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zu mir. Sie sagte nur meinen Namen. Aber der Ton! Und ich lief davon. Zum Spiel, ins Wirtshaus. Der Gedanke fraß an mir, unerträglich, daß ich verschleuderte, was meiner Mutter fleißige Hände gehäuft. Aber siehe: die Wirtschaft ging, die Knechte arbeiteten, die Mägde regten sich, und als Mutter mich einmal an sich zog, sanft, wie es nur eine Mutter kann, und mit leisem Vorwurf flagte, rief ich blind und frech:,Was willst du, Mutter, es geht besser, als je zuvor. Die Wirtschaft läuft allein !'

Nie werde ich vergessen, wie sie da vor mir stand und zu mir sprach, halb Stolz, halb Jammer: Und ich?

Ihre Hände hielt sie mir entgegen in sprechender Gebärde, sie, die in den letzten Jahren, da ich ihren alten Schultern abgenommen, was sie einst für uns getragen, weicher geworden waren. Sie waren wieder rissig und rauh.

Da bin ich fortgelaufen. Die armen Hände konnte ich nicht sehen. Habe meine Scham in Wein ersäuft und bog die Karte die ganze lange Nacht hindurch, mit trunkenen Sinnen wiederzugewinnen, was ich vertan, daß ich vor Mutter treten könnte und sprechen: es war alles nur ein wüster Traum.

Ja, ich stand vor ihr, aber niederfallen mußte ich und den Saum küssen ihres alten, abgetrage nen, schwarzen Kleides und ihre Hände, die aufgesprungenen, lieben, unter heißen Tränen an die

Lippen ziehen und sagen: „Ich bin verloren, es ist alles hin!'

Und Mutter? Mutter richtete mich auf, strich mir das Haar, saß mit mir in der alten lieben Ede, wo sie abends mit Vater von der Arbeit geruht und er aus der Bibel vorlas vor dem Schlafengehen, sie, den Jüngsten, mich, auf den Knieen, während die Brüder auf ihren kleinen Schemelchen daneben hockten. Sie tröstete mich, sie wieder mich. Und sie wußte Rat, was aufgegeben werden müsse, wie noch mehr gespart werden könne. Mir rang es das Herz ab, daß durch meine Schuld zusam= menbrechen sollte, was Vater und Mutter in einem ganzen Leben mühselig erworben hatten. Ich wollte den Brüdern nach. Sie erriet es: ‚Dann bin ich ganz allein!'

,Mutter! Liebe, liebe, kleine Mutter!'

Ich nahm sie in die Arme, ließ sie nicht los und wußte: ich kann nicht fort von ihr, kann, kann nicht. Da besprachen wir wie zwei Männer, was zu tun sei. Sie ging mit mir zu dem, der meinen Schuldzettel besaß. Wie der die arme, starke, kleine Frau sah, die so ruhig verhandelte um Stundung und Abzahlung, schämte sich der Gewinner und schlug einen Nachlaß vor. Mutter aber richtete sich auf, und nie habe ich sie sp stolz und verächtlich reden hören: Meinen Sie, ich sei gekommen, um zu betteln? Schenken sollen Sie mir nichts!'

Dann haben wir jahrelang gekämpft, Mutter

und ich, auf unserer für unsere Scholle. Aber eines Lages war meiner lieben kleinen Mutter Kraft aufgezehrt. Als ich heimkehrte, fand ich sie im Flur auf den harten Fliesen

trug sie auf ihr Bett

regungslos. Ich

ach Gott, sie war so leicht - und saß bei ihr bis zum Morgen. Keine Krankheit war es, kein großer, ängstlicher Name: ,Verbraucht' nannte es der Arzt.

Aber sie ließ nicht von der Arbeit, hier, wo sie alles um sich sah, das sie mitgeschaffen und hochgebracht, das wieder niedergegangen war durch meine Schuld. Ich setzte sie in Vaters Sorgenstuhl, legte ihr Brille hin und Buch, und das Fußkissen für die kurzen, kleinen Beine. Dann schlug ich ihr die Decke um, denn sie fror.

,Ruhig sizen bleiben, Mutter! Schone dich! Versprich es mir.'

Listig lächelte sie mich an. Ich ging Tagesmühen nach und eiserner Fron, dem Kampfe um Schuldzinsen und kargstes Dasein, dem aussichtslosen, zermürbenden, ein paar Hunderte nur zurückzulegen für Mutters Lebensabend. Wenn ich heimkam auf den Zehen in die stille Stube, meinend, ich fände Mutter im Schlummer, war ihr Stuhl leer. Die Decke lag auf der Lehne, die Fußbank war zur Seite geschoben. Sie, die ruhen sollte nun endlich, eilte von Milchkammer zu Stall und Garten, trapp, trapp, trapp, den Schlüsselkorb am Arm, die geflicten grauen Handschuhe

an den dünnen Fingern, den Rüden gebeugt und einen Ausdrud auf dem lieben, alten Gesicht, so ängstlich grauenvoll, als sprächen ihre treuen Augen, tief in den Höhlen: „Ich kann nicht mehr!"

Nein, sie konnte nicht mehr, und wir machten ein Ende. In der Stadt bot sich mir etwas, das Mutter und mich ernähren konnte. Da haben wir unser liebes Heim verkauft. O wie zögerten wir! Wie saßen wir an den Abenden und rechneten mitsammen, Mutter vor den Augen die Brille, die immer rutschte, wenn sie sich niederbückte auf die Arbeit, denn die Hornfassung war gebrochen und Mutter hatte sie mit Stridwolle zusammengebunden. Oft höre ich es noch, wie sie sprach, das Gestell immer und immer wieder zurechtschiebend: ,Das ist doch zu dumm.'

Und sie ward ganz böse, die kleine Mutter. Bat ich aber, wir wollten es doch machen lassen, so sagte sie erregt: I, das wäre noch schöner, wieder eine Mark!"

Ja, Mutter, du gönntest dir nichts! Du hast dein ganzes Leben nur an andere gedacht. Und ich, konnte ich dir etwas bieten auf deine alte Zeit?

So ging es nicht mehr. Eines Tages unterschrieben wir eben den Verkauf. Jch zitterte vor dem Augenblick, da wir das liebe alte Haus verlassen sollten, aber Mutter war so tapfer, daß sie mich beschämte, wie sie uns alle beschämt hat, seit ich

denken kann. Von Vaters Sterbezimmer trennte sie sich am schwersten. Lange blieb sie stehen an dem einfachen Bett, das mit der armen, verschossenen grünen Ripsdede zugedect war, wie damals, als er noch lebte. Das holzgeschnitte Kreuz darüber, das Mutter von ihrer einzigen Reise nach der Hochzeit mitgebracht, nahm sie ab. Sonst blieb alles zurüd, und es blieb mit den toten Gegenständen, wie Mutter - einzige Schwäche eines Augenblides meinte: Unser Glüď.

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Doch nein: mein Glüď nahm ich mit mir, meine liebe, kleine, alte Mutter. Sie ward mein Halt in dem neuen Beruf. Die steinerne Öde der Stadt wärmte sie durch ihre Gegenwart. Und ihr Segen war bei allem, das ich unternahm, daß aus dem Nichts bescheidener Wohlstand wurde.

Nicht über Nacht. O Gott, Jahre, abermals Jahre gingen darüber hin, Jahre saurer, doch gesegneter Arbeit. Mutter aber, die ihr Leben auf dem Land verbracht, fehlte Luft in dem Häusermeer. Und jeder Winter nahm etwas von ihrer Lebenskraft. Sie ward weicher. Der Söhne, die aus ihrem Haus gegangen, gedachte sie wieder. Wenn sie abends in ihrem Stuhl saß, ließ sie die Zeitung sinken und legte die Brille hin:,Wie mag es wohl meinem Sohne Erich gehen? Und wieder ein andermal:,Hast du nichts von meinem Sohne Hans gehört?'

,Mein Sohn,' anders sprach sie nicht. Es war, Georg Freiherr von Omvteda, Der Venusberg.

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