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rungen, und es war sehr natürlich, daß der naive Naturmensch auch diesen todten Körpern" ein selbstständiges Leben zuschrieb. Von den bewirkenden Ursachen konnte man sich ja bei den letteren ebenso wenig befriedigende Rechenschaft geben als bei den ersteren.

Menschliche Phyfiologie. Die ältesten wissenschaftlichen Betrachtungen über das Wesen der menschlichen Lebensthätigkeiten treffen wir (ebenso wie diejenigen über den Körperbau des Menschen) bei den griechischen Naturphilosophen und Aerzten im sechsten und fünften Jahrhundert vor Chr. Die reichste Sammlung von bezüglichen, damals bekannten Thatsachen finden wir in der Naturgeschichte des Aristoteles; ein großer Theil seiner Angaben rührt wahrscheinlich schon von Demokritos und Hippokrates her. Die Schule des Letteren stellte auch bereits Erklärungs-Versuche an; sie nahm als Grundursache des Lebens bei Menschen und Thieren einen flüchtigen „Lebensgeist" an (Pneuma); und Erasistratus (280 vor Chr.) unterschied bereits einen niederen und einen höheren Lebensgeist, das Pneuma zoticon im Herzen und das Pneuma psychicon im Gehirn.

Der Ruhm, alle diese zerstreuten Kenntnisse einheitlich zusammengefaßt und den ersten Versuch zu einem System der Physiologie gemacht zu haben, gebührt dem großen griechischen Arzte Galenus, demselben, den wir auch als den ersten großen Anatomen des Alterthums kennen gelernt haben (vergl. S. 28). Bei seinen Untersuchungen über die Organe des menschlichen Körpers stellte er sich beständig auch die Frage nach ihren Lebensthätigkeiten oder Funktionen, und auch hierbei verfuhr er vergleichend und untersuchte vor Allem die menschenähnlichsten Thiere, die Affen. Die Erfahrungen, die er hier gewonnen, übertrug er direkt auf den Menschen. Er erkannte auch bereits den hohen Werth des physiologischen Experimentes; bei

III.

Menschliche Physiologie im Alterthum.

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Vivisektionen von Affen, Hunden und Schweinen stellte er verschiedene interessante Versuche an. Die Vivisektionen sind neuerdings nicht nur von unwissenden und beschränkten Leuten, sondern auch von wissensfeindlichen Theologen und von gefühlsseligen Gemüthsmenschen vielfach auf das Heftigste angegriffen worden; sie gehören aber zu den unentbehrlichen Methoden der Lebens - Forschung und haben uns unschäßbare Aufschlüsse über die wichtigsten Fragen gegeben; diese Thatsache wurde schon vor 1700 Jahren von Galenus erkannt.

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Alle verschiedenen Funktionen des Körpers führt Galenus auf drei Hauptgruppen zurück, entsprechend den drei Formen des Pneuma, des Lebensgeistes oder „Spiritus". Das Pneuma psychicon die „Seele" hat ihren Siz im Gehirn und den Nerven, fie vermittelt das Denken, Empfinden und den Willen (die willkürliche Bewegung); das Pneuma zoticon das „Herz“ bewirkt die „sphygmischen Funktionen“, den Herzschlag, Puls und die Wärmebildung; das Pneuma physicon endlich, in der Leber befindlich, ist die Ursache der sogenannten vegetativen Lebensthätigkeiten, der Ernährung und des Stoffwechsels, des Wachsthums und der Fortpflanzung. Dabei legte er besonders Gewicht auf die Erneuerung des Blutes in den Lungen und sprach die Hoffnung aus, daß es einst gelingen werde, aus der atmosphärischen Luft den Bestandtheil auszuscheiden, welcher als Pneuma bei der Athmung in das Blut aufgenommen werde. Mehr als fünfzehn Jahrhunderte verflossen, ehe dieses Respirations - Pneuma der Sauerstoff Lavoisier entdeckt wurde.

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durch

Ebenso wie für die Anatomie des Menschen, so blieb auch für seine Physiologie das großartige System des Galenus während des langen Zeitraums von dreizehn Jahrhunderten der Codex aureus, die unantastbare Quelle aller Kenntnisse. Der kulturfeindliche Einfluß des Christenthums bereitete auch auf

Haedel, Welträthsel.

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diesem, wie auf allen anderen Gebieten der Naturerkenntniß die unüberwindlichsten Hindernisse. Vom dritten bis zum sechzehnten. Jahrhundert trat kein einziger Forscher auf, der gewagt hätte, selbstständig wieder die Lebensthätigkeiten des Menschen zu untersuchen und über den Bezirk des Systems von Galenus hinauszugehen. Erst im 16. Jahrhundert wurden dazu mehrere bescheidene Versuche von angesehenen Aerzten und Anatomen gemacht (Paracelsus, Servetus, Vesalius u. A.). Aber erst im Jahre 1628 veröffentlichte der englische Arzt Harvey seine große Entdeckung des Blutkreislaufs und wies nach, daß das Herz ein Pumpwerk ist, welches durch die regelmäßige, unbewußte Zusammenziehung seiner Muskeln die Blutwelle unablässig durch das kommunicirende Röhrensystem der Adern oder Blutgefäße treibt. Nicht minder wichtig waren Harvey's Untersuchungen über die Zeugung der Thiere, in Folge deren. er den berühmten Saß aufstellte: „Alles Lebendige entwickelt sich aus einem Ei" (omne vivum ex ovo).

Die mächtige Anregung zu physiologischen Beobachtungen und Versuchen, welche Harvey gegeben hatte, führte im 16. und 17. Jahrhundert zu einer großen Anzahl von Entdeckungen. Diese faßte der Gelehrte Albrecht Haller um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zum ersten Male zusammen; in seinem großen Werke „Elementa physiologiae“ begründete er den selbstständigen Werth dieser Wissenschaft und nicht nur in ihrer Beziehung zur praktischen Medicin. Indem aber Haller für die Nerven - Thätigkeit eine besondere Empfindungskraft oder Sensibilität", und ebenso für die Muskel-Bewegung eine besondere „Reizbarkeit oder Irritabilität" als Ursache annahm, lieferte er mächtige Stüßen für die irrthümliche Lehre von einer eigenthümlichen Lebenskraft“ (Vis vitalis).

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Lebenskraft (Vitalismus). Ueber ein volles Jahrhundert hindurch, von der Mitte des 18. bis zur Mitte des 19. Jahr

III.

Lebenskraft. Vitalismus.

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hunderts, blieb in der Medicin, und speciell in der Physiologie, die alte Anschauung herrschend, daß zwar ein Theil der LebensErscheinungen auf physikalische und chemische Vorgänge zurückzuführen sei, daß aber ein anderer Theil derselben durch eine besondere, davon unabhängige Lebenskraft (Vis vitalis) bewirkt werde. So verschiedenartig auch die besonderen Vorstellungen vom Wesen derselben und besonders von ihrem Zufammenhang mit der „Seele“ sich ausbildeten, so stimmten doch alle darin überein, daß die Lebenskraft von den physikalischchemischen Kräften der gewöhnlichen „Materie" unabhängig und wesentlich verschieden sei; als eine selbständige, der anorganischen Natur fehlende „Urkraft" (Archaeus) sollte sie die ersteren in ihren Dienst nehmen. Nicht allein die Seelenthätigkeit selbst, die Sensibilität der Nerven und die Irritabilität der Muskeln, sondern auch die Vorgänge der Sinnesthätigkeit, der Fortpflanzung und Entwickelung erschienen allgemein so wunderbar und in ihren Ursachen so räthselhaft, daß es unmöglich sei, sie auf einfache physikalische und chemische Naturprocesse zurückzuführen. Da die freie Thätigkeit der Lebenskraft zweckmäßig und bewußt wirkte, führte sie in der Philosophie zu einer vollkommenen Teleologie; besonders erschien diese unbestreitbar, seitdem selbst der „kritische“ Philosoph Kant in seiner berühmten Kritik der teleologischen Urtheilskraft zugestanden hatte, daß zwar die Befugniß der menschlichen Vernunft zur mechanischen Erklärung aller Erscheinungen unbeschränkt sei, daß aber die Fähigkeit dazu bei den Erscheinungen des organischen Lebens aufhöre; hier müsse man nothgedrungen zu einem zweckmäßig thätigen", also übernatürlichen Princip seine Zuflucht nehmen. Natürlich wurde der Gegensaß dieser vitalen Phänomene zu den mechanischen Lebensthätigkeiten um so auffälliger, je weiter man in der chemischen und physikalischen Erklärung der letteren gelangte. Der Blutkreislauf und ein Theil der anderen

Bewegungs-Erscheinungen ließen sich auf mechanische Vorgänge, die Athmung und Verdauung auf chemische Processe gleich denjenigen in der anorganischen Natur zurückführen; dagcgen bei den wunderbaren Leistungen der Nerven und Muskeln wie im eigentlichen „Seelenleben“ schien das unmöglich; und auch das einheitliche Zusammenwirken aller dieser verschiedenen Kräfte im Leben des Individuums erschien damit unerklärbar. So entwickelte sich ein vollständiger physiologischer Dualismus ein principieller Gegensaß zwischen anorganischer und organischer Natur, zwischen mechanischen und vitalen Processen, zwischen materieller Kraft und Lebenskraft, zwischen Leib und Seele. Jm Beginne des 19. Jahrhunderts wurde dieser Vitalismus besonders eingehend durch Louis Dumas in Frankreich begründet, durch Neil in Deutschland. Eine schöne poetische Darstellung desselben hatte schon 1795 Alexander Humboldt in seiner Erzählung vom Rhodischen Genius gegeben (— wiederholt mit kritischen Anmerkungen in den „Ansichten der Natur“ —).

Der Mechanismus des Lebens (monistische Phyfiologie). Schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte der berühmte Philosoph Descartes, fußend auf Harvey's Entdeckung des Blutkreislaufs, den Gedanken ausgesprochen, daß der Körper des Menschen ebenso wie der Thiere eine komplizirte Maschine sei, und daß ihre Bewegungen nach denselben mechanischen Gesezen erfolgen wie bei den künstlichen, vom Menschen für einen bestimmten Zweck gebauten Maschinen. Allerdings nahm Descartes troßdem für den Menschen allein eine vollkommene Selbstständigkeit der immateriellen Seele an und erklärte sogar deren subjektive Empfindung, das Denken, für das Einzige in der Welt, von dem wir unmittelbar ganz sichere Kenntniß befigen (Cogito, ergo sum!"). Allein dieser Dualismus hinderte ihn nicht, im Einzelnen die Erkenntniß der mechanischen Lebensthätigkeiten vielseitig zu fördern. Im Anschluß daran führte

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