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Lebensgenuß betrafen, aufgefunden werden konnte. In die durch diese Geschichte erregte Stimmung greift vortrefflich das krachende Zerspringen der Decke in einem Schrank ein, welches die Gesellschaft plöglich erschreckt. Man erfährt bald darauf, daß in derselben Nacht und Stunde ein von demselben Meister Röntgen gearbeiteter ganz gleicher Schrank bei einer Feuersbrunst jenseits des Rheins ein Raub der Flammen geworden: eine scheinbare Sympathie sogar des Todten.

In der zweiten Erzählung, die dem Französischen nur mit einer etwas andern. Schlußwendung nacherzählt ist, wird die Versuchung zum Vergehen durch die Lift des Advocaten physisch überwunden, insofern er scheinbar auf die Anträge der jungen Frau eingeht, fie aber durch strenges Fasten u. dgl. so zu ents finnlichen weiß, daß sie in ihrer körperlichen Ermattung auch zur. moralischen Besinnung gelangt.

In der dritten Erzählung endlich wird es Ernst sowohl mit der Verschuldung als mit der Selbstüberwindung. Die abstracte Grundlage ist die Sophistik eines jungen Mannes über das. Eigenthumsrecht. Ein Sohn redet sich ein, das Geld seines Vaters, auch ohne deffen Wissen, als das seinige benußen zu dürfen. Nachdem er von verschiedenen Seiten her diesen Communismus als das Rechte sich eingebildet, erfrecht er sich zum Diebstahl an dem Gelde des Vaters, indem er heimlich die Caffe desselben öffnet und Geld herausnimmt, einem jungen Mädchen, das er liebt, Geschenke machen zu können. Allein sein. Gewissen erwacht. Er kommt mit der Sophistik nicht dagegen auf und ermannt sich nun zur Sparsamkeit, zur Entsagung, dem Vater die gestohlene Summe wieder zu erseßen und überhaupt ein tüchtiger Mensch zu werden. Dies gelingt ihm auch. Die Gelegenheit ist eben so wohl eine Göttin, die zum Bösen, als die zum Guten hilft. Er findet sich in der Ausführung seiner guten Vorfäße von Außen her über sein Erwarten ́mannigfach unterstügt und macht in der Familie, die er später selbst begründet, die Kunst, der Selbstversagung zum pädagogischenMittelpunct.

Auf diese Geschichte, in welcher also nicht blos die Abstinenz durch Schwächung der Begierden, sondern die reine Kraft

des Geistes den Sieg über das Böse davon trägt, folgt schließ lich das Mährchen als eine Vision der allgemeinen Welts verjüngung. Das Mährchen, wie Göthe selbst sagt, soll uns an Alles und Nichts erinnern. Man darf es nicht haarklein auslegen wollen. Wenn der Dichter uns jedoch heut zu Tage noch ein Mährchen vorträgt, so kann ein buntes, traumartiges Gaukeln der Phantasie allein nicht befriedigen. Wir ver langen einen ideellen Gehalt. Unsere Phantasie will im Spiel der phantastischen Arabesken den Anklang der Idee nicht absolut vermissen. Göthe, der eine so außerordentliche Begabtheit gerade für die Mährchenpoesie besaß, ist, wie wir schon früher bemerkten, vorzüglich sparsam in dieser Production gewesen. Das Knabenmährchen, das Mährchen von der neuen Melusine, welches er der Friederike Brion und ihrer Schwester in der Laube zu Sensen= heim erzählte, und dies Mährchen von der Schlange sind alle seine Mährchen. Sehen wir, welche Tendenz wir wohl in dem legteren finden können, wobei wir den Vorbehalt machen, gegen jede andere Auslegung unbedingt tolerant zu sein und die unsrige daher auch nur eine hypothetische nennen wollen. Wir werden finden, daß wir hier keine wild luxurirende, in groteske Zufälligs keiten zerfahrende, in's Chaotische sich auflösende Träumerei, sondern wirklich eine an Inhalt und Form claffische Dichtung vor uns haben.

Das Mährchen von der Schlange.

Zuerst muß ich etwas über die Composition des Mährchens überhaupt sagen. Das Mährchen gehört der epischen Poeste an. Bei Völkern, die ein eigentliches Epos haben, kann es sich demselben integriren, wie bei den Griechen das Mährchenhafte in die Odyssee sich hineingebettet hat. Bei Völkern, die keine eigentlich mythische Religion haben, vertritt es die Stelle des Mythus und ebenso bei solchen, die keine wahrhaft epische Poesie besigen, vers tritt es die Stelle der Sage. So haben die Göttergeschichten der Grönländer und Kamtschadalen einen märchenhaften Charakter.

So finden wir bei dem Westphälischen Stamm und bei den Litthauern noch jest ächte Mährchen in Stelle epischer Traditionen. Das Mährchen ist das Kinderepos. So phantastisch dasselbe nun auch sein kann, so bedarf es doch gerade für seine Beweg= lichkeit eines sicheren Naturgrundes. Diesen können wir bei Göthe durchaus wahrnehmen. Der Fluß, die Höhle, die Metalladern, die Irrlichter, die Schlange, der Wechsel der Beleuchtung durch die Tageszeiten u. s. f., dies Alles ist mit der reinsten, objectivsten Naturtreue geschildert. Diese feste Basis ist es, von welcher aus die Verwandlung der Gestalten in andere um so leichter gelingt. In diesem Unterbau hat Göthe's Mährchen einen unendlich tiefen Halt vom ächtesten epischen Wesen. Vergleichen wir mit seiner klaren, reinlichen Anschauung die Nachahmungen, die ihm aus der romantischen Schule folgten, so werden wir den Unterschied recht deutlich erkennen, denn viele Romantiker segten das Mährchenhafte, wie es scheint, sogar darin, daß sie die Natur verfälschten und verfrazzten. Mit dieser Naturtreue, welche der finnlichen Unbefangenheit des Kindergemüthes gemäß ist, muß nun aber auch das Kindliche der Phantasie sich wereinigen, das Haften an hervorstechenden Einzelheiten und das Ueberspringen der Schranken des Verstandes. Dies Element ist in unserem Mährchen vortrefflich, obwohl ernster als in dem Knabenmährchen. Daß die Irrlichter mit ihrem Flackern Funken versprühen, die als Goldstücke niederklingen, ist ein solch unnachahmlicher Zug; oder die Verwandlung des Mopses als des den Kindern zu ihren Spielen beliebtesten, neckischen Hundes, in einen Edelstein; oder die drei Jungfrauen, welche die schöne Lilie bedienen, von denen die eine ihr einen Feldstuhl, die andere eine Harfe bringt, die dritte einen Sonnenschirm über sie hält; oder die Forderung des Fährmannes statt des Goldes von drei Artischoken, drei Zwiebeln, drei Kohlhäuptern. Solche und ähnliche Züge der bestimmtesten Vereinzelung entsprechen ganz dem Realismus der Kinderphantasie. Eben so aber das Unbestimmte, Schrankenlose, wie z. B. der Ausdruck, daß aus dem unterirdischen Tempel, in welchem die Bildnisse der Könige in Nischen, der Alte mit der Lampe nach Westen, die Schlange nach Osten hin versinkt und dann beide anderwärts doch wieder da sind. Ganz der Neugier

der Kinder gemäß ist es auch, wenn die Hütte des Fährmannes, die fie gleich zu Anfang ins Gesicht bekommen, am Ende nicht vergessen, sondern als ein kleiner Tempel im größeren durch Verwandlung zu einer Art Altar gemacht wird. Das Schwierige dieses Elementes der Kindlichkeit ist, daß es nicht direct absurd oder kindisch werde. Dies Kindische ist eine Krankheit neuerer Mährchenerfinder, welche Deutschland noch immer mit saft- und kraftlosen Machwerken überschwemmen, die für die Phantasie und das Gemüth der Kinder höchst verderblich wirken. Wenn ein Dichter noch heutzutage uns ein Mährchen geben will, so machen wir mit Recht an ihn die Forderung, daß es nicht blos ein aphoristisches Aggregat von Bilderschemen, ein kaleidoskopischer Wust, vielmehr ein durch die Idee getragenes Werk sei. Die Idee soll nicht als ein Begriffsgerüßt zu Grunde liegen, um welches nur äußerlich die Blumengewinde der Phantastik geschlungen find; dann würde das Mährchen zur vollkommenen Allegorie. Und von dieser würden wir dann wieder sagen, man merke die Absicht und sei verstimmt. Das Mährchen soll sinnig sein. Es soll, nach Göthe's Bezeichnung, uns an Alles und an Nichts erinnern, oder es soll in ihm, wie Schiller sagt, Alles Symbol sein. Wir sollen uns seine Gestalten deuten und doch soll immer noch etwas Unerschöpfliches, Geheimnißvolles zurückbleiben. Dieser Zug ist Göthe ebenfalls in hohem Grade gelungen. Ein prophetischer Ton hallt mächtig durch das Ganze, der Ruf: es ist an der Zeit! Die Räthselfragen, die der Dichter eingelegt hat, entsprechen ganz dem alten Germanischen Stammgeiste, der es liebte, durch sie dem Gafte oder dem Wirthe auf den Zahn zu fühlen, weß Geistes Kind er sei, ob er den Unbekann ten als ihm ebenbürtig ansehen könne. So vernehmen wir hier die Fragen, was ist herrlicher, als Gold? Das Licht. Was ist erquicklicher, als Licht? Das Gespräch. So wird gefragt: welches Geheimniß das größte sei? Und geantwortet wird ganz richtig: das offenbare. Worauf aber die Weissagung geht, das ist die Wiedergeburt, denn alle Schulden werden am Schluß als getilgt angesehen, alle Ehen von Neuem geschlossen, alle Geister mit frischer Intelligenz durchdrungen. Dies Alles aber ist nur möglich, insofern die verschiedensten Kräfte gleichzeitig

auf demselben Punct zusammenwirken; die isolirte Kraftanstrengung vermag nichts. Novalis am Ende des ersten Theils seines Ofterdingen hat unstreitig etwas Aehnliches darstellen wollen, ist aber sichtbar ins Unfaßliche gerathen. Er hat die Schattenwelt zu sehr in das Traumhafte sich ausdehnen lassen. Bei Göthe greift Alles wieder in einander und die Größe der phantastischen Kühnheit wird durch das Plastische, Einfache der Darstellung außerordentlich gehoben. Die mysteriöse Weichheit des Pragmatismus entbehrt nirgends der finnlichen Klarheit, des gegenständlichsten Colorits. Ich wundere mich, daß noch keiner der Düsseldorfer Maler die verschiedenen Scenen dieses Mährchens gezeichnet hat.

Worin sollen wir nun aber die Tendenz dieses Mährchens sezen? Bedenken wir, daß wir dasselbe als eine Unterhaltung der Ausgewanderten finden, welche für ihr allgemeines Gespräch die Politik haben vermeiden wollen, so irren wir wohl nicht, wenn wir annehmen, daß das politische Element sich in die Maske des Mährchens geflüchtet hat und der specielle Sinn desselben ein politischer ist, der nun aber außerdem noch eine ganz freie, allgemeine, von aller Beziehung auf die Geschichte unabhängige Bedeutung hat, die nach verschiedenen Seiten gewendet werden kann. Was man nicht aussprechen soll, wird zur Projection eines Traumgesichts, wagt sich als Kindervorstellung in die Gesellschaft und gestaltet sich als Totalität, so daß die Unterhaltungen auch mit dieser Mittheilung abbrechen. Wir erblicken einen Königsjüngling, der, seiner Krone, seines Scepters, seines Schwertes beraubt, im Harnisch und Purpurmantel verlassen umherirrt, die Lilie zu suchen. Sollen wir unter ihm nicht einen Fürsten uns vorstellen dürfen, der durch die Schuld seiner Ahnen den Thron verloren hat? Wir sehen ihm, dem Wandernden, gegenüber, eine Lilie, die durch ihre Schönheit Alles entzückt, durch ihren Gesang Alles beseligt, die aber einsam ist, umgeben von einem lieblichen Garten, dessen Bäume jedoch nie Blüthen und Früchte tragen. Ihr Blick läßt alles Leben erstarren, ihre Berührung läßt es ersterben. So klagt site:

Entfernt vom füßen menschlichen Genusse
Bin ich doch mit dem Jammer nur vertraut,

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