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gelehrt; das hatte vor kurzem noch Johannes der Täufer in feurigen Worten gepredigt. Auch waren in den alttestamentlichen, damals als wirkliche Geschichten angesehenen Sagen und Dichtun gen gar manche Anhaltspunkte gegeben zur Hoffnung, daß Gott ohne Waffengewalt sein Volk befreien und verherrlichen könne. Der Gott, der Israel ohne Schwertstreich aus dem ägyptischen Diensthause geführt, der ohne Kriegsmaschine Jericho's Mauern umgeworfen, der durch die unsichtbare Hand des Todesengels Sanherib's Heer aufgerieben und vertrieben hatte, der alte Gott Israels, lebte noch und sein Arm war nicht verkürzt. Damit tröstete sich in Israel jeder wahrhaft Gläubige. Jesus mehr als irgend ein Anderer. Deßhalb konnte er auch das alte Evangelium der Propheten, indem er es mit neuer Kraft, Klarheit und Reinheit verkündigte, »erfüllen«< und vollenden. Nachdem er aber dies in den Seligpreisungen gethan hat, geht er über zu einer Erklärung deffen, was er unter Erfüllung des Gesezes versteht.

Der zweite Theil.

In fünf Beispielen, vielleicht auch noch in andern, die uns nicht, oder doch nicht an dieser Stelle aufbewahrt worden, entwickelt er seinen Gedanken. Er verbietet nicht blos, wie das überlieferte Geset, Mord und Todschlag, sondern jedes Schimpfwort, jeden unheiligen, ungerechten Zorn; nicht blos den Ehebruch, sondern jeden auf ein Eheweib gerichteten unkeuschen Blick; nicht blos die Entweihung des göttlichen Namens, sondern auch jedes mißbräuchliche, gleichviel ob in conventionellen Redensarten verhüllte oder unverhüllte Schwören; nicht blos die unbeschränkte, maßlose, sondern alle und jede Rache; er gebietet nicht blos eine auf das eigne Volk, oder gar auf die Verwandten und Freunde gerichtete Nächstenliebe, sondern eine so weit als die Menschheit selbst reichende, auch den Feind umfassende Menschenliebe. Nicht die Tugend der Heiden, wie der gemeine Jude und wohl auch Jesus sie sich vorstellte, nicht die Gutmüthigkeit der Zöllner, nicht einmal die GeSchwalb,, Evangelien.

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rechtigkeit der pharisäischen Schriftgelehrten, sondern Gott allein, das Lebendige Ideal des Guten, der vollkommene Vater, soll für den wahren Israeliten, für den Bürger des künftigen Himmelreichs, der Gesinnung und des Wandels Vorbild sein.

So viel über die Hauptzüge dieses zweiten Theils der Bergpredigt. Nun noch Einiges zur Erläuterung des Einzelnen.

Er

Zu Vers 21-22. Jesus citirt hier und fast überall das Gesez in sehr freier Weise, nicht so wie es geschrieben steht, das wäre für seine meistens nicht schriftkundigen Zuhörer ziemlich nußlos gewesen, sondern so wie es im Munde des Volkes, durch Religionsunterricht und Ueberlieferung sprüchwörtlich sich fortpflanzte. sagt nicht: »Ihr habt gelesen, « denn die Leute lasen nicht; sondern: >Ihr habt gehört.« Und »die Alten«, von denen er spricht, sind nicht blos die Zeitgenossen Mose's, sondern die Alten überhaupt, die Vorfahren des damaligen Geschlechts.

»Die Mten«< hatten sämmtliche den Mord und den Todschlag betreffenden Mosaischen Geseze in den Vers 21 angeführten Spruch zusammengefaßt. Wenn ein Mensch durch einen andern Menschen getödtet worden, sollte eine erste gerichtliche Untersuchung gehalten werden, um festzustellen, ob der Thäter eines Mordes, eines Todschlags, oder einer Tödtung aus Fahrlässigkeit schuldig war, ob das Strafurtheil über ihn vom hohen Rath oder von einem geringeren Gericht gesprochen werden müßte. Dieser Regel entsprechend nimmt Jesus auch verschiedene Grade an in der Uebertretung des Gebotes: »Du sollst nicht tödten«, nur daß er die Regel vollendet, strenger auffaßt: Wer zürnt, soll gerichtlich untersucht werden, wohl vor dem unsichtbaren Gericht in seinem Gewissen, ob sein Zorn ein berechtigter war oder nicht. War sein Zorn nicht berechtigt, so verfällt er einer angemessenen Strafe, als wäre er einer Tödtung aus Fahrlässigkeit schuldig. Wer seinen Bruder mit einem Schimpfwort beleidigt, zu ihm sagt: »>Racha! d. h. Dummkopf!« der ist schon des hohen Raths schuldig als wäre er ein Todschläger. Wer zu seinem Bruder sagt: »Du Narr!

d. h. Du Gottloser! Du Keßer!« der ist, als hätte er einen besonders abscheulichen Mord vollbracht, »des höllischen Feuers schuldig.« Daß die hier angegebenen Strafen nicht buchstäblich zu nehmen seien, ist beinahe selbstverständlich. Jesus spricht nicht als Jurist oder Gesetzgeber, sondern als Prophet, und will sagen, daß vor Gottes Augen unheiliger Zorn, Schimpfreden und Lästerungen, als Ausbrüche des Hasses, eine dem menschlichen Auge verborgene, aber doch thatsächliche Uebertretung sind des Gebotes: »Du sollst nicht tödten. <«<

Zu Vers 28 finden sich im Alten Testament und bei manchen Rabbinen schöne Parallelen. Vergl. Hiob 31, 1. Sirach 41, 25-26. 42, 12. »Die böse Begierde herrscht vorzüglich in den Augen,« heißt es in der Gemara. »Man soll nicht aus einem Becher trinken und den Blick auf einen andern werfen,« sagt ein anderer rabbinischer Spruch. Auch hat Buddha manches gleichbedeutende Wort gesprochen.

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Zu Vers 33–37. Das Alte Testament verbietet den Meineid und jedes unwahre Gelübde als eine Entweihung des göttlichen Namens. Als eine solche Entweihung betrachtet Jesus nicht den feierlichen, förmlichen Eid, von dem er hier nicht spricht sondern das bei den Juden damals gewöhnliche, in ihren alltäglichen Gesprächen fortwährend vorkommende Schwören. Zwar scheuten sie sich das Wort Gott dabei auszusprechen, und den eigentlichen Namen Gottes, Jahweh sprachen sie selbst beim Lesen des Alten Testaments nicht aus, sondern erseßten ihn überall, wo er im heiligen Terte vorkommt, durch das Wort Adonai, Herr. Beim gewöhnlichen, gesprächsmäßigen Schwören hatten sie, als Ersaß für jede ausdrückliche Bezeichnung Gottes die hier angegebenen und noch andere gleichartige Redensarten ersonnen. Jesus verwirft sie sämmtlich, weil sie für ihn entweder nichts, oder Gott bedeuten. Doch erlaubt auch er, gleichsam zur Befriedigung des angewöhnten Juckens, statt der einfachen Bejahung und Verneinung eine etwas, nicht sehr stark, gewürzte Redensart: »Ja, ja!« und »Nein, nein!« Was er

aber zu den andern, »vom Bösen,« vom Teufel herrührenden Redensarten bemerkt, bedarf für uns einer Erklärung. Das in den Versen 34 und 35 gegebene Bild ist dem Buche Jesaia (66, 1) entnommen und gibt jedem, der dabei verweilt und die Pracht des Sternenhimmels gefühlt hat, einen lebendigen Eindruck von der dichterischen Kraft des Propheten, der es geschaffen hat, gewissermaßen auch von der Unendlichkeit Gottes.

»Die Stadt des großen Königs« ist Jerusalem insofern sie nach der im Psalm 48 geschilderten Rettung Israels die Residenzstadt des Messias, des Gottgesalbten Königs, sein wird.

Vers 36 sagt Jesus, in rabbinischer Form, daß der Mensch sich nicht um eine Stunde älter oder jünger machen kann, als er eben ist. Den Schritt der Zeit können wir weder beschleunigen, noch hemmen oder rückgängig machen.

Vers 38-41. Die Worte: »Auge um Auge« 2c. verseßen uns, wenn wir sie in ihrer ursprünglichen Bedeutung auffassen in eine Zeit großer Rohheit, von welcher das mosaische Geseß sehr anschauliche Bilder aufbewahrt hat. (Vergl. II. Mos. 21, 18ff.) In jener Zeit, war das in diesen Worten formulirte Vergeltungsrecht, troß seiner für uns anstößigen Form, der Ausdruck einer hohen Humanität. Es war im Grunde eine Beschränkung und Erschwerung der Rache. In diesem Sinne war es zur Zeit Jesu, als es schon seit Jahrhunderten nicht mehr buchstäblich angewandt wurde, zum Sprüchwort geworden. Es bedeutete: »Rächen darfst Du Dich; doch sei Deine Rache nicht größer, als Dein Schade!<< Dieser in der Form einer bildlichen Redensart, eines Sprüchworts gegebenen Beschränkung der Rache und der Rachsucht sett Jesus, auch in bildlicher, nicht buchstäblich aufzufassender Rede, das Verbot jeder Rache entgegen und gebietet Zorn mit Gelassenheit, Streitfucht mit Nachgiebigkeit, lästige Forderungen mit Gefälligkeit zu erwidern. Einen ähnlichen Rath, zum Theil mit denselben Worten, hatte Jeremia in seinen Klageliedern gegeben: Vergl. 3, 26-36. Nur daß der Prophet dem Mißhandelten die Hülfe

des Herrn, die dem Tyrannen bestimmte Strafe Gottes hoffen ließ. Jesus hebt diese Hoffnung hier nicht hervor; doch lag sie seinen Verehrern, die in ihm den Messias sahen, und gewiß auch ihm selbst, nicht immer fern.

Vers 43-48. Das im Alten Testament gegebene Gebot der Nächstenliebe veranlaßte die Frage: »Wer ist mein Nächster?« und diese Frage wurde manchmal theoretisch und noch öfter praktisch mit geringer Liebe beantwortet. Den Römer, den Heiden, den Samariter konnte auch ein frommer Israelit mit gutem Gewissen von der Zahl der Nächsten ausschließen und seinen Nationalhaß mit manchem alttestamentlichen Wort rechtfertigen; aber auch den im Privatleben als Feind erkannten Juden konnte er sich mit leichter Mühe aus dem Geseß der Nächstenliebe wegerklären. Allen solchen, von christlichen Theologen, namentlich von jesuitischen MoraListen wieder aufgenommenen und so kunstvoll vollendeten Erklärungen, sest Jesus hier das Gebot allgemeiner Menschenliebe entgegen. Doch erscheint er selbst, wenigstens in der Form seines Ausspruchs, noch befangen in den nationalen Vorurtheilen und Antipathien seiner Umgebung. Von den Heiden und von den Zöllnern spricht er, hier und auch sonst manchmal, in einem etwas pharisäischen Ton und zur höchsten Liebe will er seine Zuhörer durch das Bewußtsein ihres israelitischen Adels und durch die Aussicht auf höheren Lohn bewegen.

Der dritte Theil.

Zuerst empfiehlt Jesus seinen Zuhörern in einem diesen dritten Theil seiner Rede im Voraus zusammenfassenden Saße »ihre Frömmigkeit,« (nicht, wie Luther irrthümlich überseßt: »ihre Almosen«) nicht öffentlich zu üben. Als drei Hauptübungen der Frömmigkeit galten aber das Almosengeben, das Beten und das Fasten. Alle drei sollen nicht blos beibehalten, sondern besser gehalten werden. Auch hier gilt das Wort: »Nicht auflösen, sondern erfüllen.«

Bei diesen drei Uebungen fordert Jesus vor allem Verborgen

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