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wenigen Geistern ist es vergönnt, wie Leibniz den ganzen Körper des menschlichen Erkennens zu tragen und zu beherrschen. Sodann fördert zwar, wie man täglich hört, auch in der Wissenschaft die Theilung der Arbeit, welche auch Leibniz beabsichtigte; aber je größer die Theilung wird, (und sie beginnt fast bedenklich groß zu werden), defto nothwendiger ist den einzelnen Arbeitern gemeinsame Berathung und die vielseitigste Berührung, damit sie nicht über ihren Besonderheiten das Allgemeine und Ganze aus den Augen verlieren. In auserwählter Gemeinschaft mißt der Meister sich am Meister; sie hält einen Spiegel der Selbsterkenntniß vor, daß auch der Größte, sich nicht überschäzend, stets das Bewußtsein gegenwärtig habe, sein Wissen sei nur ein beschränkter Theil des gelehrten Volksvermögens. Tiefe Blicke und Erfindungen sind allerdings die Frucht einsam geheimer Empfängniß des Geistes; aber auch die äußersten wissenschaftlichen Verirrungen werden in der Abgeschiedenheit ausgebrütet, und sind niemals von wissenschaftlichen Gesellschaften ausgegangen.

Gemeinsamkeit der Studien vermindert und heilt den Irrthum; und in dieser Gemeinsamkeit der Meister liegt gerade das Akademische. Ganz besonders aber sind die Akademieen auf jene Dinge an

gewiesen, welche, wie Leibniz sagt, nicht von einem Einzelnen ausgeführt werden können; sei es, daß verschiedene Kenntnisse und Fähigkeiten dazu erfor dert werden, oder die Sammlung des Stoffes und die Beschaffung der Hülfsmittel, selbst durch Reisen, wie sie Leibniz selber auch wieder unternahm, die Kräfte Einzelner übersteigt; oder der Bearbeitung des Gegenstandes die Muße eines Einzigen nicht gewachsen ist: und gerade heutzutage bedürfen große und kostspielige Unternehmungen um so mehr der Unterstüßung, jemehr die Literatur in unendlichen Kleinhandel sich zersplittert.“

Man kann es nicht als wahrscheinlich anneh men, daß sich noch einmal eine ähnliche Bewegung und Umwälzung in unserer Sprache hervorbringen ließe, wie ste durch Luthers Bibelübersezung geschah, in der das Hochdeutsche sich zuerst als ein entschiedenes geschichtliches Moment herausstellte und zum Canon für die weitere Fortbildung der modernen deutschen Sprache wurde. Denkt man sich aber, daß derselbe Sprachfortschritt, den Luther productiv ge= staltete und unwiderstehlich ins Leben überführte, immerhin mit gleichumfassender Bedeutsamkeit und noch gelehrterem Bewußtsein in einem akademischen Canon und Dictionnaire der Nation überliefert worden wäre,

so muß man behaupten, es würde alsdann diese ganze sprachliche Bewegung eindruckslos und vergeblich geblieben sein. Haben doch auch die besten Handbücher des deutschen Stils, und alle geseßge= benden Theorieen für die Darstellung, noch niemals einen einzigen guten Stilistiker herangelehrt.

Ideal aller Sprache und Darstellung ist bloß der Gedanke. Von dem richtigen Verhältniß des Gedankens zu seiner Darstellung, wovon zugleich das Maaß aller zu gebrauchenden Kunstvortheile und der Schönheit selbst abhängt, ließe sich am allerersten ein akademischer Canon aufstellen. Wenigstens ist eine Philosophie des Stils denkbar und zu versuchen, welche, der genialen Willkür der Production allen Spielraum übrig laffend, das allgemein Nothwendige, auf dem jede treffende und das Leben erschöpfende Darstellung beruhen muß, zum Bewußtsein brächte. —

VII. Entwickelung von Poesie und Profa.

Die erste und natürlichste menschliche Mittheilung war Poesie, unabhängig von aller Literatur, und Urtypus derselben. Auf literarischem Wege bildete sich die Prosa, ein Kind künstlicherer Sitten, verständigen und praktischen Lebensformen sich anschließend. Von dem poetischen Zeitalter der Sprache selbst in ihrem frühesten Naturbau haben wir schon früher gesprochen und die beginnende Epoche der Prosa in dem genetischen Leben der Wörter angedeutet. Herder behauptete, die Sprache, in ihrer ersten Schöpfung rein nach Naturlauten und Interjectionen aufgenommen, sei immer eine Art von Ges sang gewesen; *) gewiß aber ist, daß auch die erste Aufzeichnung der Rede bei allen Völkern einen rhythmischen Charakter an sich trug, der sich bald an eigenthümliche Versgebilde fesselte. Das Metrum war zugleich eine natürliche Form für das Gedächtniß, und Alles, was zu dem ersten Bedarf schriftlicher Mittheilung gehörte, Gefeße, moralische Lebens- und Tagesregeln, selbst Recepte, und die ersten wissen

*) S. die Preisschrift über den Ursprung der Eprache,, G. 95.

schaftlichen Kenntnisse, fügten sich wie von selbst in poetische Gewandung. Denn alle Schreibart war an sich schon poetisch, weil es keine andern Formen der Aufzeichnung gab, geordnete Rede und Metrum aber Dasselbe waren. Die Production jedoch überlieferte sich im eigentlichsten Sinne des Wortes durch den Gesang von Mund zu Mund, und in diesem Naturzustand ihrer Verbreitung war ihr der Vers ebenfalls nothwendiges Gliederwerk, ohne das sie nicht gedacht werden kann. Diesen Charakter poes tischer Naturstufe zeigt noch immer alle Versdarstellung zugleich darin auf, daß sie nur der allereinfachften Sagbildung fähig ist. Die kunstvollere Composition des Sazes gehört der Bildnerei der Prosa an.

Das Metrum ist gleichwohl aus dem Saß ents standen. Der Rhythmus des einfachsten Sages, dem man den Wellenschlag seiner Hebungen und Senkungen ablauscht, crystallisirt sich durch den Takt, welcher ihn an bestimmte Bewegungen bindet, zum entschiedenen Versbild. Die Prosa, welche die höchste Entwickelung des Sages ist, schwebt darum ebenfalls in den Gefeßen des Rhythmus, aber ohne vom Metrum abhängig zu werden, indem sie vielmehr die metrischen Formen, in denen auch ihre Vielfachheit und Verschlungenheit sich individualisirt, nach

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