Brief an Charlotte von Stein, Weimar, August 1777. Und ich gehe meinen alten Gang Meine liebe Wiese lang, Tauche mich in die Sonne früh, Leb in Liebes-Klarheit und Kraft. Goethe trennte sich von der Jagdgesellschaft des Herzogs Harzreise im Winter. December 1777. Dem Geier gleich, Der auf schweren Morgenwolken Mit sanftem Fittich ruhend Nach Beute schaut, Schwebe mein Lied! Denn ein Gott hat Jedem seine Bahn Die der Glückliche Rasch zum freudigen Ziele rennt Wem aber Unglück Das Herz zusammenzog, Er sträubt vergebens Sich gegen die Schranken Des ehernen Fadens, Den die doch bittre Schere Nur einmal löst. und ritt im Sturmwetter auf den Harz zu dem In Dickichts-Schauer Drängt sich das rauhe Wild, Und mit den Sperlingen Haben längst die Reichen In ihre Sümpfe sich gesenkt. Leicht ists, folgen dem Wagen, Den Fortuna führt, Wie der gemächliche Tross Auf gebesserten Wegen Hinter des Fürsten Einzug. Aber abseits, wer ists? Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, Die Sträuche zusammen Das Gras steht wieder auf, Die Oede verschlingt ihn. Ach, wer heilet die Schmerzen Dess, dem Balsam zu Gift ward, Der sich Menschenhass Aus der Fülle der Liebe trank? Erst verachtet, nun ein Verächter, Zehrt er heimlich auf Seinen eignen Werth In ungenügender Selbstsucht. Ist auf deinem Psalter Vater der Liebe, ein Ton Seinem Ohre vernehmlich, Wertherischen Menschenfeinde Plessing in Wernigerode, So erquicke sein Herz! Oeffne den umwölkten Blick Ueber die tausend Quellen Der du der Freuden viel schaffst, Segne die Brüder der Jagd, Späte Rächer des Unbilds, Aber den Einsamen hüll In deine Goldwolken! Umgieb mit Wintergrün, Bis die Rose wieder heranreift, Die feuchten Haare, O Liebe, deines Dichters! Mit der dämmernden Fackel Leuchtest du ihm Durch die Furten bei Nacht, Ueber grundlose Wege, Auf öden Gefilden Mit dem tausendfarbigen Morgen Lachst du ins Herz ihm Winterströme stürzen vom Felsen Und Altar des lieblichsten Danks Wird ihm des gefürchteten Gipfels Den mit Geisterreihen Kränzten ahnende Völker. Du stehst mit unerforschtem Busen Geheimnissvoll offenbar Ueber der erstaunten Welt Und schaust aus Wolken Auf ihre Reiche und Herrlichkeit, Die du aus den Adern deiner Brüder |