft die Beteiligung am kirchlichen Leben verleiden. Wir wollen es auch keinem Einzelnen übelnehmen, wenn er für seine Person verstimmt der verständnislosen Kirche den Rücken wendet. Aber aus dieser Verstimmung ein Princip für die Wissenschaft zu schaffen, geht über das Maß des Zulässigen weit hinaus. Eine hypochondrisch gewordene Wissenschaft ist ein Unding. Wenn heute in der Kirche die Zustände so zerfahren sind, wenn die Herrschaft einer unwissenschaftlichen Orthodorie so unerträglich geworden ist, wenn man den Mut hat, die Wissenschaft direct anzugreifen und die Staatsgewalt wider sie herbeiruft, sollten diese Verhältnisse nicht vielleicht

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