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zu Stande gekommenen. Einige Kranke hat Jesus wahrscheinlich durch seine liebreiche Gegenwart, durch sein begeisterndes Wort, vielleicht auch durch vernünftigen Rath erquickt, beruhigt, gebessert, möglicher Weise geheilt. Aber massenhafte Heilungen, wie sie hier und an einigen andern Stellen unsrer Evangelien geschildert werden, hatte er weder die Macht, noch auch die Gelegenheit zu bewirken. Palästina war ja kein Spital!

Wir haben hier ein, nicht nach der Wirklichkeit gezeichnetes, sondern ein ideales Gesammtbild der Thätigkeit Jesu, wie der Evangelist, — Geschehenes, Erdichtetes und Gehofftes kühn zusammenfassend, fie, allen Leidenden zum Trost und dem Herrn zur Ehre, darstellen wollte.

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Auch in dieser, die vorige Darstellung abschließenden Notiz dürfen wir kein genau realistisch gezeichnetes Bild suchen. Jesus entfernt sich möglichst weit von seinen Zuhörern, besteigt, nicht »einen,« sondern »den« aus der Ueberlieferung bekannten Berg, vielleicht den »Berg der Seligpreisungen« bei Saphet; nur seine Jünger, d. h. die in unsrem Evangelium erst später förmlich gewählten Apostel, folgen ihm bis auf die Höhe des Berges. Da seßt er sich und hält sißend seine Rede an die in der Ebene versammelte Volksmenge. Ein unzweckmäßigers, allen Gefeßen der Akustik in stärkerem Maaße Troß bietendes Verfahren könnte man sich kaum denken. Man darf sich's eben nicht als ein wirkliches denken, sondern muß, um unsrem Evangelisten gerecht zu werden, alle diese unnatürlichen Züge als allegorisch gemeinte Andeutungen verstehen. Jesus soll hier dargestellt werden als ein zweiter Mose, der das Gesez des neuen Bundes auf einem an den Sinai erinnernden Berg verkündigt. Wie Mose, so begleiten auch den Messias nur einige Vertreter, nur die künftigen Führer des neuen Israels, auf den Berg. Hier, wie dort, bleibt das Volk noch unten in der Ebene stehen.

In der parallelen Stelle seines Evangeliums hat Lucas die

vom realistischen Gesichtspunkt aus sich hier ergebenden Schwierigkeiten beseitigen und die Jesu am nächsten stehenden Zuhörer klarer bezeichnen wollen. Deßhalb berichtet er ausführlich, wie Jesus, ehe er diese Rede hielt, auf dem Berge seine Apostel wählte, dann vom Berge herabstieg, um das in der Ebene stehende Volk stehend anzureden. (Vergl. Luc. 6, 12ff.) Möglich ist übrigens, daß der nicht streng paulinische, aber doch paulinisirende Lucas in diesen Notizen nebenbei oder ausschließlich, eine andere Absicht verfolgt habe, daß er die von Matthäus so hoch gestellte Gesezesrede ihrer Herrlichkeit gewissermaaßen entkleiden, sie als eine That der Herablassung Jesu darstellen wollte.

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Wie dem auch sei, so bleibt für den unbefangenen Leser Thatsache, daß Matthäus und Lucas dieselbe Rede nur in zwei verschiedenen Recensionen berichtet haben. Welche von diesen beiden Recensionen die genaueste sei, läßt sich nicht rundweg beantworten. Vollständig, in allen Punkten genau berichtet und genau überseßt, ist weder die eine, noch die andere. In manchen Einzelheiten trägt die Recension des Lucas viel deutlicher, als die des Matthäus das Gepräge der Aechtheit; sie ist an einigen Punkten unvergleichlich volksthümlicher, lebendiger. Andrerseits finden wir bei Matthäus viel deutlicher als bei Lucas die Umrisse, den Plan und größere im Ganzen wohl erhaltene Bruchstücke einer zusammenhängenden einheitlichen Rede. Aber zwischen die ursprünglichen Fragmente der eigentlichen Bergpredigt hat Matthäus eine verhältnißmäßig große Anzahl von andern, ursprünglich in einem andern Zusammenhang stehenden Sprüchen und Redestücken eingeschaltet. Den Werth eines genauen Zusammenhangs, einer streng durchgeführten Einheitlichkeit wußte er, wie es scheint, in einer Predigt nicht mehr zu schäßen als die meisten Zuhörer und Redner, so daß überall, wo er beim Schreiben der Bergpredigt einer, scheinbar oder wirklich passenden, Parallelstelle sich erinnerte, er sie ruhig in seinen Text einfügte. So ist aus der Bergpredigt eine Art von Spruchsammlung, eine Perlenschnur heiliger Worte geworden. Doch kann man

aus dieser Spruchsammlung die ursprüngliche Rede mit ziemlicher Sicherheit wieder herausfinden und wieder herstellen.

Wir wollen versuchen, es zu thun und zugleich wollen wir an allen einzelnen Stellen, die Lucas wahrscheinlich genauer uns erhalten hat, seine Lesart, anstatt der von Matthäus gegebenen in unfren Tert aufnehmen.

Dieser Versuch, gleichsam eine dritte, neue Recension der Bergpredigt zu geben, wird manchen frommen Seelen als eine Frevelthat, und vielleicht auch manchem »unbefangenen« Kritiker als ein unberechtigtes Wagniß erscheinen. Deßhalb sei es hier erlaubt, den Leser an einige ein solches Verfahren rechtfertigende oder entschuldigende Thatsachen zu erinnern:

1) Wir haben nun einmal, in Matthäus und in Lucas, zwei Recensionen derselben Rede. Eine von beiden müssen wir, überall wo zwischen beiden eine Verschiedenheit stattfindet, der andern vorziehen.

2) Viele Sprüche, die Matthäus in seiner Recension der Bergpredigt uns gibt, werden von Lucas in einen andern Zusammenhang gestellt. Wir dürfen also, um sie aus der Bergpredigt zu entfernen, um unsre Freiheit dem Matthäus gegenüber zu rechtfertigen, uns auf Lucas berufen.

3) Calvin und andere in kirchlichen Kreisen hoch verehrte Theologen haben behauptet, daß Lucas keine andere Rede als Matthäus berichten wolle, und daß beide Evangelisten in ihren Recensionen der Bergpredigt eine Sammlung von ursprünglich nicht zusammengehörenden Sprüchen gegeben haben; eine Ansicht, die der unsrigen gleicht, wie ein Ei dem andern.

4) Die Recensionen des Matthäus und die des Lucas bleiben unverändert stehen, jene bei Matthäus, Cap. V, VI und VII, diese bei Lucas, Cap. VI. Da kann sie Jedermann lesen, der von der Gottlosigkeit oder von der Unvernünftigkeit unsres Versuchs von vornherein überzeugt ist.

Uebrigens kann und will dieser Versuch nichts anderes sein, als ein Versuch, mit Hülfe der uns gegebenen Berichte ein möglichst

genaues und deutliches Echo einer der wichtigsten Reden Jesu zu vernehmen.

Gelingt es uns, mit Weglassung der vielen hier stehenden, und nach unsrer Meinung nicht hierher gehörenden Sprüche und Redestücke, eine klarere, besser zusammenhangende und keine logische Lücke in sich schließende Rede herzustellen, so wird unser Versuch jedem Unbefangenen schon deßhalb großentheils gerechtfertigt erscheinen.

Die Bergpredigt in ihrer wahrscheinlich ursprünglichen Form. I. (V, 3-9.)

Selig sind die Armen, denn das Himmelreich ist ihr! Selig sind, die da hungert und dürftet, denn sie sollen satt werden!

Selig sind, die jezt trauern, denn sie werden lachen! Selig sind die Unterdrückten, denn sie werden das Erdreich besiben!

Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Söhne heißen!

Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!

Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!

II. (V, 17-22. 27-28. 33-41. 43-48.)

Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, das Gefeß und die Propheten aufzulösen. Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, ich sag' es Euch: Bis daß Himmel und Erde zergehe, wird nicht zergehen ein Jota noch ein Tüttelchen vom Gesez, bis daß es alles geschehe. Wer nun eins von diesen kleinsten Geboten auflöset und lehret die Leute also, der wird der

Kleinste heißen im Himmelreich. Denn ich sage Euch: Es sei denn Eure Gerechtigkeit besser als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet Ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht tödten. Wer aber tödtet, der soll des Gerichtes schuldig sein.<< Ich aber sage Euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichtes schuldig. Wer aber zu seinem Bruder sagt: »Dummkopf!« der ist des hohen Raths schuldig. Wer aber sagt: »Du Gottloser!« der ist des höllischen Feuers schuldig.

Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: »Du sollst nicht ehebrechen.« Ich aber sage Euch: Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.

Ihr habt weiter gehört, daß zu den Alten gesagt ist: »Du sollst keinen falschen Eid thun, und sollst Gott Deinen Eid halten.<< Ich aber sage Euch, daß Ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn »er ist Gottes Thron;« noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füße Schemel;« noch bei Jerusalem, denn »sie ist eines großen Königs Stadt.« Auch sollst Du nicht bei Deinem Haupte schwören; denn Du vermagst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen. Eure Rede aber sei: »Ja, ja! Nein, nein!« Was drüber ist, das ist vom Bösen.

Ihr habt gehört, daß da gesagt ist: »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« Ich aber sage Euch, daß Ihr nicht widerstreben sollt dem Bösewicht; sondern so Dir jemand einen Streich gibt auf Deinen rechten Backen, dem biete den andern auch dar; und so jemand mit Dir rechten will, und Deinen Rock nehmen, dem laß auch den Mantel; und so Dich jemand nöthigt eine Meile, so gehe mit ihm zwei.

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: »Deinen Nächsten sollst Du lieben- und Deinen Feind hassen.« Ich aber sage Euch: Liebet Eure Feinde; segnet, die Euch fluchen; thut wohl denen, die Euch haffen; bittet für die, so Euch beleidigen und verfolgen; auf daß Ihr Söhne seid Eures Vaters im Himmel. Denn er läßt seine

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