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Heilung, keine Abwendung, nein, tiefes, tiefes Mitleid. Tränen von einem Manne geweint? Na, und wenn eine Frau das Mitleid packt dann ist es aus!

Es war aus. Etwas Unerhörtes geschah. Eine unglaubliche Dummheit machte sie.

In der nächsten Zeit bekamen wir sie nicht mehr zu Gesicht. Sie gab kein Souper, statt dessen erhielt eines Morgens jeder von uns ihre Verlobungsanzeige mit einem Herrn, dessen Beruf nicht genannt war, der keinen Titel besaß, dessen Namen wir nie gehört hatten. Es war der Tellerjongleur.

Ein paar der Freundinnen, mehrere der Herren versuchten der jungen Witwe den Gedanken auszureden, indem sie ihr die Ungleichheit der Verhältnisse darstellten. Sie müsse notwendig unglücklich werden. Aber beseligt schlug sie ihre füßen, mitleidigen Augen auf: nein, sie mußte glücklich machen, sie mußte versöhnen, sie mußte die Teller bezahlen.

Wir versicherten sie, bei Schadenersatz und einem tüchtigen Trinkgeld würde der Mann gewiß zufrieden sein. Aber mit echter Frauenlogik meinte sie, für die Tränen, die der Mensch ge weint, gäbe es nur ein Pflaster — sie. Sie mußte selbst seinen Kummer lindern.

Bald sahen wir ein, da war nichts zu tun. Die Hochzeit fand statt im allerkleinsten Kreise,

soviel ich weiß. Wer sollte auch dazu kommen? Die junge Frau ging mit ihrem Mann auf Reisen. Vielleicht meinte sie, ihre Bekannten würden sich beruhigt haben, wenn sie zurückkehrte. Doch als sie nun wiederkam, hatten sich die Bande ihres Freundeskreises derart gelockert, daß sie allmählich völlig ihren Verkehr verlor. Vielleicht hätten manche ihr zuliebe den Mann empfangen, wenn er bescheiden und wohlerzogen gewesen wäre. Aber er erwies sich wirklich als ein Mensch von untergeordnetster oder vielmehr gar keiner Bildung, dessen einzige Kunst offenbar im Balancieren bestand. Ja, der Wirt des Lokales stellte ihm nicht einmal ein gutes Zeugnis aus, wie wir später hörten, und auch seine Kollegen, sehr anständige, meist verheiratete Leute, wollten nicht viel von ihm wissen.

So verfiel die junge Frau völliger Vereinsamung, da sie sich für ihren Mann, den sie vergeblich den Bekannten hatte vorsehen wollen, gekränkt fühlte.

Der Mensch rührte nun, da er nichts zu balancieren hatte, überhaupt keinen Finger mehr. In der beschäftigungslosen Faulheit wurde der Kerl bald anmaßend, wie man hörte. Auch die junge Frau wird am Unglück, das nun kam, nicht ganz ohne Schuld gewesen sein. Sie begann den Mangel an Verkehr zu fühlen und litt darunter. Ihr Mann bot ihr keinen Ersah, denn außer dem

hübschen Gesicht, das durch Bewegungslosigkeit und zu viel Essen und Trinken bald schwammig geworden war, hatte er nichts zu vergeben. Ein geistig minderwertiger Mensch, der das einzige, das er besaß, die Fähigkeit, Platten zu balancieren, nicht mehr verwenden konnte. Als er nun gar anfing, sich den Bart stehen zu lassen, war es auch mit seiner Schönheit zu Ende. Er sah plötzlich gemein aus. Dabei spielte er den großen Herrn, warf mit dem Gelde der unglücklichen Frau um sich, und sie, nur um ihn zu halten, begleitete ihn.

In dem Restaurant, wo er einst balanciert und jenen fürchterlichen Absturz mit Tellern und Gläsern erlebt, erschien er nun mit seiner Frau, ließ sich von den einstigen Kollegen bedienen, machte große Zechen und betrank sich bald jeden Abend. Die Arme saß bei ihm. Sie wurde diď, verlor mehr und mehr von ihrem Liebreiz, und verbittert, grüßte sie ihre Bekannten nicht, weil diese ihren Mann nicht sehen wollten. Hätte nun das arme Weib Ersatz gefunden am Geist, oder hier muß man wohl sagen am Fleische dieses Einzigen, vielleicht würde er sie mit jenem eleganten Schwung, der ihm einst beim Speisentragen eigen gewesen, hinweggeführt haben über alle verlorenen Bekanntschaften und alle Enttäuschungen. Doch, wie man hörte, kümmerte er sich bald nicht mehr um sie. Er begann zu spielen, und sie gab ihm in ihrer

Narrheit Geld und immer wieder Geld, nur um ihn zu halten. Dann gingen gar Gerüchte, er käme nicht mehr nach Hause. Er war anderwärts, aber nicht bei dem armen Weibe. Er entglitt ihr völlig, und ihr Vermögen mit ihm.

Nun, da ist er Gott sei Dank - die einzige nennenswerte Tat seines Lebens mit einem kühnen Schwung ins Jenseits balanciert. Vielleicht hat er sich totgetrunken. Man wußte es nicht, und ich weiß es auch heute nicht.

Sie aber war eine jäh gealterte, unförmliche, häßliche Frau geworden. Nur ihre hübschen Augen waren ihr geblieben und eben noch Geld genug, um kümmerlich leben zu können.

Ihre Bekannten haben versucht, sie zu unterstüßen. Sie lehnte alles ab. Sie war auch keinem Verkehr mehr zugänglich. Sie lebt offenbar trok allem Leide, daß er ihr gebracht, der Erinnerung an jenen Meister des Präsentierbrettes, der sich eines Tages, kein Mensch ahnte warum, in ihr kleines Witwenherz hineingegaukelt. Ja, so sind die Frauen. Unberechenbar! Unfaßlich!

Und sehen Sie, diese alte Dame, die wir eben trafen, ich sagte es Ihnen schon, das ist sie.“

Die Exzellenz, die eine Weile herzlich über die Balancierkünfte gelacht, war bei den lezten Worten ernst geworden.

Der Mond hatte sich hinter Wolken verstedt, die Gitterschatten auf dem Wege waren gleich

mäßiger Dunkelheit gewichen. Der jüngere Herr, den die psychologischen Momente dieses Lebens gebannt zu haben schienen, rückte an seiner Brille : Sagen Sie mal, Exzellenz, ist sie nun eigentlich sehr unglücklich ?“

,,Kaum!"

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Aber sie hat doch nichts mehr, keinen Mann, kein Geld."

Die Exzellenz blieb lächelnd stehen:
,,Aber sie hat sich geopfert."

„Das ist doch kein Trost.“

,,Bei Frauen schon. Es ist ihr größtes Glück, sich zu opfern."

Der jüngere Herr mit dem Gelehrtenausdruc schlug die Augen auf, als sei in ihm irgendeine ferne Sehnsucht:

„Wenn sich mir doch einmal eine opferte!" Die Exzellenz maß ihn mit den Blicken und zudte die Achseln:

,,Ihnen kaum!"

Der andere fragte enttäuscht:

„Warum denn mir nicht?"

,,Sie scheinen mir zu vernünftig!"

Da sagte der junge Gelehrte fast mit Inbrunst:

„Eben darum, durch Ruhe und Vernunft würde ich sie belohnen!"

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Aber die Frauen lieben nun mal das Unvernünftige, Unlogische, Verrückte.“

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