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gutmüthigen Gemüthlosigkeit ganz andere Menschen und Herzen verhüllt. Zwar dürfte es immer etwas Verdienstliches sein, die hypochondrische Höflichkeit der deutschen Sprache mit einigen Salzdosen frischen Spottes zu reizen, verdienstlicher gewiß, als einen positiven Beitrag zu ihr zu liefern im Sinne des anstandsvoll lächelnden Freihern von Rumohr, der sich in seiner Schule der Höflichkeit aus vornehmer Ferne mit der deutschen Höflichkeit vornehm herumcomplimentirt und uns unsern Weichselzopf in eine gewisse Kunstform gestriegelt und verfestigt hat. Das Lakaienmäßige der deutschen Umgangssprache bezeichnete schon Herder so*), der überhaupt schon frühe, mehr als bekannt ist, einer gewissen antinationellen Opposition manche Stichwörter hingeworfen hat, die später auf anderm Grunde aufgenommen und zu einer systematischen Controverse versponnen wurden. Man muß aber vielmehr nie vergessen, daß eine wesentliche Verschiedenheit zwischen unserm Nationalcharakter selbst und seinen traditionellen Ausdrucksformen existirt, denn wäre unsere innere Nationalität eben so schielend, gedankenlos kriechend und mei

*) Unter Anderm in einer seiner trefflichen Schulreden, von der Ausbildung der Sprache und Nede in Kindern und Jünglingen.

nungsscheu, als unsere gesellschaftlichen Phrasen, so taugten wir wahrlich nichts bis in die Seele hinein, und jede Mühe wäre unnüz, durch Opposition folchen unterhöhlten Charakteren aufzuhelfen. Und in der That, wenn man die göttliche Gabe der Nede durch den schimmernden Gesellschaftssaal und seine Gruppen und Reihen hintönen hört, und die Worte, wie eine vermummte Maskenschaar, durcheinanderflüstern, um immer Das auszudrücken, was man nicht ist und nicht meint, ein Affecuranzsystem gegenseitig verabredeter Täuschung, so könnte man glauben, in Deutschland gebe es keine Aufrichtigkeit, keine Gedankenfreiheit, keine Freundschaftsbrust, und keinen Nachtigallenschlag der Liebe! Denn welche Nachtigall, nachdem sie herrlich geschlagen, wird sich devot den Schnabel wischen, und sich ganz gehorsamst entschuldigen, daß sie Gedanken und Gefühle hat, sogar um Verzeihung bitten, daß sie überhaupt eine Nachtigall, und kein Wiedehopf, zu sein wagt! Ja selbst den Himmel scheinen sich diese Leute durch ihre Höflichkeit zu verderben, indem sie durch eine unerhörte Steigerung des Wortes selig, die sich in keiner andern Sprache ähnlich wiedergeben läßt, Ständeunterschiede sogar in der Unsterblichkeit annehmen! Es fehlte nur noch die Höflichkeit jener wilden

Völkerschaften, die von Zeit zu Zeit aus Artigkeit gegen einen neuen Herrn alle Wörter und Zeichen ihrer Landessprache gänzlich umändern, sodaß unter dem einen Herrscher Tisch heißt, was unter dem andern ein Stuhl gewesen, unter dem einen Esel, was unter dem andern ein Löwe, unter dem einen Bewegung, was unter dem andern Stillstand u. s. w. Die deutsche Bergmannsnatur aber, die lauter ungehobene Schäße und unabgelagerte Stein- und Metallklumpen in ihren Schachten verbirgt und somit ursprünglich aus Unbeholfenheit, treuherziger Grobheit und Wehmuth zusammengefügt ist, hat sich nur mit Gewaltanthuung hinter die herkömmlichen Höflichkeitsfalten verschleiert, sowie in einem umgekehrten Falle gerade die härtesten Menschen oft von Natur sehr weich sind, nach dem bekannten Wort:,,ich bin zu weich, ich kann das Mitleid nicht vertragen!" So ist auch der Deutsche eigentlich zu grob, um die Grobheit vertragen zu können, und deshalb giebt er sich, durch sein allzugroßes Selbstbewußtsein ängstlich und peinlich gemacht, jener glacirten Höflichkeitssprache hin, die aus grammatischer Verdorbenheit und psychologischem Unsinn ein hinlänglich plattes Glatteis crystallisirt hat, um darauf ohne Anstoß und ohne alle Ecken der Meinung hinundherrutschen

zu können. Die deutsche Höflichkeit macht in ihren unaufhörlich sich selbst bewachenden und entschuldigenden Wendungen die Capriolen einer Kaze, welche nach dem Schatten einer für wirklich gehaltenen Maus schnappt, die ein Knabe durch ein Papierbild an der Mauer hervorgegaukelt. Sie würde nichts erreichen als ihre eigene Beschämung, wenn man ste beim Wort nähme und auf ihren Inhalt zurückführte!

Die Schlechtigkeit unserer Umgangssprache, die alles patriarchalische Herz für menschliches Vernehmen verloren und kein Lachen und kein Weinen der Seele auf ihren überstimmten Claviaturen hat, ist also, wie wir anzudeuten gesucht, durchaus keiner Entsittlichung des Nationalcharakters zuzuschreiben. Diese Sprache ist das Sündenkind der deutschen Gesellschaftlichkeit, welche bekanntlich etwas von den Interessen der Nationalität ganz abgesondertes, eine für sich bestehende Kalksteinformation unserer gebildeten Stände ist. Die deutsche Gesellschaftlichkeit in ihrem gegenwärtigen Zustande ist die Selbstironistrung des deutschen Gemüths. Die deutsche Sprache aber war von jeher ein so tiefsinniges, Gedankeneinsamkeit liebendes, nachtigallenartiges, deutsches Wesen, daß sie sich in Gesellschaft nie gut befand, und

die Salons floh, um in den Wäldern zu träumen oder auf den Dachstuben der Poeten und Weisen sich heimlich zu gestalten, gleich fenem schönen, scheuen, talentvollen Mädchen, das, hinter ihren andern welts lustigen Schwestern zurückgesezt, immer zu Hause bleibt, aus Liebe zur stillsinnigen Verborgenheit, in der ihre ersten Gedanken knospen. Deutsche Gesellschaft und deutsche Sprache waren sich lange Zeit zwei fremde und widerstrebende Elemente. Zwar durfte sich die deutsche Sprache einer sehr frühen Periode rühmen, wo fie, am Hofe der fränkischen Könige, sogar Hofsprache gewesen, und (feit 486) · im ganzen fränkischen Reiche für das vornehmere Organ galt,*) aber es kam eine Zeit, wo sie nicht nur aus den öffentlichen Verhandlungen, sondern auch aus dem gesellschaftlichen Leben wieder verstoßen wurde. In dem ganzen mittleren Zeitalter Europas eigneten die deutschen Laute nur den niederen

*) Nach dem Vertrage von Verdün blieb sie im deutschen Reiche herrschend, bis mit Konrad III. das schwäbische Zeitalter begann. Vgl. Grotefend, über Luthers Verdienst um die Ausbildung der hochd. Schriftsp. (in den Schriften der frankf. deutsch. Gesellschaft), welcher (S. 30) anführt, daß noch im Jahre 1531 zu Augsburg bei Steyner eine Uebersehung des Cicero vom Freiherrn von Schwarzenberg erschienen, worauf stehe:,,Alles in hoffränkisch teutsch gebracht."

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