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das Wesen der Periode eigentlich bestehe, hat man in älteren und neueren Zeiten vielfach zu bestimmen gesucht. Uns scheint am wenigsten an der alten Definition des Aristoteles auszusehen, welcher (Rhet. 111. 9. 3.) fagt: λέγω δὲ περίοδον λέξιν ἔχουσαν ἀρχὴν καὶ τελευτὴν αὐτὴν καθ ̓ ἑαυτὴν καὶ μέγεθος ευσυνόπτον. Denn in Wahrheit besteht die Periode vorzugsweise darin, daß sie ein in sich selbst abgeschlossenes und vollendetes Sazgefüge darstellt, welches den Gedanken, den es auszudrücken hat, in sich selbst gewissermaßen erschöpft und die ihm widerfahrende Genugthuung auch durch einen grammatisch vollständigen und richtigen Bau bezeichnet. Die Zusammenfassung eines Gedankens, mit allen zu seiner wesentlichen Bestimmung hinzutretenden Verhältnissen, macht den Periodenbau aus, indem dadurch die Beziehung mehrerer Säße oder Behauptungen zu einander entsteht, die, je nach dem Sinn, durch den sie sich gliedern, auch grammatisch sich ordnet und zufammenfügt. Die Periode ist daher die durch den Gedanken nothwendig werdende, weiteste Auseinanderlegung des Sazes, wodurch sich wieder eine Zusammenziehung von Säßen ergiebt. Im Grunde ist es das Verhältniß des Hauptsaßes zu seinen hinzukommenden Bestimmungen, welches dies künft

liche Sazgefüge hervorbringt. Diese hinzukommenden Bestimmungen, oder die Nebenfäße, welche den Hauptsaz trennen aber auch wieder verbinden, werden das eigentlich Bewegende der Periode, und helfen dieselbe zu diesem kunstreichen Ganzen bilden, das verschiedene Bestimmungen eines und desselben Begriffs in einer dialektischen Einheit festgefügt hinstellt, So macht sich in der Periode die enge Verbindung des logischen und des grammatischen Elements geltend, worin die höchste Vollkommenheit der Darstellung durch die Sprache sich an den Tag legt. Denn durch die richtige grammatische Verbindung müssen sich die Nebenfäße mit solcher Wirkung in den Hauptsag einfügen, daß durch die äußere Trennung, die sie in ihm hervorbringen, die wahre innere Verknüpfung des Gedankens heraustritt. Die Periode kann sich daher jedesmal so vielgliederig gestalten, als es innerhalb des Maaßes der in ihr wirkenden logischen und grammatischen Verhältnisse möglich ist. Wird dies innere Maaß durch willkürliche Anschwellungen des Periodenbaues überschritten, so zeigt sich in dieser falschen Vielgliederigkeit einer der nachtheiligsten Fehler des Stils,

XII. Die Schönheit des Stils.

Man könnte zweifeln, ob die heutige moderne Prosa, die bloß den Gedanken schreibt und durchaus keine rhetorischen Toilettenkünfte mehr anwendet, noch um die Schönheit sich zu bekümmern habe? Schon Adelung bemerkt in seiner Stillehre, daß man die Regeln für den Stil nicht aus dem Geseze der Schönheit herleiten solle, indem er die Schönheit des Stils lediglich in das Zweckentsprechende sezt. Was in den Handbüchern des deutschen Stils zur Gesezgebung schöner Schreibart überliefert wird, ist auch meistentheils ein unbrauchbarer Plunder geworden, aber auch von jeher gewesen. Die bisherige Stillehre war immer rhetorisch und oratorisch, und deshalb falsch, und vielmehr die Geschmacklosigkeit als den Geschmack bildend, Schönrednerei erzeugend, aber nicht schöne Darstellung. Unter allen Intentionen des menschlichen Geistes ist die Rhetorik die abgeschmackteste, besonders wenn sie, wie in Deutschland, nur einen schulmeisterlichen Charakter, aber keinen öffentlichen an sich trägt. Die Bildung der Völker befindet sich auf einer Stufe des Bewußtseins, wo man sich nicht mehr durch stilistische Figuren und sogenannte Redekünfte bereden, überzeugen und impo

niren lassen fann, sondern nur durch die Sache selbst und ihre gedankengemäße Veranschaulichung. Die Redekunst ist heutzutage in die Auffassung übergegangen, und selbst die öffentliche Debatte, wo sie wirksam ist, ficht, statt mit der Rhetorik der Formen, mit der Diplomatik des Gedankens.

Eine gewisse Klingprosa hat lange Zeit für ein Muster bei uns gegolten, und man ließ es sich gern gefallen, daß durch tönende Stellung der Wörter und kostbare Wendungen der Mangel an Gedanken überdeckt wurde. Man bedachte nicht, daß ein Bettler, der sich in einen gefundenen Purpur einhüllt, kein Recht zu solchem Aufwand hat, sondern um so widerwärtiger an seine Blöße damit erinnert. Nur der Schmuck, den jeder Gedanke mit sich auf die Welt bringt, ist ihm zuständig und seiner würdig, er darf in kein anderes Kostüm, keine andere Rolle sich stecken, um mehr zu gelten als er ist. Eine schöne Frau darf eher gefallfüchtig und absichtlich sein, als der Stil, der durch coquette Wendungen sich mehr erniedrigt als erhebt, sie bei reichem Inhalt nicht nöthig hat oder bei armem nur als Tünche aufträgt.

Es fragt sich daher, ob in der Wahrheit die alleinige Vollendung des Stils beruht, und nicht in

der Schönheit? Die rhetorische Schönheit unserer Prosa hat sich überlebt, kein höher begabter Schriftsteller wird mehr danach trachten, kein inhaltreicher Geist kann eine Freude daran haben, sich mit Franzen und Treffen zu behängen. Ohne Schönheit wird darum keine ächte und aus ursprünglichem Leben entquillende Schreibart bleiben, die Schönheit der Wahrheit wird sie mit einem reizenden Duft und Hauch umziehen. Der Gedanke wird von Natur so viel Rosen treiben, als hinreichen, um den Namen seines Gegenstandes auf das Beet der Darstellung zu sticken, nicht zu überpacken. Denn um den Schaß des Gedankens aus seiner dunkeln Tiefe in die Erscheinung zu heben, treten von selbst auf dem Wege seiner innern Entfaltung Elemente ins Spiel, die ihn mit dem Licht der Schönheit übergießen. Kein Gedanke fann nämlich richtig dargestellt werden ohne die Phantasie.

Hier könnten wir zuerst mit der Philbsophie in Widerspruch gerathen, welche die Phantasie als etwas bloß Sinnliches der reinen Gedankenentwickelung gegenüberstellt, statt beide in Verbindung miteinander zu wissen. Diese Trennung der Phantaste vom Gedanken ist jedoch für die fachmäßigen Sonderungen eines Systems ersprießlicher, als sie im

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