ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

Mache Jeder (so ruft Properz) sich, was er versteht, zum Werke des Tages; unser Betrieb sind Schlachten im engen Felde des Bettes und hier - „endlos über ein Nichts dehnt die Geschichte sich aus“50). Gibt es noch Tempel, sagt Juvenal, wo nicht Mädchen feil ständen? Ja, allgemeines Gelächter erregt die Zumuthung, zu glauben, daß in irgend einem Tempel oder kleinem Opferaltar eine Gottheit walte. Vor Menschen wohl verbirgt man schlechte Thaten, vor Göttern begeht man ungescheut Lüge und Meineid. Denn gleicher Frevel trifft ja doch nicht gleiches Schicksal; der Eine trägt ein Kreuz, der Andere eine Krone als Lohn des Verbrechens davon. Wer glaubt an den Himmel und kümmert sich um Jupiter? Wer glaubt an Götter, die im Himmel des Müssiggangs pflegen? Furcht schuf sie und eitler Irrthum den religiösen Dienst 51).

Ersehen wir nun aus der poetischen Literatur der Römer und insbesondere aus den Satyrikern Juvenal und Persius, wie in der frivolen Welthauptstadt jegliche Art von Unzucht und Schamlosigkeit und die verfeinerten Künste der Wollust bis zur äußersten Unnatur herrschten 52); so bestätigt uns das Buch der Weisheit, die apostolischen Briefe und die Offenbarung Johannes, in welchem Grade die gleiche raffinirte Unsittlichkeit in allen, Ländern des römischen Weltreichs herrschte. Denn die in einem wilden Wesen der Unweisheit leben, so schildert das Buch der Weisheit das heidnische Wesen, haben weder reinen Wandel noch Ehe, sondern Einer erwürget den Andern mit List und beleidigt ihn mit Ehebruch, und es gehet bei ihnen unter einander her mit Blut, Mord, Diebstahl, Falschheit, Betrug, Untreue, Pochen, Meineid, Undank, der jungen Herzen Aergerniß, stummen Sünden, Blutschanden, Ehebruch, Unzucht, Meineid“ 53). Ihre Weiber, so beschreibt der Apostel Paulus das heidnische Treiben, haben verwandelt den natürlichen Gebrauch in den unnatürlichen; die Männer haben verlassen den natürlichen Gebrauch des Weibes und sind an einander erhit in ihren Lüsten und haben Mann mit Mann Schande getrieben. So hat sie Gott dahingegeben in verkehrten Sinn, zu thun was nicht taugt, daß sie voll sind von

"

50) Properz 2, 1, 45 f. 16.

51) Juvenal 9, 24. 13, 75 ff. 44, 17. 6, 366 f. 375 f. Martial 4, 21. 62) Schmidt a. a. D. S. 265 ff.

68) Buch der Weisheit 14, 22 ff.

aller Ungerechtigkeit, Hurerei, Bosheit, voll Hasses, Mords, Haders, List, und sind Ohrenbläser, Verleumder, Gottesverächter, Frevler, die Gottes Gerechtigkeit wissen und es doch thun und Gefallen haben an denen, die es thun“54). Und die Korinthier ermahnt der Apostel: Lasset euch nicht verführen; denn weder die Hurer, noch die Abgöttischen, noch die Ehebrecher, noch die Weichlinge, noch die Knabenschänder, noch die Räuber werden das Reich Gottes erben. Solcher aber sind von euch etliche gewesen“55)!

"

Das Heilmittel aber gegen die Sittenlosigkeit des Weltreiches, wo war es zu finden? Oder hatte die Welt ihre Seele, ihr Ideal gar verloren?

Drittes Capitel.

Die Neubeseelung des halbentseelten Weltreiches.

Schon Cicero hatte erklärt, daß die Philosophie in gedrückten Zuständen des Staatslebens der kräftigste Trost sei1), und der edle Stoiker Persius sah in ihr das Heilmittel für die kranke Zeit. Hier (sagt er in der schönen, seinem Lehrer Cornutus gewidmeten fünften Satyre), hier hole sich Jugend und Alter sichere Ruh' für den Geist und Trost für die welkenden Jahre 2). Die philosophische Weisheit lehrt die Seele durch Vernunft beherrschen, sie befreit vom Laster und Irrthum und zeigt dem Menschen, wozu er in die Welt gesezt sei und wie er glücklich das Ziel des Lebens erreiche, dessen Beschwerden ertrage und das Joch nicht abwerfe. Der einzige Adel liegt in der Tugend, die einzige Quelle der Ruhe und des Glückes, die das Gemüth von Todesfurcht frei macht, daß es den lezten Augenblick des Lebens weder fürchte, noch ersehne, sondern ruhig als eine Wohlthat des Lebens erwarte 3).

Nicht umsonst drängt sich die Gesammtheit aller jener höhern Interessen und Lebensstrebungen der Zeit, welche der alte Glaube nicht mehr zu befriedigen vermochte und die den sittlichen Halt des

54) Römerbrief 1, 26 ff.

55) 1 Korinth. 6, 9 ff. Galater 5, 19 ff.

1) Cicero, über die Natur der Götter 1, 4.

2) Persius, Satyren 1, 64 f.

*) Persius 5, 30 f. 1, 83 ff. 10, 360, 9, 115. 10, 341. 352 f.

3, 66 f. Juvenal 13, 19. 188. 8, 19.

Daseins nicht verloren, mit steigender Energie auf das sittliche Ge biet. Und gerade diese praktische Richtung ist es, in welcher, sowenig man dies gemeinhin einzugestehen gewillt ist, der eigentliche Schwerpunkt der griechischen Philosophie schon seit Sokrates liegt. Daß Sokrates kein Philosoph im strengen Sinne des Wortes war, sondern als populärer Moralphilosoph und ethischer Volkslehrer und Jugendbildner unter seinen Zeitgenossen wirkte, ist jezt allgemein anerkannt. Und wenn ihn sein begeisterter Schüler Xenophon als Musterbild eines frommen, gerechten, enthaltsamen, einsichtsvollen Mannes, als einen durch Vaterlandsliebe und Ueberzeugungstreue ausgezeichneten, unschuldig verurtheilten praktischen Weisen schildert, so liegen darin schon hinreichende Vergleichungspunkte, welche eine Gegenüberstellung von Jesus und Sokrates nach ihrer Persönlichkeit, ihrer praktischvolksthümlichen Wirksamkeit und ihren Schicksalen rechtfertigen können.

Daß nun die praktische Tendenz des fokratischen Philosophirens durch Antisthenes in die cynische und durch Aristipp in die cyrenaische Schule eingeführt worden ist, welche beide später durch die epikuräische und stoische Schulen in höherer Weise fortgesezt wurden, bestätigt das oben Bemerkte. In Platon und Aristoteles kam allerdings die eigentlich speculative Richtung des Philosophirens, wie sie sich vor der Zeit des Sokrates bereits zu entwickeln begonnen hatte, zu größerm Rechte. Gleichwohl aber bilden bei beiden Physik, Anthropologie und Metaphysik nur den Unterbau für den eigentlichen Kern ihrer Systeme, die Ethik und Politik1), und schon in der ältern akademischen und in der peripatetischen Schule, in denen sich die platonische und aristotelische Philosophie fortseßte, trat schon während des dritten Jahrhunderts die praktische Richtung des philosophischen Geistes entschieden in den Vordergrund.

Aber auch hiervon abgesehen, hat bereits Platon das Wesen der Philosophie viel weiter gefaßt, als dies in neuerer Zeit geläufig ist. Sie ist wesentlich eine Sache des Lebens, keineswegs eine rein theoretische Thätigkeit; der philosophische Trieb oder der Eros (die Liebe), woraus nach Platon's Ansicht die Philosophie entsteht, ist das praktische Bedürfniß, ihr Ziel die praktische Verwirklichung der Wahrheit, das Gute oder die Glückseligkeit das unsterbliche Leben. Indem Platon endlich in der Republik ausdrücklich die Philosophie als die

4) Man vgl. Zeller a. a. D. II, S. 148. 277. 393. 342 ff. 504. 566 ff.

Erhebung des ganzen innern Menschen aus dem Meere der Sinne lichkeit beschreibt, ist ihnen der Gegensaß des theoretischen und prak-. tischen Verhaltens zur Wahrheit im Begriffe der Philosophie ganz aufgehoben *).

In der römischen Welt hatte nun die Philosophie schon an und für sich, als Beschäftigung des Geistes mit ihr, eine sittliche Bedeutung; sie enthielt aber überdies ein unterscheidend praktisches Moment in der ausdrücklich ausgesprochenen Tendenz, das erkannte Ideal in die Wirklichkeit des gegebenen Lebens hineinzubilden oder darin, daß sie Ethik ist und den Einzelnen auffordert, das Ideal von seinem blos einseitig-innerlichen Dasein im Elemente des Gedankens und der Phantasie zu befreien, es in die Bewegung des Willens einzuführen und ihm lebendige persönliche Wirklichkeit zu geben.

Dem Menschen kann nicht ein über den wesentlichen Gehalt der Menschennatur und die Form des menschlichen Lebens hinausgehendes Wesen, sondern nur der Mensch selbst d. h. das allgemeinmenschliche Wesen im einzelnen erscheinenden Menschen, seine vernünftig-sittliche Natur Zdeal sein, und sie allein zugleich sein, für Alle gleichmäßig verpflichtender, Zweck. Denn er schaut das Ideal nicht blos an, hegt es nicht blos im Gefühl, sondern auch im Willen.

Ein solches persönlich-allgemeines Ideal des Menschen, ein unter der heitern Führung der Natur, die selbst das Maß vorzeichnet, ge= wonnenes geistig-sittliches Bild des Menschen, in dessen Verwirklichung zugleich das Glück und die Seligkeit desselben besteht, hatten die Schulen der Stoiker und Epikuräer aufgestellt. Der Einzelne stellte sich seinem allgemeinen Wesen gegenüber und es wird die Forderung gestellt, daß er sich von diesem Gedanken und Trieb des wahren, allgemeinen menschlichen Wesens durchdringen lasse, daß dasselbe nicht blos Anschauung, Gefühl und Wissen, sondern zugleich Leben sei. Darin bewegte sich die epikuräische mit der stoischen Schule auf gemeinsamem Boden; in beiden bemächtigt sich der Einzelne seiner Idee, seines wahren, allgemeinen Wesens; beide stellen diese Anschauung des vollendeten persönlich-menschlichen Lebens als Forderung und Verpflichtung für den Einzelnen, d. h.

5) Zeller a. a. D. II, S. 166 ff. 180 f.

als Ideal hin.

Nur fassen sie den Grundbegriff des wahren, allgemein menschlichen Wesens von entgegengesezten Stellungen. aus auf.

Nach der einen Ansicht bildet den Inhalt des Begriffs die im Zustande der Luft sich darstellende Befriedigung des menschlichen Lebens, die Glückseligkeit; sie bewegt sich vorwaltend innerhalb der Empfindung. Nach der andern Ansicht bildet den Inhalt der Anschauung die das menschliche Dasein selbstthätig bestimmende Vernunft oder die Weisheit; sie bewegt sich auf dem Boden der Vernunft und des Willens. Dort fällt der Schwerpunkt auf die Seite des Genusses, hier auf die Seite der Thätigkeit; dort ist die Thätigkeit nur um des Genusses willen, hier der Genuß um der Thätigkeit willen. Die Wahrheit wäre der harmonische Wechsel beider, der Uebergang der einen in die andere; und in der That hebt sich in beiden Anschauungen die Einseitigkeit ihrer Ausgangspunkte wieder auf, die epikuräische Glückseligkeitslehre geht in die stoische Denkart über und endigt mit der stoischen Unerschütterlichkeit als ihrem Resultate; umgekehrt will auch der Stoicismus in der Freiheit die Lust, den Genuß des höchsten Guts als sein leßtes Ziel.

Man hat leicht sagen, das Bild des Weisen, wie es die Lehre Epifur's und der Stoa aufstellten und je nach ihrer besondern Geistesrichtung ausführten, sei ein abstractes, unlebendiges Ideal. Allerdings geht dieses Bild des Weisen über den Begriff des gegebenen Daseins hinaus und schöpft gerade den Kern des Inhaltes aus dem, was der Wirklichkeit des Seienden fehlt. Gerade darin aber liegt die eigentliche Weihe des Ideals und die Nothwendigkeit seiner Entstehung in Zeiten des Bruchs zwischen der Wirklichkeit und dem mächtigen Drang eines Neuen, das sich aus ihrem Schooße zu gestalten strebt. Sowenig wie der Messias der Juden, die prophetische Anschauung vom Knechte Jehovah's und das Bild des Gerechten und Weisen, welches der Geist des spätern Judenthums erzeugte, ist auch die stoisch-epikuräische Anschauung des wahren Weisen ein blos abstractes Ideal. Die Philosophie, der dieses Ideal. des Weisen entsprang, hat keineswegs vergessen, daß das Wesen der Sache nur in ihrer Erscheinung zu finden ist und die Tugend nur im Kampfe, die Weisheit nur im Ringen sich erzeugt. Das Bild des vollendeten Weisen lebt im Bewußtsein nicht als eine bloße Forderung, sondern wesentlich zugleich als lebendiger Trieb zur Verwirklichung.

Aller

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »