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Die Medizin der alten Aegypter.

Tiefere Spuren als Babel hat das Reich der Pharaonen im Gedächtnis der Menschheit zurückgelassen, durch alle Zeiten blieb die Erinnerung an die Kultur des Nillandes lebendig wegen ihrer innigen und wiederholten Verknüpfung mit der Gesittung und Bildung der Mittelmeervölker.

Seit Jahrtausenden wachen die himmelstarrenden Pyramiden darüber, daß die Glanzepoche ihres Heimatlandes sich unvergessen im Bewußtsein zahlloser Geschlechter erhält; Bibel und Homer, hellenische Philosophen und Geschichtschreiber trugen weithin den Ruhm der ägyptischen Wissenschaft und Kunst, längst nachdem die Hieroglyphen zum unentwirrbaren Rätsel geworden. Und gerade in düsteren Zeiten und dort, wo nur das Dämmerlicht des Wunderglaubens trübe flackerte, wurde das ägyptische Priestertum als Urquell tiefster Mystik und verborgenster Künste gefeiert. Ein verhülltes Bild, mehr angestaunt als erfaßt, wirkte die uralte Weisheit mit magischem Nimbus auf Gemüt und Phantasie, gerade, weil niemand im stande war, der schweigenden Sphinx die Zunge zu lösen.

Ein Zipfel des Schleiers, der die ägyptische Kultur der Neugier entzog, konnte erst gelüftet werden, als die Dreispracheninschrift, „der Stein von Rosette", den Schlüssel zum Verständnis der vergessenen Schrift und Sprache des Pharaonenlandes in die Hände spielte, als der Scharfsinn der Gelehrten die Geistesschätze verflossener Jahrtausende aus Tempel- und Grabbauten, aus Inschriften und Papyrushandschriften wieder an den Tag brachte. Dank der mühevollen Arbeit des vergangenen Jahrhunderts, dank dem Wüstensand und dem fast regenlosen Klima Aegyptens, welche die Konservierung der altersgrauen Kulturreste überraschend begünstigten, vermögen wir heute weit besser als die zeitlich so viel näherstehenden Griechen und Römer, wenigstens in großen Zügen, die jahrtausendelange Entwicklung zu überblicken: die politische Geschichte und Staatswirtschaft der Aegypter, ihre Lebensformen, ihre Religionsanschauungen, ihre künstlerischen, gewerblichen und technischen Leistungen, den Inhalt ihrer Wissenschaft. Viele neue Perspektiven eröffneten sich nach Erschließung der Trümmerhügel und Ruinenstätten, aber auch manches überschätzende

Neuburger, Geschichte der Medizin. I.

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Urteil schmolz dahin unter dem Läuterungsfeuer der kritischen Autopsie.

Die imposante Architektonik, die dekorative Geschicklichkeit und Naturwahrheit der Kunstdarstellungen, die erstaunlich entwickelte chemische Technologie, der früh aufkeimende und in der Konstruktion der verschiedensten Bauten glänzend zu Tage tretende mathematischgeometrische Sinn, das reiche Schrifttum mit seiner Verzweigung in religiös-philosophische, rein wissenschaftliche und dichterische Werke (lyrisch-didaktische Poesie, Märchen-, Romanliteratur) all dies übertrifft, namentlich im Hinblick auf die Entstehung in grauer Vorzeit, auch die gespanntesten Erwartungen. Anderseits aber ist nicht zu verkennen, daß die bisher aufgefundenen Urkunden den weltumspannenden Ruhm der ägyptischen Mathematik und Astronomie nicht ganz begründet erscheinen lassen, wenn die entsprechenden babylonischen Leistungen das Vergleichsobjekt bilden. Und nicht minder fällt es auf, daß wir den, jede individuelle Regung alsbald unterdrückenden Schematismus des geistigen Lebens nirgends, weder in Religion noch in der Naturerkenntnis, zu einer einheitlichen Auffassung, zur reinen Abstraktion aufsteigen sehen1), daß sich überall, auch in den sublimsten Fragen, nur eine unklare Begriffsbestimmung und ein übermäßiges Hangen am Sinnlichen, am Stofflichen bemerkbar macht, welches der Völkerpsychologie Afrikas im besonderen Grade eigen ist. (Fetischismus, tierköpfige Götter. Ueberwiegen der Lokalgötter gegenüber den kosmischen Mächten.) Mögen zukünftige Funde diesen Eindruck modifizieren, schon jetzt aber wird es immer mehr offenkundig, daß die vorher behauptete Abgeschlossenheit der ägyptischen Kultur durchaus nicht für den ganzen Umfang ihrer Entwicklung zu Recht besteht (dies beweist schon die Sprache, die Religion und die Kunst mit den vielfachen Entlehnungen), sondern daß sich eine schubweise, wiederholt geltend machende asiatische Befruchtung (unter der Hyksosherrschaft, in der Amarnazeit u. s. w.) verfolgen läßt, welche die autochthone Neigung zur Erstarrung, den Hang zur frühzeitigen Kodifizierung der Errungenschaften überwindet und neue Impulse zu weiteren Fortschritten einflößt. Tatenfroher Realismus im Bunde mit einem Mystizismus, der stark an das Sinnliche gekettet ist, geben dem Aegyptertum die charakteristische Prägung.

Den gleichen Eindruck empfängt man auch von der ägyptischen Heilkunst, soweit die bisher erschlossenen Quellen ein abschließendes

1) Dies zeigt sich besonders in der Geometrie, welche stets nur auf die Lösung einzelner Probleme gerichtet war, ohne sich zu allgemeinen Sätzen zu erheben. Ebenso blieb den Aegyptern der Gedanke einer Erdkarte fremd, und man beschränkte sich nur auf die geographische Wiedergabe einzelner Bezirke u. s. w.

Urteil gestatten, nur mit dem Unterschiede, daß hier der gesunde Realismus in Form einer überaus reichen Empirie, die selbst durch den Mystizismus hindurchleuchtet, dem Gesamtbilde sehr zum Vorteil gereicht, während die mangelnde höhere Abstraktion, namentlich in Anbetracht der frühen Entwicklungsstufe, nur wenig in die Wagschale fällt.

Der Ruf, den die ägyptischen Aerzte und die sanitären Zustände des Pharaonenreiches genossen, war sehr bedeutend; wohl die höchste Anerkennung, welche das klassische Altertum zu bieten vermochte, lag darin, daß manche der griechischen Denker, angesichts der Pyramiden, im Nillande die Vorbilder für die heimischen Leistungen vermuteten. Schon Homer deutet auf die uralten Einflüsse hin und preist den hohen Standpunkt der Medizin der Aegypter, indem er von ihrem Lande sagt:

„Dort bringt die fruchtbare Erde

Mancherlei Säfte hervor, zu guter und schädlicher Mischung.
Dort ist jeder ein Arzt, und übertrifft an Erfahrung

Alle Menschen; denn wahrlich sie sind vom Geschlecht Paëons."
(Odyssee IV, 229-232.)

Nachrichten über ägyptische Medizin finden sich bei Herodot, Diodor, dem kirchlichen Schriftsteller Clemens Alexandrinus (2. Jahrhundert n. Chr.), ferner in der Naturgeschichte des Plinius, der ebenso wie Dioskurides ägyptische Heilmittel er

wähnt.

Herodot erklärt Aegypten für das gesündeste Land (neben Libyen), doch erfüllt von Aerzten, von denen der eine nur die Leiden des Auges, der andere diejenigen des Kopfes, der Zähne, des Unterleibs oder der inneren Organe behandle"; auch berichtet er (ebenso Xenophon), daß Kyros und Dareios ägyptische Aerzte zu sich beriefen. Diodor sagt, daß die ägyptischen Aerzte von übermäßiger Nahrungsaufnahme die Entstehung der Krankheiten herleiteten, vorzugsweise durch Fastenlassen, Brech- und Abführmittel heilten und zur unentgeltlichen Behandlung der Krieger und Reisenden verpflichtet waren, da sie ohnedies vom Staate Besoldung empfingen; derselbe Autor bemerkt auch, daß der unglückliche Ausgang einer Kur, welche der gesetzmäßig festgelegten Behandlungsweise entsprach, dem Arzte nicht zur Last fiel, während ein eigen mächtiges Vorgehen, das sich über die herkömmlichen Schranken hinwegsetzte, im Falle des Exitus letalis sogar Todesstrafe nach sich ziehen konnte. Die medizinische Wissenschaft soll nach dem Berichte des Clemens Alexandrinus, in den sechs letzten der 42 hermetischen Bücher festgelegt gewesen sein, deren Abfassung dem Gotte Thot (= Hermes der Griechen, daher der Name „hermetisch“) zugeschrieben wurde; sie hießen (nach den Anfangsworten Ha em re em per em hru es fängt an das Buch vom Bereiten der Arzneien für alle Körperteile) Ambre oder Embre und betrafen der Reihe nach: den Bau des menschlichen Körpers, die Krankheitslehre, die Chirurgie, die Arzneimittel, die Augenkrankheiten, die Frauenleiden. Die von Dioskurides angeführten ägyptischen Drogenbezeichnungen konnten nur zum allergeringsten Teile identifiziert werden.

Das Zeugnis Homers und die Hinweise der griechischen Geschichtschreiber ließen zwar ein hohes Alter der ägyptischen Medizin vermuten, doch reichten die Schätzungen nicht entfernt an die Wirklichkeit heran. Heute wissen wir, daß die Griechen, als sich ihnen im 7. Jahrhundert das Nilland eröffnete, nicht die Blüte, sondern den Verfall der ägyptischen Medizin antrafen, und daß deren höchste Entwicklungsstufe, wenn die Originalität der literarischen Produktionen den Maßstab abgibt, vor das zweite Jahrtausend zu verlegen ist. Denn, wie sicher erwiesen, wurden die beiden Papyrusrollen, welche hauptsächlich für unsere Kenntnis der ägyptischen Heilkunde in Betracht kommen: der Papyrus Ebers und der (größere Berliner medizinische) Papyrus Brugsch, um die Mitte des 16. bezw. im 14. Jahrhundert v. Chr. niedergeschrieben; beide Werke sind aber nichts anderes als Kompilationen aus älteren Schriften, die zum Teil auf die Pyramidenzeit (3. oder 4. Jahrtausend) zurückdatiert werden.

Der im Besitze der Leipziger Universitätsbibliothek befindliche Papyrus Ebers übertrifft die übrigen bisher aufgefundenen medizinischen Papyri durch den Reichtum des Inhalts, durch die Schönheit der Schrift und durch seine beinahe vollkommene Lückenlosigkeit. Er besitzt eine Länge von mehr als 20 m, eine Höhe von 30 cm, und besteht aus 108 Spalten mit 20-22 Zeilen in hieratischer Schrift; durch ein Versehen des Schreibers sind bei der Numerierung der Spalten die Zahlen 28 und 29 übergangen, so daß die letzte Tafel nicht mit 108, sondern mit der Zahl 110 schließt. Mittels einer Kalendernotiz, die von anderer Hand geschrieben auf der Rückseite der ersten Spalte steht, konnte festgestellt werden, daß der Papyrus spätestens um 1550 v. Chr., vielleicht aber schon zur Zeit der Hyksos, abgefaßt worden ist. Die Vorderseite trägt einen, aus verschiedenen kleineren Stücken ungleichartigen Ursprungs bestehenden Text, der aus Heliopolis und Sais herstammen soll; die 12 Spalten umfassende Rückseite, deren Hauptabschnitte ein Traktat aus Letopolis und eine the banische Schrift vorwiegend chirurgischen Inhalts bilden, nimmt auf die Vorderseite des Papyrus keinen Bezug. Das Ganze stellt demnach keine Originalarbeit, sondern eine lose Kompilation von Abschnitten dar, was schon daraus hervorgeht, daß an einigen Stellen mitten im Text die Worte quem-sen = „gefunden zerstört" stehen; im wesentlichen ist es eine Rezeptsammlung (über 900) gegen eine beträchtliche Anzahl von Affektionen (Symptome und Symptomenkomplexe). Einige Abschnitte besitzen ein sehr hohes Alter, so namentlich Taf. 103, welche beginnt: „Anfang des Buches vom Vertreiben der uched u in allen Gliedern einer Person, so wie es in einer Schrift unter den Füßen des Gottes Anubis in der Stadt Letopolis gefunden wurde; es wurde zu Sr. Majestät dem König von Ober- und Unterägypten Husapaït (Usaphaïs) gebracht." Husapaït (Chasty) war der fünfte König der ersten Dynastie (um 3700 v. Chr.), der Abschnitt stammt also aus dem 4. Jahrtausend v. Chr. Weiteren Kreisen ist der Papyrus Ebers durch eine Edition und eine Uebersetzung zugänglich gemacht worden: Papyros Ebers. Das hermetische Buch über die Arzneimittel der alten Aegypter in hieratischer Schrift. Herausgegeben mit Inhaltsangabe und Einleitung versehen von Georg Ebers. Mit hieroglyphisch-lateinischen Glossen von Ludwig Stern. 2 Bände, Leipzig 1875. Papyros Ebers. Aus dem Aegyptischen zum ersten Male vollständig übersetzt von H. Joachim, Berlin 1890. - Der Inhalt des Pap. E. ist vorwiegend

pharmakotherapeutisch, das theurgische Element (mit dem Ueberwiegen der Gebete über Beschwörungen) steht im Hintergrunde.

Der weit schwerer lesbare, schlecht erhaltene, 5 m lange Papyrus Brugsch major des Berliner Museums, welcher aus 24 Spalten besteht, viel stärkere Spuren des fleißigen Benützens trägt und aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. (Epoche Ramses II.) herrührt, ist von Brugsch herausgegeben (Recueil de Monuments egyptiens II, Tafel 85-107), aber bisher nur teilweise übersetzt worden. Er besitzt ein ähnliches Gepräge wie der Pap. Ebers (170 Rezeptformeln), doch tritt in ihm die magische Therapie (besonders in der Geburtshilfe) schon etwas stärker hervor. Die Quellen, aus denen der Papyrus Brugsch zusammengestellt worden war, decken sich zum großen Teil mit jenen des Pap. Ebers, wobei jedoch ersterer in einzelnen Abschnitten ausführlicher gehalten ist. Zu dem oben zitierten Abschnitt aus Pap. Ebers „Anfang des Buches vom Vertreiben der uchedu" findet sich (Taf. 15) eine Parallelstelle, die noch weitere Aufschlüsse erteilt: „Anfang des Buches vom Vertreiben der Krankheiten, gefunden in einer alten Schrift in einer Kiste mit Schreibsachen unter des Gottes Anubis Füßen in Letopolis unter Sr. Majestät des ägyptischen Königs Usaphaïs Regierung. Nachdem er gestorben war, wurde das Buch zu Sr. Majestät dem König von Aegypten, Sent, auf Grund seiner Vortrefflichkeit gebracht." Sent (Sendi) war der fünfte König der zweiten Dynastie.

Der in neuester Zeit von G. A. Reisner (Leipzig 1905) edierte Papyrus Hearst, stammt ungefähr aus derselben Zeit wie der Pap. Ebers und besteht etwa zu 2/3 aus Abschnitten, die mit dem Papyrus E. identisch sind, und zwar sind nicht nur einzelne Rezepte, sondern ganze Rezeptgruppen manchmal die gleichen. Es scheint demnach eine bedeutende Anzahl kleiner Rezeptsammlungen damals gegeben zu haben, welche nach Belieben geordnet wurden.

Der kleinere Berliner medizinische Papyrus 3027 (in der Zeit des Lebergangs vom mittleren zum neuen Reich abgefaßt und aus 15 Seiten bestehend) wurde unter dem Titel „Zaubersprüche für Mutter und Kind", von A. Erman herausgegeben und übersetzt (Berlin 1901). Sein Inhalt bezieht sich nur auf die abergläubischen Gebräuche der Wochen- und Kinderstube; mit Ausnahme von drei eigentlichen Rezepten bringt die Schrift bloß Zauberformeln.

Weitere Aufschlüsse sind zu erwarten von der Herausgabe des Londoner Papyrus Birch (aus der Zeit der 18.-19. Dynastie), neben welchem sich im British Museum noch ein zweiter medizinischer Papyrus (aus der 12. Dynastie) befindet. In den Beginn des „mittleren" Reiches (Zeit der 12. Dynastie) fällt die Abfassung der beiden ältesten unter den bisher bekannten Papyris, nämlich des Veterinärpapyrus und des gynäkologischen Papyrus von Kahun, welche Flinders Petrie auffand und Griffith veröffentlichte; beide wurden Ende des 3. oder spätestens im Anfang des 2. Jahrtausends niedergeschrieben. Der (hieroglyphische) Veterinärpapyrus steht auf streng empirischem Standpunkte und enthält rationelle chirurgische und sonstige äußere Vorschriften zur Behandlung wohl erfaßter Symptomenkomplexe (nicht einzelner Symptome!), der gynäkologische Papyrus, welcher in sehr schlechtem Zustande erhalten ist (die ersten Spalten wurden schon vor 4000 Jahren beschädigt und durch Aufkleben kleiner Makulaturstreifen auf dem Rücken ausgebessert), stellt eine Kompilation aus zwei Quellen dar; seine therapeutischen Maßnahmen sind zumeist arzneilich, frei von Theurgie (?); dem Uterus wird ein Steigen und Fallen, also Herumschweifen im Leibe zugeschrieben.

Von geringerer Bedeutung für die Kenntnis der altägyptischen Medizin sind die Texte magisch-medizinischen Inhalts in den Museen zu Leiden, Turin, Paris und Boulaq. Die demotisch geschriebenen Texte sind frühestens im 1. Jahrtausend

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