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Es war die Stunde des stärksten Boulevardverkehrs: unablässig rollten die Gefährte straßauf, straßab, in langer Folge die Wagen, gewaltig die Omnibusse mit ihren drei Pferden nebeneinander gespannt, ab und zu eine Equipage, dazwischen, den Strom der Gefährte überholend, mit flagendem Schrei niedrige schnelle Automobile, schwere Lastwagen mit Fässern, Kisten und Kasten, hier und da ein Handwägelchen, darauf ein Beet violetter, duftender Veilchen, von gelben Mimosen wie eine Raseneinfassung umgeben. Auf den Bürgersteigen drängte sich die Menge: langsame Bummler, bedächtige Alte, eilige Geschäftsleute, Beamte, die aus den Bureaus kamen, Damen, die Läden zu besehen und selbst gesehen zu werden. Die Tage wurden schon länger, noch immer lag die Sonne auf dem wirbelnden Straßenbilde, hob die bunten Farben der Reklameschilder an den Häusern, spiegelte in den Scheiben, blizte in den Metallbeschlägen und schien sogar hineinzu= leuchten in das dunkle Innere der Cafés, vor denen bis weit auf das Pflaster hinaus an kleinen Marmortischen die Menschen saßen, vertieft in die Zeitung, oder in das Treiben starrend, mit einem Blid jeder Dame unter den Hut, endlich

zu zweit im Gespräch, beim Geschäft, beim Klatsch, bei der Politit.

Dann hoben sich die Stimmen, die Gebärden holten weiter aus, aber der Straßenlärm übertönte jeden Laut: es rasselte und rasaunte, stöhnte, schrie und klapperte, scharrte, rauschte und glitt. Singend flangen die Rufe der Verkäufer; halbwüchsige Burschen, einen Stoß Bedrucktes im Arm, liefen auf und ab und schrien die Zeitungen aus. Man blieb stehen, kaufte, eilte weiter, ein Hasten, ein Drängen, ein unentwirrbares Geschiebe, das sich doch löste wie von selbst, ohne daß der Schußmann einzugreifen brauchte, der mitten in dem Wagengewirr auf seiner Rettungsinsel vor der Laterne stand.

Nur ab und zu hob er seinen weißen Stab, dann hielt die lange Wagen- und Autoreihe hinter ihm, durch Heben der Peitschen und Hände pflanzten die Lenker das Zeichen fort. Nun eilten die Menschen, ruhig, als gäbe es keine Gefahr, oder hastig nervös, sich ängstlich umblickend, in der Furcht, im nächsten Augenblick dennoch unter den Rädern eines gewaltigen Omnibus, eines wuchtigen Motors zu enden, über die Straße. War dann ein Schub hinüber, so streckte der Polizeigewaltige seinen Zauberstab aus, und als hätte er eine Verwandlung befohlen, brausten wieder, wo noch eben die Wogen des Stromes erstarrt gestanden, daß man sicher hinüber konnte, die

Fluten des riesigen Verkehres in das Straßenbett. Lüdenlos fuhr Wagen an Wagen, Motor an Motor, wer sich hindurchgewagt, wäre zermalmt worden vom Treiben der Riesenstadt, die täglich Opfer forderte an Leib wie Seele.

Und dennoch: einer schien all der Gefahr zu trozen: ein Hut, ein funkelnagelneuer, schwarzer Zylinderhut, von guter Form, von seinem Filz, mit seideneingefaßter Krempe. Ein Hut vornehmster Abkunft. Wie er so auf der Seite lag und man das weiße Seidenfutter leuchten sah: erriet man den Namenszug der Londoner Firma, erriet die goldenen Buchstaben der eingeklebten Chiffre des Besizers, erriet sogar darüber eine Krone.

Der Hut lag mitten auf dem Fahrdamm, mitten im drängendsten Verkehr, auf das Pflaster der Großstadt geschleudert wie so mancher arme Mensch. Und er konnte sich nicht wehren, das edle Herkommen, sein eleganter Träger, nichts rettete ihn

er kam im nächsten Augenblick unter die Räder.

Wie war er in die Tiefe geraten, in Staub und Schmutz der Straße? Hatte ihn ein Wind vom Kopfe geweht? Ob sein Besitzer sich aus dem Wagen gebeugt, einer Dame nachzublicken, und ihn verloren, berauscht vom Zauber dieser Stadt?

Niemand wußte, woher er kam. Er lag da. Wie vom Himmel gefallen. Es kümmerte sich keiner um ihn. Kein Besizer machte sein Recht geltend. Er war wie ein ausgeseßtes Kind, ein

Findling, vor die Schwelle der frommen Schwestern gelegt. Es hat geklingelt. Es wird geöffnet. Niemand ist da nur der Hut.

Doch schon hatten ihn Leute gesehen. Ein paar Vorübergehende verlangsamten den Schritt und blickten auf den einsamen Hut mit einem Lächeln, als wollten sie sagen: was wird wohl aus ihm? Man schien auf den Besizer zu warten, daß er sein Eigentum an sich nähme.

Da trat plötzlich ein Mann auf den Fahrdamm, wagte sich durch die Wagen und hob den Hut auf. Ein paar Dußend Augen folgten dem Retter, der mit dem Hut auf den Bürgersteig zurüdkehrte. Er betrachtete ihn, wandte ihn um und um, während neben ihm eine Stimme sagte: ,,Er ist schön!"

Der Mann sah den anderen an:

,,Ganz neu!"

Dann zögerte er, wußte nicht, was anfangen, und sezte plötzlich den Hut neben sich zu Boden, worauf er sich eiligst entfernte. Einen Augenblick blieb der Hut stehen, bis ihn ein Kerl aufgriff mit weiten Samthosen, von einem roten Gurt gehalten. Der ging ein Stüd mit dem Hute davon. Er schien nicht übel Lust zu haben, ihn mitzunehmen, zog seine fettige Schirmmüße ab und probierte den Zylinder. Er paßte. Doch jemand rief aus der Menge:

„Das glaub' ich! Das glaub' ich!“

Und der Mann nahm sofort den Hut ab.

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