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nur Nachahmung der Wirklichkeit, welche selbst ein lügnerischer Schein der urewigen Idee ist. Die Wirklichkeit ist etwas, was kein wahres Sein und keinen Inhalt hat, sie ist nichts mehr und nichts weiter, als ein unwahres Spiegelbild der Idee. Noch weniger Wahrheit liegt in der Kunst, die nur ,,ein Schein des Scheines von einem Scheine ist." So wie die Wirklichkeit nur ein verstümmeltes Fragment der überweltlichen Idee ist, so verhält sich das Kunstbild zur Wirklichkeit. Es ist daher auch von sittlich geringem Werthe, weil es nur Unwahres bietet.

Während demnach bei Plato die Kunst eine dem Begriffe des Schönen tief untergeordnete Stellung einnimmt, verhält es sich umgekehrt bei Aristoteles, der wenig Gewicht auf das Schöne legt, jedoch vom erhabensten Gesichtspunkt aus die Mission der Kunst auffasst. Was zunächst das Schöne betrifft, so ist die Bedingung und Grundlage desselben bei Aristoteles die Ebenmässigkeit (ovμueroía), somit etwas, was dem Massvollen nicht zu ferne ist. Und da, wie es Aristoteles in der Poetik bedeutet, jedes Schöne, sei es ein lebendes Geschöpf oder irgend ein Ding, aus gewissen Theilen besteht, so müssen diese nicht nur wohlgeordnet (ähnlich Plato's Beziehung der Theile zu einander), sondern auch nicht zu gross und nicht zu klein sein, denn es soll die Uebersichtlichkeit des Ganzen im Verhältniss zu seinen Theilen gestatten; eine Forderung, die gewiss unbestreitbar für den Eindruck des Schönen ist. Denn wer wird nicht Aristotele's Ansicht beitreten, dass das schöne Ding als ein Ganzes, d. h. als Einheit des Mannigfaltigen in die Anschauung treten muss? Und nicht nur das zu Grosse, dessen Ausläufer vielleicht dem Gesichtskreis entschweben, auch das zu Kleine, das man nicht zergliedern kann, liegt ausserhalb der Kategorie des Schönen. Aristoteles erstreckt diese Forderung auf alle Kunstgebiete, zuvörderst wendet er sie jedoch auf die Dichtkunst, und innerhalb dieser noch specieller auf die Tragödie an, bei der die leichte Uebersicht ihrer vielfachen einzelnen Momente ein künstlerischer Cardinalpunkt ist.

Aristoteles identificirt nicht das Schöne mit dem Sittlichen, wie dies Plato thut, der bei jeder Wendung in der Darstellung des Schönheitsbegriffes auf das Sittenprincip hinüberspielt, im Gegentheil, er trennt vielmehr die beiden Kategorien (rò ἀγαθὸν καὶ τὸ καλὸν ἕτερον). Allerdings ist das Handeln, das einer edlen Gesinnung entspringt, nicht blos gut, sondern auch schön, aber das Bereich des Schönen ist grösser als das des Sittlichen. Diese Ansicht gilt auch heute, sie ist eben von ewiger Evidenz. Aristoteles commentirt dies mit dem viel citirten Satz „denn das Schöne sei auch am Unbeweglichen."*)

In einer von Plato ebenfalls ganz abweichenden Weise fasst Aristoteles das Verhältniss der Kunst zur Wirklichkeit wie zur Idee auf. Und hier: in der Natur der Stellung zwischen Idee und Wirklichkeit, liegt der Ausgangspunkt der Kunstlehre des Einen und des Andern. Der Unterschied gipfelt in dem, was jeder von Beiden aus der Wirklichkeit, dem Naturgebilde, appercipirt und deducirt. Die Wirklichkeit ist nicht nur ein Schein, d. h. ein Trugbild, eine lügnerische Vorspiegelung der Idee, sondern sie ist bei aller traurigen Unvollkommenheit doch auch die Erscheinung der Idee, das Eingehen derselben in die Erscheinung. Die künstlerische Aufgabe ist nun, nach Aristoteles, das Ideelle am Naturgebilde, also die ihm zu Grunde liegende Idee zu erfassen, und sie, als das von aller Zufälligkeit und Gebrechlichkeit Geläuterte und Höhere, jenem gegenüber zu stellen. In der Kunst wird also, wie es Aristoteles nahe bringt, die Idee von den Schlacken und Verunstaltungen, von dem Zufälligen und Unrichtigen, der Naturwirklichkeit gereinigt, und zu ihrer idealen Hoheit zurückgeführt. Diesen Sinn drückt auch Aristoteles' tiefsinniger Ausspruch aus: Die Poesie soll sowohl philosophischer als auch ernsthafter sein als die Geschichte (και φιλοσοφώτερον καὶ σπουδαιότερον ποίησις ἱστορίας).

Die Idee realisirt sich einerseits in der Natur und objectiven Welt, andererseits im subjectiven Geist und in der Anschauung. Diese letztere tritt wieder in doppelter Weise der *) Metaphysik VIII, 3.

Natur gegenüber; einmal, indem sie die Mangelhaftigkeit und Hinfälligkeit ihrer Gebilde erfasst, und sodann indem sie sich gedrängt fühlt, die Idee aus dieser Verkümmerung zu erlösen und zu ihrer Vollkommenheit zurück zu führen. Aus dem Ersten, der Einsicht in die Mangelhaftigkeit, spricht der Schönheitssinn; aus dem Zweiten, dem Streben die Idee zu erlösen, gibt sich der Kunsttrieb kund.

Die Nachahmung, uíunos, im Sinne der veredelnden Gestaltung, ist der Weg und die Verwirklichung des Schönen, dessen Endziel und Resultat dann die läuternde Erhebung des Gemüthes, mit einem Worte die záτagos ist. Unter allen Arten von Kunstschöpfungen ist die Tragödie, die Aristoteles wiederholt als Krone und höchste Spitze aller Kunstgebilde hinstellt, am meisten dazu angethan eine záragois herbei zu führen.

Bei Plato wie Aristoteles besteht zuletzt in gleicher Weise das Wesen der Kunst in der Nachahmung, mit dem weitgehenden Unterschiede jedoch, dass für Plato die Nachahmung des Kunstbildes nur ein weiter gesunkenes Abbild, der schon im Naturding unwahr dargestellten Idee ist, während nach Aristoteles die Aufgabe der Nachahmung im Gegentheil die ist, die im Wirklichen verkümmerte Idee zu ihrer erhabenen Höhe zurück zu führen. Somit ist bei Aristoteles die Kunst, trotzdem sie sich an die Wirklichkeit anlehnt, weil die Idee selbst an diese gebunden ist, doch auch insofern ein freies Gestalten, als sie die Idee aus der Endlichkeit und Verkümmerung heraushebt und sie dann zur Seele und zum Inhalte des Schaffens macht. Durch dieses freie Gestalten ist eben die Kunst im Stande die Idee in einer höheren Weise zur Erscheinung zu bringen, als es durch die Wirklichkeit geschieht.

Der dritte griechische Philosoph, welcher schon beim Morgengrauen der neuen Weltanschauung die Metaphysik des Schönen weiter förderte, war Plotin. Die Grundlage von Plotin's speculativer Aesthetik*) ist das Moment der Gestaltung,

*) Unter seinen Enneaden hinterliess Plotin eine eigene Schrift über das Schöne (περὶ τοῦ καλοῦ).

das bei ihm eine vergeistigte Weiterentwickelung über Aristoteles hinaus erfährt. Während die idealisirenden Gestaltungen des Letztern nur vom subjectiven Geist ausgingen, weist Plotin's erweiterte Auffassung auf die Gestaltungen hin, die der objective Weltgeist, der vous, vollführt, der, um seine Realisirungen in's Werk zu setzen, die chaotische Materie (2n) zwingt, Substrat derselben zu werden. Der Begriff des Dinges,

óyos. In dieser Lehre

das die Materie veranschaulicht, ist der von der Selbstbewegung des Weltgeistes, der aus sich die begrifflichen Dinge (óyo) ausscheidet, liegt die vergeistigte und tiefere Anschauung Plotin's, obgleich die Aóyou, dieses Neuplatonikers, sich an die Ideen Plato's eng anschliessen. Nur dass die Ideen von Plato aprioristische und voraussetzungslose Postulate sind.

Noch mehr tritt in den Rangstufen, nach denen Plotin das Schöne gliedert, seine Vergeistigung und der Werth, welchen er dem innern Gehalt anweist, hervor. Die erste und höchste Stufe der Schönheit nimmt bei ihm nämlich die menschliche Vernunft ein, welche die oberste Emanation der göttlichen Vernunft ist, und sie wird insofern Abglanz und Theil von dieser selbst, als sie sich im extatischen Schauen in dieselbe versenkt. Den zweiten Schönheitsrang nimmt die menschliche Seele ein, doch nur dann und insoweit, als sie sich rein zu erhalten vermag. Wird sie aber von Begierden und unreinen Leidenschaften erfüllt, so fällt sie dem Dunkel der Materie anheim. In die dritte Schönheitsstufe gehören die. Naturdinge, sie wird somit vom objectiv Schönen gebildet. Aus den beiden ersten Classen ersieht man, dass Plotin so sehr vom Werthe der inneren Wesensart durchdrungen war, dass er unter dem Schönen vorzüglich das Gehaltvolle, also dasjenige begriff, was eigentlich in die Kategorie des Sittlichen gehört. Seine vertiefte auf das Seelenhafte gerichtete Betrachtung bekundet sich auch in seiner Kunstlehre, namentlich in der herrlichen ganz in die moderne Denkweise hineinklingenden Bemerkung: „dass der Maler beim Porträtiren sein Hauptaugenmerk auf den Ausdruck im Blick des Auges richten müsse, da sich hierin mehr

als in der gesammten Gestaltung des Körpers die Seele offenbare."*)

Mit Plotin schwand für den unendlich langen Zeitraum von ungefähr anderthalb Jahrtausenden die Wissenschaft des Schönen aus der Welt dahin. Die Reflexion über das Wesen und die Beschaffenheit des Schönen war von den wechselnden Geschlechtern, die in diesem langen Zeitraum den Weltschauplatz betraten, da gelassen worden, wo sie Plotin abbrach. Gleichwohl war die Kunst, obschon es ihr an speculativer Leitung gebrach, deshalb doch nicht erstorben. Sie stand nur nicht mehr unter der weihevollen Obsorge einer über die Weltverhältnisse emporstrebenden Schönheitslehre; sie gerieth unter ganz anderen Banden, nämlich in die kirchliche Knechtschaft. Die Kunst wurde der Kirche und den Zwecken des Clerus dienstbar gemacht. Sie war, wie der ganze finstere Geist des Mittelalters, der mit markerschütternden Proceduren und mit rauchenden Höllenwerken das Wort der Liebe proclamirte du heilige Clerisei! von der kirchlichen Gewalt dirigirt worden. Die Motive der Darstellungen wurden jetzt salbungsvolle Marterscenen, wilde blutlechzende Henkersknechte, hohläugige Märtyrer u. dergl. Mit diesen pathologischen und niederdrückenden Lazarethgestalten ward nun der vollkommenste Gegensatz gegen den hedonistisch freien Schwung der hellenischen Heroen- und Götterwelt aufgestellt. Das Kunstideal wurde ein ganz anders geartetes und nahm einen vollständig entgegengesetzten Character an; ob es aber deshalb durchweg und nach jeder Richtung auch ein niedrigeres wurde, lässt sich jedoch kaum behaupten. Ja, man kann nicht umhin zuzugestehen, dass es in einer Hinsicht nicht blos gewann, sondern erst zur Entwickelung kam, und damit trat es eigentlich in den Wendekreis einer andern Weltanschauung. Nachdem Hellas das Höchste und Vollendetste in der Formgebung geleistet, änderte sich jetzt die Richtung und die schmerzzerrissene innere Vertiefung wurde das Motiv der Darstellung. Das veräusser

*) Enneade VI.

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