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zählung des Lärmes noch weiter fortzuseßen, zumal da Jesus, Sohn des Annas, als Urheber desselben bereits längst verschwunden und durch Hülfe des bunten Durcheinander glücklich entkommen war.

4. König Agrippa.

Jesus hatte sich, nachdem er den Lärm und die Verwirrung benutzend glücklich aus den Palaste entkommen war, in eine Höhle nicht weit von Jerusalem zurückgezogen. Weil er meistens den Umgang der Menschen mied, von ihnen aber auch gemieden wurde, so blieb ihm gewöhnlich nichts anders übrig, als die Höhlen um Jerusalem zu seiner Wohnung zu wählen. Seines äußerst Häßlichen Wesens und seiner beständigen Klagen wegen behandelte man ihn wie einen Aussätzigen. Von seinem Leben weiß die Geschichte wenig zu berichten als nur von dem Zeitpunkte an, wo er seinen Wehruf ertönen ließ, welche Klage er so lange fortsette, bis er bei der Bé lagerung durch die Römer auf der Stadtmauer stehend von einem geschleuderten Steine getroffen mit den Worten: „Weh auch über mich!" "hinsank, um nie mehr aufzustehen. Wiewohl es nun nicht unsere Aufgabe sein kann, nachzuweisen, in wie weit Jesus zu den Gottbegeisterten zu zählen ist, so bleibt dennoch seine Erscheinung um diese Zeit sehr merkwürdig. Soviel können wir indessen von ihm sagen, daß er nicht zu den Prophetenschülern gehörte, weil sein früheres Leben, da er nämlich ein Landmann war, dagegen spricht. Man unterschied bei den Juden zwischen Propheten und Propheten, nämlich solchen, die den Namen Propheten erhielten, weil sie Ausleger des Gesetzes waren und in demselben studirten Tag und Nacht und das, was sie mit großer Mühe und regem Fleiße aus dem Gesetze herausgelesen, ihren Schülern mittheilten; und andern, welche aus Auftrag und unter Mitwirkung Gottes als

Träger der göttlichen Weissagungen und Strafgerichte, nicht durch eigene und mühsam erworbene Wissenschaft, dasjenige verkündigten, was der Herr der Heerschaaren den Juden zu offenbaren für gut fand. Daher bedurfte es auch zu Letzterem keiner besondern wissenschaftlichen Bildung, sondern wen der. Geist Gottes, der weht, wohin er will, dazu ausersah, wurde zugleich auch von demselben in Stand gesetzt, für einen solchen Auftrag fähig zu sein. Ihre Sendung bewiesen sie gewöhnlich durch Wunder der Kraft, d. h. daß sie im Namen Gottes Kranke gesund machten u. s. w., obschon ihre Weissagungen selbst Wunder waren. Welche Stellung nun Jesus, Sohn des Annas, eingenommen, mag dahin gestellt bleiben, wiewohl es sehr auffallend ist, daß bei jeder Mißhandlung kein Klagelaut über seine Lippen kam, bei jeder Wohlthat kein Segensoder Dankeswort seinem Munde entschlüpfte. Nichts konnte ihn in seinem Beginnen stören, oder in seinen Gesinnungen wankend machen. Unerklärlich aber ist es, daß seine Zeitgenossen so wenig auf ihn hörten, und jedenfalls mußten die Selbstsucht und die Verblendung unter den Juden sehr groß gewesen sein, daß die Mahnrufe dieses Sehers wirkungslos verhallten.

Die Nacht war schon weit vorgerückt, als Agrippa nach der stürmischen Beendigung des unterbrochenen Mahles den Saal des Augustus verließ. Unruhig und aufgeregt begab er sich in sein Schlafgemach. Der Mond in seinem ersten Viertel hatte seine Sichel bereits eingezogen; die Nacht hatte ihren düstern und doch nicht unheimlichen Schleier über die heilige Stadt ausgebreitet. Am wolkenlosen Himmel flimmerte Stern an Stern in einem so hellen und scharf begrenzten Lichte; wie es nur in südlichen Gegenden möglich ist, so daß ein jeder wie ein glänzender Diamant auf einem azurblauen Mantel schimmerte. Eine feierliche Stille herrschte ringsum, die nur Magon, Sabina.

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selten gestört wurde durch einen Vogel, der von einem Zweige aufflog; oder unterbrochen von dem Rauschen des Laubes, wenn es von einem neckisch spielenden Lüftchen erfaßt wird. Dann und wann hörte man auch den Ruf der Wache durch das Dunkel der Nacht ertönen und hallte wie aus dem Schweigen eines Grabes zu Agrippa's Ohren herüber. Wie vor der Nacht und ihrer Ruhe das helle Licht und das Leben des Tages vergeht, so schienen auch von den Herzen der Schlummernden die Sorgen um die Zukunft, das Leid der Gegenwart ́und die schmerzlichen Erinnerungen der Vergangenheit verschwunden zu sein. Anders war es bei Agrippa. Sein aufgeregter Geist war lebhaft beschäftigt, so daß selbst das sanfte Plätschern des Wassers, welches aus den Cylinderöffnungen des Springbrunnens in das herrliche Becken 'fließend in hüpfenden Silberwellen über den Rand desselben hinwegtanzte, nicht zu seinem Ohre drang. Die Luft, so rein und durchsichtig, erquickte ihn nicht, obschon sie balsamische Wohlgerüche in sein Zimmer fandte.

In der Mitte des Zimmers stand ein silberner, siebenarmiger Leuchter, an dem zwei brennende Flämmchen den großen Raum nothdürftig erhellten. Die Wände mit wohlriechendem, dunklem Cedernholze getäfelt und mit Perlmutter eingelegt, trugen eine gewölbte Decke, die in hellen den Orientalen so beliebten Farben schillerte. Feine Stuckfiguren mit bewunderungswürdiger Kunst und Geschmack zusammengestellt, zeichneten sich, obschon sie nicht mehr neu waren, durch guterhaltene Farbenfrische aus. Persische Teppiche bedeckten den Fußboden und blendend weiße Bhsfusschleier die Hausgeräthe. Statt der schwellenden Seidenpolster sah man hier kleine hölzerne Lehnstühle umherstehen aus unverweslichem Schitimholz eine Holzart, die ihres Geruches wegen den Holzwurm nicht zuläßt, mithin auch nicht wurmstichig wird verfertigt und mit

Elfenbein künstlich verziert. Die Fenster waren wie überall im Morgenlande mit Vorhängen behangen, nur daß sie in diesem Palaste überaus fein und kostbar waren. In einer Wand befand sich eine Vertiefung, die als Waffenbehälter diente, und von Herodes dem Großen in den letzten Tagen seines Lebens dort angebracht worden war. Denn dieses Zimmer war auch sein Schlafgemach gewesen, wenn er sich zu Jerusalem aufhielt. Seine Büste aus getriebenem Silber, in welcher Kunst, die Orientalen schon zu der damaligen Zeit es weit gebracht hatten, stand im Hintergrunde auf einem marmornen Postamente; ein dichter Schleier hing gewöhnlich darüber, um die Abneigung der Juden gegen alles Bildliche nicht zu reizen.

Den Kopf gesenkt, das Auge an den Boden heftend, wie die Thautropfen auf Grashalmen, an den Blättern und im Kelche der Blumen köstlichen Perlen gleich strahlen und dieselben niederbeugen, ging Agrippa mit langsamen Schritten in dem Gemache auf und ab. Von Zeit zu Zeit wehte ein fühler Wind in sein Angesicht und spielte sanft mit den Locken seines Hauptes; dann gewahrte man auf der bleichen Stirn emsiges aber langes Sinnen und das Nachdenken des Grames, welches immer tiefer einschneidende Furchen über dieselbe zu legen schien, bis daß die wandelnde Gestalt den Blick zur schillernden Zimmerdecke oder zum blauen wolkenlosen Himmel emporsandte, um gleichsam von ihm Hülfe und Rettung zu erflehen. Offenbar stürmten die Gedanken, die den ersten Augenblick der Ruhe und Einsamkeit zu benüßen schienen, um aus ihrem tiefen Verstecke hervorzukommen, in Menge auf Agrippa ein. Hatten sie ihn beim Mahle nicht belästigt, so kamen sie nun desto schneller ans Licht, um ihr Zurückdrängen doppelt zu rächen. Er fühlte, daß eine Wendung im Geschicke seines Volkes vor sich gehe, und daß das umrollende Rad des Weltgetriebes nun auch sein Volk erfassen werde, ohne ihm klar

zu legen, wohin es, von demselben erfaßt, geschleudert werden würde. Gänzlich fehlte ihm das Verständniß dieses zu lösenden Problems, vielweniger noch war er im Stande, den Schlüssel zu diesem Geheimnisse zu finden. Ob er selbst eine Rolle in den bevorstehenden Ereignissen spielen werde oder nicht; er wußte es nicht. Indessen die unheildrohenden Zeichen erschreckten ihn, obschon sie seine Kaltblütigkeit nicht erschütterten. Ob etwa aus dem Umsturze der Verhältnisse, wie sie einmal standen, eine Aera des Segens und des Wohlstandes erblühen werde, wußte er eben so wenig zu deuten.

Noch war er der Fluth der Gedanken nicht Herr geworden, als sein Blick wie zufällig auf die Büste seines Ahnen fiel. Mit unheimlich funkelnden Augen sie anschauend, sagte er zu sich selbst: „Wie sehr bedauere ich es, großer Schatten, jene Macht nicht zu besitzen, über welche du in meinem Alter gebotest! Du wußtest die Mittel zu finden, um jeden Sturm, der sich gegen dich erhob, beschwichtigen zu können! Du verstandest es, alle deine Feinde unter der Wucht deiner Rache zu zertrümmern! Deine Schlauheit ersann die Pläne, womit du des listigen Weibes, der verführerischen Sirenenkönigin Wollustnete zerrissen hast! Dein und mein Volk hast du zu einer solchen Höhe des Ansehens gebracht, daß nur der verheißene Messias es noch weiter in Macht und Ansehen fördern kann! Sobald du nicht mehr unter den Lebenden wandeltest, suchten schreckliche Geißeln es heim, denen, wer weiß, bald schrecklichere folgen werden. Wenn auch nur ein Theil jener schrecklichen Worte, die jener Schwäter beim Mahle vorbrachte, sich erfüllt, dann wird die Menge der Gräuel unzählbar sein. Ja dann sehe ich es kommen das Unheil und das Verderben meines Volkes. Wie die Steineiche, die Jahrhunderte lang ihre ehrwürdige Krone zum Himmel emporsandte, mit derselben, wenn sie von des Holzfällers zwei

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