Brief an Charlotte von Stein vom 19. Februar 1778. An den Mond. Füllest wieder Busch und Thal Still mit Nebelglanz, Lösest endlich auch einmal Meine Seele ganz. Breitest über mein Gefild Lindernd deinen Blick, Wie des Freundes Auge mild Ueber mein Geschick. Jeden Nachklang fühlt mein Herz Froh- und trüber Zeit, Wandle zwischen Freud und Schmerz In der Einsamkeit. Fliesse, fliesse, lieber Fluss! Nimmer werd ich froh: So verrauschte Scherz und Kuss Und die Treue so. Ich besass es doch einmal, Was so köstlich ist! Dass man doch zu seiner Qual Brief an Charlotte von Stein vom 19. Februar 1778. Rausche, Fluss, das Thal entlang, Ohne Rast und Ruh, Rausche, flüstre meinem Sang Melodien zu, Wenn du in der Winternacht Wüthend überschwillst, Oder um die Frühlingspracht Junger Knospen quillst. Selig, wer sich vor der Welt Ohne Hass verschliesst, Einen Freund am Busen hält Und mit dem geniesst, Was, von Menschen nicht gewusst Oder nicht bedacht, Durch das Labyrinth der Brust Wandelt in der Nacht. Brief an Auguste zu Stolberg vom 27. März 1778. Ich Grabschrift. war ein Knabe warm und gut, Weimar, Winter 1778—1779. Der Fischer. Das Wasser rauscht, das Wasser schwoll, Ein Fischer sass daran, Sah nach dem Angel ruhevoll, Kühl bis ans Herz hinan. Und wie er sitzt und wie er lauscht, Theilt sich die Fluth empor: Aus dem bewegten Wasser rauscht Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm: >> Was lockst du meine Brut Mit Menschenwitz und Menschenlist Ach, wüsstest du, wies Fischlein ist So wohlig auf dem Grund, Labt sich die liebe Sonne nicht, Der Mond sich nicht im Meer? Kehrt wellenathmend ihr Gesicht Nicht doppelt schöner her? In Herders Volksliedern: »Das Lied vom Fischer, deutsch«. Lockt dich der tiefe Himmel nicht, Das feuchtverklärte Blau? Lockt dich dein eigen Angesicht Nicht her in ewgen Thau?<< Das Wasser rauscht, das Wasser schwoll, Netzt ihm den nackten Fuss. Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll Wie bei der Liebsten Gruss. Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm Halb zog sie ihn, halb sank er hin, |