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verbürgter Genauigkeit überliefert. Es ist Thatsache, daß Jesus nicht griechisch, sondern hebräisch sprach; Thatsache, daß er selbst, so viel wir wissen können, seine Reden nicht geschrieben hat; Thatsache, daß keiner seiner Zuhörer, als sie gesprochen wurden, sie sofort stenographisch aufnahm. Sie wurden also, vor ihrer schriftlichen Aufzeichnung, wir wissen nicht wie lange, nur gedächtnißmäßig aufbewahrt; dann durch einen, oder mehrere Jünger niedergeschrieben, zuerst in der Originalsprache, hebräisch; später, wir wissen nicht von wem noch wie, mehr oder weniger genau in's Griechische überseßt, endlich in unsre Evangelien eingefügt. Da stehen sie in einem gar oft unpassenden, ihren Sinn verdunkelnden Zusammenhang. Daß sie aber auf diesem langen, schwierigen, gefahrvollen Wege noch so viel von ihrer ursprünglichen Schönheit und Kraft bewahrt haben, das beweist sonnenklar, daß »er gewaltig lehrte, und nicht wie die Schriftgelehrten.« Manche seiner Worte sind sichtlich entstellt worden, sei es durch Unverstand, sei es durch den kirchlichen Parteigeist, doch nicht so entstellt, daß ihre ursprüngliche Gestalt gar nicht mehr zu finden, zu errathen wäre. Und an ihren Entstellungen selbst, sieht man deutlich, daß die Ueberlieferer sie vorgefunden, nicht selbst erdacht haben. Seine Worte stehen gar oft in einem unlogischen, störenden Zusammenhang; aber im Geiste der Nachdenkenden treten sie, durch ihre innere eigne Kraft aus diesem Zusammenhang heraus, fügen sich, gleichsam von selbst, zu einem einheitlichen, lebendigen Organismus, zu einem Gedankensystem zusammen, so daß man sie, in ihrer gegebenen Unordnung, deutlich erkennt, nicht als Trümmer einer von irgend einem Künstler dritten Rangs gemeißelten, oder gar durch das Zusammenwirken zahlloser Stümper, Gott weiß wie, entstandenen Statue, sondern als »>die zerstreuten Glieder eines zerrissenen Dichters.«

Ja, ein Dichter war er, und in seiner Art, ein sehr großer,

nicht blos weil er eine Anzahl schöner Parabeln und geflügelter Metaphern erdacht, sondern weil er zuerst in seinem Geiste und für sich, dann in seinem Wort für die Seinigen, ein herrliches, zauberhaft wirkendes Bild Gottes, der Welt, der Menschheit geschaffen hat. Zwar sind die Worte, in welchen er dieses Bild darstellt, einzeln genommen, bei weitem nicht so originell, als man es meistens, leider auch unter »freisinnigen« Christusverehrern, anzunehmen geneigt, und zu behaupten jeder Zeit bereit ist. Es ist ja eine reichlich nachgewiesene, und deßhalb auch von Laien mit geringer Mühe constatirbare Thatsache, welche übrigens auch in diesem Commentar genügend hervorgehoben wird, daß sich zu Jesu schönsten und werthvollsten Aussprüchen, nicht blos im Alten Testament, sondern auch in den schriftlichen Denkmalen der alt-rabbinischen Ueberlieferung, im Thalmud, Parallelen in Menge finden lassen. Und wie sollte es denn auch anders sein? Ist doch Jesus nicht unter Wilden oder Heiden, sondern in Israel geboren und erzogen worden. Sein Gott war kein andrer als der Gott Israels, »der himmlische Vater«, wie die Juden in ihren Gebeten ihn nannten. Die Gerechtigkeit, die er lehrte, seine Moral, wie wir sagen würden, bezeichnete er selbst als »die Erfüllung des Geseßes und der Propheten.<< Wer selig werden wollte, den wies er nicht auf eine neue, von ihm jezt erst erfundene, oder vom Himmel herabgebrachte Sittenlehre hin, sondern auf die allbekannten, im Geseze geschriebenen Gebote. Das Reich, dessen bevorstehende Gründung er verkündigte, war seit Jahrhunderten für jeden nicht abtrünnigen Israeliten der Gegenstand einer brennenden, in keiner Trübsal sich verzehrenden Hoffnung. Gerade weil er dieses Reich verkündigte, ein Reich, das nicht jenseits der Wolken den gläubig und selig Verstorbenen sich öffnen, sondern auf Erden, zu Jerusalem, für das bekehrte Israel entstehen sollte, war sein Wort ein »>Evange

lium«, eine frohe Botschaft für das arme, geknechtete, dem Untergang geweihte Volk. Seine Behandlung »der kleinen Gebote«, der Ceremonien und Opfergeseße, war allerdings für die Frömmler ein Aergerniß. Doch für viele war sie nichts anderes als eine längst geahnte, zum Theil auch längst geübte Freiheit, und die Gelehrten konnten sich leicht erinnern, Jesus selbst erinnerte daran, daß

die Propheten vor ihm in diesen Dingen ebenso frei und kühn gewesen waren als er, ja noch freier und kühner. Neu war in der Lehre Jesu, wenn wir sie als eine Lehre formuliren, in Buchstaben fassen wollen, schlechterdings nur das Eine, daß er, der Verkündiger des Evangeliums, sich auch als den im Vorevangelium der Propheten verheißenen Messias, als den König des Gottesreichs, als den zur Rettung und Beglückung Israels auserwählten Sohn des himmlischen Vaters ansah, und jedem »der Ohren hatte, zu hören,<«< sich als solchen zu erkennen gab. Sein Glaube an sich selbst, sein messianisches Selbstbewußtsein, das war es, das allein, das ihn zum Anfänger einer neuen religiösen Aera machte. Denn dieser sein Glaube war, wenn auch unter mannigfachen für uns nicht mehr erkennbaren Einwirkungen, in der tiefsten Tiefe seines Geistes, unter Gottes Anhauch entsprungen. Er war das eigenste Eigenthum seiner Seele, durch und durch originell. Weil er das war, durchglühte er auch und durchleuchtete er mit wunderbarer Kraft alles was in Jesu geistigem Vorrath dem gemeinsamen Glaubensschat Israels angehörte und machte aus all' diesem Alten ein Neues, aus dem Volksthümlichen ein Eigenthümliches.

Jesus von Nazareth von dem hier bezeichneten, in den Thatsachen selbst gegebenen Gesichtspunkte aus, darzustellen, war das Hauptbestreben, und auch die größte Freude des Verfassers bei der Jahre langen Ausarbeitung dieses Commentars.

Geholfen haben ihm manche Vor- und Mitarbeiter, denen er

hier in diesem Vorworte seinen Dank öffentlich aussprechen möchte, obgleich fie fast alle zu den Verewigten gehören und den allerdings sehr geringfügigen Tribut seines Dankes nicht in Empfang nehmen können. Das Meiste glaubt er dem geistvollen Augustin zu schulden. In seiner Schule, genauer gesagt: in seiner Kirche, beim Studium seiner Johannes- Predigten, hat sich in ihm der Sinn für das Allegorische entwickelt, und eine Methode allegorischer Auslegung ausgebildet. Daß Manchen unsrer Zeitgenossen diese Methode übermäßig spißfindig, willkürlich und phantastisch erscheinen wird, das muß leider der Verfasser dieses Commentars als wahrscheinlich er= warten. Doch bittet er Jeden, der so urtheilen möchte, drei Thatsachen gütigst berücksichtigen zu wollen: 1) daß Augustin und seine Vorgänger, die größten Kirchenlehrer vom zweiten Jahrhundert an, von den alexandrinischen Philosophen und manchen Rabbinen nicht zu reden, die heilige Schrift gewiß nicht nach dieser Methode ausgelegt hätten, wenn man nicht von solcher Auslegung allgemein geglaubt hätte, daß sie dem Geiste und, wie wir sagen würden, der schriftstellerischen Manier der biblischen Autoren ent spreche; 2) daß diese schriftstellerische Manier an vielen Orten der neutestamentlichen Schriften ganz unzweideutig sich selbst verräth, ganz handgreiflich sich zu erkennen gibt, ja, daß sie schon im Alten Testament reichlich sich vorfindet; 3) daß von den in den Epangelien, und in der Bibel überhaupt gegebenen Wundererzählungen, das Wort gilt, das Pascal, auf einem seiner so werthvollen Zettelchen, zunächst allerdings nur von den alttestamentlichen Opfern und Ceremonien geschrieben hat: »Bilder waren es - oder Dummheiten. Manches aber darin, das klar ist, ist auch so erhaben, daß man hier nicht an Dummheiten denken kann 1).« Uebrigens hat sich

1) >>Tous ces sacrifices et cérémonies étaient donc figures ou sottises; or, il y a des choses claires trop hautes, pour les estimer des sottises.<<< (Pensées de Pascal. Edit. Havet Art. XVI, 16 ter)

der Verfasser redlich bemüht, überall möglichst streng und consequent, den Schlüssel zu den evangelischen Allegorien nicht in seinem eignen Gesichtskreise, und in seinen eignen Lieblingsansichten, sondern in dem Gesichtskreise und in den kirchlichen Interessen der Evangelisten und ihrer Leser zu suchen.

Diesen Gesichtskreis aber und diese Interessen müssen zum Theil wenigstens aus den andern neutestamentlichen Schriften hervorgesucht werden, namentlich aus den paulinischen Briefen, welche der Verfasser, schon als Jüngling, sich zum liebsten Gegenstand seines Studiums erwählt hat. In ihr Verständniß führten ihn ein durch ihr Wort seine geliebten, hochverehrten Lehrer, Carl Auberlen, Eduard Reuß, Richard Rothe; durch ihre Schriften, De Wette, F. Chr. Baur, Calvin, Bengel.

Die Einsicht in den jedenfalls ungeschichtlichen Charakter der evangelischen Erzählungen verdankt er, wie fast alle seine wissenschaftlichen Gesinnungsgenossen, den unsterblichen Arbeiten des zum eignen und der Kirche Schaden aus dem Gebiet der Theologie verstoffenen David Friedrich Strauß.

Die thalmudischen Parallelen zu Jesu Aussprüchen und auch zu mancher evangelischen Erzählung hat er nicht aus den für seine Lesekraft unüberwindlichen Folianten des Thalmud, sondern aus den in theologischen Kreisen wohl bekannten, wenn auch leider zu wenig benußten Sammelwerken sich geholt, die wir dem unermüdlichen Fleiß und dem Scharfsinn Lightfoot's, Gfrörer's, Nork's, Wünsche's zu verdanken haben.

Doch, wenn auch der Verfasser von den genannten Lehrern, und von manchen andern, noch so viel empfangen hat, so könnte er doch mit gutem Gewissen schwören, daß er auf keines Lehrers Wort geschworen, daß er keinem unter ihnen mehr als eine berathende Stimme bewilligt, und sich selbst immer, vielleicht nur mit

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