ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Darstellung so wählen, dass er ein ahnendes Vorher und Nachher erschliesst. Wohl etwa wie beim bekannten Bilde der im Kerker sanft schlafenden Kinder Eduard's, auf die das Licht der von den Mördern geöffneten Thüre fällt.

Im Capitel 23 kommt Lessing auf die verschiedenartige Verwendung des Hässlichen in der Poesie zu sprechen. Insofern als beim Dichter die Züge vertönen und nicht erstarren, lässt er die Verwendung desselben gelten. Für Vischer's Ueberzeugung ist dies zu wenig, er findet*), dass die Zulassung des Hässlichen ganz ausser Frage sei, und motivirt dies mit weitem Weltblick, er sagt: „Die Poesie kann nicht nur, sondern sie will und soll das Hässliche erst in seinem ganzen und wahren Wesen in die Kunst einführen, denn das Hässliche ist schliesslich das Böse in seiner Erscheinung und erst diese Kunst öffnet ja wahrhaft die innere, die sittliche Welt, welche ohne die Contrastwirkung und das Ferment des Bösen gar nicht denkbar ist."

Bezüglich der Zulassung des Hässlichen in der Malerei spricht sich Lessing (im Cap. 24) dahin aus:,,dass die Malerei das Hässliche nur als nachahmende Kunst, nicht aber als schöne Kunst darstellen könne." Hier erscheint er in der Auffassung des formal Hässlichen insofern beengt, als er es nicht vom metaphysischen Standpunkt aus, als Individualisirung der Idee ansieht, die durch irdisch rohe Zufälligkeiten verkümmert und verunstaltet wurde.

Hingegen ist seine Ansicht, dass das Schreckliche von der Malerei principiell zu verbannen sei, von zwingender Ueberzeugungskraft. Gerade deshalb, weil die Malerei eingehend individualisirt und lebensvoll veranschaulicht, erzeugt sie mit der Darstellung des Schrecklichen einen oft lange nachhallenden direct pathologischen Missklang; wie dies z. B. durch die Pest von Gallait der Fall ist. Etwas anderes ist es freilich, wenn eine gesteigerte und erhabene Menschlichkeit aus einer grausamen Situation emporwächst. Das bewirkt etwas Aehnliches

*) § 843.

wie eine dramatische Katharsis. Diesen Effect bringt auf dem Bilde,,die Jaquerie", von Rougemont, die Gestalt der Schlossherrin hervor, die todesbleich aber königlich aufgerichtet den Todesstoss von der entmenschten und blutgierigen Bauernhorde erwartet.

Von den verschiedenen Ressorts der Malerei, lässt Lessing die Landschaft gar nicht gelten, und dass ist bei ihm ein natürliches Resultat seines objectiven Schönheitsprinzips, da die Landschaft die Lyrik in der Malerei vertritt. Nicht mehr Gewicht legt er auf das Stillleben; darin aber bekundet sich sein höherer und geläuterter Geschmack, denn das Stillleben ist das Fragment einer nüchternen und werktäglichen Lebensscene. Dass aber Lessing auch der Porträtmalerei abgeneigt war, steht wieder im Einklange mit seiner Geringschätzung blosser Naturnachahmung. Was bleibt aber nach allen diesen negativen Ansichten? Einigermassen die historische Darstellung, vor allem aber, und was nach ihm die wahre Aufgabe der schöpferischen Kunstthätigkeit sein soll: die Darstellung des Schönen.

Lessing's eingreifendste Wirksamkeit liegt nicht im Gebiete der bildenden Kunst, sondern in dem des Dramas, in welchem er, auf Aristoteles' Basis stehend, die Prinzipien von diesem weiter führt. So sagt er, die Wirkung des Dramas erfordere Gegenwärtigkeit" der Handlung, und jede dramatische Form sei mit einer Furcht und Mitleid erregenden Handlung verbunden. Er fordert, als einen Cardinalpunkt, von jedem dramatischen Character innere Wahrheit*) und fügt bei, dass es ein weit verzeihlicherer Fehler sei", seinen Personen nicht die Charactere zu geben, die ihnen die Geschichte gibt, als in diesen freiwillig gewählten Characteren gegen die innere Wahrscheinlichkeit zu verstossen. Namentlich erhebt er gegen Corneille den Vorwurf der innern Unwahrheit. Die ausschliessliche Bühnenherrschaft der französischen Dramatiker zerstört, sowie der deutschen Nation einen geläuterten Kunstgeschmack und ein grösseres und allgemeineres Interesse an

*) Dramaturgie Stück 33.

ästhetischen Fragen beigebracht zu haben, darin beruht Lessing's bedeutendes Verdienst um die Fortbildung seines Volkes.

Der hervorragendste und ruhmgekrönteste Popularästhetiker dieser, dem Schönheitsideal der Antike huldigenden Epoche, ist der moderne Olympier Goethe, in dessen Natur Geist und Sinnlichkeit einen hellenisch hedonistischen Ausgleich feierten. Goethe's wesenhaft objectiv classischer Geist musste sich, von Winkelmann's in der griechischen Plasticität aufgehender Kunstanschauung, wie von einem innig verwandten Element angezogen fühlen. Goethe hat sich auch practisch mit der Kunst beschäftigt, und obzwar seine Meisterschaft auf einem andern Gebiete liegt, hat dies doch zur Entwickelung seiner ästhetischen Begriffe beigetragen. Seine zahlreichen ästhetischen Aufsätze fallen in der Zeit von 1771—1823. Sie bieten eine reiche Auslese feinsinniger und tiefgehaltvoller Bemerkungen, gleichwohl lassen sich aus denselben viel weniger kunstwissenschaftliche Lehrsätze herausziehen, als aus Schiller's Abhandlungen über ästhetische Probleme. Allerdings war Schiller sehr viel speculativer begabt; der innerlich reflectirende Zug lag in seinem eigensten Wesen, während Goethe's Eigennatur die künstlerische Objectivität war. Den höchsten Gipfel seiner dichterischen Meisterschaft erreichte Goethe auch in der objectivsten Dichtungsart, nämlich im Epos.

Als letztes Ziel und höchste Aufgabe der bildenden Kunst, setzte Goethe,,die anmuthige Darstellung des Bedeutenden."*) Mit dieser ästhetischen Glaubenssatzung steht er entschieden. auf Winkelmann's Terrain, denn das Moment des „Ausdrucks", auf den dieser das Schwergewicht legte, enthält fast das Gleiche. Weiter lässt Goethe eben so wenig eine Differenz der Prinzipien zwischen Plastik und Malerei gelten, als Winkelmann oder Lessing. „Der sogenannte Historienmaler", sagt er, „hat in Hinsicht des Gegenstandes mit dem Bildhauer einerlei Interesse. Er soll den Menschen kennen lernen, um ihn dereinst in bedeutenden Augenblicken darzustellen."

*) Ueber Laokoon in den Propyläen.

[ocr errors]

Goethe's eigentlichstes ästhetisches Glaubensbekenntniss enthält der Dialog,,der Sammler und die Seinen". In diesem sind die Crystallisationsproducte seines ästhetischen Abklärungsprozesses abgelagert. Er lässt von verschiedenen Personen die differenten Gesichtspunkte des Schönheitsbegriffes auseinandersetzen, was den Eindruck von Verpersönlichung der Stimmen in der eigenen Brust macht, und das fixirte Ergebniss ist in der Hauptsache dies: die künstlerische Aufgabe habe es als ihr letztes und wesenhaftes Gesetz zu betrachten, das Individuelle zu erfassen, dieses aber durch die Rangstufen des Bedeutenden" und Geisterhebenden" hindurch zu führen, um es darauf als das erhöhte und idealisirte Individuum zu entlassen. Einen ganz ähnlichen Gedanken spricht Vischer*) aus: Im Schönen stellt eine einzelne Erscheinung zunächst ihre Gattung und durch diese das Ganze der absoluten Idee dar." Unter dem Ausdruck des ,,Bedeutenden" versteht Goethe wohl auch das Aufnehmen des Gattungsbegriffes, und das Geisterhebende" wird ziemlich identisch mit dem „Ganzen der absoluten Idee" sein. Um dies concret zu vergegenwärtigen: die sixtinische Madonna stellt, als Individuum, zuerst den Allgemeinbegriff und dann, in geisterhebender Schönheit, die absolute Idee der Mütterlichkeit dar.

[ocr errors]
[ocr errors]

Ganz im Einklange mit diesem Kunstgesetz steht auch die scheinbar ganz paradox klingende Ansicht, die Goethe noch am Schluss des ,,Sammlers" ausspricht: dass es für den Künstler „keine Erfahrung gebe, die nicht erschaffen wird." Das heisst so viel in der Brust des Künstlers entsteht das empirisch erfasste Object auf's Neue. Goethe spricht diesen Gedanken auch noch in der Einleitung zu den Propyläen aus, er sagt da: „indem der Künstler irgend einen Gegenstand der Natur ergreift, so gehört dieser nicht mehr der Natur an, ja man kann sagen, dass der Künstler ihn in diesem Augenblick erschaffe." Auch das Porträt könne nicht taugen, wenn es der Künstler nicht im eigentlichen Sinne erschafft, womit wohl gesagt ist, dass der

*) A. a. O. § 379.

Künstler hinter dem wandelbaren Ausdruck der momentanen Stimmung die ureigentliche und bleibende geistige Natur des Individuum's erfassen muss.

Das speculative Denken war darauf durch denjenigen Philosophen in einen neuen Wendekreis gebracht, der, als geistiger Atlas, das ganze Gebäude der jetzigen Cultur trägt. Selbstverständlich ist dies Niemand anderer als Kant.

[ocr errors]

Kant's Standpunkt ist der der kritischen Reflexion. Der Fundamental-Gedanke seiner Philosophie ist der Gegensatz von Natur und Geist. Der Geist kann nie in das Wesen der Natur, in,,das Ding an sich" eindringen, und nur unsere Vorstellung des Dinges ist Gegenstand des Erkennens. Er leugnet nicht die Realität der Aussenwelt, aber wohl die Möglichkeit sie zu erkennen. In der Kritik der reinen Vernunft, wo Kant vom Erkennen, also vom Wahren, handelt, wird das Ding an sich" ausserhalb des menschlichen Erkenntnissvermögens gelassen, und Gegenstand desselben sind die subjectiven Vorstellungen. In der Kritik der practischen Vernunft handelt Kant vom eigenen Inhalt und Wesen des Geistes, das ist vom Princip der Freiheit, somit vom Guten. Der Mensch ist frei, insofern er sich dafür hält. Das Ansich der objectiven Welt und das Ansich der subjectiven Welt sind incommensurable Gegensätze. Zwischen diesen beiden Welten eine Verbindung zu stiften, ist Aufgabe der Kritik der Urtheilskraft. Diese zerfällt in zwei Theile, in die Kritik der ästhetischen Urtheilskraft, die Kant's Aesthetik umfasst, und in die Kritik der teleologischen Urtheilskraft, welche naturphilosophischen Inhaltes ist. Das formale Princip der ästhetischen Urtheilskraft ist die blosse subjective Zweckmässigkeit der Natur, d. h. jene Form der Zweckmässigkeit, die ihren Grund in der Beziehung auf das Subject hat. Die ästhetische Urtheilskraft hat es somit mit der Wirkung des Objects auf das Subject zu thuen, aber dies in einer Weise, dass dabei weder von einem begrifflichen Erkennen die Rede ist, sonst gehörte es in die theoretische Vernunft, noch von einem begehrlichen Interesse, sonst gehörte es in die practische Vernunft. Daher definirt

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »