An Friederike Oeser. Jetzt, dächt ich nun, wärs hohe Zeit zum Schliessen; Denn wenn man so zwei Bogen Reime schreibt, Da wollen sie zuletzt nicht fliessen. Doch warte nur, wenn mich die Laune treibt, Und deine Gunst mir sonst versichert bleibt, So schreib ich dir noch manchen Brief wie diesen. Willst du mir die Geschwister grüssen, So schliesse Richtern auch mit ein! Leb wohl! Und wird das Glück dein Freund beständig sein Wie ich, so wirst du stets des schönsten Glücks geniessen. Goethe. Frankfurt, Frühjahr 1769. Ein zärtlich jugendlicher Kummer Ein kalter Wind die starren Aeste. Schauernd Und die Natur ist still und trauernd Doch hoffnungsvoller als mein Herz. Frankfurt, Frühjahr 1769. Die Veilchen aus dem jungen Gras, und bückend sieht Sie heimlich nach dem Busen, sieht mit Seelenfreude Entfalteter und reizender ihn heute, Als er vorm Jahr am Maienfest geblüht Gott segne mir den Mann In seinem Garten dort! Wie zeitig fängt er an Ein lockres Bett dem Samen zu bereiten! Kaum riss der März das Schneegewand Dem Winter von den hagern Seiten, Der stürmend floh und hinter sich aufs Land Den Nebelschleier warf, der Fluss und Au Und Berg in kaltes Grau Versteckt: da geht er ohne Säumen, Die Seele voll von Ernteträumen Aus Friederike Brion's Liederheft. 1770. Als ich in Saarbrück Den 27. Juni 1770. Wo bist du itzt, mein unvergesslich Mädchen? Wo singst du itzt? Wo lacht die Flur, wo triumphirt das Städtchen, Das dich besitzt? Seit du entfernt, will keine Sonne scheinen, Der Himmel sich, dir zärtlich nachzuweinen, All unsre Lust ist fort mit dir gezogen: Ist Stadt und Feld: dir nach ist sie geflogen, O, komm zurück! Schon rufen Hirt und Heerden Dich bang herbei. Komm bald zurück, sonst wird es Winter werden Im Monat Mai! |