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nommenen Vorarbeiten, wobei Varro (für Geschichte der Heilkunde), Lenaeus (pflanzliche Heilmittel), Nigidius Figulus (tierische Heilsubstanzen) und Sextius Niger besonders berücksichtigt wurden. Die Enzyklopädie des Plinius gehörte zu allen Zeiten zu den beliebtesten Werken der Weltliteratur und konnte durch Auszüge, z. B. durch die Collectanea rerum memorabilium des C. Julius Solinus aus dem 3. Jahrhundert (ed. A. Goez, Lips. 1777) oder durch die Medicina Plininiana aus dem 4. Jahrhundert (ed. Val. Rose, Lips. 1875) nicht verdrängt werden. Noch sind ungefähr 190 meist unvollständige Handschriften vorhanden; gedruckt wurde die Naturgeschichte nächst der Bibel als ältestes Produkt der Buchdruckerkunst bereits 1469 zu Venedig. Neueste Ausgaben von Sillig (Gotha 1853 ff.) und Detlefsen (Berlin 1866 ff.), deutsche Uebersetzungen von F. L. Strack (Bremen 1854 ff.) und Wittstein (Leipzig 1880 ff.).

Welchen Nutzen die Lektüre des Plinius stiften kann, beweist nicht zum mindesten die Tatsache, daß C. Himly im Jahre 1800 auf die Pupillen erweiternde Kraft des Hyosciamus und der Belladonna durch eine Stelle geführt wurde, wo es heißt, daß man den Saft der Pflanze Anagallis vor der Vornahme der Staroperation in die Augen einrieb (Lib. XXV, 92).

Neuburger, Geschichte der Medizin. I.

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Rezeptliteratur und Heilmittellehre.

Die mit dem zunehmenden Luxus der sinkenden Republik und noch mehr der Kaiserzeit einhergehende Weichlichkeit ließ alsbald jene therapeutische Richtung in den Hintergrund treten, welche eine fast arzneilose, diätetische Behandlungsweise zum Schlagwort gemacht hatte. Das Raffinement einer schwelgerischen Kultur durch beifallslüsterne, erwerbslustige Medikaster ans Krankenbett verpflanzt, äußerte sich in geschäftiger Polypragmasie und Polypharmazie, die auf die Torheit und den Wunderglauben spekulierte, in dem geistlosesten Empirismus ihre Stütze fand. Wer die meisten, die seltensten Arzneien verordnete, über geheime und abenteuerliche Mittel, insbesondere aus fernen Landen stammende, verfügte, der erlangte in jener, zwischen extremer Skepsis und Köhlerglauben schwankenden Zeit das höchste Ansehen als Arzt, und täglich wuchs der Reichtum an Drogen, welche der Handelsverkehr nach dem Mittelpunkt der lateinisch-hellenischen Welt brachte ein schwacher Ersatz für die mangelnden Ideen.

Solche Zustände mußten sich auch in der Literatur deutlich widerspiegeln, in den überhand nehmenden Rezeptsammlungen, die, bar jeder wissenschaftlichen Kritik, nur der Mode huldigten, der Routine dienten, aber durch den Schein der praktischen Nützlichkeit zum min. desten bei der denkfaulen Menge Ansehen erwarben; manche dieser Opera strebten sogar nach Dichterruhm, indem sie den banalen Inhalt, im Sinne eines bizarren Zeitgeschmacks, in metrische Formen brachten1), Eine Minderzahl von Aerzten unterzog sich allerdings der Mühe, die Arzneimittel naturwissenschaftlich zu untersuchen, die einfachen Stoffe auf ihren wahren Wert zu prüfen, in das Chaos einer regellosen Terminologie Ordnung zu bringen, für die Bereitungsweise und Dosierung feste Normen aufzustellen, also tatsächlich die Heilmittellehre zu ver bessern; die meisten Autoren dagegen vermehrten, von Gewinnsucht oder falschem Ehrgeiz angestachelt, nur die Zahl der Komposita, der Antidota, der seltsamen Panaceen, die sie mit poetischen Namen ausstatteten; sie verdienen kaum mit Recht Pharmakologen genannt zu werden, doch wurden ihre Rezepte durch den Strom der Literatur über Jahrhunderte hinausgetragen und zum großen Teil in das Arsenal der Medizin für die

1) Freilich hatte die metrische Form auch den Zweck, das Gedächtnis zu unter stützen.

Dauer einverleibt, wie z. B. das schmerzstillende Antidot des Philon von Tarsos, das Opium enthaltende „Philonium" oder der „Theriak" des neronischen Leibarztes Andromachos, ein aus mehr als 60 Stoffen zusammengesetztes Universalgegengift, welches in mannigfachen Modifikationen bis an die Schwelle der Neuzeit seinen Platz behauptete.

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Abgesehen von der im Auftrage des Pompejus vorgenommenen Uebersetzung der Gedenkblätter" des Mithradates durch Lenaeus und den Schriften der römischen Dilettanten: Publius Nigidius Figulus (Operum reliquiae ed. Swoboda, Wien 1889), Aemilius Macer (Gedichte über Gifte und Heilkräuter, Theriaka nach dem Muster des Nikandros), C. Valgius Rufus (eine unvollendete Heilmittellehre, welche mit einer Vorrede an Augustus begann, worin derselbe um seinen Schutz gegen alle Leiden der Menschheit angegangen wurde) wären aus der pharmakologischen Literatur namentlich folgende Autoren hervorzuheben: Antonius Musa, der Leibarzt des Augustus. Von ihm finden sich Rezepte bei Späteren; hingegen rühren die beiden unter seinem Namen laufenden Schriften De herba betonica und De bona valetudine zusammen herausgegeben von Florian, Caldani, Bassano 1800 nicht von ihm her), Maenius Rufus (zur Zeit des Celsus, komponierte ein beliebtes Purgans), Philon von Tarsos (bei Celsus ist sein Kollyrium erwähnt), die beiden Römer Julius (oder Tullius) Bassus und Sextius Niger (dessen vorzügliches Werk über Materia medica, Tepi Sλys, von Plinius hauptsächlich benützt wurde), Petronios Diodotos, Nikeratos (seine Schriften handelten unter anderem auch über die im Wasser lebenden, als Heilmittel dienenden Geschöpfe), Tiberius Claudius Quirina Menekrates aus Zeophleta (verfaßte neben sehr vielen anderen Schriften ein dem Claudius gewidmetes Buch über Heilmittel, worin die Gewichtsbestimmungen in Worten angegeben waren, um Verwechslungen vorzubeugen - betitelt αὐτοκράτωρ ολογράμματος αξιολόγων φαρμά xov); sein Emplastrum dia chylon, Bleiglättenpflaster mit Kräuterauszügen, hat sich, wenigstens dem Namen nach, bis heute erhalten; Xenokrates von Aphrodisias (schrieb über die Materia medica und über animalische Nahrung περὶ τῆς ἀπὸ τῶν ζώων τροφῆς, wovon der Abschnitt über eßbare Wassertiere [. . àñò ivóðpшv pops] noch vorhanden, vergl. Ideler, Physici et medici graeci minores, Lips. 1841, I, 121 ff.); neben manchen rationellen Rezepten hat er ganz besonders dazu beigetragen, den Glauben an die Wahrsagekunst, an Geheimmittel und an die wunderbare Heilkraft tierischer Stoffe zu verbreiten; so kamen in seinem Arzneischatz vor: Teile des Nilpferdes und Elefanten, Fledermausblut, ferner Teile des menschlichen Körpers, wie Fleisch, Gehirn, Leber, Knochen, Blut, Schweiß, Ohrenschmalz, Sperma, Harn und Fäces (zum Einreiben von Mund und Hals), Heras aus Kappadokien (schrieb ein Werk über Heilmittel vápn Arzneikasten). Andromachos der Aeltere aus Kreta, berühmt durch seine Modifikation des Mithridations (Zusatz von Vipernfleisch), den Theriak, Impiany i excovшv ý xahovμévy rain Windstille, in 174 elegischen Distichen beschrieben (Bussemaker, Poetarum de re physica et medica reliquiae, Paris 1851). Der Theriak genoß im späteren Altertum und Mittelalter nicht nur als Antidot im engeren Sinne, sondern auch als Mittel gegen Infektionskrankheiten das höchste Ansehen. Noch im 18. Jahrhundert wurde er unter allerhand Zeremonien bereitet. Sein Sohn Andromachos der Jüngere (von dem noch viele Rezepte überliefert sind, veröffentlichte Schriften über Heilmittel gegen innere, äußere und Augenkrankheiten); der Zeitgenosse des älteren Andromachos, Servilius Damokrates, ein zu seiner Zeit hoch berühmter, aber für komplizierte Rezepte allzu sehr eingenommener Arzt, von

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dessen, in Versen abgefaßten pharmakologischen Werken Fragmente auf uns gekommen sind (Damocratis Servilii carmina medicinalia ed. Harless, Bonn 1833). Asklepiades Pharmakion (wandte menschliche und tierische Exkremente mit Vorliebe an), Aglaias aus Byzantion (Mittel gegen den grauen Star in 13 Distichen); der Arzt und Botaniker Pamphilos (Verfasser eines alphabetisch angeordneten Kräuterbuches mit Synonymenliste), verschieden von dem früher lebenden gleichnamigen Salbenhändler Pamphilos, der sich durch den Verkauf eines Mittels gegen Mentagra in Rom große Reichtümer erworben hatte. Ailios Promotos (hinterließ mehrere zum Teil handschriftlich erhaltene Werke über Heilmittel und Gifte). Zu den besseren Produkten zählen die Compositiones medicamentorum des Scribonius Largus, ein ärztliches Taschenbuch, welches 271 Rezepte, nach den Körperteilen vom Kopf bis zu den Füßen angeordnet. enthält und um das Jahr 47 n. Chr. mit einer Widmung an den Kaiser Claudius veröffentlicht wurde. Nebst der eigenen Erfahrung benützte der Verfasser sorgfältig die Vorarbeiten und entnahm diesen manches Gute, doch scheute er sich auch nicht abenteuerliche, abergläubische Volksmittel in dem Rahmen seiner fleißigen Zusammenstellung aufzunehmen. Von Interesse ist es, daß Scribonius Largus als erster die Gewinnung des Opiums richtig beschrieb und bei heftigem Kopfschmerz die Applikation des Zitterrochens (elektrische Schläge!) empfiehlt.

Scribonius Largus dankte seine sehr ausgebreitete Praxis vornehmlich dem Umstande, daß er auch die medikamentöse Behandlung, die er anknüpfend an Herophilos, gegen die orthodoxen Anhänger einer ausschließlich diätetischen Therapie verteidigte, mit hingebungsvollem Eifer pflegte. Durch den Einflu eines mächtigen Gönners (des freigelassenen Julius Callistus) an den Hof gezogen behandelte er auch Mitglieder der kaiserlichen Familie (z. B. Messalina) and begleitete den Claudius auf seinem Zuge nach Britannien. Diese Reise, sowie jede sonstige Gelegenheit benützte er, um seine Kenntnis der Arzneistoffe und seine Sammlung von Rezepten zu ergänzen; einzig auf dem Boden einer wenig kritischen Empirie stehend, raffte er nicht bloß aus der griechischen Literatur zahlreiche bewährt befundene Heilformeln zusammen, sondern erwarb noch außerdem von Aerzten, Dilettanten und Kurpfuschern manches berühmte Geheimmittel um schweres Geld, die uns überkommenen Compositiones (ed. G. Helmreich, Leipzig 1887, Teubner; deutsche Uebersetzung bis Kap. 79 mit Kommentar von Felix Rinne, Halle 1896, in Koberts Histor. Studien) enthalten daher neben rationellen Rezepten viele Volks- und Wundermittel (z. B. gegen Epilepsie, auch ein von einer römischen Dame gebrauchtes, gegen Kolik ein Mittel, das von einer afrikanischen Kurpfuscherin stammte, abergläubische tierische Heilmittel, sogar die Leber eines getöteten Gladiators!). Manchmal regt sich in ihm wohl die bessere Einsicht und ärztliche Kritik, aber nur selten; Erklärungen für die Wirkung der Arzneimittel finden sich nirgends und für den ausbleibenden Erfolg seiner erprobten Kompositionen hat er die Entschuldigung bei der Hand, daß die Verschiedenheit der Körperbeschaffenheit, des Alters, der Zeit oder des Ortes einen nicht vorher zu bestimmenden Einfluß äußern könne. Immerhin weht besonders durch die Vorrede des Werkchens ein sympathisch be rührender Zug von Gewissenhaftigkeit, womit sich die beredte Klage über den geistigen und sittlichen Verfall der zeitgenössischen Kollegen verbindet. Schön sind namentlich die Worte, die er dem ärztlichen Beruf widmet: „Idcirco ne hostibus quidem malum medicamentum dabit, qui sacramento medicinae legitime

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est obligatus; sed persequetur eos, cum res postulaverit, ut miles et civis bonus omni modo, quia medicina non fortuna neque personis homines aestimat, verum aequaliter omnibus implorantibus auxilia sua succursuram se pollicetur nullique umquam nocituram profitetur." Wissenschaftlicher Geist ist nur bei einem der zahlreichen Pharmakologen dieses Zeitalters zu erkennen, bei Pedanios Dioskurides, welcher von der ersten reiferen Jugendzeit an, dem Gegenstand unablässiges Interesse entgegenbrachte und nicht allein aus guten Vorarbeiten, sondern auch aus der eigenen Anschauung schöpfte. Dioskurides aus Anazarba in Kilikien diente zur Zeit Neros im römischen Heere als Arzt und benützte die beim Besuche der verschiedensten Gegenden erworbenen botanisch-pharmakologischen Kenntnisse für seine kurz vor 77 oder 78 n. Chr. in fünf Büchern verfaßte Arzneimittellehre (óλxá) — ein Werk, das durch Vollständigkeit, Kritik und Sorgfalt der Beschreibung unter allen übrigen einschlägigen Arbeiten unvergleichlich hervorragt und lange Zeit unübertroffen blieb. Dioskurides, frei vom Dilettantismus oder Dogmatismus der meisten Vorgänger, nur der exakten Tatsache vertrauend, erreichte in bewundernswerter Weise das vorgesteckte Ziel, durch genaue Schilderung der Arzneikörper aller drei Reiche, durch scharfe Fixierung der Terminologie, durch verläßliche Angaben über Zubereitung, Aufbewahrung, Echtheitsprüfung, Anwendung, Dosierung und Wirkung, die Heilmittellehre zu vereinfachen, die Polypharmazie in die richtigen. Grenzen zu bannen. Der Nachdruck ist begreiflicherweise auf die vegetabilischen Heilkörper gelegt; in einem besonderen Kapitel wird jede einzelne Pflanze in toto beschrieben. Name, Synonyma, Standort gehen den pharmakologischen und pharmakodynamischen Angaben voran, und wie vortrefflich die Botanik von Dioskurides dargestellt ist, geht daraus hervor, daß trotz der großen Schwierigkeit die Mehrzahl der beschriebenen Pflanzen in neuerer Zeit identifiziert werden konnte. Hervorzuheben ist es auch, daß er alle in Arabien einheimischen Heilpflanzen kennt, und daß man in seinem Werke zuerst auf die chemische Zubereitung der (nur äußerlich angewendeten) metallischen Mittel stößt. Bei solchen Vorzügen im ganzen hat er sich in Anbetracht des Zeitgeistes auch vom Aberglauben möglichst fern gehalten ist es nicht zu verwundern, daß Dioskurides bis in die Neuzeit die Führerrolle einnahm und noch heute im Orient die Bedeutung eines Orakels besitzt.

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Statt Dioskurides findet sich in der Literatur auch die Lesart Dioskorides, statt Pedanios auch Pedakios; als Beiname kommt Anazarbeus, aber auch Tarseus vor, letzterer weil Anazarba in der Nähe von Tarsos gelegen war. Dort, wo eine höhere Lehranstalt für Philosophie bestand, machte er wohl seine ersten Studien, die sodann wahrscheinlich in Alexandreia fortgesetzt wurden. Einer bestimmten Aerzteschule schloß sich D. nicht an, wie er denn in seiner Arzneimittellehre die Wirkung

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