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ist und ein fremder Ton den alten verdrångt hat, ist ein Volk gånzlich besiegt und vernichtet.

Es ist darum nicht leere, müssige Liebhaberei, oder nur allein Huldigung der Schönheit, oder gar Eitelkeit und blinde Vorliebe, wenn eine gebildete Na= tion ihre Dichter ehrt, die vergessenen wieder hervorsucht, erklärt, sammelt und mit immer neuer Liebe das Alte von neuem lebendig macht. Je mannigfaltiger die poetische Literatur eines Volkes ist, um so mehr wird sich auch in den übrigen Verhältnissen ein reiches Leben entwickelt haben; um so weiter es seine dichterischen Erinnerungen in die Vorzeit hinauf führen kann, um so treuer wird es an seinen Sitten hangen, um so selbstständiger, fester und sichrer wird es auch in seiner politischen Kraft und Eigenthümlichkeit erscheinen, wenn die alten Denkmale und deren Gesinnungen wirklich noch das Volk beleben, und nicht etwa nur dazu dienen, dem Gelehrten ein Feld für eigensinnige Forschungen darzubieten. Es war eine dürftige Zeit des deutschen Lebens wie unserer Literatur, als selbst der Kenner die Geschichte der Poesie mit Opiß anfing. Ueber Hans Sachs hinaus reichte auch lange nachher noch die Bekanntschaft der Forschenden nicht, und der Deutsche kann den Bemühungen eines v. d. Hagen, Grimm und anderer Freunde nicht bankbar genug

sein, die uns die Nibelungen nun als Grundlage und festen Boden unserer poetischen Literatur gelegt und erklärt haben. Unstreitig hat der Deutsche die älteste wahre Poesie in Europa und sein Nachbar jenseit des Rheines, der Nordfranzose, kann et= wa nur noch mit ihm in diesem Ruhme wetteifern: denn schon geraume Zeit vor Dante blühte die deutsche Sprache in Zier und Lieblichkeit, die nachher nie wieder so zart ausgebildet wurde, in Kraft und Fülle, die späterhin in Dürftigkeit und Hårte traurig ausarteten.

Es ist zu hoffen und zu wünschen, daß unser altes National Epos populårer wird und bleibt, als es der alte Eid bei den Spaniern ward, welches Gedicht (in Alexandrinern) sich freilich auch in Schönheit und Kraft nicht mit den Nibelungen messen kann. Die Minnesånger müssen freilich dann auch mehr Eingang finden, damit jeder ge= bildete Deutsche erfahre, was seine herrliche Spra= che damals vermochte, und in welchen Liebes- und Zaubergedichten sich die berauschten und begeisterten Eschilbach, Gottfried, Herrmann und verwandte Geister versuchen durften. Ist dieser Wunsch kein unmöglicher, geht er nur irgend in Erfüllung, fo gewinnt der Deutsche dadurch einen unendlichen Vortheil über die andern Nationen, und seine Lite

ratur die ächte Begeisterung, der Einfluß der åls testen Sagen und Gesinnungen kann wohlthätig und mit wahrer Kraft des Vaterlandes auf alle Generationen hinaus belebend wirken. Die Nibelungen wenigstens scheinen dem Volke jezt schon anzugehören.

Der Italiåner kennt seine Poesie nur von Ariost an, Petrarca ist nicht populår und Dante war es noch weniger, doch deuten vielleicht die vielfachen Auflagen dieses großen Dichters in der neuesten Zeit darauf hin, daß die Nation ein innigeres Interesse an dem Begründer ihrer Sprache nimmt, was auf eine erfreuliche Wiederbelebung der edleren Stämme hindeuten möchte: und Zeit wäre es, daß dieses Volk sich besönne und wieder die erlahmten Kräfte erhöbe. Ein großer Dichter ist die schönste Fahne, um welche sich die geistigen Streiter vereinigen können.

In Spanien beginnt die neue populäre Poesie mit Boscan und Garcilasso, ohngefähr um die Seit des Ariost. Der naive Romanzenton des Landes ist ålter, aber nur weniges vom frühern Ursprünglichen übrig geblieben. Wenn Cervantes die Prosa bildete, so überbot sein Zeitgenoß Gongora die Nachahmung italianischer Kunst, welche Garci lafso eingeführt hatte, um eine conventionelle, fast räthselhafte Künstlichkeit einheimisch zu machen, die

seitdem geistreich peinigend aus den meisten Werken sprach. Die Uebersättigung und zugleich die nåhere Bekanntschaft mit der französischen Literatur bewog einige Stimmführer, fast in Gottscheds Weise, eine arme Nüchternheit für das richtige Maaß, und eine negative Trockenheit, das blosse Verläugnen und Verkennen des Vaterländischen und Großen für das Vortreffliche und Nothwendige zu halten. Der Sinn für die einheimische Poesie konnte nicht vernichtet werden, und fand seine Vertheidiger, unter denen in unsern Tagen sich die lautesten Stimmen erhoben, so daß er wohl die pedantische Verehrung des Fremden wieder ausstoffen wird. ;

Bei den Engländern sind Shakspeare und sein Zeitgenoß Spenser die Begründer der jegt bei ihnen lebenden Poesie. Die Erinnerung reicht bis Chaucer hinauf und der Ton der Sprache klingt von jener frühern Zeit noch jest bürgerlich, schlicht und humoristisch scharf in die neuesten Werke hinein. Von jenem Kampfe, den alle neuen Sprachen haben durchstreiten müssen, um fremde Kunst und Form von dem gesteigerten, geistigen Streben, welches die Poesie vom Volke trennen und als höhere Weihe nur dem Gebildeten verständlich machen will, hat die englische Literatur nur wenig und nur vorübergehend erfahren. Jene Uneignung fremder For

men geschah schon zu Chaucer's Zeit, und, wie es scheint, ohne vielen Widerspruch. Auch ließ man dies Gewonnene wieder fallen, und nur in unsern neusten Tagen sind wieder jene italiånischen Kunstformen versucht worden, doch ohne herrschend zu werden, oder das Einheimische irgend zu verdrängen.

Die jüngste poetische Literatur hat der Franzofe, der alles als unbrauchbar weggeworfen hat, was vor Corneille, Moliere und Racine, vor dem Zeitalter Ludwig's des vierzehnten geschehen ist, sei es auch noch so wichtig; denn wenn er etwa auch noch Malherbe gelten läßt, und Marot nennt, so wird doch dieser, wie einige andere, die vielleicht noch bedeutender sind, nur wenig beachtet. Nirgend, als in Frankreich, ist neue und alte Literatur so scharf ge= schieden und wie durch eine tiefe weite Kluft auf immerdar von einander gesondert. Es ist eine sonderbare Erscheinung, daß in einer Nation, die die Lieblichkeit ihrer alten Sprache verkennt, die die glänzenden Ges dichte des Mittelalters verwirft, neuerdings viele haben auftreten wollen, ihr die sogenannte Romantik annehmlich zu machen. Diese Reformatorer müssen von fremden Nationen Edne, Bilder unt Gesinnungen borgen, die in der eignen nahe liegen: den Literatur sich nicht mehr vernehmlich machen, und es ist daher zu glauben, daß dieses Bestreben

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