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Drude Vater auf die Augen. Dann hat sie ihm die Lippen auf die Stirn gepreßt und kniete nieder neben ihren Söhnen. Und wir begriffen. Wir weinten alle drei. Nicht sie.

Nein, Mutter, liebe, liebe, kleine Mutter, du bliebst ernst und starr. Du hast Vater die Hände ineinander gelegt, du sagtest allen, die da kamen, ein Wort des Trostes, der Sicherheit. Mutter, ich sehe dich noch stehen in deinem schwarzen Kleid und zu uns allen sprechen: Es ist ja nur ein Wiedersehen.' Mutter, Mutter, wie habe ich damals Ehrfurcht gehabt vor deiner Stärke! Mutter, wie hast du des Knaben unbesorgtes Herz gerührt, wie sind mir die Augen aufgegangen über dich!

Und dann die schwere Zeit, da Mutter allein mit Händlern und Gläubigern, mit rohen Knechten und Mägden zu kämpfen hatte um den armen Befit. Sie hat gerungen wie ein starker Mann, die kleine Frau. Wann schlief sie wohl? Wir haben sie nie ruhend gefunden. Wenn wir uns abends legten, sette sie sich erst zu ihren Büchern. Wenn wir aufstanden, kam sie vom Feld. Sie stahl sich die Stunden, unsere Schularbeiten durchzusehen. Latein lernte sie mit uns und hat es für das Leben mit uns wieder vergessen. Sie hat uns überhört, bei erzürnten Lehrern für uns gebeten. Nachts schnitt sie Anzüge zu für ihre Söhne, stopfte Wäsche, nähte Kleider: Mutters Hände habe ich nie untätig gesehen.

Darüber wurden wir groß, Hans, Erich und ich. Einer nach dem andern ging ins Leben hinaus. Jedem gab sie von der Mühe ihrer Tage und vom Schlaf ihrer Nächte Erspartes mit auf den Weg. Und immer mühte sie sich weiter für uns, denn das Studium kostete Geld. Mutter mußte alles schaffen, ganz allein.

Haben wir es begriffen, was Mutter uns war? Das Leben brauste wild über uns. Es hat uns hart gefaßt, daß wir zur Mutter einer nach dem anderen mit beschämten Wangen kamen.

Hans zuerst. Unehre hing an seinem Rock. Für den, daß er ihn trüge, Mutter sich den Bissen vom Munde gespart. Er kam heim, ein verlorener Mann, ohne sein Waffenkleid.

Da stand der blonde Riese vor der kleinen Frau, tief, tief das Haupt gebeugt. Er wollte ihr die Hand küssen, sich ihr nähern wie ein gestrafter Hund. Doch ihr Blick hob eine Schranke zwischen ihr und ihm, unüberbrüdbar. Er fiel nieder auf die Kniee wie ein gefälltes, gewaltiges Tier. Und als seine Schultern zuckten, als er den Saum ihres Kleides nehmen wollte, ihn an die bebenden Lippen zu ziehen - Mutter, du liebe, immer gütige Mutter, wie standest du da! Unerbittlich rechtest du deine Hand aus und sprachest das eine Wort, daß er zitterte, dein großer Sohn:,Geh!'

Dann hast du ihm selbst das Bündel gepact, fuhrest fort, dein sauer Erspartes abzuheben von

der Bank, daß dein Sohn drüben nicht hungern sollte.

Mutter hat seine Hand nicht berührt, als er ging. Von weitem gab sie ihm nur eins auf den Weg: Arbeite. Wir durften nicht mit, Erich und ich, den Bruder zu begleiten. Wir standen regungslos und lauschten nur. Die Pferde zogen an, die Räder knirschten im Sand. Dann Schweigen, tiefes, banges Schweigen. Mutter stand am Fenster. Hinter den einfachen, weißen Vorhängen blickte sie dem Wagen nach, und dann hinaus in den trüben, dämmernden Tag. Wir rührten uns nicht. Mutter kam zurück an den Tisch, über dem die Hängelampe hing, Zeuge froher Stunden wie einst all unseres abendlichen Schülerfleißes, Zeuge all der Nächte, die Mutter bei den Büchern saß, rechnend und sinnend, wie sie das Jahr mit bescheidenem Auskommen schlösse. Sie setzte sich und starrte vor sich hin. Plößlich sah sie uns an mit großen Augen:,Mein lieber Sohn ist fort.'

In unseren Herzen aber stieg ein Versprechen auf, beiden gemeinsam: Mutter, wir wollen es dir vergelten!

Wie haben wir es vergolten, unserem Mütterlein? Kam Erich nicht eines Tages, rollte die Augen und blähte die Stimme auf. Er wisse es genau die er liebe, könne er Mutter nicht ins Haus bringen -die die nicht!

Mutter redete sanft mit ihm und fragte. Als

sie dann aber vernahm, wer sie sei, neigte sie nur stumm das Haupt und blieb unbeweglich. Der Bruder warf bittere Worte um sich. Wie sein Zorn schwoll, Enttäuschung und Regung, verstieg er sich, auf Mutters Liebe und weiches Herz zu pochen und höhnte bitter: nun, wo es gelte, wo blieben Milde und Verzeihen?

Mutter sette ihren frechen Sohn nicht mit Gewalt auf den Plak, der ihm gebührte, tief zu ihren Füßen. Nein, ihre Stimme klang weich: ‚Brächtest du mir eine, die schwach gewesen, die gar im Dunkel der Gassen ging: ich würde sie aufrichten und an mein Herz nehmen ohne Scham, denn sie ist die Erwählte meines Sohnes. Und ich würde suchen, im Gange der Jahre alles Häßliche auszulöschen aus ihrem Herzen, daß sie wieder rein würde. Aber die, von der du mir sprichst — eine Diebin, eine wortbrüchige Verräterin nehme ich nicht in mein Haus.'

Und abends, am Tische Erich mit finsterer Stirn, blätterte sie in dem abgegriffenen schwarzen Buche, erhob ihre Stimme, und ihr Blick über die Augengläser, die Mutter jetzt beim Lesen trug, traf ihren Sohn:,Ich aber sage euch: Wer ein Weib ansiehet, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.'

Hart stand mein Bruder auf. Mutter und ich blieben allein. Man hörte alles in dem nächtlich stillen Hause. Auf der Diele das Ticken der Uhr.

Dann die Haustür gehen. Und nun durch den Garten unter den Fenstern hin verhallende Schritte. Mutter aber fand nicht die Kraft, mich anzublicken und sagte nur:,Unser Haus soll rein bleiben, mein Sohn.'

Rein war es wie Mutter. Still nun, da Erich sich mit jener Frau verband. Nun hatte Mutter nur noch mich allein. Ich teilte ihre und sie meine Einsamkeit. Und wie wir kaum andere Menschen sahen, wurden wir eins, ganz eins, Mutter und ich, daß mir die übrige Welt fern und fremd schien. Ich arbeitete. Mutters Hände brauchten sich nicht mehr so zu mühen, denn meine großen, rauhen griffen zu, schoben sie zärtlich leise beiseite, daß sie in dem Schoß liegen konnten, die ein Leben lang für uns sich gemüht.

Aber: haben wir es ihr vergolten, fragte ich. Nicht Hans, nicht Erich und nicht ich. Dumpfe Zeit kam über mich, Abkehr von Heim und Häuslichkeit. Mutter schwieg, wenn ich abends ging, zuerst nur einmal, dann hier und da, endlich, als der Böse Macht über mich gewann, Abend für Abend. Ich mochte ihr nicht mehr in die erstaunten, vorwurfsvollen, betrübten Augen sehen. Mutter, liebe, liebe kleine Mutter, wie konnte das geschehen! Ich mied sie, weil ich ihr Weinen nicht ertrug. Und doch kehrte ich bald erst mit dem Morgen heim. Immer neuen Vorwand fand ich, ihr nicht zu begegnen. Endlich kam sie

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