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concreten menschlichen Geist, wie er leibt und lebt, wirklich begründet ist. Wie die Sprache überhaupt, als ein Licht und Scheinkörper des Gedankens, aus dem allgemeinen Geistigen durch eine individualisirende Phantasie gestaltet wird, so ist der Saz, in den ein lebendiger Gedankenzusammenhang sich einordnet, ebenso sehr die sinnliche Gestaltgebung des Gedankens, als auch die einzige geistige Genugthuung desselben. Kein Gedanke ist an sich schon klar, er wird es erst durch den gestalteten Saz. Bild und Begriff, Phantasie und Schönheit, welche die Werkmeister bei der Entstehung der Sprache waren, sind es auch bei der Fügung des Sazes, der vorwaltend für die Anschauung herauszutreten berufen ist. Der Gedanke tritt durch den Saß in das Gebiet der Anschauung, und so wird der Stil die eigentliche Plastik des Denkens, das Schöne des Gedachten, weil dies in ihm erst an die Sonne hinaustritt. Auf der vollendetsten Stufe der Darstellung ist das logische Element der Ordnung, das der Verstand be= sorgt, zugleich eins geworden mit dem plastischen, das unter den bildenden Händen der Phantasie das Individuelle in Blüthe und Farbe treten läßt.

Der Saß ist ein vollständiger Lebensorganismus, ein bewegliches Charakterbild, das alle Vor

theile äußerer und heiterer Erscheinung in sich vereinigen muß. Er soll keine paraphrafirende Umschreibung seines Gegenstandes sein, sondern eine concrete Gestaltung desselben, eine Gestalt, die in allen ihren Theilen sichtbar und beleuchtet wird. Der Saz hat Gebärden, Töne, Farben, er vermag fast die Wirkungen aller Künste zu verbinden, besonders die der Malerei, vor deren allzu absichtlichen Effecten er sich jedoch am besten hütet. Die einfache Situation von Subject und Prädicat stellt uns eine vollständige Lebensfigur vor Augen, das Verbum sezt ihre Schritte in Bewegung und läßt sie handeln, der Zwischensaß mit seinen Wendungen und Constructionen bringt sie in eine pittoreske Gruppirung, die Fülle der Diction umkleidet sie mit einer angemessenen Draperie, mit reizendem Faltenwurf, und ihr Gang, in dem sie dahinwandelt, ist Musik, Zauber des Rhythmus. Diese Zusammenfügung des Sazes macht seinen künstlerischen Charakter aus, der dem Inhalt von selbst entquellen muß, ohne durch rhetorische und stilistische Meißelschläge gefertigt zu werden. Denn es giebt keine andere Kunst, als die Kunst des Inhalts, welche unendlicher Formen des Stils fähig ist. Wie richtig daher auch der berühmte Ausspruch Buffon's: le stile c'est l'homme, so wäre

es doch noch richtiger und umfassender, zu sagen: der Stil ist die Sache. In der Sache erhält denn auch der Mensch und alles Individuelle seinen eigensten Ausdruck, und dies ist die beste Theorie des Stils; ihn an die Sache zu verweisen. Manche Schriftsteller sind zu subjectiv und darum zu einfarbig, ihr Stil nimmt sich wie eine Livrée aus, an der man jeden ihnen zugehörigen Gedanken schon immer von weitem erkennt, z. B. Jean Paul, der, sonst ein großer Kenner und Künstler des Stils, doch das eigenthümliche Metall jedes Stoffes sogleich in dem Schmelztiegel der Subjectivität umgießt und einschmilzt.

XIII. Numerus und Wohllaut der Prosa.

Ueber die künstlerische Vollendung des Stils giebt es keine Regeln, weil sie mit jedem Gegenstand wechseln, und selbst der äußere Wohllaut und Rhythmus von dem inwendig leitenden Gedanken abhängig gemacht und nüancirt werden müssen. Jeder Stoff bringt einen andern Ton des Stils, eine an

dere Musik, eine andere Scala, mit sich, ja auch jede Zeit, könnte man in gewissem Sinne sagen, hat ihren besondern Nhythmus und Numerus, der zu dieser oder jener Epoche einen verschiedenen Tonfall der Schreibart hervorrufen wird. Es ist das eigenthümlich bewegende Pathos der Seele, das in den freien Rhythmen der Profa gerade am bedeutungsvollsten

walten kann.

Der Numerus der Prosa ist ihr etwas ebenso Nothwendiges nach Außen, als die logische und grammatische Gliederung nach Innen, und beide ergänzen und verstärken sich oft in ihren verschiedenen Wirkungen. Numerus haben sogar die Pferde in ihrem Trabe, der Wasserfall, der Vögelflug, jede Bewegung in der Natur; wie vielmehr nicht ein guter Stil, worin der Gedanke in der Mitte thronend, gleich dem den Wellenschlag abtheilenden Schwan, seine Harmonieen in Saß und Gegensaz ausführt. Rhythmus ist die, Dialektik der Bewegung, und muß sich in seinen Wechselfällen der Dialektik des Gedankens anschließen, dessen innere Musik, dessen Contraste und Pointen er gewissermaßen in Noten seßt. Das Gedankengemäße wird auch hier immer das Wohlklingendste sein, sowohl innerhalb der Periode selbst als auch in der Verbindung mehrerer neben

einanderstehenden Perioden. In diesen abgemessenen Schaukelungen des Gedankens durch die Periode wird sich die wahre Wellenlinie des Stils hervorbringen, und diese Wellenlinie, in der Hogarth die eigentliche Schönheitslinie gefunden, wird auch für die Schreibart das Gesez der Schönheit darstellen.

Der Rhythmus der Prosa ist die feinste Tonschöpfung für das Ohr, weil er so ideell ist und bes stimmte Versgänge zu vermeiden hat, ohne doch unbedingt und ungefärbt zu sein von Versmaß und Metrum, die über die Fläche der Prosa wie unsichtbare Luftmusik hinfahren. Nur die Folge vieler gleichartiger Metra hintereinander, besonders von Daktylen, stört die gehaltene Bewegung der Prosa.*) Die eigenthümliche Melodie des Stils besteht in der Tonwandlung der ganzen Periode, in der Arsis und Thesis der Säße, welche zugleich die Hebung und Senkung des Gedankens ist. Die Kunst einzelner rhythmischer Figuren kann im Verse viele Wirkung thun, und wird selbst in dem einfachsten Naturzustande der Metrik, bei Homer, gebraucht, der in den sogenannten ropalischen Versen kecke und wirkungs

*) Vgl. hierüber Herling, Syntar der deutschen Sprache (Frankfurt am M. 1830.) S. 129.

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