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künstlerische Vollbringen. Und somit ist eigentlich auch das Kunstwerk eine sittliche That, weil es ein entselbstetes Versenken in eine Idee ist. Wirke Gutes, du nährst der Menschheit göttliche Pflanze; Bilde Schönes, du streust Keime des Göttlichen aus."*)

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Alle diese reichen und innigen Analogien in dem begrifflichen Inhalte des Sittlichen und des Schönen hindern nicht, dass die praktische Lebensführung des Künstlers von dem Wandel sittlich ausgezeichneter Persönlichkeiten ganz verschieden sein kann. Die Innerlichkeit des Künstlers, die von jedem augenblicklichen Eindruck ins Schwanken geräth, und die sich oft mit momentaner Heftigkeit einem Einzelgefühl hingibt, ist nicht der Heerd, auf dem das heilige Feuer der Moralität gehütet wird. Zur Zuverlässigkeit des Characters gehören feste Vorstellungsglieder, über welche die Autonomie der Vernunft Zucht übt, und wo sie jeder widerstreitenden Regung gleich Schach bietet. Der bewegliche Vorstellungsbesitz des Künstlers aber lässt sich in seinem Ikarusfluge nicht hemmen durch die Zügel des kategorischen Sollens. Ein grosser Psychologe sagte, der Künstler sei nicht der Freund, an dessen Brust man von den Stürmen des Lebens ausruhen möchte.

Es gibt zwei Momente, die, so einfach und unscheinbar sie auch sind, doch fast untrüglich sichere Führer bilden, um in das Labyrinth der menschlichen Individualität einzudringen, ohne dass diese sich erst im Handeln erschliesse. Das erste dieser Momente, das den Hierophantendienst leistet, das Räthsel zu enthüllen, ist: einen Menschen über seine Kindheit, seine frühesten Lebenserinnerungen sprechen zu lassen und zu beobachten, was auf ihn einwirkte und was sich ihm eingrub. Das zweite verrätherische Moment ist das Lachen; und dies zwar in doppelter Hinsicht, sowohl in Hinsicht auf das Motiv, worüber man lacht, als in Hinsicht der Art, wie man lacht. Der unpolirte Kleinstädter lacht, wenn Jemand auf dem Glatteis hinfällt, der feingebildete Weltmann lächelt, wenn man

*) Schiller Sinnspruch ,,zweierlei Wirkungen."

ihm durch Schlagfertigkeit eine Gunst abzugewinnen sucht. Und in der Klangfarbe der Lachwellen unterscheidet sich eben so sicher das Edle vom Gemeinen, wie in der Klangfarbe des Metalls.*)

Das Gemüth.

Wie das Ingredienz des Characters das Wollen ist, so ist das Ingredienz des Gemüthes das Fühlen. Und ähnlich, wie sich aus dem rationellen Boden des Characters eine wechselreiche Fülle von Wollensbildern ablöst, rauscht aus der schwankendbewegten Meerestiefe des Gemüthes eine wechselnde Mannigfaltigkeit von Gefühlswogen empor. Der sittliche Character ist ein von der rationellen Vernunft bebautes und behütetes Feld, das Gemüth gleicht dem dunklen, ruhelosen und unergründlichen Meere. In diesen Tiefen, die so urpersönlich eigenartig und so unauflösbar widerspruchsvoll bewegt sein können, ruhen die schönsten Perlen, **) aber daneben hausen auch manche seltsam gestaltete Unholde. Menschen, die sich bei ihrem Thun den unmittelbaren Eingebungen des Gemüthes überlassen, sind von hingebender Wärme und Hülfsbereitschaft, dabei aber doch meistens unverlässlich und übereilt. Aus diesem Grunde sind solche Personen, bei denen die rationellen Prinzipien des Characters vorherrschen, gesinnungstreuer und verlässlicher, als solche, bei denen der gewinnende Anlauf des

*) Rauthon,,über das Gemüth" p. 41 schreibt: Wie verschieden ist das helle Lachen des Kindes, das frische des Kleinstädters von dem spöttischen des Residenzbewohners, das mitleidige Lächeln des seiner Ueberlegenheit sich bewussten Weltbürgers von dem essigsauren des Blasirten, und dieses wieder von dem vollen herzlichen Lachen des weitblickenden Denkers, der echten Humor besitzt!“

Das Lachen ist übrigens das ureigenste des Menschengeschlechtes überhaupt. Die Thräne hat der Meusch mit den andern Lebewesen gemein, das Lachen ist ihm nur allein eigen, denn nur der Mensch allein kann so gross sein, um sich über alle Qualen des Daseins in einsamer Hoheit zu erheben.

**) Nicht bloss in Heine's Gedicht.

Gemüthes bestrickt. Während die sittliche Bildung des Mannes in der klaren zuversichtlichen Domäne des Characters ruht, entkeimt dem spontan bewegten und mystisch schwingenden Gemüthe die sittliche Triebkraft der Frau. Die Moral des Mannes besteht im Beobachten allgemeiner theoretischer Grundsätze, die der Frau besteht in der lebendigen Reaction auf den gegenwärtigen Eindruck. Der Mann beherrscht mit seinen Gedanken und seinem innern Blick die Totalität des Lebens, und dadurch erfasst er mit Klarheit die Bedeutung und die Tragweite der ethischen Maximen für das grosse Allgemeine, mit Einschluss des Abwesenden und Künftigen, das heisst, des räumlich und zeitlich Entlegenen. Hingegen wird die Frau von der unmittelbaren sinnlichen Anschauung viel mehr zu werkthätigem Handeln hingerissen, und der gegenwärtige Eindruck ergreift und beherrscht sie viel mehr als den Mann. Opferwillige Hingebung und stille Selbstentäusserung schmücken die himmelanziehende Weiblichkeit; dem gesinnungsvollen Mann aber gehen die objektiven Tugenden der Gerechtigkeit und der Pflichterfüllung allen Sonderinteressen voran. Das Weib kann aus dem warmen Quell des Gemüthes heraus das vollste und rührendste Mitgefühl ausströmen, aber nach objektiven und parteilosen Grundsätzen zu handeln, ist es kaum fähig. Man kann daher nicht umhin, dem geistreichen Geiferer Schopenhauer in dem Satze beizupflichten: „, Gerechtigkeit ist mehr die männliche, Menschenliebe mehr die weibliche Tugend. Der Gedanke, Weiber das Richteramt verwalten zu sehen, erregt Lachen; aber die barmherzigen Schwestern übertreffen sogar die barmherzigen Brüder."*)

Es wäre unstatthaft zu denken, dass das sittliche Bewusstsein des Mannes nur aus abstracten Maximen und autonomen Vernunftgesetzen bestehe, ohne dass es von einer Gefühlsregung berührt werde. Eine solche Annahme müsste ja dem Manne Wohlwollen und mitfühlendes Eingehen ganz und gar absprechen. Man muss sich nur die Macht des Gefühls als

*) Die beiden Grundprobleme der Ethik § 17.

untergeordnet und eingeschränkt denken. In grossen und bedeutungsvollen Augenblicken aber durchbricht die innere Höhenfluth den Damm und das Pathos für eine erfasste Idee reisst zur Opferweihe hin. Ein solcher schwellender Begeisterungsdrang für eine sittliche Idee beseelte Winkelried, Andreas Hofer u. a. m. Allerdings behauptet Bogumil Golz*) etwas stark caustisch, dass die Männer mit Ideen verkehren, ,sie drücken die unsichtbare Menschheit an die abstracte Brust, aber eben deshalb halten sie sich ungern selbst bei pflegebedürftigen Freunden auf."

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Da das Sittengesetz für den Mann eine autonome Würde besitzt, so kommt es, dass, wenn sich seine Lebensfäden verwirren und er von Missgeschick und Rathlosigkeit getrieben einen Ausweg ergreift, bei dem er seine Ehre verwirkt, er sich dennoch aufraffen und restituiren kann, denn der Glaube an die autonome Heiligkeit der Moral ist in ihm nicht erloschen. Wenn aber die Frau den Polypenarmen böser Schicksale anheim fällt, dann verliert sie jeden Halt und jede Kraft der Wiedererhebung, denn für sie gibt es kein abstractes und autonomes Sittengesetz, sie kennt nur Regungen in ihrer Brust, die sich im Sinken, durch den Einfluss immer niedrigerer Elemente mehr und mehr trüben. Regt sich aber doch in ihr ein besseres Verlangen nach einem Ausweg aus dem Abgrunde, dann vermag ihr immer nicht die begrifflich abstracte Moral die rettende Planke zu gewähren, sondern sie klammert sich an die sinnlich anschauliche Repräsentanz der Kirche.

Mit den sinnlich anschaulichen Bildern steht das Gemüth, mit den unanschaulichen Verstandesmaximen der Character in Beziehung; auf jenes wirken vorzugsweise Anschauungen, auf diesen Lehren ein. Die Macht der Erziehung und Bildung erstreckt sich über beide; sie veredelt die Wollensbilder, und während sie die Stimmungstöne des Gemüths verfeinert, schränkt sie zugleich die Brandung der Affecte ein, wenigstens so weit, als die Reflexion Macht besitzt, Affectausbrüche durch Zer

*) Vorlesungen, „Characteristik der Männer und Frauen" p. 152, Bd. I.

gliederung des Motivs derselben niederzuhalten. Handlungen, bei denen ein gutgeartetes Fühlen und Wollen betheiligt ist, entsprechen dem Begriff der Moral; aber nur solche Handlungen, bei denen eine dieser Potenzen über die andere gewaltsam hinwegstürmt, haben Anspruch auf tragische Grossheit. Es ist nicht leicht, bei den verschiedenartigen innern Gebilden gleich den Antheil von Gefühl und Wollen zu fixiren ; wie schwer ist es z. B. zu sagen, wie weit die Begierde mit dem Gefühl und wie weit sie mit dem Wollen verwandt ist? Ihre genetische Aehnlichkeit mit dem Gefühl besteht wohl darin, dass sie wie dieses durch eine Vorstellung angeregt wird, aber das Gefühl bleibt bei der ideellen Vorstellung, während die realistische Begierde nach der wirklichen Empfindung von dem verlangt, was die Vorstellung bloss reproducirt; der Dürstende begehrt nach der Empfindung des Trunks, dessen Vorstellung er bloss hat. Mit dem Wollen ist die Begierde insofern verwandt, als beides auf ein gewünschtes Ziel gerichtet ist; allein welche unvergleichlich grössere Würde liegt im Wesen des Wollens! Zunächst schon deshalb, weil das Wollen in die That übergeht und von seiner Selbstthätigkeit in der Hauptsache, wenn dabei auch die Gunst der Umstände in Betracht gezogen werden muss, das Erreichen erwartet. Das Begehren hingegen beansprucht vom Schicksal die Erfüllung. Waitz*) sagt sehr richtig: „, Das Begehren spricht zum Andern, das Wollen zu sich selbst."

Eben so vorübergehend als das Begehren ist der Affect, der jedoch eine breitere Basis im Gemüthe hat als jenes, er steht daher auch dem Gefühle näher; häufig ist er auch in Phasen desselben, wie z. B. das Gefühl der Trauer im Affecte der Verzweiflung ausbrechen kann. Eine Erscheinung aber, die das Gemüth in dauernder Weise über den Status des Gefühlsmässigen steigert, ist die Leidenschaft. Während jene beiden, Begehren und Affect, nach aussen gerichtet sind, ist die Leidenschaft innerlich wühlend, ausserdem steht sie auch durch be

* Lehrb d. Psych. § 41.

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