ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

CALIFORNIA

Wenn sie nun eines Tages zu mir spräche: ,Lebe wohl, mein liebes Kind!'

Ich wehre den Gedanken ab mit heftiger Gebärde: Nein, bleibe bei mir!' Und mir klingt im Ohr: denn es will Abend werden! Es ist Abend geworden bei ihr. Die Nacht ist nicht mehr fern. Ihr Leben, ihre Kraft geht nieder.

[ocr errors]

Sie ist so klein und zart, sie trägt den Kopf gesenkt, kann nicht mehr eilig gehen, wie einst, wo sie allen voranschritt in ihrem Hause. Sie muß sich setzen ab und zu, muß ruhen, die nie geruht hat, die immer für uns alle sorgte.

Ich gehe mit ihr im Garten ihres Häusleins, da unten im Süden, wo die Sonne wärmer scheint und die Winde schlafen. Wir haben es ihr ge= baut, daß sie ein Heim hätte und nicht mehr husten sollte, wenn dort oben bei uns die Stürme fauchen. Als Dank haben wir Söhne es Mutter errichtet, drei große, blonde Söhne.

Vater war stark und mächtig wie wir, voller Lebensmut und Kraft, und ist doch vor Mutter ins dunkle Land gegangen.

Sie hat uns oft erzählt, wie der blonde Riese einst des kleinen Mädchens beide Hände mit der

einen Rechten umschließend gesprochen: Ich will dich haben!' Mutter blizte es dann um Mund und Augen: „Er hat mich nicht gefragt, ob ich denn wollte.' Meinten wir dann:,Mutter, du wolltest ja!' wandte sie sich, schwieg fein still, aber wenn Vater heimkam, ging sie ihm entgegen, recte sich auf den Zehen, als sie ihn küßte, und dabei flog ein schelmischer Blick zu ihren Söhnen.

Die kleine Frau war oftmals krank, doch nie ließ sie es den Riesen merken, und wenn das scharfe Auge eines ihrer Söhne es gewahrte, legte sie den Finger auf den Mund: „Kind, sage nichts, er ängstigt sich sonst! Nie sollte einer Sorge tragen um sie. Das ist so gewesen ihr ganzes Leben lang. Nie durfte man von ihr sprechen; ängstlich verbarg sie eigenes Leid. In der Schlafstube habe ich sie eines Abends gefunden, niedergesunken an ihrem Bett, den Kopf in den Kissen. Als ich sie aufhob:,Mutter, was ist dir ?' sah ich Tränen auf ihrem lieben Gesicht, und sie stöhnte leise: ‚Nicht böse sein, es tut so weh!'

Am nächsten Tage lief sie geschäftig wieder auf und ab im Haus. Vater hat nichts geahnt, nur Mutter und ich sahen uns an, und die Bitte schien in ihrem Blick zu liegen:,Sage nichts! Doch unvergeßlich blieb im Ohre mir der Ton, in meiner Sterbestunde werde ich es einstmals hören, dieses: ,Nicht böse sein, es tut so weh.'

Nicht böse sollte ich sein, daß ihr armer kleiner

Körper seinen Zoll der Menschlichkeit bezahlte. Mutter hat nie an sich gedacht. Immer war sie allein besorgt um uns, um Vater und ihre Söhne. Und der große Mann hat in rauher Kraft woh nie gemerkt, daß neben ihm ein lieber Schatten Sorgensteine aus seinem Wege räumte.

Alte Zeiten steigen vor mir auf, Kinderjahre. Wenn wir mit scheuen Gesichtern aus der Schule kamen. Mutter fühlte, daß etwas geschehen sei. Ängstlich blickte sie Vater an- er war vielleicht in schwerer Stimmung, hatte Sorge und Verdruß gehabt was wissen Kinder davon! Dann klagte sie sich wohl selbst an, den Zorn des Gewaltigen von uns abzuziehen. Und Vater grollte mit seiner Stimme, die immer klang wie Löwengebrüll.

Wir hatten nicht viel. Das Gut war nur klein, und trotz aller Arbeit blieb manches Geld darauf. Dazu drei große, wachsende, ewig hungrige Söhne ! Vater war in Feld und Flur vom Frühlicht bis zum Dämmerabend. Der erste war er auf. Der erste? Nein, Mutter wedte ihn und uns alle. Dann griff sie zu im Haus, und überall sah man den Segen ihrer Hände. Sie eilte mit dem Schlüssel= forbe, altersgraue Handschuhe an den Händen, treppauf, treppab, und hatte doch Zeit für jeden. All unsere kleinen Sorgen hat sie angehört. Immer gab es Rat, jede Träne wurde getrocknet. Die Leute kamen zu Mutter aus Hof und Dorf. Sie ging zu allen. Still war sie da, husch wieder fort.

Dank? An Mutter? Sie dankte, daß man ihr Vertrauen gezeigt, sie fühlte sich beschenkt, nicht andere. Mutter hat nie gewußt, daß sie gab, denn wenn sie ging, haben die Leute wohl noch geglaubt, sie hätten ihr die Zeit vertrieben. Wenn ihre kleine Gestalt erschien, so sacht, so leise, dann war es schon, als senke Frieden sich auf jeden unruhvollen Geist. Strahlten aber einmal ihre Augen in anderer Augen Schleier, dann ward Licht überall.

Segen kam von ihr, um sie ward Segen.

Und wie hat Mutter die Nackenschläge des Lebens getragen! Wie groß war dann die kleine Frau, Vorbild uns allen und Stüße! Bald unser Einzigstes, denn Vater ist vor langen Jahren schon von uns gegangen, als wir noch Knaben waren.

Eines Abends im frühen Herbst kam er heim. Draußen schwelten die Kartoffelfeuer, und über kahle Felder strichen erste Nebel. Vater war im dünnen Rock gegangen, und über Fleiß und Mühe war mit dem Abend Tau und Kühle herabgesunken. In all dem Eifer hatte er es nicht gespürt. Er fürchtete die Abendschauer nicht, der Riese mit der Löwenstimme. Aber als er am Tisch mit uns saß, lief es ihm über den Leib, und wie am Morgen Mutter uns zur Schule wedte, sagte sie: ,Pst. . . macht keinen Lärm!' Da schlichen wir auf leisen Sohlen. Doch als wir abends wiederkehrten - wir blieben über Mittag in der Stadt, der Weg

war zu weit -, ging ein Raunen durch das Haus. Die Leute machten lange Gesichter und sprachen gedämpft. Der Arzt war gekommen. Wir mußten eintreten bei Vater. Wie wir ihn so sahen, den starken, sonst von glühender Sonne gebräunten Mann, seltsam grau und hinfällig, nur die Wangen in brennendem Feuer, da ward uns Jungen ganz beklommen zu Sinn. Wir hielten den Atem an, wir blidten zur Mutter wie immer, wenn wir die Welt nicht verstanden.

Und als wir Mutters steinernes Antlik sahen, haben unsere wilden, sonst so fröhlichen Knabenseelen den Ernst der Stunde begriffen. Als Vater unsere Hände suchte und wir seine glühenden Finger fanden, wurden uns die Augen aufgetan, daß dem Kranken zu Häupten einer stand mit todes= harten Händen.

Vater redete irre Worte. Die Löwenstimme hatte keinen Klang. Er suchte Mutters Blick. Wir aber sanken keiner hat es uns gesagt nieder auf die Kniee.

Die kleine Frau sprach halblaut schnelle, heftige Worte des Gebetes, als ränge sie mit dem zu Häupten um Vaters Leben. Sie schien zu wachsen in ihrer Seelenangst. Mit ihren zarten Fingern umschloß sie Vaters große, heiße Hand, die lang= sam erkaltete in der ihren. Sie bat, sie flehte, flüsterte und schwieg. Es war heilige Stille. Mutter legte ihre kleinen Finger mit zärtlich leisem

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »