Der ewige Jude. Fragmentarisch. III. Des ewigen Juden dritter Fetzen. >> Ich war im Stern, der dorten blickt, Vom Kind in ihrem Leibe.<< Der Vater war ganz aufgebracht Und sprach: »Das hast du dumm gemacht; Sieh einmal auf die Erde! Es ist wohl schön und alles gut, Du hast ein menschenfreundlich Blut Frankfurt, Sommer 1774. »Du fühlst nicht, wie es mir durch Mark und Seele geht, Wenn ein geängstet Herz bei mir um Rettung fleht, Wenn ich den Sünder seh mit glühenden Thränen . . .« Als er sich nun hernieder schwung Und Meer und Länder weit und nah, Die er so lange nicht gefühlt: Wie man da drunten ihm mitgespielt. Er auf dem Berge stille hält, Auf den in seiner ersten Zeit Freund Satanas ihn aufgestellt Und ihm gezeigt die volle Welt Mit aller ihrer Herrlichkeit. Wie man zu einem Mädchen fliegt, Das lang an unserm Blute sog Da er den letzten Todesblick Der ewige Jude. Fragmentarisch. Vom Schmerzen-Hügel herab gethan. » Sei, Erde, tausendmal gegrüsst! Von meinem trüben Auge nieder: O, mein Geschlecht, wie sehn ich mich nach dir! Und du, mit Herz- und Liebesarmen Flehst du aus tiefem Drang zu mir? Ich komm, ich will mich dein erbarmen! O Welt, voll wunderbarer Wirrung, Voll Geist der Ordnung, träger Irrung, Du Kettenring von Wonn und Wehe, Du Mutter, die mich selbst zum Grab gebar, Die ich, obgleich ich bei der Schöpfung war, Im Ganzen doch nicht sonderlich verstehe Die Dumpfheit deines Sinns, in der du schwebtest, Daraus du dich nach meinem Tage drangst, Die schlangenknotige Begier, in der du bebtest, Von ihr dich zu befreien strebtest, Und dann, befreit, dich wieder neu umschlangst: Das rief mich her aus meinem Sternensaal, Das lässt mich nicht an Gottes Busen ruhn: : Frankfurt, Sommer 1774. Ich komme nun zu dir zum zweiten Mal Ich säte dann und ernten will ich nun!< Er sieht begierig rings sich um. In jener Sauce da zu liegen, Wie sie an jener Stunde lag, Da sie bei hellem lichten Tag Der Geist der Finsterniss, der Herr der alten Welt, Im Sonnenschein ihm glänzend dargestellt Dass er hier Herr im Hause sei. >Wo,« rief der Heiland, »ist das Licht, Das hell von meinem Wort entbronnen! Weh, und ich seh den Faden nicht, Den ich so rein vom Himmel 'rab gesponnen. Wo haben sich die Zeugen hingewandt, Die treu aus meinem Blut entsprungen? Und ach, wohin der Geist, den ich gesandt? Sein Wehn, ich fühls, ist all verklungen! Schleicht nicht mit ewgem Hunger-Sinn, Mit halbgekrümmten Klauen-Händen, Verfluchten, eingedorrten Lenden Der Geiz nach tückischem Gewinn, Missbraucht die sorgenlose Freude Des Nachbars auf der reichen Flur Der ewige Jude. Fragmentarisch. Und hemmt in dürrem Eingeweide Das liebe Leben der Natur? Verschliesst der Fürst mit seinen Sklaven In meinem Namen weiht dem Bauche Mich schmäht auf diesem faulen Schlauche Das goldne Zeichen meiner Noth!« |